Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Sonntag, 21. Februar 2010

Winter geht - Winter kommt

Ja, der Winter ging zwei Tage lang bei Temperaturen tags um die plus 5 Grad. Jetzt schneit es aber wieder und heute Nacht sind gut 5 cm Neuschnee gefallen. Trotzdem (oder gerade deshalb) verwandeln sich die Gehwege zusehends in Rutschbahnen, Straßen werden zu Wasserläufen, die Landstraßen zeigen wieder schwarze Farben! Die Menschen stört es aber nicht. Sie sind es doch noch gewöhnt und scheinen sich überdies über die Vorboten des kommenden Frühlings zu freuen. Emsig steigen sie auf ihre Balkone und stoßen mit langen Stangen die teilweise ins Gigantische wachsenden Eiszapfen ab; vorsorglich sind besonders gefährdete Stellen mit Seilen abgesperrt, eine Art der Rücksichtnahme auf andere, die man sonst eher weniger beobachtet. Überall stehen alte Frauen, ja, das ist noch das immer gleiche Lied, es sind die alten Frauen, die die harte Arbeit machen, und zerstoßen mit Stahlstangen die Eispanzer vor den Hauseingängen und Geschäften. Die aufgeschichteten Eisplatten werden von LKW der Stadtverwaltung abgeholt und vor die Tore der Stadt gefahren. So wachsen die geräumten Flächen auf den Boulevards und Gehsteigen. Schon vor einigen Tagen hatte man damit begonnen, die Kanaldeckel frei zu räumen. Und bisher schafft es die Kanalisation, das ablaufende Schmelzwasser aufzufangen und abzuleiten. Es ist nicht mehr Wasser auf den Straßen, als durch deren schlechte Beschaffenheit unvermeidlich sich auch bei Regenfällen aufstaut.

Was allerdings auf den Landstraßen unter den Eisschichten zu Tage tritt ist kaum mehr als "Straßenschäden" angemessen zu bezeichnen. Ganze Seitenstreifen haben sich in löchrige, wellige, aus zerknautschten und gesprungenen Asphaltresten bestehende Übergangszonen in die Straßenränder verwandelt, an vielen Stellen ziehen sich die Verwüstungen mehrere Meter breit über den ganzen Fahrbahnstreifen. An den Rändern und auf der Mitte häufen sich Schlaglöcher von erstaunlicher Größe und Tiefe und oft ist es unmöglich auszuweichen. Überall ist die Fahrbahn rau, zeigen sich Risse und Aufbrüche, die kommende Schlaglochstellen anzeigen. Vor allem in Senken, an Kreuzungen oder Auffahrten sowie in den Städten schwanken die Autos wie auf hoher See und im Schritttempo über den aufgerissenen Untergrund, schlängeln sie sich wie Karawanen um Wüstungen herum, gewundene Spuren neuer Wege hinterlassend. Wie schon im letzten Jahr ist es eigentlich lustig zu sehen, wie die Autos auf den so geradlinig in die Hügellandschaft geschnittenen Straßen ihre Zickzackkurse beschreiben. Hat man selbst allerdings die fraglichen Stellen erreicht, weicht der Spaß schnell. Man leidet mit dem Auto mit und fühlt, wie die Nerven sich bei all den Rumpelgeräuschen und dumpfen Schlägen nervös spannen. Ich bin gespannt, wann in diesem Jahr mit den Reparaturen begonnen wird...

Dienstag, 16. Februar 2010

Nichts Neues

Wie ich nach meinem Drohobych- Einsatz nach Hause gekommen bin? Wie die anderen auch, nehme ich an. Naja, bis auf die, die es eben nicht geschafft haben. Davon gab es (siehe Bild links oben) genug. Spannend war zu sehen, wer es von den trotz aller Widrigkeiten Überholenden geschafft hat und wer dann einige Zeit später "abseits" stand bzw. im Graben lag. Es waren doch einige und ich kann ein kleines bisschen Schadenfreude nicht einmal verhehlen. Warum so primitiv? Immerhin waren schon ihre Überholmanöver gefährlich für andere und ich hatte ab und an Stress wegen der in meine Bahn rutschenden Heckteile etc. Warum kann so einer nicht lernen? Warum muss er unbedingt "Kosak" mit Gottvertrauen spielen und seine Macho- Allüren an anderen auslassen? Dann soll er die Instandsetzung seines zu Schanden gerittenen Pferdes resp. seiner verbeulten Nobelkarosse eben bezahlen!

Der Horror begann in Drohobych mit flockigem Schneefall, der mich gleich nach Unterrichtsschluss auf die Straße trieb, die ich nur mühsam erreichte, weil schon das "vom (Schul)Hof kommen kaum gelang. Auf der Straße hatte sich der Neuschnee längst mit dem eisigen Untergrund und der Restsalzlake zu einer Art Schlick vermischt, den einem die vorbei fahrenden Fahrzeuge auf die Scheibe schleuderten. Ins Schleudern kam man schon bei Tempo 40 immer dann, wenn sich unter der geschlossen wirkenden Schneedecke die alten Spurrinnen auftaten und man plötzlich um ein paar Dezimeter "verrutschte". Das dauerte und dauerte, aber ich hatte die Hoffnung auf Besserung ab Stryy nicht aufgegeben.

Statt einer Verbesserung zeigte sich bald, dass es hier schon länger geschneit hatte. Die Schneedecke war fest und fast glatt gefahren. Da nun die Temperaturen auf über Null Grad stiegen, kam Regen hinzu, der die Fahrbahn in eine Rutschbahn verwandelte. Interessant war es um Dolina herum, wo ich meinen Opel Omega (Heckantrieb!) nur noch mit Mühe die Berge hoch brachte, ein Unterfangen, dass mehrere mitten auf der Bahn quer stehende LKW schon aufgegeben hatten. Unbeschadet an ihnen vorbei zu kommen, war abenteuerlich, denn zu sehen war teilweise nichts und die entgegen kommenden Fahrzeugen konnten nicht bremsen.


Doch ist es irgendwie gelungen. Allerdings zog sich die Zeit und ab Kalush war es schon stockfinster. Der Regen nahm zu und die Straße wurde zu einer Art Bob- Bahn, auf der sich die Fahrzeuge nur dank der Spurrinnen halten konnten. Wir krochen allesamt langsam vorwärts, immer hoffend, dass die durchdrehenden Räder nicht am nächsten Berg endgültig versagen würden. Das schien dann ca. 12 km vor Ivano einzutreffen und ich hatte mich innerlich schon auf eine kalte "Nacht am Berg" vorbereitet, denn an einem solchen hatten sich diverse LKW derart quer gestellte, dass kein Vorbeikommen war. Die PKW, die an der Vorbeifahrt durch entgegen kommenden Verkehr gehindert wurden, konnten nicht mehr anfahren und einige rutschten mit qualmenden Reifen langsam den Berg wieder runter und stellten sich auch quer. Woher die Rettung kam? Man glaubt es kaum, aber dieses Mal habe ich an der Leistung der Miliz nichts auszusetzen. Sie sperrten die Straße, Salt mit Sand wurde gestreut, dann ließ man uns wechselweise an den Hindernissen vorbei fahren. Ich war heilfroh, als ich in tiefster Nacht mein Quartier erreichte und das Auto vor dem Hotel (bezahlt) abstellen konnte. Auf den Schulhof zu gelangen, war ein hoffnungsloses Unterfangen, mir aber auch schon egal...

Dienstag, 2. Februar 2010

Alles ist erleuchtet

"Alles ist erleuchtet" von Jonathan Safran Foer ist - entgegen meinen Erwartungen von amerikanischen Bestsellern - ein wirklich lesenswertes und nachdenklich stimmendes Buch. Ich stelle mir vor, dass vom Ende her gesehen unmöglich alles hell im Sonnenlicht erstrahlt, dazu ist die Geschichte eigentlich im ganzen wie in den komischen Teilen zu traurig. Eher taucht der Romanschluss das vorher Erzählte wie das letzte Licht einer untergehenden Abendsonne in einen milden, den Dingen die Härte ihrer Kontur nehmenden und stattdessen Patina darüber gießenden Schimmer. Dennoch wird die Kälte der Nacht ahnbar wie die Sehnsucht nach einem wärmeren Morgen, der die Gesichte der Nacht auslöscht, als wären sie nie gewesen. Ungefähr das dachte ich beim Betrachten der herrlich sinkenden Wintersonne an diesem frühen Abend in Ivano- Frankivsk...