Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Freitag, 28. Oktober 2016

Suceava erlaufen

Freitag, der 28. 10. Ich habe wenig zu tun, da ich erst am Sonnabend umziehen kann. Solange dauert die notarielle Beglaubigung des Mietvertrages und außerdem soll noch ein Wasserschaden behoben werden. Ancha (gesprochen: Anka :-) ) ist erst ab 10.50 Uhr frei und so schreibe ich Emails und vertue die Zeit. In der Schule bekomme ich Schlüssel für die Kabinette und eine erste Einweisung. Drei Kopierer, ein Beamer, zwei Ordner mit Material zur Geschichte und Erdkunde- es kann los gehen. ;-) Allerdings bin ich geschockt, als die Schüler in stockendem Deutsch berichteten, sie hätten bisher meist geschrieben und gelesen und kaum gesprochen. Hä? Ich habe sofort die Hausaufgabe, den mündlichen Vortrag zum DSD schriftlich einzureichen, aufgehoben und um Zusendung der Präsentationen gebeten. Ancha wurde nervös und zog mich ins Kabinett, um mir zu erklären, wie meine Vorgängerin das gehandhabt hätte. Die war, wie ich erfuhr, Behindertenpädagogin und hatte die Art, alles hypersystematisch und kleinschrittig zu tun, wohl von daher geerbt. Ich entwickelte kurz meine Idee der künftigen Arbeitsteilung zwischen den rumänischen Kolleginnen und mir und erläuterte, was ein kommunikativer Ansatz im Fremdsprachenunterricht meiner Meinung nach ist. Ancha strahlte und meinte, endlich begänne "eine neue Ära" an der Schule! Genauso sähe sie das auch, aber meine Vorgängerin hätte von den Kolleginnen verlangt, sehr formal und vor allem schriftlich und grammatiklastig zu arbeiten. Dabei waren Giorgiona und Ancha mehrfach in Deutschland zu Weiterbildungen zum "modernen Fremdsprachenunterricht" und Mihai ist promoviert und hat seine Arbeit zur Idiomatik auch in Deutschland publiziert. Was für ein Leuchten in den Augen! ;-) Stockend und vorsichtig wurde mir von den Konflikten berichtet, die in der Vergangenheit das Verhältnis von deutscher Lektorin und den Kolleginnen belastet haben. Aus entgegengesetzter Sicht hatte ich das schon von der deutschen Kollegin gehört und mir gedacht, dass ich wahrscheinlich Vieles besser machen werde, weil sie einfach zu negativ klang. Jetzt weiß ich: Es war zu negativ! Ich bin ganz sicher, dass ich mit den Kolleginnen ein super- produktives Verhältnis haben werde. Auch die Direktorin, die Englisch spricht, ist sehr engagiert und kooperativ. Das alles hätte, den Informationen nach, die ich bekam, ganz anders sein müssen. Man würde sich nicht einmal um meine Wohnung bemühen, hatte das Orakel gesprochen. Aber man hat sich bemüht und Mihai tut wirklich alles für mich. Mehr kann man nicht erwarten.  

Dann hatte ich den Nachmittag frei. Es war kalt, aber sonnig. Also noch einmal los und Fotos machen. Außerdem musste ich sehen, wie ich morgen mit dem Auto zu meiner Wohnung komme. Gar nicht so einfach! ;-) Einen Jogging- Parcours fand ich wieder nicht. :-( Aber ich stellte fest, dass es in Suecava neben Apotheken, Banken usw. auch jede Menge Denkmäler von Wojewoden gibt, die immer eine Königskrone tragen und schrecklich bedeutend gewesen sein müssen. Nun ja, Rumänien führt seine Geschichte immer noch auf die vor mehr als 2000 Jahren romanisierten Daker zurück. Und dann fixiert man sich offensichtlich auf ein kleines Zeitfenster im Mittelalter, als walachische Fürsten (Wojewoden eben) einen Moldau- Staat beherrschten, der aus der Walachei, der Bukowina und der Moldau bestand. Das ganze ist nun die Idee von einem Rumänien in den Grenzen der damaligen Reiche. Natürlich kommen die Gründungsherrscher (Ungarn) und die fremden Siedler (vor allem Deutsche) nicht gut weg. Kurz: Die ganze Stadt ist voller Pseudokönige. (Bild drei). Wirklich, sie stehen vor und in Schulen, vor Justizgebäuden, an Straßenkreuzungen, in Parks, einfach..- überall!

Was das zu bedeuten hat, erfahre ich vielleicht demnächst im Regionalmuseum, einem wunderschön ausgewogenen traditionellen Bau. (Bild eins) Etwas weiter unterhalb der Straße brüllt das Leben im Zentrum der Stadt. Das ist modern und voller Leben, aber nicht wirklich ansehenswert. (Bild zwei) Im Sonnenlicht geht es aber. :-)  

Welche Helden mit dem europafahnengeschmückten Memorial (Bild vier) geehrt werden, hat sich mir noch nicht erschlossen. Aber Fahnen gibt es genug im Land. Auf der Fahrt hierher sah ich übrigens die größte Flagge meines Lebens. Es war grotesk: Sie wallte von einem Gebäude herunter und war bestimmt 20 m (!) lang und 5- 7 m breit. Mein Gott! So was gibt es nicht mal in der Ukraine!

Aber doch bin ich in der Bukowina, was das Museum der Region deutlich (schon im Namen) macht. (Bild fünf) Vielleicht lasse ich mich mal von Schülern dort führen. Dann weiß ich, was drinnen ausgestellt ist. Heute sah ich nur die "Haut" des alten, sichtbar aus österreichischer Zeit stammenden Gebäudes.

Ganz modern hingegen das Gitter an einer architektonisch herausragenden modernen Kirche. Wirklich ein schöner Bau und eine tolle Schmiedearbeit. Wie in der Ukraine gibt es davon viele hier. Auch an Privathäusern. Das könnte in Deutschland kaum jemand bezahlen!

Aber nicht alles ist so gelungen. Ich streifte durch schier endlose und gesichtslose Neubaugebiete, in denen man eher nicht wohnen mag. (Bild sechs) Vor allem, weil die meisten Wohnungen zu stark befahrenen Hauptstraßen heraus gehen. Horror- Idee dort schlafen zu sollen!

Aber auf der anderen Seite der Stadt gibt es historische Reste, zu denen diese Kirche unter UNESCO- Schutz zählt. (Bild sieben) Zum Ensemble gehören auch noch eine weitere Kirche und Fragmente eines Klosters (?) nebst einem alten Stadtturm. (vorletztes Bild) Der ist mächtig und kündet von der Bedeutung der alten Stadt, deren Name auf ungarische Kürschner zurück gehen soll, die sich hier ansiedelten. Wahrscheinlich stellten sie Pelz- und Lederkleidung für die Herren der Burg her, die sich früher über der Stadt erhob. Heute ist es eine malerische Ruine, die im Herbst ihre ganze Wirkung entfaltet! (letztes Bild)

 Oben auf dem Areal der Burg findet sich auch noch ein "Skansen", also ein die bäuerliche Kultur der Bukowina darstellendes Freilichtmuseum. Das liegt irgendwie passend an einem großen Friedhof und demonstriert so, wie tot die Tradition auch hier ist. Ich werde vielleicht mal hin gehen, verspreche mir aber nix davon. Viel zu viele solcher Museen habe ich in Polen und der Ukraine, auch in der Slowakei, schon gesehen. Die Städte sind ungarisch oder deutsch geprägt, was also für die Traditionsbildung nicht in Frage kommt, Deshalb hat man so viel Wert auf die ländlich- bäuerliche Kultur der slawischen oder rumänischen Volksteile gelegt. Aber die machen nun mal nicht viel her. In Czernowitz schreit die Groteske geradezu zum Himmel, wenn man den Ukrainern Nationalgefühl anhand der Hütten am Rand einer österreichischen Metropole von Weltgeltung beibringen will. Und hier wird es nicht anders sein. Man hofft, dass sich solche Verklemmungen bald legen. Ich werde mein Bestes tun. Als die Finnen stolz auf Nokia waren, brauchten sie keine "finnische Geschichte". Das ist alles. Nur Menschen, die im Elend leben, brauchen das Opium einer wenigstens "großen Geschichte". Wenn es den Leuten gut geht, ist es ihnen egal, wie ihre Vorväter lebten und dachten. Ob das immer gut ist, sei mal dahin gestellt, aber im Prinzip ist es eine gesunde Einstellung. Legt man sie zugrunde, versteht man den Blödsinn, den Pegida & Co. bei uns veranstalten. Aber denen geht es halt oft nicht gut. Und siehe da- sie suchen ihr Heil in einer imaginierten Vergangenheit "deutscher Größe". Schafft den Leuten Arbeit und Wohlstand und das Gespenst löst sich von alleine auf! Da mögen die Herren Schäuble und Thierse reden was sie wollen...







Ankunft in Suceava- Etwas Neues beginnt!

Ach, Freunde, die Anreise durch Rumänien ist ein unsagbares Elend! Nein, die Straßen sind besser, als ich sie 2010 (?) mit Daniel erlebte, als wir uns in der Ankunftszeit in Debrecen um Stunden verschätzten. Dafür gibt es LKW über LKW und die fahren halt nicht auf der rechten Spur einer Autobahn, sondern auf einer serpentienenreichen Straße immer genau vor einem. Man kann sie kaum überholen und sie sind natürlich in jeder Kurve und in den Abfahrten wie den Anstiegen unendlich langsam. Und so brauchte ich für die 650 km von Kosice bis Suceava 12 Stunden netto! Außerdem war das Wetter trübe und immer wieder regnete es in Strömen. Das kann einem schon die Nerven ziehen! Aber ich kam endlich gut an, fand ein angenehmes Hotel- Zimmer (Hotel Continental- Bild zwei) und sogar ein gutes (leider zu teures!) Restaurant.

Anderntags, also am 25. 10., war ich erst um 15.00 Uhr mit Ancha, meiner neuen Chefin, verabredet. Ich nutzte den Vormittag, mir die Stadt zu erlaufen. Allerdings regnete es in Strömen und gegen Mittag hatte ich eine völlig durchnässte Hose, aufgequollene Schuhe und eine feuchte Jacke und ein paar Bilder, die nicht so toll geworden sind. Ich verstand, dass die sehenswertesten Bauten in Suceava die Kirchen im Stil der "Moldau- Klöster" (Bild drei) sind. Es gibt eine Menge davon in der Stadt. Die erste steht gleich vor dem Hotel. (Bild oben) Viele von den Klöstern und Kirchen der Region haben uralte Fresken und Außenwandmalereien bzw. Ikonen in Mauernischen, die quasi eine "Bibel in Bildern" darstellen. Verglichen mit mitteleuropäischen Kirchenbauten sind die hiesigen bescheiden und relativ klein. Innen hatte nur die wohlhabende Elite Platz, der Rest der Bevölkerung lauschte der Predigt außen und hatte - da des Lesens unkundig - die Religion als Bildprogramm vor sich. Die UNESCO würdigte die ganze Region mit dem Status des Weltkulturerbes.

Dann traf ich meine neuen Kolleginnen und die Direktorin, die entgegen der Darstellung meiner Vorgängerin genauso nett waren wie die Mails, die ich schon bekommen hatte. Der Termin bei der Maklerin stand und Mihai führte mich dorthin und übersetzte. Er fand den Preis in Ordnung und bestätigte, dass sowieso alle freien Wohnungen der Stadt bereits besetzt seien, weil das Semester begonnen hätte. Nur die "besseren" und "höherpreisigen" Wohnungen wären noch zu haben. Also stimmte ich zu, mir eine Wohnung für 250 Euro kalt anzusehen. Ich nahm sie sofort, denn sie ist sicher die beste Wohnung, die ich im Ausland je hatte. Ein großes Schlafzimmer wartet  mit einem riesigen neuen Kleiderschrank und einem Wandschrank auf, der genügend Fächer für Bücher, Aktenordner usw. hat. Darin steht ein Doppelbett; die werte Gattin kann also kommen. ;-) Daneben gibt es noch ein großes Wohnzimmer mit Ausziehcouch (die Gäste können kommen!), einem Couchtisch, einem niedrigen Schuhregal und einem Tisch mit vier Stühlen. An einer Seite gibt es die Küchenzeile mit Waschmaschine und Kühlschrank, ein bisschen abgesetzt durch einen Pfeiler. Einen Computertisch, den ich hier aufstellen kann, gibt es auch. Das Bad ist klein, aber ausreichend. Es gibt ein Waschbecken und eine Duschkabine. Besonders hervorhebenswert ist die separate Heißwassser- Versorgung, die auch die Heizung bedient. Ich kann es also warm haben, wenn andere Leute noch auf den Startschuss der Heizsaison warten müssen. ;-)

Am Tag darauf (Donnerstag) hatte ich sozusagen frei und stellte also weitere Erkundungen an. Vor allem wollte ich wissen, ob man von meinem neuen Quartier (Bild vier- die Wohnung befindet sich oben links unter dem Dach) aus irgendwie Joggen oder Radfahren kann. Leider Fehlanzeige. Aber immerhin fand ich ein Kaufland in der Nähe. Ich kann also zu Fuß einkaufen und zur Schule gehen. Beides etwa 5 min! :-) Das bestärkte mich in der Absicht, die Wohnung wirklich zu mieten, ein Akt, der am Nachmittag über die Bühne ging. Zwei Monate im Voraus und eine Monatsmiete als Kaution- ich hatte gerade so 750 Euro in der Tasche. Daher war die Erleichterung groß, als der Vermieter sich bereit erklärte, die Miete über ein Konto entgegen zu nehmen. Ich kann es also überweisen und muss nicht immer Bargeld in großen Mengen mit mir rumtragen.

Egal. Was sah ich noch? Suceava besteht im Wesentlichen aus Banken, Apotheken, Notariaten, Zahnmedizinern, Advokaten, Kopie- Shops, Mobilfunkläden, Computer- Shops, Friseuren, Beauty- und Nailstudios und Kirchenläden. Lebensmittelläden gibt es kaum. Daneben einige Pubs, Bars, "Souflaki- Läden", Pizzerias und Lounges. Klar, zwei Mc Donalds gibt es auch. Die Menschen sehen an sich gut gekleidet bis schick aus- wie in der Ukraine. Zigeuner sind im Stadtbild kaum zu sehen, aber es gibt viele sichtbar arme Alte. Wie in der Ukraine stehen auch hier alte Männer um Schach- oder Go- Spiele herum und spielen dort um Geld. Das Publikum wettet auf den Sieg des einen oder anderen. (Bild sechs)

 Etwas erschreckend fand ich, dass Parolen wie "Bessarabien gehört zu Rumänien" (Bild fünf) öfter zu finden sind. Man wird also dem NATO- Aufmarsch gegen Russland nichts entgegen setzen und den EU- Beitritt Moldawiens (das korrupt und arm ohne Ende ist und wo fast 50 % der Bevölkerung gegen einen "Anschluss" stimmen) befürworten. Im Fernsehen laufen übrigens Sendungen, die sich mit der Sprachenfrage beschäftigen. Ein großes Problem aus rumänischer Sicht besteht darin, dass viele Moldawier kein Rumänisch bzw. nur einen ähnlichen Dialekt sprechen, also die Schriftsprache nicht beherrschen. Mein Problem sind die russischen Truppen dort, aber das scheint man - wie in Polen - nicht ernst zu nehmen. Ich muss noch raus kriegen, ob es auch Rumänen gibt, die glauben, im Falle eines Krieges in Moskau bald eine Siegesparade abhalten zu können. (Solchen Quatsch hörte ich sowohl in Polen als auch in der Ukraine!)

Egal. Weite Teile der Stadt sind ziemlich hässlich, denn unter Ceausescu hat man auch nicht eben viel Wert auf architektonische Schönheit gelegt. Grotesk die nun wirklich großen Kirchen in den Neubaugebieten, die aber alle voll sind. (Vorletztes Bild) Überall Administration und Konsum- keine wirkliche "Arbeit", Verständlich, dass die Leute arm sind. Mihai meinte, für die Wiedererrichtung einer Kirche hätte man 5000 (!) Papiere mit Stempeln, Unterschriften etc. benötigt. Oh je...

Auch in der Schule gibt es Probleme, weil meine Qualifikation keine rumänische Entsprechung kennt. Der Doktor ist hier weniger interessant als der "erste pädagogische Grad", der aber nur nach einer rumänischen Prüfung vergeben wird. Kann sein, man stellt mich ein und bezahlt mich als Berufsanfänger. Das wären fast 150 Euro weniger, als ich bekäme, wenn man meine Dienstjahre und die "höchste Qualifikation" anerkennen würde. Also muss man kämpfen, denn ich will 10 Jahre hier bleiben. Da lohnt es sich schon...





Helmut und Frank

Am Montag war ich in der Schule und habe meine Kolleginnen besucht, die sich sehr gefreut haben. Ich bekam auch meine Bescheinigungen über die Steuer, die Sozialversicherungen usw.

Dann trafen ich Karin und Remmer (Bild oben links) im Cafe "Dominico" am Dominikaner- Platz in Kosice und wir blieben bis 16.00 Uhr.  Da war ich mit meinem Freund Helmut Bistika (Bild oben Mitte) verabredet, der uns kurz vor dem Abbau noch durch seine neueste Ausstellung führen wollte. Karin und Remmer waren auch neugierig.

Die Ausstellung seiner körperbetonten Skulpturen und Installationen (Bild zwei) nebst Bildern aus früheren "Perioden"(Bild drei)  fand im Dachgeschoss des zum Kulturhauptstadtjahr restaurierten Museums statt und ich fand das Ambiente toll. Unter dem Dach gibt es eine lichtdurchflutete hohe Dachstuhlkonstruktion, die als offener Raum für Hängungen und die Aufstellung von Skulpturen sehr gut geeignet ist. Entsprechend ansprechend sah das Ganze aus. Helmut war trotzdem wütend, weil die Spießer vom Kosicer Kunstbetrieb sich an seinen Darstellungen von nackten Körpern, expliziten Szenen, Penissen usw. so gestört haben, dass sie nicht einmal das Video laufen ließen, dass Helmut als "Begleittext" der Ausstellung mitgegeben hatte. Nun ja, diese Art Piefigkeit habe ich dort immer gespürt... Aber warum Helmuts Bilder von Engeln und figurativen Fantasien keine begeisterten Freunde finden, das ist mir ein Rätsel. Diese Bilder, mein Freund, sind wirklich gut!

Ich war jedenfalls froh, meinen Projektpartner wiederzusehen und wir vereinbarten gleich, dass ich für seine nächsten Vorhaben Texte liefere. Spannend. Ich bin ja weder Experte noch Kunstkenner noch habe ich so etwas studiert etc. Aber wir haben halt einen gleichen Nerv und schwingen auf einer Wellenlänge. (Wie man sieht- letztes Bild) Und sowieso gab es in der Ausstellung nicht nur Sachen, die provozieren und zum Nachdenken anregen sollen, sondern auch Bilder, die einfach nur gefallen. Sie sind originell und trotzdem ästhetisch in dem guten alten Sinn. Das heißt, der Mann spinnt nicht nur, er kann auch etwas. Er kann sogar Publikum haben, wenn er will. ;-) Ich wünsche ihm, dass er sich langsam aber sicher durchsetzt und bald auch Erfolge genießen kann. Die letzten Ausstellungen waren ja schon in Wien und Prag. Es muss werden und ich drücke die Daumen!


Kosice im Herbst

Der Aufenthalt in Polen bei Anka war wirklich verregnet. Was danach kam, hieß Sachen packen, die letzten Dinge kaufen, Dokumente abschicken usw. Meine Übersiedlung nach Rumänien stand vor der Tür. Und am 20. 10. ging es los. Franziska hatte Mühe, mit mir die Dachbox auf den Superb zu hieven, aber dann klappte doch alles. Schwer beladen fuhr ich ab in Richtung Plock, wo es wieder regnete und regnete. Trotzdem hatte ich einen schönen Abend mit Monika und Gosia, die ich schon 10 Jahre nicht gesehen hatte. Einst besorgte ich ihr ein Stipendium und sie besuchte uns in Leipzig, ich sie in Jena (?). Weiß der Fuchs... Jedenfalls sah ich sonst nichts von Plock, genoss nur das neue Kellerrestaurant am Markt, das ich noch nicht kannte, Tags darauf fuhr ich weiter nach Lodz, wo ich bei Ljuba aus der Ukraine und ihrem polnischen Freund Emil ein Unterkommen fand und auch einen sehr schönen Abend in einem Music- Pub verlebte. Und allen, die es nicht glauben, sei es gesagt: Ich kann doch einen ganzen Abend lang Polnisch sprechen und sogar die Weltlage erklären! (Allerdings möchte ich nicht wirklich wissen, mit welcher Grammatik!) Dank an Emil, der mir mitdenkend sehr geholfen hat. ;-) Ich drücke dem "Lubchen" die Daumen, dass sie diesen Mann festhalten kann. Er ist ein toller Typ!

Dann allerdings kam die wichtigste Etappe meiner Reise. Kosice, wo ich noch ein paar Dokumente abzuholen hatte. Außerdem wollte ich meinen Kollegen und Freund Remmer besuchen und mit ihm und Karin, die ich sehr mag, noch Zeit verbringen. Und das taten wir auch. Am Sonntag fuhren wir zum Sirava und besuchten zunächst den See in Vinne. (Bild oben) Jetzt mit herbstlicher Laubfärbung war das ein schöner Anblick! Karin (Bild zwei) war ganz zufrieden und fotografierte alles.

Zum Mittag kehrten wir in der Salas- Bar ein. Mein Essen war hervorragend, aber Remmer und Karin fanden, dass sie schon bessere "Pirohy! gegessen hätten. Schade. Ich war immer mit dem Angebot zufrieden. Danach wanderten wir ein wenig am Sirava. "Still und ruhig" lag der See. (Bild drei) Uns interessierte ein bisschen der morbide Charme der sozialistischen Restbauten (letztes Bild), die leider niemand unter seine Obhut genommen hat. Immer noch nicht. Ich kenne ja die Schandflecken, früher blühende Tanzlokale, in denen z.B. Kollegin Gubikova ihre Liebe fand ;-) , schon seit fünf Jahren. Gute Erinnerungen kamen auf an die schönen Tage von fünf "Sprachwochen" mit Schülerinnen des Gymnasiums in Michalovce. Aber man soll nach vorne und nicht zurück blicken...  



Die Festungen Silberberg (Srebrna Gora) und Glatz (Klodzko)

Am 07. 10. besuchten wir bei einigermaßen annehmbarem Wetter die preußischen Festungen Silberberg und Glatz. Anka(Bild zwei) hatte das gefunden, war aber mit öffentlichen Verkehrsmitteln (trotz erwiesener Härte in diesen Dingen!) nie bis dorthin gekommen. Na, mich musste sie nicht überzeugen! Original erhaltene preußische Festungsbauten aus dem 18. Jahrhundert hatte ich noch nie gesehen (nur aus dem Autofenster in Küstrin). Ich dachte gar nicht daran, dass es so was geben könnte. Aber es gibt das: In Polen! Die Anlage in Srbrna Gora ist schon beeindruckend. Hoch oben auf dem Berg gelegen und einen Pass bewachend, ist sie sichtbar so konstruiert, dass sie die Wirkung bereits weit tragender Geschütze mit Explosivgeschossen absorbieren kann. Nach außen gibt es nur Wälle und Bastionen (Bild oben), der Hof liegt geschützt als Binnenkonstruktion in der Mitte. (Bild drei).

Dann ging es weiter nach Klodzko (Glatz). Über die Stadt sind alle Kriege hinweg gegangen, die mit den Preußen oder den Deutschen verbunden waren. Man sieht Kriegslücken im Zentrum und immer wieder ein Architekturgemisch, dass nur mit einer Lückenbebauung erklärbar ist. Ihren Höhepunkt hat sie Stadt längst hinter sich, das sieht man auch. Überall fehlt Geld, müsste man etwas sanieren, restaurieren usw. Aber viele leere Fenster zeigen an, woran es wirklich hapert: In dieser Randlage gibt es für junge Menschen heute kaum Chancen auf Arbeit und Auskommen. Die Stadt blutet aus und das merkt man auf Schritt und Tritt. Schade!  

Aber was für eine Geschichte! Die mächtige Stadtkirche aus romanisch- gotischer Zeit (viertes Bild) zeigt an, dass hier einst Geld und Macht zu Hause waren. Beeindruckend auch die "Karlsbrücke", die als ziemlich genaue Kopie (?) der Prager Karlsbrücke daher kommt. (vorletztes Bild) Es gibt den Nepomuk, einen reichen Figurenschmuck und sogar die Silhouette von Kirchtürmen wie in Prag! Und am Ende gibt es ein Kaffee, das die beste Schokolade serviert, die meine Familie je getrunken hat. Jedenfalls wurde es mir so berichtet! ;-) Nix wie hin also!

Und das sowieso wegen der Festung, die in ihren Dimensionen alles in den Schatten stellt, was ich bisher gesehen habe. Von der Stadt aus sieht man nur die mittelalterliche Seite (Bild fünf), aber dahinter erstrecken sich Sternschanzen über Sternschanzen (sechstes Bild), die so ineinander verschachtelt sind, dass man nach Eroberung der einen sogleich auf die nächste stößt. Wie haben die Österreicher diesen Wall einnehmen können? Ich möchte damals nicht stürmender Soldat gewesen sein! Jedenfalls irrten wir gefühlt stundenlang in dem Labyrinth herum und waren endlich froh, den Ausgang wieder zu finden, Zu sozialistischen Zeiten nutze man das Areal sichtbar als Garage, als Werkstatt usw. Was die Stadt heute damit soll, weiß offensichtlich niemand. Es ist einfach zu groß! In der Eingangszone gibt es ein Museum, ein Cafe und den üblichen Souvenir- Shop, aber dann enden die Nutzungsideen. Sicher verhindert der Denkmalschutz eine profane Weiterverwendung. Darum sieht alles leer und steril aus. Unheimlich leer. So leer und still, dass man förmlich den Gefechtslärm des Siebenjährigen Krieges hört und die Soldaten vor sich sieht, die gefallen in den Gräben lagen...



Jedenfalls passierte die ganze kriegerische Geschichte, die der Stadt endlich das Genick brach und sie von ihrem Lebensnerv abschnitt, in den allerchristlichsten Zeiten tumben Friedensgequassels, das die Oberen (wie heute?) nie ernst nahmen. Die lebten so oder so komfortabel und konnten ihren Reichtum sicher über die Zeiten retten. Jedenfalls zeugt der Bischofssitz (Bild unten) nicht eben von Bedürftigkeit. Gezeigt werden sollte sicher auch der Triumph der Gegenreformation über den Protestantismus, der einst auch in Glatz eine feste Basis hatte. Man erkennt halt die friedensstiftende Mission des Christentums auf Schritt und Tritt! Egal, es war ein toller Tag und ein absolut lohnenswerter Ausflug. Wer mal in die Gegend kommt, sollte einen Besuch der erwähnten Sehenswürdigkeiten nicht auslassen! Vielleicht hilft das sogar den Einwohnern, die nicht eben vom Tourismus verwöhnt sind, wie es scheint. Jedenfalls gibt es wenig Kneipen und Cafes;diejenigen, die es aber gibt, sind wirklich empfehlenswert! Also, auf nach Klodzko! Es lohnt sich!







Wroclaw- Breslau

Ein Ausflug nach Wroclaw ist für mich immer etwas Besonderes, weil mich "Breslau" als Geburts- und Sehnsuchtsort meiner Oma mütterlicherseits seit meiner Kindheit verfolgt. Die Oma hat ihren Heimatort seit irgendeiner Zeit vor 1945 nicht mehr wiedergesehen, aber immer davon geschwärmt. Ihre Welt, das waren Bunzlauer Keramik, Riesengebirge (das sie von Schulausflügen kannte) und eben Breslau mit seinen Straßenbahnen und Plätzen. Die Tochter eines Straßenpflasterers hatte kaum viel von der "mondänen Welt" und doch war es ihre glückliche Zeit, weil danach die "Stellung" auf dem Land kam, die sie hasste wie die Pest. Nie konnte die Frau eines Schäfers verstehen, was Bücher lesen bedeutet und warum man damit Geld verdienen kann, aber egal wie: Alles war besser als "in Stellung sein", Man kann sich Einiges überlegen, was da passiert sein könnte...

Wir kamen bei miesem (Bild unten), aber besserem Wetter als in Jelenia Gora in Wroclaw an (Hinweis für B. Hocke: Ich bin zu faul, immer auf die polnischen Zeichensätze umzustellen, obwohl ich weiß, dass das schofel ist! ;-) ) und erlebten wieder einmal diese atemberaubende Stadt. (Klosterinsel Bild oben und Bild zwei) Wenn man weiß, wie die "Festung Breslau" nach dem letzten großen Krieg aussah, kann ermessen, was die Polen geleistet haben, um diese Stadt in durchaus historischer Gestalt in Besitz zu nehmen, Wirklich, sie haben sich diesen Besitz "erworben", auch wenn manch ewig Gestriger das anders sehen will. Was macht es da, dass Schiller nicht mehr vor der Kornschen Verlagsbuchhandlung steht? Immerhin gibt es sein Denkmal wieder, wenn auch im Park...

Aber am schönsten bleibt neben dem Marktplatz (kein Bild- hat alle Uta gemacht, die zum ersten Mal in Wroclaw war!) doch die Insel. In dem gut restaurierten Kirchenbezirk (Bild drei) ahnt man etwas von dem Reichtum und der Macht der schlesischen Metropole. Schade, dass dieser Teil auch deutscher Geschichte nicht mehr "uns" gehört. Aber was sollen die Polen sagen, die unter Stalin aus Lwow (Lemberg) vertrieben und hierher "verschoben" wurden? Gott sei Dank hat der Idiot im Kreml wenigstens die Ossolinski- Bibliothek (ich sah das Gebäude in Lviv) mit den polnischen Rara nicht vernichtet, sondern auch "verschoben". Und so gönnen wir den Polen die Verwaltung nicht des Gebietes, das heute Polen ist, sondern die unserer gemeinsamen Geschichte. Von Leipzig ist man in drei Stunden da. Was braucht man mehr?



Jelenia Gora im Regen

Anka trat ihr Stipendium für Polen (das wie vielte?) am 04. 10. an und die Familie brachte sie hin. Ergo ich am Steuer. Der erste Abend war saukalt und draußen braute sich "dicke Suppe" zusammen. Anderntags regnete es dann pausenlos, so dass Stadtgang und Fotografiererei nicht wirklich gelangen. Dennoch kann man sicher sehen, dass Jelenia Gora sehenswert ist. (Marktplatz- Bild oben). Die alten Pfeffersäcke von Leinwandkaufleuten hatten Geld und zeigten das in der Architektur ihrer Bürgerhäuser.

Besonders sehenswert, neben den Grabdenkmälern, eigentlich eher "Häusern für die Toten, die Friedenskirche im schwedischen Stil.(Bild zwei) Sie erinnerte mich stark an die Titularkirche in Kezmarok in der Slowakei, die ja auch von Schweden gestaltet wurde. Hier soll das Vorbild eine der Zentralkirchen von Stockholm sein.


Nach dem Stadtgang mit Aufwärmpausen in diversen Cafes und Kneipen fuhren wir ins nahe gelegene Agnetendorf, Gerhard Hauptmanns Anwesen zu besuchen. (Bild drei) Ich mag Hauptmann als Dramatiker naturalistischer (blöde Schublade!) Dramen, konnte aber sonst wenig mit seinem an Goethe orientierten Habitus anfangen. Ohnehin dachte ich immer, dass er intellektuell ein wenig unterbelichtet war. Genial als Medium der Kunst, aber kaum in der Lage, sich selbst zu begreifen! Das Wohnhaus bestätigte alle Vorurteile: Pompös und geschmacklos! Schon das Eingangsbild von Avenarius, es erstreckt sich über die gesamte Wandhöhe der Eingangshalle, ist nix als eine Selbstbeweihräucherung und wirkte auf mich uninspiriert. Was dann noch kam...- nicht erwähnenswert. Nur die Lage ist ok.  

Der Ausflug zu Schloss und Park der Schaffgottsch fiel ins Wasser. Ich hätte gerne mehr gesehen von "Warmbrunn" (Cieplice), aber es regnete in Strömen. (Bild unten) So blieb uns nichts, als im Einkaufszentrum einen Heißlüfter zu erstehen und uns in Ankas Küche zurückzuziehen. :-(




Donnerstag, 27. Oktober 2016

Bad Langensalza

Tags darauf ging es nach Bad Langensalza. Kirstin (Bild oben mit Uta) hatte uns schon lange mal eingeladen und für dieses Jahr hatte ich fest zugesagt, dass wir uns mal sehen lassen und uns die Parks und Gärten der Stadt ansehen, an deren Gestaltung meine ehemalige Freundin mit so viel Herzblut arbeitet. Ich war ja schon öfter da, aber Uta, die sich eigentlich viel mehr für Pflanzen und Blumen interessiert, hatte bis dato nie die Zeit gefunden. Dieses Mal klappte es also. Es war ein schöner Tag mit einem interessanten Stadtrundgang und einem Abend mit guten Gesprächen. Empfehlenswert übrigens das Schnitzel- Haus der Stadt! Schnitzel groß wie Pizzateller! ;-)

Am Sonntag besuchten wir noch den Baumwipfelpfad (zweites Bild) mit der neu eröffneten "Baumhöhle". Auf dem Pfad war ich schon und sowieso war das Wetter leider nicht gut. Man konnte leider nur den Wald (Bild unten), aber nur manchmal das weite Land drumherum sehen.

Die "Höhle" allerdings hatte mir Neues zu erzählen. Lernen die kids das heute? Dass Bäume miteinander kommunizieren, einander als familienzugehörig erkennen und also beschützen oder verdrängen? Ich wusste es nicht. Das alles ist interessant aufgemacht und gut gestaltet. Empfehlenswert also. Hin fahren sollte nicht nur, wer kleine Kinder hat!


Heiligenstadt

Doch, ich war zwischendurch auf der Rückfahrt noch bei Tomasz in Kamen zu Besuch, aber gerade bekomme ich die Bilder nicht runter vom Handy. Dabei ist das pflegeleichteste Baby der Welt schon sehenswert. Pflegeleicht? Schreit nicht, quengelt nicht, sitzt und spielt, sitzt im Wagen und schaut, geht um 21.00 Uhr schlafen und wacht um 08.00 Uhr wieder auf. Dabei ist das Wunder erst 7 Monate alt gewesen! Aber, leider sind keine Bilder da...

Auf der Rückfahrt suchte ich was zu essen und da bot sich am 22. 09. ein Abstecher nach Heiligenstadt geradezu an. Ich war das letzte Mal 1980 als Grenzpionier in Heiligenstadt, wo irgendwelche Materiallager waren. Daher musste ich mit meinem LKW der Marke "Ural" öfters durch die kleinen Gassen. Und ein paar Mal gab es auch Ausgang. Allerdings erkannte ich die Stadt nicht wirklich wieder. Viel los war ohnehin nicht auf der Hauptstraße. (Bild oben) Dafür gefielen mir die Fachwerkhäuschen. (Bild zwei) Total verdrängt hatte ich, dass Tilmann Riemenschneider von hier stammt. Naher der Mühle soll er geboren sein. (Bild drei) Wieder was aufgefrischt!

Offene Kneipen suchte ich fast vergeblich und als ich kurz vor 14.00 Uhr in das "Haus des Handwerks" einkehrte, wurde für mich eine Ausnahme gemacht und ich bekam noch was zu essen. Das war freundlich, kennzeichnet aber eine Situation. Arbeit gibt es wohl nur noch wenig und Touristen kommen auch nur wenige in die Stadt. Da ist kein Geld, das man in Kneipen tragen könnte. Zu DDR- Zeiten war das anders. Die Kneipen waren voll und die Grenzer fanden kaum freie Plätze, zumal man uns nicht eben freundlich ansah. Schließlich stopften wir die letzten "Löcher", durch die bis in die 70er Jahre Leute doch ab und an "rüber" und wieder zurück (!) kamen. Ich habe die Zeit in äußerst unguter Erinnerung.

Vielleicht war ich damals in Heiligenstadt, als man mich aus Geismar im geschlossenen Wagen evakuieren musste, weil die örtliche Bevölkerung sich nach dem Kirchgang vor der Kaserne versammelte. Am Vorderrad meines Ural zerschellte damals ein Trabbi. Zwar konnte ich den Fahrer noch lebend bis ins Krankenhaus bringen, aber dort verstarb der Vater zweier Kinder und Leiter der Konsum- Filiale an inneren Blutungen. Ich konnte nichts dafür, wurde später nach kurzer Verhandlung frei gesprochen, und doch... Warum mussten wir durch die engen Straßen kurven und Dinge tun, deren Sinnhaftigkeit nicht erst heute in Frage stand. Ich fand es schon damals beschämend, dass wir "unser Volk" einsperren mussten, statt das Land so attraktiv zu gestalten, dass die Leute freiwillig geblieben wären. Aber das ging halt nicht.

Nein, Bonn ist nicht schön

Nein, Bonn ist wirklich nicht schön! Am 15. 09. kam ich in der Unterkunft an, weil die ZfA Beratungstage und ein Sicherheitstraining in Bad Honnef angesetzt hatte. (Nebenbei: Ich kam nicht auf die Idee, mich bei der Arbeitsagentur Leipzig abzumelden, weshalb man mich später damit "bestrafte", mir diese Tage, in denen ich meine neue Arbeit sicherte, nicht auf die Arbeitslosigkeit anzurechnen. Im Resultat verlor ich mehr als einen halben Zehntausender, der mir eigentlich als Überbrückungsgeld zustand. Nur deswegen hatte ich mich arbeitslos melden müssen. Nun weiß ich: Der strafende Staat, der jedem Arbeitslosen, Hatz IV- Empfänger usw. nur misstrauisch und paternalisch gegenüber treten kann, IST KEINE KABARETT- NUMMER!) Aber das wollte nicht eigentlich berichten. An mehreren Tagen bzw. Abenden nach den Einweisungen suchte ich das historische, gemütliche oder sonstwie sehenswerte Bonn und fand es nicht! Stattdessen fiel mir immer wieder und aus allen Perspektiven der groteske Betonkasten auf, der das Altstadtareal überragt. (Bild oben)

Hier und da gibt es alte Häuschen wie das Beethoven- Haus (zweites Bild), aber die stehen da halt so rum und verbreiten keinen Charme, keine Atmosphäre. Schöner ist es am Rheinufer (Bild drei), aber eben auch nicht wirklich schön. Die Berge grüßen erst aus der Ferne und so fehlen hier die Höhepunkte.

Ehemalige Hauptstadt? Doch, doch, ab und an gibt es tolle Villen und vor allem eine Architektur der Grundstücke und "besseren Häuser", die derjenigen von gated communities schon recht nahe kommt. (Bild vier) Jedenfalls gibt es streckenweise nicht wirklich einen Durchgang zur Stadt.

Wirklich erschreckend fand ich aber die Stadtviertel, die wie eine schlechte Kulisse zu einem Film über die DDR der 60er Jahre wirken. Vom gesichtslosen Betonblock bis hin zu den für "unsere Städte" typischen Garagenlandschaften ist alles da. Nur dass hier sogar die Reihenhaus- Schuhkartons irgendeiner ganz kleinen Mittelklasse im Karree mit den Mauern zur Straße stehen. (Bild unten) Wovor hatten die da Angst? Ich denke immer, es war so beschaulich in der Bonner Republik?

Das Sicherheitstraining war dann ein Lacher. In Bundeswehruniform und mit Holzgewehr liefen wir durch den Park der Villa von der GIZ und simulierten Überfälle und Durchsuchungen am Checkpoint. Ich war mit Kolleginnen zusammen, die nach Südafrika gehen, sich aber eher weniger mit den Problemen, die sie erwarten, auseinandergesetzt hatten. Der Tagesordnungspunkt "Verhalten bei Vergewaltigung" hinterließ also einigen Eindruck. Sehr merkwürdig, dass die Kolleginnen, die als einige wirklich mit Checkpoints zu rechnen haben, nämlich die nach Lateinamerika Entsendeten, nicht am Training teilnehmen mussten. Warum ich, der ich in die EU gehe, erschloss sich niemandem. Immerhin konnte ich mit meinen Afrika- und Ukraineerfahrungen zu so etwas wie einem Co- Trainer avancieren. Honorar habe ich aber nicht bekommen...