Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Freitag, 31. März 2017

Rădăuți- Radautz

 Am Mittwoch waren wir in Radautz, weil ich die dortige Kollegin kennenlernen wollte. Im nächsten Jahr soll ich eine Gruppe von DSD II- Kandidatinnen betreuen und da muss ich ja wissen, mit wem ich zusammenarbeiten soll. Ich glaube, das wird gut klappen. Die junge Frau ist zupackend und sehr nett. Interessant auch ihr Mann, der ein begeisterter Philosoph ist. Er hat in Berlin studiert und spricht gut Deutsch. Wir hatten gleich unseren Spaß beim "intellektuellen Pingpong". Ich glaube, ich habe die Prüfung bestanden...

Nach dem sehr guten Essen in einem italienischen Restaurant verabschiedeten sich die Kollegin, ihr Mann und meine deutschen Kollegen, die müde waren und ihr Hotel beziehen wollten. Ich bin da vielleicht härter? Jedenfalls nutzte ich die Gelegenheit, bei schönem Wetter ein bisschen in der Kleinstadt herumzustreichen. Ich erinnerte mich wirklich kaum an Radautz, obwohl ich einmal mit Lissi und einmal mit unserem Filmteam da war. Wir kamen damals aus Gura Putnai, wo Micha Petrowitz seine Verwandten suchte. Später bin ich auch noch einmal mit den Schwiegereltern hier essen gewesen, weil wir unterwegs zum Kloster Putna woanders nichts fanden. Dreimal Radautz also, und doch alles vergessen! Gut, das war im Jahr 2008, wenn ich mich recht erinnere, aber doch: Altersheimer lässt grüßen!

Als erstes suchte ich das Deutsche Haus, von dem Herr Moor bei der Präsentation der Geschichte der Bukovina- Deutschen berichtet hatte. Ich fand es schnell. (Bild oben) Wirklich ein schönes Haus, das wenigstens außen gut restauriert ist. Drinnen sind ein Kindergarten und diverse Übersetzerbüros und Kopie- Shops.So wird der Unterhalt verdient. Unweit vom Deutschen Haus, eigentlich nur um die Ecke, steht die große Synagoge. (Bild zwei) Sicher ist das Kreuz im Vordergrund nicht ganz ohne Hintergedanken gerade dort aufgestellt worden. Das kenne ich schon, dass man der "eigenen" Helden besonders gern dort gedenkt, wo eigentlich an die ermordeten Juden erinnert werden sollte.    

Geschenkt. Lustig war, dass ich die Kneipe, in der wir früher abgestiegen waren, weil es nichts anderes gab, durch Zufall in einer Nebenstraße entdeckte. Nur der VW- Käfer war früher noch nicht da- glaube ich. (Bild drei) Wie hatte ich das früher finden können?

Am Ende der Straße, etwa dort, wo heute die Hauptstraße und ein Stück Promenade zu finden sind, erinnerte ich mich an einen deutschsprachigen Pfarrer, mit dem wir in der Katholischen Deutschen Kirche sprachen. Dass es die deutsche Kirche sei, steht heute auch noch draußen dran.

Kirchen gibt es ohnehin genug in Radautz. Durch ein paar Hinterhöfe sieht man die blauen Dächer einer orthodoxen (?) Kirche, die mich an den Bau in Iwano- Frankiwsk erinnerte. (Bild vier) Der zweite Turm ist der von der Kathedrale, die man aber schlecht auf das Bild bekommt, weil die von einem Park umgeben ist.

Sowieso fand ich die alte Kirche im Moldau- Stil schöner. Sie ist noch aus der Zeit vor der Bemalung, also richtig alt. Hier und da ragen auch ein paar Prachtbauten aus der ansonsten niedrigen Architektur, Gymnasien (Bild fünf), wie man sie auch Czernowitz findet, Gerichtsgebäude und so etwas. Die übrigen Häuser abseits des kleinen "bürgerlichen Zentrums" waren wohl eher aus Lehm oder Holz.

Durch diesen "Freisitz" an der Kathedrale kann man in die Hauptstraße schauen. Das war dann auch schon das Schlussbild. (Letztes Bild) Ich fuhr nach Hause und hatte den ersten freien Abend seit vier Tagen. Auch mal wieder schön!  







Mit den Kollegen auf Kloster- Tour

Zu den Prüfungen waren Kati und Fabrice aus Bukarest angereist. Fabrice, unser Chef, hatte schon Prüfungen in Iasy hinter sich. Kati, LPLK in Bukarest, lernte ich hier erst kennen. Nach einem kurzen Abendessen am Sonntag begannen am Montag die Prüfungen. Ich prüfte mit Fabrice und wir mussten beide lachen, weil wir bis zum letzten Kandidaten die exakte Differenz von einem Punkt einhielten. Soviel Harmonie fällt schon auf! Klar trafen wir uns abends wieder zum Essen. Dienstag wechselten wir, aber auch mit Kati kam es zu keinen nennenswerten Differenzen. So locker waren Prüfungen mit deutschen Kollegen selten! Danke!

Am Dienstag hatten wir uns dann für den Nachmittag eine Exkursion vorgenommen. Ich konnte Mircea gewinnen und also hatten wir wieder eine absolut professionelle Führung. Auf meinen Wunsch hin machten wir einen Abstecher nach Arbore, wo ich noch nicht war. Die Kirche (Bild oben) ist keine Klosterkirche, sondern ist einfach als Pfarrkirche geweiht worden, weshalb auch der königliche Turm fehlt. Die Bemalung ist nicht so gut erhalten wie in den Klosterkirchen, aber immer noch eindrucksvoll genug. Ein schönes Juwel auch das. Gut, dass wir dorthin fuhren. Sowieso war die Landschaft toll. (Bild zwei)

Die Hauptattraktion war natürlich wieder Sucevita. (Bild drei) Die mächtigen Wehranlagen rund um das Kloster, sie dienten dem Schutz vor Tartaren- Einfällen und später gegen die Osmanen, sind schon eindrucksvoll. Aber auch die Ausmalung spricht mich am meisten von allen an. Man kann gut sehen, dass der Maler nicht nur ein Phantast war, sondern wusste, was er malt. Das sehr stimmige Bild eines Handelsschiffes (Bild unten) hat er sicher von seiner Italien-.Reise mitgenommen und auch der Delfin sieht so aus, als habe er zumindest aus der Ferne mal so ein Tier gesehen. Selbst der Octopus (am unteren Bildrand) ist ganz nach der Natur und ich mag ihn einfach. Er hat etwas vom alten Zeichenstil des Hannes Hegen in den Digedags. Lach! ;-) Abends waren wir zurück und aßen sehr gut Centru Vechi.



DSD I

Am 09. 03. fanden die schriftlichen Prüfungen zum DSD I statt und vorgestern, am 29. 03., gingen die mündlichen Prüfungen zu Ende. Gemeldet waren 72 Schülerinnen und Schüler, von denen 69 auch erschienen. Wie immer die schriftlichen Resultate sind, meine 9. Klassen (Bild oben Reihe 1 Ioana, Michaela und Bogdan, vorne rechts Teodora) dürften es geschafft haben, aber Rares aus der 10. Klasse (Zweites Bild vorne) hatte ganz schön "zu kauen". Aber in der mündlichen Prüfung war auch er gut und hat mit B1 bestanden.

Insgesamt hatte ich für ca. 40 Prüflinge als Prüfer die Verantwortung. Den Rest teilten sich Mihai (Bild drei) und Ramona. Anca ist mit Erasmus unterwegs und war dieses Mal nicht mit von der Partie. Gedankt sei allen Dreien- ohne sie wären die guten Ergebnisse nicht möglich gewesen. Immerhin gab es über 60 x B1 im mündlichen Examen! Ein solches Ergebnis baut auf und lässt manchen Ärger aus der Vorbereitungszeit vergessen. Trotzdem bin ich froh, dass es wieder einmal vorbei ist. Über 40 x Korrekturen der Präsentationen und der Texte und dann an drei Tagen Prüfungen - das schlaucht ganz schön.

Jetzt ist alles vorbei und ich (Bild unten in der "Lounge") bin nachdenklich. Ich wusste nicht, dass das DSD I in Rumänien als Abitur gilt. Jetzt weiß ich, warum sich alle so in die Aufgabe gekniet haben. Könnte es sein, dass das häufige Fehlen von Schülerinnen in den 10. und 11. Klassen damit zusammen hängt, dass sie ihr Abitur schon haben? Das wäre fatal, wenn meine Entscheidung, schon die 9. Klassen antreten zu lassen, um dann die Hände für das DSD II frei zu haben, ein Fehler war, weil ich mir damit selbst die Unterrichtsdisziplin "versaut" habe. Am Donnerstag waren ca. 50% aller Schülerinnen und Schüler nicht da. Mal sehen, wie das weiter wird...
 



Mittwoch, 22. März 2017

Goethes Faust ökonomisch

"Da rase draußen Flut bis auf zum Rand,// und wie sie nascht, gewaltsam einzuschießen,// Gemeindrang eilt, die Lücke zu verschließen." - Dieser Vision des Faust, normalerweise begriffen als Goethes Vermächtnis, hat schon Th. Storm im "Schimmelreiter" das soziale Versagen des Menschen als Absage an aufklärerischen Optimismus entgegengestellt. Vergessen wurden bisher aber die Worte des Mephistopheles: "Mit deinen Dämmen, deinen Buhnen;// ...// In jeder Art seid ihr verloren; -// Die Elemente sind mit uns verschworen,// und auf Vernichtung läuft's hinaus." (Faust II) Genial! Hier werden dem ökonomischen Weltschöpfertum des (faustischen) Menschen die Konsequenzen "Verlust der Schönheit" (Lynkeus), "Verlust der Empathie" (Philemon und Baucis) und "Verlust der Sicherheit" gegenübergestellt und als Endvision wird das Versagen der Technik postuliert. Was helfen alle Sicherheitsvorkehrungen (Dämme) gegen das Versagen der AKW, das der Gentechnik (Homunkulus) usw.? Am Ende steht der Verlust der Fähigkeit, den Gewinn auch zu genießen! "DIE SORGE: "Und er weiß von allen Schätzen// sich nicht in Besitz zu setzen.// Glück und Unglück wird zur Grille,// Er verhungert in der Fülle." - Danke H.C.Binswanger (Geld und Magie. Eine ökonomische Deutung von Goethes Faust) für diese Anregungen!

Samstag, 18. März 2017

Cetatea de scaun in Suceava

Ich wollte immer schon da hin, zumal meine Jogging- Strecke daran vorbei führt, aber bisher war nie Zeit oder es gab im Winter- Wetter kein Fotolicht. Doch am letzten Mittwoch strahlte die Sonne, die Arbeiten waren getan, die Geburtstagsgrüße an Uta übermittelt, kurz, nichts hinderte mich daran, endlich die Zitadelle der Stadt zu besichtigen. Was man heuter sieht (Bild oben) ist eine am Ende der 19. Jahrhunderts begonnene Rekonstruktion und Sanierung der Ruine mit teilweisem Wiederaufbau einiger Räumlichkeiten. Hier haben EU- Gelder mal vorbildlich gewirkt!

Der ursprüngliche Erhaltungszustand ist durchgehend markiert, wobei die Größe der Gesamtanlage unklar ist. Wahrscheinlich gab es Vorwerke und evtl. eine äußere Umfassungsmauer, die ein Areal umschloss, das als Lager gedient haben mag. Ansonsten erscheint die im 16. Jahrhundert aufgegebene Burg als Residenz und Hauptburg des Landes zu klein (Bild drei), als dass sie gegen Türken und Polen bestanden haben könnte. Aber alles ist relativ. Immerhin wird an den rekonstruierten Räumen, u.a. dem Thronsaal und der Kapelle, schnell klar, dass deutsche Staaten oder französische Adlige finanziell und also wehrtechnisch in einer anderen Liga spielten. In Sachsen fallen mir auf Anhieb eine ganze Reihe von Burgen ein, die im 12. Jahrhundert ausgedehnter waren und eine Palas hatten, die hiesige Repräsentationsräume mühelos in den Schatten stellt. Aber Größe ist ja nicht alles. Die Mauern sollen 15 m hoch und bis zu 4,50 m dick (Bild zwei) gewesen sein. Das ist schon was.

Innen ist die Burg vorbildlich saniert und präsentiert ihre Geschichte auf moderne multimediale Weise. In den Rüstkammern, dem Lapidarium usw. werfen Projektoren beim Eintritt gespielte Szenen, Filmausschnitte und Schauspielerdialoge zu historischen Themen an die Wand. Das dürfte junge Leute erreichen, die sich ansonsten vielleicht die Schaustücke in den Glasvitrinen mit weniger Begeisterung ansehen. Das hat was. Irritierend allerdings einige der präsentierten Schautafeln. Da leider keine englischsprachigen Beschriftungen vorhanden sind, konnte ich z.B. nicht klären, was das vorgestellte europäische Burgennetz bedeuten sollte. Während die Moldau und Ungarn mit sehr vielen Burgen vertreten waren, fand sich in Deutschland nur eine Zeichnung, in England wenigstens fünf oder sechs. Waren das die Burgen, Fürstensitze, mit denen Suceava Verbindungen hatte? Bis England? Aber was sonst? Die Relation der Burgendichte konnte es wohl kaum sein...

Egal. Von oben gibt es einen schönen Rundblick u.a. auf die Stadt. (Bild unten) Ich fand nun auch einen Abstieg, der nicht an der Straße entlang, sondern direkt von der Stadt aus zur Burg führt. Er führt an dem Reiterstandbild irgendeines Herrschers vorbei, das man von der Stadt aus sehen kann, und ist recht nett. Wenn es wieder grün wird, sollte der Weg wirklich schön sein. Kurz, die Anlage, zu der auch das Bukowina- Freilichtmuseum gehört, ist ein Schmuckstück der Stadt und wirklich sehenswert. Dass hier irgendwo Timofei, der Sohn des Bogdan Chmelnitzky, sein Leben aushauchte, weiß ich nun von Sergej Babak von der 14. Schule in Kiew, der die Bilder auf facebook sachkundig kommentierte. Eine international bekannte Festung also doch! ;-)    
 





Rückfahrt über Vatra Moldoviţe

Dazu ist nicht viel zu sagen. Endlich hatte ich Zeit, dort ein paar Fotos zu machen, wo ich sonst nur durchfahre. Kurz nach der Abfahrt aus der schönen alten deutschen Stadt beginnen die Berge. (Bild eins) Nachts hatte es geschneit und die Temperaturen lagen um null Grad. Aber die Straßen waren frei und gut befahrbar. Typisch die Abfahrt auf Bild zwei. So geht es immer hoch und runter, wobei ich in den Serpentinen nicht anhalten konnte, um sie zu fotografieren.

Dann bin ich aber nicht über Campulung gefahren wie sonst, sondern hinter Vatra Dornei ab in Richtung Vatra Moldoviţe. Die Nebenstraße war gut befahrbar, aber die Serpentinen raubten viel Zeit. Dafür entschädigten die bereiften Bäume links und rechts am Straßenrand mit atemberaubenden Anblicken. (Bild drei) Am Ende dann das Kloster. (Bild vier) Immer wieder beeindruckend die Farben, die Jahrhunderte Wind und Wetter überstanden haben. Leider sind viele der Fresken im unteren Rand von Ritzungen verunstaltet. Wer ist nur so blöd, sich auf solchen Wänden mit Namen und Datum seiner unbedeutenden Anwesenheit verewigen zu müssen? Ich würde sie ausfindig machen und an der Restaurierung finanziell beteiligen!

An den anderen Klöstern fuhr ich vorbei und auch für Radautz hatte ich keine Nerven mehr. Schließlich war am Montag wieder Schule und es ist viel Arbeit liegengeblieben. Ich wollte noch bei Tageslicht zu Hause sein und habe das auch gut geschafft.






Bistriţa

Man kommt rum, wenn man auf den Spuren der Deutschen dieser Region unterwegs ist und Schulen sucht, die an die alten Traditionen anknüpfen oder - besser - sie für heute nutzbar machen wollen. In  Bistriţa gibt es noch einen Verein der Deutschen und ich hörte sogar auf der Straße Leute auf Deutsch reden. Das war sicher Zufall, denn zahlreich dürfte die Gemeinde nicht mehr sein. Dabei ist die Stadt eine der Ursprungssiedlungen des Syremburger- Landes Siebenbürgen. An diese Zeit erinnern noch die Reste der Stadtmauer (Bild oben) und ein Turm, der vielleicht zur Zitadelle gehörte, auf die Hinweisschilder mehrfach verwiesen, ohne dass ich dann den Ort eindeutig bezeichnet fand. Dabei gibt es in den diversen Durchgängen zu den parallel geführten Straßen schöne bronzene Stadtgrundrisse, in die eingezeichnet ist, was da früher mal stand. Auch sind die Straßennamen der Altstadt zweisprachig.
 
Erstaunlich die Großzügigkeit der Stadtanlage, die vielleicht auf die Zeit der Renaissance zurück geht. Jedenfalls vermittelt die Hauptstraße (Bild zwei) nicht den Eindruck gedrängter, ehemals womöglich gotischer Bebauung. Vielleicht hat man hier nach einem Stadtbrand o.ä. die Grundrisse neu gezogen. Das müsste man mal erkunden. Aber ein Stadtmuseum habe ich nicht gefunden, dabei interessiert mich immer, wie man heute die Geschichte der Minderheiten präsentiert.

Gefunden habe ich aber das laut Baedeker bedeutendste Baudenkmal bürgerlicher Wohnkultur. (Bild drei) Leider steht das schöne Renaissance- Haus zum Verkauf und die angepriesene Gaststätte war geschlossen. Überhaupt gab es in dem gesamten doch recht ausgedehnten Altstadtareal zwar ein paar nette Cafés, aber nur zwei Restaurants. Das eine stieß mich seiner Küchengerüche wegen ab, es war ohnehin ein bisschen zu touristisch eingerichtet, das zweite ("Taverne") bot jedoch ausgezeichnete Küche und ein nettes Ambiente. Sonst sah ich noch einen Musik- Pub und ein paar Pizzerien. Das war's. Kein Ausweis von Reichtum also. Die heutigen Bewohner haben wohl nichts übrig, um es in eine Kneipe zu tragen. Schade drum.

Schön, aber nicht wirklich beeindruckend, die Stadtpfarrkirche. Der Turm soll mit 76 Metern der höchste Rumäniens sein. (Bild vier) Mir kam er etwas murkelig vor. Der Marienkirchturm in Wismar ist doch eine andere Nummer. ;-) Sonst ist der Marktplatz schön. Stellenweise erinnert er an Levoca/ Leutschau in der Slowakei. (Bild fünf) Es sind vor allem die Renaissance- Arkaden, die diesen Eindruck hervorrufen.

Etwas abseits vom ansonsten völlig leeren Marktplatz viele weitere schöne Gassen und Straßen. Aber auch hier kein Geschäft, kein Laden, kein Café. (Bild sieben) Verbunden sind die Straßen durch kleine Gassen (Bild sechs), die auf die mittelalterlichen Bau- Strukturen hinweisen. Ab und an fand ich wie in Lübeck schmale Durchgänge zu den Kemmhäusern im Hof. Da steckt viel Potential für eine schöne und sehenswerte Kleinstadt mit touristischen Höhepunkten drin- leider ungenutzt.

Während die Fassaden immerhin noch den Anschein einer Sanierung oder Pflege aufrecht erhalten, sieht es dahinter finster aus. Die junge Frau in dem Innenhof war nicht begeistert, dass ich dort fotografierte, aber es gehört nun mal zum Bild einer Stadt, die ihre beste Zeit hinter sich (oder irgendwann doch wieder vor sich?) hat. Immerhin ist es doch ein Hof mit sichtbaren Bauelementen einer wohlhabenderen Epoche! Aber heute wandern die Bewohner ab und suchen Arbeit in Sibiu oder Cluj, wo die Wirtschaft boomt und die Gehälter höher sind. Man sieht wieder einmal, wie wenig Kapitalismus zu einer proportionalen Entwicklung von Regionen fähig ist. Alles konzentriert sich dort, wo schon die anderen, wo also Geld und Geschäftsbeziehungen zu Hause sind. Darunter leiden die kleinen Städte und das Land, die beide entvölkert werden und zu Altenheimen ohne Pflegeeinrichtungen verkommen...








Iaşi am 03. März

Die Pilotprüfungen zum DSD I in Suceava waren gut verlaufen und ich fuhr mit Joachim zur nächsten Runde weiter nach  Iaşi. Für die lumpigen 145 km brauchten wir im Freitags- Verkehr fast drei Stunden! Was für ein Land! Da fährt man mit einer gefühlten Durchschnittsgeschwindigkeit von 100 km/h und der Kontrollblick zeigt unerlaubte 70- 80 km/h auch in den Ortschaften und trotz diverser gewagter Überholvorgänge geht es einfach nicht voran. Egal. Das abendliche Essen in einem China- Restaurant, das zeigt, wie chinesische Küche schmecken kann, wenn sie mal nicht versalzen und vorgekocht serviert wird, entschädigte für Manches.

Anderntags war noch Zeit, am Nachmittag in die Stadt zu gehen. Schön ist anders. Vom historischen Zentrum stehen hier und da noch die Kirchen und ein paar Stadtpaläste, aber sonst ist alles neu bzw. aus der Zeit nach den 70er Jahren. Der graue Beton (Bild drei- die Philharmonie) ödet an und man sucht verzweifelt die Punkte, auf denen das Auge ausruhen kann. Ist der Kulturpalast (Bild oben), ein Bau aus der Zeit des Weltkrieges Nr. 1, der zeigt, dass auch hier Herrscherhäuser zu Geld gekommen sind, ein solcher Punkt? Mitnichten! Protziger Gigantismus, der nichts vom Stil seiner französischen Vorbilder übrig lässt! Da sehnt man sich schon nach dem dieselbe Epoche kopierenden Potocki- Palast in Lwiw!

Vor diesem Monster von Haus, das nun Museen beherbergt, befinden sich in einer Senke moderne Cafés und Restaurants sowie eine Eisbahn. (Bild zwei) Verlieben könnte ich mich in eine solche Architektur auch nicht, aber die modernen Materialien und die wärmeren Farben sind immerhin nicht so gesichtslos abweisend wie das "sozialistische" Neubauareal mit der Philharmonie im Zentrum dahinter.

Hat man diesen Teil der Stadt, der erste, der gegenüber der Blockwüste davor überhaupt eine Art Zentrumscharakter aufweist, hinter sich, wird es auf der vom Palast abgewandten Seite zur ehemaligen Altstadt hin etwas angenehmer. Hier stehen noch die alten Verwaltungs- und Schulgebäude (Bild 4 und 5) und die Zentralkirchen der großen hier vertretenen christlichen und der jüdischen Religion. Gegenüber diesen Protzbauten nehmen sich die kleineren Vertreter ihrer Art (Bild sechs) und die Klöster (Bild sieben) geradezu geschmackvoll aus. Die Geschichte hat eben doch ihren Charme, den Ceausescus Bauten nie erreichen werden.

In den Resten einer Bebauung vom Ende des 19. und Anfang der 20. Jahrhunderts schieben sich die klapprigen Straßenbahnen, die an die in Gotha gefertigten und mir aus der frühen DDR- Zeit noch vertrauten Modelle erinnern, durch die zu engen und verstopften Straßen. (Bild sieben)

Die sich daran anschließenden Areale voller "Wohnscheiben" sind hier und da durch neuere Bauten "verdichtet", insgesamt aber weitläufig, ohne deshalb großzügig zu wirken. Mich interessierte an dieser Gegend nichts mehr, nur den "kleineren Bruder" der von einer Kuppel überdachten Kiewer Untergrundpassage am Maidan nahm ich noch wahr. Zu Fuß ermüdet der Rundgang doch etwas und man schafft die große Stadt auf diese Weise nicht. Aber was ich sah, reichte mir. Der Rest bietet hoffentlich seinen Bewohnern eine hinreichende Wohnqualität, um sie den elenden Anblick vergessen zu machen...

Iaşi wird also nicht mein Lieblingsausflugsziel von Suceava aus werden. Gelegentlich kann man es vorzeigen, mit Joachim einen Kaffee trinken und die Restaurants erkunden, aber sonst... Nein, der Weg in Richtung Transsylvanien (Siebenbürgen) ist angenehmer.