Wintereinbruch überall in Europa! Nachem wir Utas 50. (15. 03.) mit einem Spaziergang, einer Kaffee- und Kuchen- Phase (von Anka selbst gebacken- hm, lecker!) und einem Abendessen beim Italiener in Lindenthal (sehr empfehlenswert!) gefeiert hatten, stand heute die Rückreise an. Das Wetter war traumhaftes Winterwetter - leichte Minusgrade, geschlossene Schneedecke und Sonne satt. Es waren auch nicht allzu viele Menschen unterwegs; vor allem standen die meisten LKWs wegen des Wochenendfahrverbots in Polen auf den Rastplätzen. So kam ich gut vorwärts und brauchte für die Strecke Leipzig- Kosice exakt 9 h von Haustür zu Haustür. Hm, soll man das empfehlen? Ok, ich war immer ca. 20 km/h über dem öffiziell genehmigten Wert. Verkehrsregeln als "Vorschläge der Polizei" ;-) Darüber ließe sich immerhin nachdenken: Freilich brauchen Gemeinschaften Regeln, aber diese desavouieren sich stets durch ihren Formalismus. Was zur Stoßzeit womöglich im Nebel eine sinnvolle Beschränkung ist, ist bei freier Autobahn und Sonnenschein eher störend. Bleibt noch der Kraftstoffverbrauch: mit 5,7 l Diesel/ 100 km; sonst vielleicht 5,3...
Besonders schön wieder einmal die Burg in Stara Lubovna. (Bild oben, Bild Mitte) Die Stadt selbst liegt auch sehr schön in den Bergen und in Sichtweite der Tatra. Wohnen möchte ich hier trotzdem nicht. Zu viele Neubauten und wieder einmal die Frage: Wovon leben die Leute hier?
Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...
Samstag, 16. März 2013
Wintereinbruch in Wismar
Klar, wenn es solche Gelegenheiten gibt - wegen des Abiturs waren die Schulen in der Slowakei am Dienstag und Mittwoch geschlossen, am Donnerstag haben zwei von drei Klassen Exkursion - da musste man einfach "nach Hause" fahren. "Nach Hause" war in diesem Falle Wismar, weil Mutters 73. zu feiern war. Die Idee, im Anschluss an die Tage an der Küste Sommerreifen aufziehen zu lassen, erübrigen die Bilder. Warum gibt es so was nicht zu Weihnachten? Wir (Anka und ich) kamen jedenfalls gerade noch rechtzeitig. Ab Schwerin rieselte der Schnee und an den folgenden beiden Tagen (10. 03./ 11. 03.) fielen in jeder Nacht ca. 20 cm Neuschnee. Verwehungen sorgten für diverse Probleme. Zum Glück mussten wir uns nicht bewegen! ;-) Am 12. fuhren wir nach Leipzig. Das ging dann ebenso wie der Anstecher am 13. / 14. 03. nach Berlin.
Samstag, 2. März 2013
Ausfahrt nach Levoca
Friedrich hat ein neues Auto und das muss nun bewegt werden. Was unter ökologischen Gesichtspunkten sicher nicht das Gelbe vom Ei ist, war als Ausflug bei schönem Wetter doch ganz angenehm. Das Ziel war Levoca. Natürlich mussten wir wieder an der unübersehbaren Burg Zips vorbei. (Bild oben- aus dem fahrenden Auto).
In Levoca angekommen gab es nichts Neues zu sehen. Aber es war dennoch interessant, die Stadt im Schnee zu erleben. Man bekommt einen Eindruck, wie es sicher schon zu Zeiten des ausgehenden Mittelalters bzw. der Renaissance ausgesehen haben mag. (Zweites Bild von oben- die restaurierte Bastion) Links und rechts große Schneehaufen, dazwischen - heute - parkende Autos. Ob man damals die Straßen schon frei gemacht hat für Pferdewagen usw.? Wer weiß...
Das Essen in den "Drei Aposteln" dieses Mal nicht so gut wie sonst :-( Aber die Hotels hatten, anders habe ich es im Winter noch nie erlebt, "geschlossene Gesellschaft", also mussten wir in das mir ansonsten als empfehlenswert bekannte Restaurant ausweichen.
Dann also Rückfahrt über die hinter Presov immer noch tief verschneiten Landschaften. (Bild unten) Komisch, Presov liegt kaum höher als Kosice, aber während hier kein Fitzelchen Schnee mehr liegt, beginnt gleich hinter dem alten Eperies die geschlossene Schneedecke. Hätte ich das gewusst, hätte ich gestern meine Skier eingepackt und wäre hin...
In Levoca angekommen gab es nichts Neues zu sehen. Aber es war dennoch interessant, die Stadt im Schnee zu erleben. Man bekommt einen Eindruck, wie es sicher schon zu Zeiten des ausgehenden Mittelalters bzw. der Renaissance ausgesehen haben mag. (Zweites Bild von oben- die restaurierte Bastion) Links und rechts große Schneehaufen, dazwischen - heute - parkende Autos. Ob man damals die Straßen schon frei gemacht hat für Pferdewagen usw.? Wer weiß...
Das Essen in den "Drei Aposteln" dieses Mal nicht so gut wie sonst :-( Aber die Hotels hatten, anders habe ich es im Winter noch nie erlebt, "geschlossene Gesellschaft", also mussten wir in das mir ansonsten als empfehlenswert bekannte Restaurant ausweichen.
Dann also Rückfahrt über die hinter Presov immer noch tief verschneiten Landschaften. (Bild unten) Komisch, Presov liegt kaum höher als Kosice, aber während hier kein Fitzelchen Schnee mehr liegt, beginnt gleich hinter dem alten Eperies die geschlossene Schneedecke. Hätte ich das gewusst, hätte ich gestern meine Skier eingepackt und wäre hin...
Freitag, 1. März 2013
Geschichtspolitik
Warum bloß traten nach der Wende die Städtebausanierungsmaßnahmen Ost auch als Radiergummi- Maßnahmen den Folgen des Weltkriegs gegenüber in rühmlich- unrühmliche Erscheinung? Der Bogen reicht dabei vom Wiederaufbau der Frauenkirche/ Dresden, ehemals "Mahnmal gegen den Krieg" (!), über die Sanierung von Großkirchen wie St. Georgen in Wismar (Bild, Stand 2008) bis hin zum Abriss des "Ballasts" der Republik und der Wiedererrichtung eines immer schon ungeliebten Schlosses daselbst. So wird unsichtbar gemacht, was man nicht ungeschehen machen kann. Und so wird, was nie vergessen werden sollte, mit Blick auf ein lebendiges Geschichtsbild dem Vergessen überantwortet. (Siehe voriger Post!) Und nun also auch die East- side- Gallery in Berlin, um die es sicher weniger geht als um das letzte noch stehende Mauerstück von einiger Repräsentanz! Ach so, es ist ja nur ein privater Investor, der dort Luxus zeigen will, wo früher das Elend einer Epoche sichtbar war? Wer glaubt, die Bauaufsichten von Stadtbezirk und Senat hätten da was "verschlafen", der glaubt auch an die Wiederauferstehung der Millionen Kriegs- und der Hunderten von Mauertoten (und wird - evtl. - selig) ...
Jugend, Moral und Geschichte
"Die Zerstörung der Vergangenheit, oder vielmehr die jenes sozialen Mechanismus, der die Gegenwartserfahrung mit derjenigen früherer Generationen verknüpft, ist eines der charakteristischsten und unheimlichsten Phänomene des späten 20. Jahrhunderts. Die meisten jungen Menschen am Ende dieses Jahrhunderts wachsen in einer Art permanenter Gegenwart auf, der jede organische Verbindung zur Vergangenheit ihrer eigenen Lebenszeit fehlt." (Eric Hobsbwam, Das Zeitalter der Extreme, S. 17)
Soweit so gut. Welche im Bildungsbereich wo auch immer tätige Kollegin, welcher Kollege würde da widersprechen? Eine andere Frage ist, ob auch jeder Hobsbawms Begründung teilen würde. Ich teile sie, erklärt sie doch auch das hier schon apostrophierte Fehlen von "Ordnung, Sauberkeit, Fleiß und Ausdauer" der neuen Schülergenerationen: Hatte nämlich "der Kapitalismus" anfangs noch das feudale Erbe selektiv für sich genutzt, so verabschiedete er sich mit der Durchsetzung eines spätestens von Wilhelm Hauff (Das kalte Herz, 1824) an von allen Autoren von Rang kritisch verfolgten, freilich im Wesen der neuen Gesellschaft angelegten "radikal- experimentellen Individualismus" (Daniel Bell, 1970) von den einst so hoch gepriesenen und nicht ganz umsonst auch als "typisch deutsch" apostrophierten Sekundärtugenden. Dazu Hobsbawm:
"Denn die wirksamste Art und Weise, eine auf Privatunternehmen basierende Industriewirtschaft aufzubauen, ist, sie mit Motivationen zu verknüpfen, die nichts mit der Logik des freien Marktes zu tun haben - also beispielsweise mit der protestantischen Ethik; mit dem Verzicht auf unmittelbar eintretenden Erfolg; mit dem Ethos der harten Arbeit; mit familiärem Pflichtgefühl und Vertrauen, aber gewiss nicht mit der antinomischen Rebellion von Individuen." (ebd. S. 32)
Und mit eben dieser antinomischen, gleichwohl bewusstlosen "Rebellion", die nur ein Dagegen, aber kein Wofür mehr kennt, haben wir es heute zu tun.Warum? Weil "Marx und die anderen Propheten der Zerstörung aller alten Werte und sozialen Beziehungen [...] recht hatten. Der Kapitalismus war die Kraft der permanenten, ununterbrochenen Revolution. Logischerweise mußte er auch jene Teile der vorkapitalistischen Vergangenheit zerstören, die für seine eigene Entwicklung notwendig und vielleicht sogar entscheidend gewesen waren... Am Ende dieses Jahrhunderts war es zum erstenmal möglich, sich eine Welt vorzustellen, in der die Vergangenheit (auch die Vergangenheit der Gegenwart) keine Rolle mehr spielt, weil die alten Karten und Pläne, die Menschen und Gesellschaften durch das Leben geleitet haben, nicht mehr der Landschaft entsprachen, durch die wir uns bewegten, und nicht mehr dem Meer, über das wir segelten. Eine Welt, in der wir nicht mehr wissen können, wohin unsere Reise führt, ja nicht einmal, wohin sie uns führen soll." (ebd.).
Wie können Lehrer also etwas beklagen, dem sie selbst hilflos gegenüber stehen? "Wozu soll ich lernen? Wofür?" - fragt der Schüler. "Weil es immer so war" - antwortet der Lehrer und schweigt beschämt. Hatte er nicht ein paar Minuten früher u.U. erklärt, warum eine Karriere in der Automonilindustrie die Natur zerstört, warum eine erfolgreiche Ingenieurlaufbahn in der Rüstungsindustrie enden wird, warum soziales Engagement schlecht bezahlt wird und kein Prestige hat? Solange wir nicht wissen, wohin die Reise führen soll, können wir den Suchenden kein Kompass sein, lassen wir sie um sich selbst kreiseln, wie wir selbt meist um uns selbst kreiseln! Anders wäre es nur, wenn die Schule wieder ein Feld gemeinsamen Suchens von Lehrenden und Lernenden nach einer besseren Welt wird und nicht nur eine Anstalt zur Vermittlung von (im Leben nutzlosen) Spezialwissens, an dem nur Verwertungsgesellschaften Interesse haben. Und so kann auch DaF weder sich selbst genügen noch seine Existenzberechtigung darin sehen, der deutschen Industrie ausländische Köpfe zuzuführen. Haben wir das schon verstanden?
Soweit so gut. Welche im Bildungsbereich wo auch immer tätige Kollegin, welcher Kollege würde da widersprechen? Eine andere Frage ist, ob auch jeder Hobsbawms Begründung teilen würde. Ich teile sie, erklärt sie doch auch das hier schon apostrophierte Fehlen von "Ordnung, Sauberkeit, Fleiß und Ausdauer" der neuen Schülergenerationen: Hatte nämlich "der Kapitalismus" anfangs noch das feudale Erbe selektiv für sich genutzt, so verabschiedete er sich mit der Durchsetzung eines spätestens von Wilhelm Hauff (Das kalte Herz, 1824) an von allen Autoren von Rang kritisch verfolgten, freilich im Wesen der neuen Gesellschaft angelegten "radikal- experimentellen Individualismus" (Daniel Bell, 1970) von den einst so hoch gepriesenen und nicht ganz umsonst auch als "typisch deutsch" apostrophierten Sekundärtugenden. Dazu Hobsbawm:
"Denn die wirksamste Art und Weise, eine auf Privatunternehmen basierende Industriewirtschaft aufzubauen, ist, sie mit Motivationen zu verknüpfen, die nichts mit der Logik des freien Marktes zu tun haben - also beispielsweise mit der protestantischen Ethik; mit dem Verzicht auf unmittelbar eintretenden Erfolg; mit dem Ethos der harten Arbeit; mit familiärem Pflichtgefühl und Vertrauen, aber gewiss nicht mit der antinomischen Rebellion von Individuen." (ebd. S. 32)
Und mit eben dieser antinomischen, gleichwohl bewusstlosen "Rebellion", die nur ein Dagegen, aber kein Wofür mehr kennt, haben wir es heute zu tun.Warum? Weil "Marx und die anderen Propheten der Zerstörung aller alten Werte und sozialen Beziehungen [...] recht hatten. Der Kapitalismus war die Kraft der permanenten, ununterbrochenen Revolution. Logischerweise mußte er auch jene Teile der vorkapitalistischen Vergangenheit zerstören, die für seine eigene Entwicklung notwendig und vielleicht sogar entscheidend gewesen waren... Am Ende dieses Jahrhunderts war es zum erstenmal möglich, sich eine Welt vorzustellen, in der die Vergangenheit (auch die Vergangenheit der Gegenwart) keine Rolle mehr spielt, weil die alten Karten und Pläne, die Menschen und Gesellschaften durch das Leben geleitet haben, nicht mehr der Landschaft entsprachen, durch die wir uns bewegten, und nicht mehr dem Meer, über das wir segelten. Eine Welt, in der wir nicht mehr wissen können, wohin unsere Reise führt, ja nicht einmal, wohin sie uns führen soll." (ebd.).
Wie können Lehrer also etwas beklagen, dem sie selbst hilflos gegenüber stehen? "Wozu soll ich lernen? Wofür?" - fragt der Schüler. "Weil es immer so war" - antwortet der Lehrer und schweigt beschämt. Hatte er nicht ein paar Minuten früher u.U. erklärt, warum eine Karriere in der Automonilindustrie die Natur zerstört, warum eine erfolgreiche Ingenieurlaufbahn in der Rüstungsindustrie enden wird, warum soziales Engagement schlecht bezahlt wird und kein Prestige hat? Solange wir nicht wissen, wohin die Reise führen soll, können wir den Suchenden kein Kompass sein, lassen wir sie um sich selbst kreiseln, wie wir selbt meist um uns selbst kreiseln! Anders wäre es nur, wenn die Schule wieder ein Feld gemeinsamen Suchens von Lehrenden und Lernenden nach einer besseren Welt wird und nicht nur eine Anstalt zur Vermittlung von (im Leben nutzlosen) Spezialwissens, an dem nur Verwertungsgesellschaften Interesse haben. Und so kann auch DaF weder sich selbst genügen noch seine Existenzberechtigung darin sehen, der deutschen Industrie ausländische Köpfe zuzuführen. Haben wir das schon verstanden?
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