Mit dem Zahn wurde es also nix. Daher musste Abschied genommen und die Rückreise angetreten werden. Leider ohne die herrlichen Winterlandschaften der Karpaten (die folgenden Bilder) sportlich zu genießen. Meine Freunde taten und tun das natürlich, obwohl auch das - wie so Vieles in der Ukraine - relativ ist. Ich meine den Genuss. Sergej hat für sich, für seine Frau und einen Freund Visa für die Slowakei beantragt. Ihm erscheint die Hohe Tatra im Vergleich zu Bukovel und den anderen nobel aufgemotzten Wintersportorten der Ukraine nicht zu teuer. Vor allem will (und kann) er sich also dort Übernachtungen leisten. Davor scheuen alle meine Bekannten zurück. Zu teuer und für den Preis zu unkomfortabel. Und selbst wenn man es komfortabel haben kann, weil Geld keine Rolle spielt, bleibt der Charakter des "Ortes" doch der einer Ansammlung nobler Herbergen ohne wirkliches "gesellschaftliches Leben". Jeder säuft für sich- so scheint es...
Juri hat für Helena und sich Visa für Zakopane besorgt. Das Prinzip ist dasselbe. Natürlich kosten Anreise und Unterkunft Geld, aber er meint, es sei das Geld Wert. In der Ukraine fahren sie auch Ski, bezahlen sie einen Ski- Pass usw. Aber die Anreise mit dem Zug und der Marschrutka dauert über 4 h und die Abreise ist ebenso beschwerlich. Die "Elektritschka" bewegt sich nur ruckartig und schleichend und sowieso an jeder Milchkanne haltend von Ivano aus in die Berge. Wie viel Zeit bleibt da, um wirklich Ski zu fahren? Wenig! Daher sind sie am 19. 02. los in das Ski- Paradies Zakopane. Ich hoffe, sie haben eine schöne Zeit!
Aber immerhin gibt es Alternativen. Die populärste heißt jetzt "Einkaufsvisum" und gilt wohl nur für die West-, nicht aber für die Zentral- oder Ostukraine. Angefangen hatten die Polen im Rahmen des Fußballfestes 2012. Es gab diverse Erleichterungen für ukrainische Reisende in einem vielleicht als "kleiner Grenzverkehr" zu bezeichnenden Rahmen. Da das auf Gegenseitigkeit beruhte, fiel es mir nicht weiter auf. Aber dann häuften sich die Berichte, man könne a) ein Dauervisum für Polen beantragen, wenn man einen polnischen Urahnen in der Familie hat (und wer hat den in der Westukraine nicht?) und Kenntnisse des Polnischen nachweisen kann und b), wenn man öfter zum Zwecke des Einkaufs nach Polen führe. Da reicht es, nach der Erstbeantragung ein paar Flaschen Wein einzuführen und schon bekommt man bei der Zweitbeantragung ein Halbjahres- oder Ganzjahresvisum. Da staunt der Laie und die Eingeweihten wundern sich...
Taras war der erste meiner Bekannten, der nicht nur ein polnisches, sondern auch ein ungarisches Dauervisum (über seine Uni) ergatterte. Und nun also Sergej, der verkündete, mich im März in Kosice besuchen zu wollen, weil die Slowakei dieselben Regelungen eingeführt hätte. Das sieht nicht mehr nach Zufall, sondern nach einer konzentrierten Aktion aus. Immerhin sind alle drei Staaten sog. Schengen- Staaten und sollten ein strenges Visa- Regime (mir ist die Ablehnungs- Praxis der deutschen Visastelle Kiew noch in bester Erinnerung!) beachten! Soll auf diese Weise "Freund Janukowitsch" ausgetrickst werden, der das Angebot der Union, in Verhandlungen über Erleichterungen im Grenzverkehr (und perspektivisch über solche zum visafreien Reiseverkehr) einzutreten mit dem Satz "Und wer soll das wollen?" abgelehnt hatte? Denkbar wäre es.
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Sowieso ist es unwahrscheinlich, dass da jemand dem ukrainischen Volk "Geschenke" anbietet. Janukowitsch stört die Kreise der Union, das ist klar. Sein Regime passt politisch (was das Verhältnis zu Russland und also geostrategische und den "freien" Rohstofftransport anbelangende Überlegungen angeht) nicht ins Konzept. Die ausufernde Korruption verhindert weitergehendes Engagement der deutschen und anderer Kapitalgesellschaften, die ihre Investitionen resp. den Rückfluss von Gewinn nicht wirklich gesichert sehen. Die unumschränkte Macht der Oligarchen, allen voran die von Rhinat Achmetov und dem Kutschma- Clan, stört den "freien Wettbewerb", in dem sich ansonsten die kapitalkräftigen Bieter aus Westeuropa (insbes. Deutschland) durchzusetzen pflegen. Usw. usf. Da lohnt es sich, mittels diverser Reiseerleichterungen einen Keil ins Land zu treiben und zumindest die Westukrainer weiter darin zu bestärken, dass ihre Zukunft in Europa liegt. Kann ja sein, die profitieren davon und berichten das in die neidischen Landesteile der russophilen und den Oligarchen ziemlich uneingeschränkt hörigen Regionen, was freilich alles andere als friedliche und freundliche Emotionen auslösen dürfte. Aber wen schert das schon? Ja, wen schert das schon? Ich freue mich, dass ich vielleicht alle meine westukrainischen Freunde bald hier begrüßen kann und gräme mich, dass es den "nicht- westlichen" Freunden also nicht gelingen wird. Oder sind die Informationen falsch und die Erleichterungen betreffen auch die anderen Regionen? Ich werde Leute drauf ansetzen, die das rauskriegen. Vielleicht sind die oben beschriebenen Prozesse ja nur ein Anfang und diese blöde Grenze wird doch durchlässiger. Ich zumindest hoffe das sehr!