Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Sonntag, 6. Dezember 2015

Subotica

Nachdem ich in Bratislava brav die DSD- Prüfungsunterlagen unserer sieben ostslowakischen Schulen abgeliefert und mich einen Abend gelangweilt hatte, traf ich am Freitag zum Kaffee wieder einmal bei Berta und Fredl in Subotica ein. Die Grenzpassage ging schnell und problemlos. Seit Orbans Stacheldrahtzaun die Grenze abriegelt, sind die Flüchtlinge woanders hin gezogen. Nichts erinnerte mehr an das Biwak, das sich bis vor Kurzem dort befunden haben soll. Nur der frische Zaun strahlte metallen in der Sonne...

Nach einen herrlichen Essen gingen Fredl und ich mit Alex, einem Kollegen vom ungarischen Gymnasium, ins "Stara", einer Pizzeria, an die ich mich gewöhnen könnte! Alex hatte Theaterkarten für uns und wir vertrieben uns die Zeit bis 22.00 Uhr in der Kneipe. Von 22.00 bis 24.00 Uhr gab es dann eine - im Wesentlichen - one- man- show mit einem zunächst einen Transvestiten spielenden Schauspieler. Die weiblichen Bewegungen und den Habitus einer schmollenden Blondine spielte er Klasse. Dann wurde es offen homoerotisch und die seinem strip zuerst gebannt folgenden Gesichter der meist jungen Frauen froren zu einem guten Teil ein, als ein anderer androgyner Knabe erschien und dem Bühnenmann einen blowjob verabreichte. Anfangs gab es ab und an noch Wechselrede und Interaktion mit dem Publikum, jetzt aber setzte eine Beschimpfung piefigen Verhaltens ein, die in der Feststellung gipfelte, dass dieselben Leute, die über das "falsche" Liebesverhalten von Menschen die Nase rümpften, den Tod syrischer Kinder billigend in Kauf nähmen. Ok, die Botschaft verstand ich schon, allein als Theater hat es mich nicht überzeugt. Zu viel Schweiß auf der Bühne und zu wenig im Publikum. Nur die Provokation blieb...




Darüber war noch zu reden und so kamen wir um 02.00 Uhr erst heim. ;-) Der Sonnabend verging bei Aperitif und Rotwein vor dem Fernseher, denn es gab Biathlon. Nur um die Mittagszeit machten wir einen Spaziergang raus aus der historischen Altstadt, wo der Weihnachtsmarkt eröffnet hatte. (Bild oben). Weihnachtliche Stimmung kam jedoch nicht auf. Dazu war es zu warm. Wir gingen auf der die herrliche Allee (zweites Bild) fortsetzenden "sozialistischen Magistrale" bis zum Sportforum. Was der Sozialismus hinterlassen hatte sah nicht eben gut gepflegt und wenig farbenfroh aus. (Drittes Bild) Am Stadtrand dann Häuschen eines Zuschnitts, wie sie hier in der Slowakei von Zigeunern bewohnt wären. Zigeuner gibt es in Subotica auch, aber sie fallen nicht wirklich auf.  

Auf dem Rückweg besichtigten wir die Skulptur eines Schnitters, der an eine ungarische Minderheit aus der Gegend erinnern soll. Überhaupt ist der Kampf um die Deutungshoheit von Geschichte im Stadtbild deutlich sichtbar. Überall Skulpturen und Tafeln, die an bedeutende Ungarn erinnern. Die serbische Seite hält wacker dagegen und errichtet Zarendenkmäler und ihrerseits Skulpturenansammlungen, die an bedeutende serbische Persönlichkeiten erinnern. Ein bisschen wirkt das wie Kindergarten, ist aber in Osteuropa nicht wirklich etwas Besonderes.

Abends waren Alfred und ich noch "auf ein Bier". Wir landeten in einer Retro- Kneipe mit Hammer und Sichel und Bildern aus jugoslawischen Filmen. Es gab Live- Musik von einem hervorragend musizierenden Duo. Vater und Sohn spielten mit akustischer und E- Gitarre internationale und heimische Rockmusik. Wir blieben bis 24.00 Uhr und nahmen dann noch einen "Absacker" in einem anderen Restaurant. So in Form gebracht reichte die Kondition beim Rotwein noch bis 02.30 Uhr! Ziemlich müde fuhrt ich heute nach Hause, hielt mich aber wacker. Ich lauschte dieses Mal den Herren Safranskl, Precht und Rosa und fühlte mich geistig so beschäftigt, dass kein Gähnen aufkam. Ein schönes Wochenende. Das nächste Mal wollen wir uns wieder in Eger treffen. :-)




Freitag, 23. Oktober 2015

„Masken und Spiegelungen“. Ein integratives Film- und Theaterprojekt (Pressemitteilung)

Ausgangspunkt der Initiative, das Verhältnis zweier Minderheiten zueinander in den Blick zu nehmen und einen Beitrag zum gesellschaftlichen Diskurs darüber zu leisten, war die Situation an der Minderheitenschule Medzev/ Metzenseifen im Bodwatal bei Košice.  Hier lernen mantakische (deutsche Minderheit), slowakische und Roma- Schülerinnen und Schüler im Wesentlichen nebeneinander her,  da viele Eltern ihre Kinder auf eine  andere Schule geben würden, wenn es keine getrennten Klassen mehr gibt.  Viele Hindernisse waren zu überwinden, ehe im November 2014 im Rahmen eines kleinen  Theaterprojekts die Möglichkeit gemeinsamer Arbeit unter Beweis gestellt wurde. Im Juni 2015 probten die kleinen Schauspieler unter Leitung des Metzenseifener Künstlers Helmut Bistika und unter tatkräftiger Mithilfe von Gymnasiasten, die das Deutsche Sprachdiplom der KMK erwerben wollen, in  einem Hotel in Veľka Lomnica/ Tatra. Die Proben und die Aufführung vor Lernern der Mittelschule Lomnica (60% Roma wie in Medzev) wurden zu einem überwältigenden Erfolg. Dadurch ermutigt planten Dr. Frank Steffen von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen und Stefan Koeck, Medienpädagoge und Leiter der Medienwerkstatt identity films e.V. Stralsund, eine Fortsetzung des aus Minderheitenmitteln des Auswärtigen Amtes
finanzierten Projekts und die filmische Dokumentation der besonderen Randbedingungen. Dieses Mal waren sowohl die Arbeit als auch das Zusammenleben der Kinder in Lomnica von wirklicher Gemeinsamkeit geprägt. Die deutschen Gäste und ihre slowakischen Gastgeber von drei Košicer Gymnasien erlebten dennoch die harte Realität. Die Zusammenarbeit mit der Mittelschule in Lomnica kam der Kameratechnik wegen nicht
zustande und auch die älteren Zipser Deutschen verweigerten Aussagen zum Zusammenleben der Minderheiten vor laufender Kamera. Deutlich wurden die Angst vor evtl. Konsequenzen politisch „nicht korrekter“ Aussagen
bzw. vor der Dokumentation der wenig befriedigenden Zustände im integrativen Unterricht. Nur dank der Initiative eines mantakendeutschen Absolventen der Schule in Smolnik/ Schmöllnitz und des Entgegenkommens der dortigen Schulleitung konnten wie im Deutschunterricht filmen und slowakische sowie Roma- Schülerinnen und später auch zwei ältere Mantakinnen interviewen. Im Land filmte die Gruppe einige der unzähligen Elendssiedlungen der Roma und war erschüttert. Auch unter „unseren“ Romni war ein Mädchen, das sich abends im Hotel fürchtete, weil sie nur mit 5 und nicht
wie sonst mit 12 Geschwistern ein Zimmer teilte. In dem gemischten Filmteam erwachte nun der Ehrgeiz einen guten Dokumentarfilm abzuliefern. Alle arbeiteten angestrengt an der Realisierung und hatten dennoch in den Abendstunden viel Spaß. Nach 4 Tagen war alles vorbei und die Schülerinnen und Schüler fuhren jeder in seinen Heimatort zurück. Geblieben sind das Gefühl einer großen Gemeinsamkeit und der Wunsch, der Film möge mithelfen, die gegenseitigen Vorurteile zu überwinden. In Veľka Lomnica ist das gelungen.


Donnerstag, 15. Oktober 2015

Zusammen leben - Teil II eines Film-, Theater- und Integrationsprojekts (15. 10.)


Abreisetag. Die "Großen" besprachen die Filmdramaturgie und drückten in der Abschlussbesprechung ihre Hoffnung aus, der Film möge etwas bewirken. Aber was heißt bewirken? Es ist schon gut, wenn er bei den Teilnehmerinnen etwas bewirkt hat. Sonst sollte er seinen Beitrag leisten den gesellschaftlichen Diskurs über Europas ungelöste Probleme am Laufen halten. Wenn er das könnte, hätte sich die Arbeit mehr als gelohnt! Gelernt haben alle etwas und sind nun gespannt auf die Resultate ihrer Arbeit (Dokumentarfilm und Podcast).


Dass es Spaß gemacht hat, bestätigten auch die Danksagungen der beiden beteiligten "Gruppen". Zuerst kamen die Romni mit einer Mappe "für Frank"(Bild oben/ Bild zwei) und bedankten sich. Wir umarmten uns und ich bekam ein paar Küsschen. ;-) Dann kamen meine z.T. mantakischen Facebook- Freundinnen und übergaben mir eine schön gestaltete Mappe (Bild drei) mit einer fast fehlerfreien Danksagung auf Deutsch. (Bild vier) Wie bei den Romni bildete sich schnell ein "Auflauf" mit mir in der Mitte. Der teilte sich bereitwillig, als die Romni noch einmal dazu kommen wollten und so standen wir alle zusammen in einer "Traube" - "Weiße" und "Schwarze" und ihr zeitweiliger Projektleiter in der Mitte. Was für ein schöner Abschied! Ich werde daran denken, wenn ich die Quittungen kleben, alles zusammenrechnen und den Abschlussbericht schreiben muss! :-)

Dann fuhr ich "meine Schülerinnen" zur Zughaltestelle in Velka Lomnica und sah dabei den Mega- Stau, der sich an einer Straßenbaustelle gebildet hatte. Au weia. Statt noch einen Kaffee zu trinken, lud ich die erste Fuhre der Deutschen ein und fuhr sie nach Poprad. Wir kamen 35 min später als gedacht dort an und ich dachte, dass wir keine Chance hättten, den Zug nach Bratislava noch zu erreichen. Stefan und Anne wuchteten die schwere Kameratechnik allein die Straße herunter und erwarteten mich am Bahnübergang. Das Taxi aus Poprad steckte auf der Gegenseite fest. Über einen Umweg kam ich dann "von hinten" an den Stau in Lomnica. Zum Glück hatte inzwischen die Polizei die Arbeiten gestoppt und die Straße erst einmal frei gegeben. Ich fuhr so schnell es ging die 8 km zum Bahnhof und wir kamen um 13:31 Uhr dort an. Der Zug auf Gleis 2 sollte eben jetzt abfahren. Konnte die Bahnhof- Gruppe den Zug aufhalten? Nein, er hatte 20 min Verspätung und so ging doch noch alles klar! Ich fuhr völlig übermüdet und mit rotgeränderten Augen nach Hause. Jetzt kommen noch die Nachbereitung und das Schneiden des Schüler- Erlebnis- Films...  



Zusammen leben - Teil II eines Film-, Theater- und Integrationsprojekts (14. 10.)

Daniela und Kubo saßen im Appartement an den Computern und mussten die slowakischen Interviews ins Deutsche transkribieren. Schwere Arbeit, die den ganzen Tag in Anspruch nahm. Janine tat dasselbe mit den deutschensprachigen Interviews. Immer zusammenfassen, was zwischen zwei timecodes gesagt wurde. Sie waren fertig, als das Kamerateam aus Margecany (Bilder unten), Spisska Pohradie und Levoca (Bild oben) zurückkam. Wir hatten keinen Elendstourismus vor, aber um die Problematik des Films zu verstehen, sind nun einmal Eindrücke von der Lage der Roma unumgänglich. Die Deutschen waren schwer beeindruckt und hatten so etwas noch nie gesehen und sich vorher auch nicht vorstellen können. Stefan wollte unbedingt in ein "Ghetto" und mit den Leuten reden. Er nahm im Angesicht der Siedlungen selbst davon Abstand.

Schon in der Schule war klar geworden, dass viele der vorbereiteten Fragen so nicht greifen konnten, die Vorstellungen also verfehlt waren. Roma in der 9. Klasse sind weit gekommen, reflektieren ihre Lage dennoch nicht wirklich. "Wie wichtig ist 'Bildung' für dich" ist daher eine derart abstrakte Frage, dass die Antwort nur unsicheres Kichern war. "Was willst du später mal werden?", fragte Daniela stattdessen und die Antwort war: "Köchin oder Kellnerin in England vielleicht." So werden Bilder korrigiert....  

"Kann das stimmen?" - diese Frage kam oft von deutscher Seite. Aber auch die Slowaken wirkten etwas bedrückt, als Sona von einem "unserer Mädchen" erzählte, dass sie zu Hause mit 12 Geschwistern in einem Zimmer schläft. Dazu wird der Boden mit Matratzen und Matten usw. belegt und dann legen sich eben alle nieder. Gekommen waren wir darauf, weil sie vorher vom schlechten Schlaf ihrer Schützlinge erzählt hatte. Warum? Sie schliefen eben "nur" zu fünft auf einem Zimmer und diese "Leere" hatte Ivana Angst gemacht... Abends war dann Disko und die hat mich bewegt. Zum ersten Mal tanzten die Romni völlig frei mit ihren Schulkamerade, standen Lehrerinnen und Gäste mit im Kreis, trat Markus in den Reigen der Romni und tanzte mit ihnen wie sonst nur mit "seinen Leuten". Charlotta forderte mich zum Tanzen auf und drehte sich vor mir hin und her...- ganz neues Selbstbewusstsein! Das hätte sie sogar beim letzten Mal noch nicht gewagt. Aber sie war nun das dritte Mal dabei und da ging es plötzlich. Helles Roma- Lachen und Tanzwut der jungen Slowakinnen, Freude und Spaß bei Sona, Helmut, Jutta und mir. Da wollten sogar die Deutschen nicht abseits sitzen bleiben... ;-)





Zusammen leben - Teil II eines Film-, Theater- und Integrationsprojekts (13. 10.)

Gleich nach dem Frühstück fuhren wir nach Smolnik in die dortige Grundschule. Jakub von der Opatovska (Bild oben rechts) war Absolvent dieser Schule und ist als Mantak mit den Einwohnern und vor allem den Ur- Einwohnern bestens bekannt. Alle, die das erste Mal beim Filmen mit dabei waren, wunderten sich über die Vorbereitungen auf einen guten Dreh. Dann wurden Impressionen vom Deutsch- Unterricht einer gemischten Klasse eingefangen. Anschließend führten die Schülerinnen Interviews mit Roma- Schülern der Klasse. Daniela von der Trebisovska (Bild Mitte unten rechts) bewährte ihre Intelligenz und Freundlichkeit mit gekonnt einfühlsamer Fragetechnik. Das war professionell! Es gelang ihr, die zunächst nur sehr einsilbig antwortenden Schülerinnen doch noch zu ein paar interessanten Aussagen zu bewegen!

Nach dem leckeren Mittagessen in einem schönen Restaurand in Uhorska trafen wir in der Heimatstube von Smolnik- Huta den Bürgermeister und zwei alte Damen, die allerdings vor der Kamera nicht über ihre Erlebnisse kurz nach dem Krieg und sowieso nicht über ihr Verhältnis zu den Roma reden wollten. Immerhin ließen sie sich das Bekenntnis entlocken, dass die ersten Roma, die gekommen wären, nette und gute Nachbarn waren. Erst später (nach der "Wende") sei "unordentliches und arbeitsscheues Volk" gekommen. Näheres war nicht zu erfahren. Aber kaum war die Kamera (geführt von Jakub- Bild unten) aus, stürzten die alten Damen auf mich zu und es sprudelten ihre "unglaublichen Erlebnisse" aus der Vertreibungszeit, ihrer Flucht in den Wald, die ersten Jahre des Sozialismus usw. nur so aus ihnen heraus, Wir waren fair genug, die Kameras nicht heimlich anzuschalten. Auch Sofie ließ ihr Mikrofon geschlossen. Wir wollten ja niemanden herein legen. Dass man darüber heute auch in die Kamera sprechen kann, drang bei den alten Mantakinnen nun einmal nicht durch....

Unsere "Theaterabteilung" kam zum Abendbrot aus Kezmarok zurück. Sie hatten sich die Burg angesehen und eine Galerie besucht. Helmut arbeitete dann noch bis 22.00 Uhr mit den kleinen Schauspielerinnen und Tänzerinnen...    


Zusammen leben - Teil II eines Film-, Theater- und Integrationsprojekts (12. 10.)

Am zweiten Tag wurden im Saal oben (Bild) erste Szenen geübt und "es entwickelte sich" eine Performance- natürlich gut gesteuert von Helmut Bistika und seinem Talent, aus jedem/ jeder herauszuholen, was er/ sie kann.

Die Schülerinnen und Auszubildenden des Filmteams arbeiteten an dem Fragenkatalog für Roma, Lehrer, Schüler und Mantaken. Gesammelt wurden Ideen, wie man das Zusammenleben der Minderheiten und der Mehrheit an nur drei Tagen (!) am besten erfassen kann. Erste Interviews wurden mit den Schülerinnen selbst geführt. Nach dem Mittag fuhren dann eber erst einmal alle nach Poprad ins AquaCity. Inzwischen wurden die ersten Termine gemacht. Abends stand fest, was wir am Dienstag machen würden. Ein arbeitsreicher, aber auch interessanter und inegrativer Tag. Natürlich hatten wir alle Spaß. Sona führte die Mützen vor, die sie für ihre Romni gekauft hatte. Normalerweise tragen Roma keine Kopfbedeckungen; wir aber wollten keine Erkrankungen der nassen Haare wegen riskieren. Draußen waren minus zwei Grad und es hatte eine paar Dezi Schnee gegeben. Der Abend klang feuchtfröhlich aus.

Zusammen leben - Teil II eines Film-, Theater- und Integrationsprojekts (11. 10)

Der Ankunftstag war etwas hektisch. Aufgrund der vielen Straßenbauarbeiten kam ich gerade noch rechtzeitig zu um 10.30 Uhr nach Poprad, um Stefan Koeck und die Seinen in Empfang zu nehmen. Zwei Mal musste ich fahren, ehe alle 5 nebst der schweren Kameratechnik im Hotel waren. Es gab Mittag und dann eine Mittagsruhe. Die jungen Medienleute waren ja 22 h unterwegs! Zu um 16.30 Uhr fuhr ich noch zwei Mal von Velka Lomnica nach Poprad. Dieses Mal mussten unser neuer Freiwilliger und die Gymnasiastinnen von der Opatovska und der Trebisovska ins Hotel "Agro" chauffiert werden. Tania und Adriana vom GPH Michalovce wurden von Tanias Vater gebracht. Dann warteten wir auf die drei Autos aus Medzev/ Metzenseifen. Mit denen sollten unser künstlerischer Leiter Helmut, die Kolleginnen und die gemischte Schülergruppe anreisen. Kurz vor dem Abendbrot waren sie erst da und bezogen ihre Zimmer. Die kleinen Romni (Bild oben- eine Impression aus einem die ganze Zeit lang tipp topp aufgeräumten und ordentlichen Zimmer!) hatten die Autofahrt nicht gut überstanden und die Fahrer hatten einige Male anhalten müssen, um die Übelkeit zu vertreiben. Nach dem Abendessen gab es eine Vorstellungsrunde und während es oben im Saal mit ersten Theaterversuchen weiter ging, versammelte Medienpädagoge Koeck sein Film- und Radioteam (Sofie vom offenen Kanal Brandenburg) zu einer ersten Absprache. (Bild unten) Spät abends ging der erste Abend zu Ende!    









Donnerstag, 8. Oktober 2015

Jdi in Bratislava

Vom 04.- 07. 10. fand in Bratislava das erste Basistraining Jdi für slowakische Lehrkräfte statt. In 10 Einheiten bereiteten sich jeweils zwei Kolleginnen von 8 slowakischen DSD- Schulen auf die Einführung von Jdi in die Unterrichtspraxis vor. Im Anschluss daran sollen sie auf Schulebene einen Wettkampf organisieren und die besten zwei Debattantinnen zu je zwei Schulverbundausscheiden delegieren, die ich dann zu organisieren und zu jurieren habe. Die jeweils 4 Besten fahren im Mai zum "Siegertraining" nach Dresden. Mitte Juni wird es das erste Landesfinale Jdi in der Slowakei geben. Mal sehen, ob es auf Anhieb klappt. Ich denke, alle Teilnehmerinnen (Bild) am Seminar werden ihr Bestes tun. Mit Pavel vom Projektbüro Prag (Mitte) verbinden mich ja schon Arbeitsverbindungen aus Kiew, wo wir bereits zwei Landesfinals gemeinsam bestritten haben. Also, ich denke, es wird. ;-)

Samstag, 3. Oktober 2015

Weiße Nacht in Kosice

Freund Ludo kam aus Presov herüber und wir wanderten die Höhepunkte der "Weißen Nacht"ab, also eine Reihe von Lichtinstallationen. (Andere Veranstaltungen wie z. B. das Straßentanzangebot von Radio Kosice - die Bilder zeigen die Bühne und die Lichtshow am Museum - hatte bis 22.00 Uhr zumindest noch niemand angenommen.) Dabei ging es im Gespräch im Wesentlichen um den "Wahnsinn", dass die Kanzlerin die Grenzen geöffnet hätte und nun das Abendland unterzugehen drohe. Warum die Deutschen so reagieren? Ludo machte unser fortdauernd schlechtes Gewissen den Juden und Zigeunern gegenüber dafür verantwortlich und meinte, wir sollten endlich damit aufhören...

Ansonsten sahen wir am Theater "Gaukler", die statt einer Feuerstange eine Stange mit elektrischem Licht rotieren ließen. Dabei formte sich im Lichtkreis langsam das Logo von "VUB Banka". Naja... Im Kulturforum gab es eine Leuchtröhren- Installation, deren Muster sich in der Weise änderte, in der Steine von einer Vertiefung auf einer Holztafel in eine andere geschoben wurden. Hübsches Spiel für Kinder. Im Foyer hatte ein Japaner gaseähnliche Stoffe mit unendlich vielen Fäden an der Decke befestigt und ihnen so die Form durchsichtiger Quallen gegeben. Ja, kann man machen. Schön anzusehen waren die grünen Plastikstreifen, die jemand in Form eines Feldes im Park gesteckt und so angestrahlt hatte, dass sie von fern wie Palmen aussahen. Von Nahem verflüchtigte sich der Zauber. Aber man muss ja auch nicht alles von der Nähe anglotzen. ;-) Ansonsten gab es Mengen von Menschen und total überfüllte Fress- und Saufmeilen. Obwohl sich wirklich jede verfügbare Kneipe so weit es ging auf den Boulevard ausgebreitet hatte, gab es kaum freie Plätze. Am längsten aber waren die Schlangen vor den Pizza- Läden. Haben die Leute zu Hause nix zu Essen? Immerhin ist es bei der Ausländer- und Asylanten- Phobie bemerkenswert, dass italienische Pizza so beliebt ist wie der Havanna- Club, in den auch kein Hineinkommen war. Speisen und Getränke sind eben auch "Botschafter des Lichts" im Sinne vielleicht einer lichteren Welt... Darauf eine Pizza mit Rum! :-)


Montag, 28. September 2015

Erlebnisse mit der Abmahnindustrie

RA Waldorf Frommer, einschlägig bekannt, schickten mir am 29. 07. 2011 eine "Abmahnung" nebst "Unterlassungserklärung" im Namen von Random House wegen illegalen Downloads eines Hörbuchs (oder war es ein Film?) aus der Harry- Potter- Serie. Forderung 806,- Euro. Der Lacher beginnt mit der Mitteilung von Kabel- Deutschland, der Download habe von 22:12:24 bis 23:58:07 gedauert. Das nennt man Selbstkritik, denn die miesen Downloadraten des 50mbit- Vertrages bei dieser Firma nerven uns schon lange, aber dass ein Hörbuch (Film?) SO LANGE dauert...

Gut. Ich ahnte, dass es nichts bringt, aber a) konnte ich damals eine Klageerhebung absolut nicht gebrauchen und b) wollte ich doch sehen, WIE die Sache schief geht. Und sie ging schief.

Gegen den Vorwurf lässt sich nichts ausrichten, so die einhellige Auskunft, also müsste ein anderer RA her, der Hilfe schafft. Im Internet stößt man sofort und beinahe ausschließlich auf RA Hechler. Also wird der Mann beauftragt. Er schlägt vor, eine (vorformulierte) "Unterlassungserklärung" abzugeben und 100,- Euro (vorbehaltlich, die Sache ist damit erledigt) an Random House zu zahlen. Dem Schreiben liegt ein ausführliches Konvolut bei, in dem (serienmäßig) erklärt wird, dass mein Internetanschluss auch von meinen Kindern genutzt werden konnte und im Nachhinein nicht festzustellen wäre, wer der Schuldige sei. Das ist also die Verhandlungsstrategie. Angefügt ist: "Wir bieten Ihnen an, unsere Tätigkeit nicht nach der sehr viel teureren Gebührenordnung (RVG) abzurechnen, sondern mit dem obigen Betrag." Warum eigentlich nicht nach der Ordnung? Egal, mir soll es Recht sein. Ich zahle also 261,80 Euro pauschal nach § 4 Abs. 2 Satz 1 RVG. 

Beinahe drei Jahre schien es so, als wäre es das nun. Aber dann kommt von RA Hechler am 17. 05. 2014 die Mitteilung, Waldorf Frommer hätten nun doch ein Gerichtsverfahren angedroht. "Sofern Sie, wie besprochen, weiterhin versuchen, die Sache bis zur Verjährung (frühestens Ende 2014) auszusitzen, so besteht kein Handlungsbedarf. Wir haben bereits über 6.000 Fälle gegen Waldorf Frommer bearbeitet. Trotz der immer gleichen Schreiben wurde in lediglich ca. 3% der Fälle tatsächlich eine Klage erhoben, 97 % der Fälle verjährten ohne Bezahlung an Waldorf." Das klingt gut. Korrekt wird angefügt: "Sofern Sie die Sache endgültig beenden möchten, bezahlen Sie den im Schreiben noch geforderten Restbetrag... Dies würde jedoch ihrer bisherigen Strategie widersprechen... und Sie würden mit ihrer Zahlung die Abmahnindustrie finanzieren." DAS wollte ich gewiss nicht, obwohl sich in mir der Verdacht regte, dass mich Waldorf Frommer durch die vorherige Zahlung der 100,- Euro an der Angel hatten: Warum sich mit denen beschäftigen, die gar nicht erst reagiert haben, wenn man da einen hat, der schon ein bisschen "weich" ist?

Am 19. (!) Dez. 2014 erreicht mich die Klageschrift von Waldorf Frommer. Sie wollen die ausstehenden 706,- Euro. RA Hechler trat in Aktion: "Ich habe mit der Kanzlei Waldorf Frommer den beigefügten Vergleich ausgehandelt. Keinen Sinn macht es, den Upload der Datei zu bestreiten. Ein Gutachten hierzu wurde bereits zigmal erstellt und kostet über Euro 5000,00 für den Verlierer des Prozesses." So ist das also. Man glaubt sich im Recht, weil man sicher ist, den inkrimierten Download nicht ausgeführt zu haben, aber Recht ist nur, was sich als solches beweisen lässt. Oder man gibt eigenes Verschulden gegen besseres Wissen zu: Bei persönlichem Erscheinen vor Gericht und der Beschuldigung, eines meiner Kinder hätte den Download veranlasst, könnte ich den Prozess dennoch gewinnen. Ich aber befürchte, dass dann die Forderung an meine Töchter geht, womit der Familie nichts genützt wäre, und belasse es bei der Vertretung durch die RA Kanzlei. Und so nimmt das Verfahren seinen Lauf. Vom Amtsgericht Leipzig werden ich zur Zahlung von 506,00 Euro verurteilt. Der Vergleich brachte also netto 200,- Euro "Ersparnis". Allerdings beträgt die Forderung für die Prozessvertretung 295,12 Euro. Das sind insgesamt 556,92 Euro für RA Hechler. Waldorf Frommer kriegen auch noch ihr Schmeckerchen. Incl. der 50,- Euro Gerichtskosten habe ich 289,- Euro zu zahlen. 

BILANZ: Statt 806,- Euro ohne Inanspruchnahme eines RA habe ich unterm Strich 1451,92 Euro verloren. Überflüssig zu sagen, dass ich für "Harry Potter" wenig übrig habe und mir das Hörbuch, das allerdings von Rufus Beck genial eingesprochen ist (wie ich aus der Kassettenfassung weiß, die ich mit meinen damals noch kleinen Kindern auf den stundenlangen Heimfahrten aus Polen mit Vergnügen hörte) niemals aus dem Internet laden würde noch wirklich geladen habe. Den Film sowieso nicht.  

NACHSATZ vom 01. 05. 2018: Der Beitrag wurde auf ein Schreiben von RA Hechler hin geändert. Richtig ist, dass ich mich eher über das Gebahren der Abmahnindustrie und die Unzulänglichkeiten der diese begünstigenden Strafverfolgung hätte aufregen sollen. Womöglich nur spekulative, auf jeden Fall nicht beweisbare Behauptungen habe ich daher gelöscht. Sollten sie unzutreffend gewesen sein, bedauere ich das. An der Verbreitung von Fake News ist mir nicht gelegen. Davon abgesehen belasse ich den Eintrag in der vorliegenden Form im Netz, damit auch andere Betroffene erfahren können, dass die Hoffnungen auf einen effektiven Rechtsbeistand trotz ausgewiesener statistischer Daten nicht immer berechtigt sind. Das gilt unabhängig von meinen Erfahrungen mit einer speziellen Kanzlei.  

Dienstag, 22. September 2015

Kosice - jüdischer Friedhof

Endlich konnte ich mein neues Rad auch in Kosice ausprobieren. Ich fuhr ein bisschen in der Gegend rum und erkundete das unmöglich (des)organisierte Gleiserneuerungs- und sonstiges Straßenbaugeschehen in der Stadt. So viel Chaos! Wenn da jemand Sabotage geplant hat, hat er ganz Arbeit geleistet. Meine Fahrzeit bis zur Grenze verlängert sich um fast zwei Stunden und die nach Michalovce um eine Stunde hin und eine zurück. Für 6 x 45 min sitze ich 4 Zeitstunden im Auto! Und ein Ende ist nicht abzusehen. Statt dass etwas fertig wird, reißt man an immer mehr und neuen Stellen die Straße auf...

Egal, auf diese Weise reifte in mir beim Radfahren der Plan, endlich den jüdischen Friedhof zu suchen, den es auch in Kosice geben muss. Ich wusste, dass er unterhalb des Krankenhauses sich befinden soll und fand ihn auch mühelos. An sich schön am Hang gelegen wirkt die Anlage doch trostlos. Nur wenige Grabstehlen sind erhalten. Von dem vorbeiführenden Gehweg sind alle Platten aufgehoben worden. Wie in Plock könnten es auch hier Grabsteine gewesen sein, die als Baumaterial dienten. Naja, wenigstens ist das Gras geschnitten. Irgendeine Tafel oder sonstige Informationen fehlen. Oberhalb entsteht ein neues Wohngebiet...

Vyshka

Natürlich hielt es mich nicht lange in Leipzig. Aus Wismar holte ich meines Vaters Rad und brachte es zum Sohnemann nach Berlin. Dort traf ich Agnieszka und Micha. Mehr Zeit war leider nicht, denn ich musste meine Töchter vom Flugplatz abholen. Sie kamen aus Seoul und wollten zwei oder drei Tage in Leipzig verbringen. Auf diese Weise lernten Juri und Elena die ganze Familie kennen, als sie uns besuchten. Im Gegenzug wissen wir nun, dass Ira nicht nur einen lieben Mann, sondern auch nette Schwiegereltern hat. Sie heiratete Ende August und deswegen waren meine ukrainischen Freunde alle (auch bei uns) zu Besuch. Ein Glück, dass Anka da war. Sie managte alles professionell und es gab auch in unserem Haushalt Kuchen und ein frugales Abendmahl. Ich denke, das hat allen gefallen. ;-)

Bereits vorher war vereinbart worden. dass ich Juri und Elena über Kosice nach Ivano- Frankivsk fahre. Und so geschah es am 27. 08. 2015. Ich holte die beiden aus Dresden ab, wo sie in der WG von Iras Mann Paul die ganze Nacht Abschied gefeiert hatten. Entsprechend kurz war unser Abend nach der langen Fahrt. ;-) In Ivano- Frankivsk überließ ich die beiden ihren Pflichten und vertrieb mir allein den Abend. Anderntags traf ich Ivan, den ich auch schon Jahre nicht gesehen hatte, dessen Abschiedsgeschenk - ein selbst gemaltes Bild mit rotem Klatschmohn  - aber immer noch über meinem Küchentisch hängt. ;-) Der junge Mann studiert Medizin und möchte später über Tschechien nach Deutschland. Viel Glück! Abends dann Abschied in Juris "privat- kolyba". Es gab wie immer leckeres Shashlyk und dieses Mal war ein Freund von Konovalovs dabei, der als Kunstschmied seine Brötchen verdient. Interessant, was er so erzählte. Er hat in Tschechien sein Handwerk erlernt und arbeitet nun vor allem für reiche Leute und deren "Bedürfnisse"...

Pünktlich zum 01. 09. war ich dann wieder in Kosice, wo mich aber niemand haben wollte. Nach dem Tag der Verfassung wollte noch keiner so richtig loslegen und so wurden Bücher verteilt, ein paar Eröffnungsveranstaltungen durchgeführt usw. Ich hatte also noch frei und konnte noch einmal einem kurzfristigen Ruf in die UA folgen. Vyshka ist wirklich ein netter Fleck in den ukrainischen Beskiden (Nationalpark). Die traditionelle Holzbauweise (Bild oben) lebt in der Architektur aller folgenden Zeitschichten weiter. (Bild zwei) Auch die Hotels der Gegend - alle leben von einem einzigen Skilift, der zu einem "Idiotenhang" gehört ;-) - folgen diesem Trend. Sehr schön anheimelnd und doch mordern. (Bild unten) Dabei ist die Gegend herrlich. Wenn man Zeit hätte, könnte man wohl gut dort wandern. Die Berge sind nicht zu hoch und die Anstiege nicht steil. Es dominiert Laubwald. (Vorletztes Bild) Unser Hotel hatte noch eine besondere Attraktion zu bieten: Auf einer Freifläche standen unter Plastikdächern originelle Modelle von Sehenswürdigkeiten der Ukraine, (Bild Mitte) Leider war diese schöne Zeit viel zu schnell zu Ende. Aber die Veranstaltung hat Nachfolger und für eine davon bin ich nun schon regulär wieder "gebucht". Das wird dann aber in Ivano oder Lviv sein.  





Montag, 21. September 2015

Braunkohlegebiete um Leipzig

Mitte August ging auch die Zeit in Wismar zu Ende und wir kehrten nach Leipzig zurück. Ich kaufte mir ein neues Fahrrad, um weiter die Kosicer Berge unsicher machen zu können. ;-) Zunächst konnte ich das Rad aber nur im Flachland rund um Leipzig ausprobieren. Was für eine Überraschung! Mit dem Rad immer am Kanal entlang entdeckte ich meine Wahlheimatstadt von einer ganz anderen Seite. Sportlich gesehen ist es allerdings müßig über die Tour zu reden: Andere Radfahrer, Muttis mit Kinderwagen, Hunde, Jogger...- was sich da alles rumtreibt! Man kommt einfach nicht vorwärts. Ein bisschen besser sieht es aus, wenn man die andere Richtung nach Halle zu wählt. Auch dort war ich noch nie und mich überraschten die Seen, die aus den Braunkohlerestlöchern entstanden. Dort kann man gut baden. Bis Halle war ich nicht, aber demnächst schaffe ich das: Ganz meine Entfernung! ;-) Schöner ist die Landschaft allerdings in Richtung Delitzsch- Bitterfeld. Die alten Straßen für die Kohletransporte sind nun Radwege und so kann man mitten ins neue Seenland und darin herum fahren. Neben "kultivierten" Badeseen (Bild unten) gibt es viele Restlöcher, in denen abgestorbene Bäume und allerhand Sumpfpflanzenzeugs neue Biotope geschaffen haben. Man kann dort Vögel beobachten und anderes Getier sehen- so steht es jedenfalls auf den Tafeln an den Fernrohren, die zur öffentlichen Nutzung aufgestellt sind. Mal etwas, das an Deutschland zu kritisieren mir gar nicht einfällt. Wir haben ein schönes Land. Wir sollten (noch) mehr daraus machen!

Klassentreffen

Seit Wochen  posteten Gunnar und Bodo bei fb Zeichen ihres Erfreutseins, dass unser vereinbartes Treffen (nach 40 Jahren das erste Mal wieder) näher rückt. Am 08. 08. war es dann so weit. Wir hatten den Urlaub in Wismar ausklingen lassen und ich kam nach einem Besuch bei ehemaligen Kollegen aus der Polenzeit (Rudi und Sabine- Templin) abends gerade noch zur vereinbarten Zeit. Bodo (Bild Mitte) und seine Lebenspartnerin hatten sich wirklich Mühe gegeben und alles aufgefahren, was das Herz begehrt. Danke noch einmal!

Anfangs befremdete mich das Gefühl, diese Menschen dort gar nicht mehr zu kennen. Aber das gab sich bald. Mehr als 10 Jahre Kindergarten und Schule sind doch nicht einfach wegzuwischen. Zuerst fand ich bei "Knobi" (Bild unten) die vertrauten Gesichtszüge und auch den Habitus wieder. Ein bisschen ironischer kam er daher; vom Leben gebeutelt, wie man so sagt. Vom Leben eher geküsst stellte sich Olaf vor. (Bild oben) Er "macht in Abfall" und verdient sein offensichtlich gutes Geld als Chemiker in der Abfallwirtschaft. In seinem Gesicht fand ich den alten Kumpel bis zum Schluss nicht wirklich wieder. Nur die "große Klappe" war die von früher und damit war alles klar.

Bodo war früher unser "Problemfall" in der Schule. Er hat seinen Weg gemacht und schwärmte immer noch von der DDR- Zeit. Als Schweißer auf der Werft hatte er sein Geld und vor allem wohl auch sein Ansehen. Die eigene Wertschätzung bekam dann in der Auffanggesellschaft nach Abwicklung der Werft einen Knick, den er bis heute nicht verwunden hat. Nun arbeitet er als Brotausfahrer einer Bäckerei und beklagt, dass der müde Körper die Gewichte nicht mehr wie früher stemmen will. Aber es gibt keine Alternative. Wir haben's bei ukrainischem Vodka, ordentlichem Korn und irgendwas Braunem runtergeschluckt. Ja, den körperlich Arbeitenden geht es nicht gut im Land. Warum eigentlich nicht?   


Bydgoszcz und Grudziaz

Anfang August trafen wir dann wie verabredet in Grudziaz ein, wo wir Wiesia besuchen und auf ihre Tochter aufpassen wollten. Die junge Mutter hatte eine Führung durch ihre Heimatstadt angenommen und der Kindesvater war auf Klettertour. Alles ging gut und wir bewährten uns trotz Mangel an Erfahrung als Ersatz- Oma bzw. Ersatz- Opa! ;-) In Anlehnung an eine populäre Reklame könnte man sagen: "Mutti, Mutti, wir haben gar nicht geweint!" Zur Belohnung durften wir dann mit nach Bydgoszcz und ich musste nicht mal fahren. Wie lange waren wir nicht im alten Bromberg gewesen? Auch hier hat sich allerhand getan. Die alten Speicher sind schön restauriert und machen was her. (Bild oben) Überhaupt lebt das Stadtbild vom Wasserlauf. Dort ist es am schönsten geworden. (Bild zwei) Auf den Wiesen und Spielplätzen am Museum tobte das Leben und bei 36 Grad war Volksfeststimmung. Insgesamt aber wird die Stadt keine Perle Polens mehr werden. Die Zerstörungen am Ende des Krieges lassen sich nicht mehr flicken.

Ganz anders Grudziaz, das wir aus den 90er Jahren nur grau und ziemlich fürchterlich in Erinnerung hatten. Die alte Kreis- und Militärstadt Graudenz hat gerade zur Weichselseite hin viel historische Substanz, die nach und nach restauriert wird. (Bild drei) Mir schien, es könnte schneller gehen, wenn man ein Konzept für die großen, stabilen, deshalb aber auch dunklen Speicher hätte. Aber mit diesem Problem ist die polnische Stadt nicht allein. Ganz neu ist der rekonstruierte Bergfried der Ordensburg auf einer Anhöhe über der Stadt. (Bild vier) Vor zwei Jahren hatte ich gerade die ersten Erschließungsarbeiten an der Ruine besichtigen können. Heute erhebt sich dort ein kleines Museumsgelände mit eben jenem Turm als Aussichtsplattform.

Der Ausblick über den mittelalterlichen Stadtkern und die angrenzenden Militärgelände und -gebäude aus dem 19. Jahrhundert ist berauschend. (Bild unten) Die majestätisch dahin fließende Weichsel tut ein Übriges, den Anblick zu mögen. Und nicht zuletzt mögen wir die Menschen, die wiederzusehen uns gefreut hat. Schade, dass wir zwei Tage später weiterziehen mussten. Aber noch warteten Dorota und Zbysek auf uns. Während unserer Zeit in Wloclawek/ Plock (und später noch) waren wir oft bei ihnen zu Gast. Auch dieses Mal verbrachten wir einen schönen Tag auf der Dzialka in der Nähe von Gostynin. Schade, dass man nicht öfter einfach übers Land zu Freunden fahren kann. Und doch: Man kann! Wie anders wäre das zu Zeiten der Pferdewagen und Sandstraßen gewesen.. ;-)




Mikolaiki

Nein, wir haben  Sulaiken nicht gefunden, fühlten uns in Mikolaiki dennoch wohl. ;-) Von Klaipeda aus muss man ja das Kaliningrader Gebiet weiträumig umfahren und so bedurfte es eines Nachtquartiers. Wir wählten das Zentrum des masurischen Tourismus, um zu sehen, wie es geworden ist und ob man es dort aushält. Es gibt wirklich Massen von polnischen Inlandstouristen und Boote und Yachten die Menge. (Bild oben) Irgendwie verlief es sich dennoch. Auf jeden Fall gibt es genügend Kneipen und abendliche Programme, so dass man nicht nur drängeln muss. Unser Restaurant (italienisch) war hervorragend- hier aß ich das schärfste Essen meines Lebens (und ich habe wahrlich schon an vielen Orten scharf gegessen!). Fast hätte ICH gestreikt! Aber dann schaffte ich es doch noch gerade so... ;-)

Das Land ist und bleibt wunderschön und es finden sich immer noch ruhige Ecken, obwohl die Infrastruktur seit den 90er Jahren gut ausgebaut wurde und sich merklich verbessert hat. Nach Olsztyn führt sogar eine Quasi- Autobahn. Wir kamen also schnell vorwärts. In Ostroda trafen wir Grazyna mit Familie. Die waren gerade in ein geräumiges Haus umgezogen und saßen de facto noch auf halb ausgepackten Koffern. Trozdem war's schön. Der Älteste probt fleißig für die Teilnahme an den Ritterspielen u.a. am jährlichen Grunwald- Event. Stolz zeigte er uns seine Kluft eines deutschen (!) Knappen. Ja, alles ändert sich...


Klaipeda und die Geschichte


Der Abschied von Tallin war nicht so leicht. Vor uns lag eine ellenlange Fahrt durch ödes langweiliges Land. Obwohl wir die Straße entlang der See wählten, war diese nicht zu sehen. Ab und an zeigten Camping- Plätze und Hotels die Nähe des Meeres an. Wir stiegen aber des Regens wegen nicht aus. In Klaipeda nächtigten wir in einem Hotel mit armenischem Restaurant. Lecker, lecker... ;-) Da konnten wir auf einen abendlichen Stadtgang leicht verzichten.

Anderntags gingen wir aber auf Erkundung und fanden schon in "unserer Straße" die Deutsche (Reichs)Post in Form der üblichen backsteinroten neugotischen Fassade. Auch sonst hätten die Stadtvillen der Gegend in jeder deutschen Kleinstadt stehen können. Dann ging es durch einen schönen Park zur Brücke über den Kanal. Hier lag ein (touristisch) aufgetakeltes Segelschiff als Restaurantschiff vor Anker. Die Altstadt, das alte Memel also, zeigt überall den Verlauf der alten Straßen und Höfe, obwohl viele der Gebäude nach 1945 errichtet wurden. Immerhin gab es damals einen Stadtarchitekten, der wusste, was er tut. Die Häuser kommen nicht historisierend daher, sind aber in der Traufhöhe den wenigen stehen gebliebenen Altstadthäusern und eben dem Straßenverlauf angepasst. Was noch steht, wird liebevoll restauriert. (Bild oben) Können "Chrustchowkas" (die typischen grauen und schmucklosen Wohnklötze der Nach- Stalin- Ära) eine anheimelnde Atmosphäre verbreiten? Zusammen mit den historischen Resten können sie es! (vgl. Bild vier) Nicht wirklich schön hat die Stadt doch "etwas". Und sei es nur die Statue des "Ännchen von Tharau". ;-)

Wir umwanderten die flächenmäßig kleine Altstadt und staunten nicht schlecht, als wir überall auf gut erhaltene und gepflegte Reste der alten Sternschanzen trafen. (Bild zwei) Das hatte ich so noch nirgends gesehen! Besonders beeindruckend ist das alte Militärbauwerk am alten Hafen. (Bild drei) Überhaupt der Hafen! Ich fühlte mich ein bisschen an Wismar erinnert und auf jeden Fall wohl. Eine Attraktion gab es auch: Ziemlich am Ende des alten Beckens lag zur Besichtigung frei gegeben die Nao Victoria, ein Nachbau des ersten Schiffes, das die Welt umsegelt. (Bild vier) Wow! Das ist wirklich eine Nussschale! Verglichen mit dem in Wismar liegenden Nachbau der Poeler Kogge sind hier die Planken eleganter geschwungen und besser geschiffen. Aber alles wirkt gerade deshalb noch geschrumpfter, kleiner, zierlicher. Wo hatten diese Menschen bloß die nötigen Vorräte an Wasser und Lebensmittel? Sieht man dieses Schiff, versteht man besser, wie es zu Meutereien kam und wie man einen "Koller" kriegen kann! 

Alles ungetrübt? Naja, manchmal kann man über die Blüten des Nationalismus auch lachen. An dem etwas merkwürdigen Denke- Mal im Bild unten symbolisiert der Pfeiler links  außen den festen Halt, den die Nation an ihrem Stammland hat. Die stützende "zierliche" Säule soll das Memelland sein, dessen litauische Originalität man bestreiten kann, aber nicht muss. Das abgebrochene Stück meint nun das königsberger Land, über dessen Zugehörigkeit zu Litauen (in welcher Epoche auch immer) doch arg zu streiten wäre. Die Lehensuntertänigkeit des Deutschen Ordens ist nicht umsonst in Krakow und nicht in Vilnius besiegelt worden und es war dann auch ein polnisches Lehen. Wenn man das über die "Union" der eigenen Geschichte zuschlägt, muss man sich
auch sonst zur gemeinsamen polnisch- litauischen Geschichte bekennen, denn so selektiv lässt sich die eigene "Nation" nun doch nicht aus dem Körper ost- europäischer Geschichte herauslösen. Grins. Schon gar nicht, wenn man solche Konstruktionen wie die der "Kulturnation" heranzieht. Das kann man an Memel alias Klaipeda gut beobachten. Und dennoch: Alle Bemühungen um Wiederherstellung des alten Stadtbildes sind nur zu begrüßen.