Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Mittwoch, 17. November 2021

14.11.2021 - Volkstrauertag

Die Botschaft hatte zur Volkstrauer geladen und obwohl ich für gewöhnlich nicht daran denke, deutsche Soldaten zu ehren, bin ich der Einladung gefolgt, um die Ergebnisse des Aufsatzwettbewerbs an Götz (Kulturabteilung der Botschaft) zu übergeben. Ich hätte anders einfach nicht gewusst, wie ich innerhalb der Öffnungszeiten der Botschaft hätte in die Stadt kommen sollen. Also hin auf den Friedhof, zumal der nur 5 km von mir entfernt liegt. (Bild oben und unten)

Versammelt war nur eine kleine Gemeinde aus Botschaftsmitarbeiter/innen und ein paar Ortskräften, die für das Goethe- Institut arbeiten oder zur deutschen Gemeinde gehören. Von dort waren auch zwei katholische Priester, die aber nichts zu sagen hatten und stupide ihre Bibel vorlasen. Ich gebe zu, dass der evangelische Pfarrer, der damals in Kiew gegen den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan wetterte, einen größeren Eindruck auf mich gemacht hatte. Aber immerhin lernte ich so die Botschafterin kennen, die Kaffee und Kuchen reichte und ich wurde meine Aufsätze los. Und die deutschen Soldaten? Nun ja, was hätte ich bei der weiland NVA getan, hätte es den Befehl zum Angriff gegeben? Dann würde man heute über mich auch ein vernichtendes Urteil fällen. So habe ich die Truppe mit solchen Überlegungen denn doch ein bisschen geehrt, zumal das unwirtliche Gelände zu tiefsinnigen Gedanken geradezu einlädt. Vor allem, wenn man weiß, dass viel Platz für neue Gräber ist. Man hat erst angefangen zu suchen und zu bestatten... 

13.11.2021 - Nacht in Chisinau

Ein bisschen falsch geschrieben, aber sonst geht einem das aus deutscher Sicht doch ein wie Butter! Endlich Professor! ;-) Nun ja, das sehe ich nun jeden Morgen, wenn ich meinen Klassenraum betrete und jeden Abend, wenn ich ihn endlich verlasse. (Bild unten) Wir holen die "Ferien" nach, d.h. in jeder Woche werden die Stunden eines Tages auf die Unterrichtszeiten drauf geschlagen. Zu Hause angekommen, warten dann Vorbereitungen und Korrekturen bis zum Schlafengehen. Es ist ein Elend! 

Eine nette Abwechslung war der Abend mit Kathrin und Joseph, der hier den DAAD vertritt. Aber auch dort bin ich nur hin gegangen, weil ich vorher sowieso noch etwas in der Stadt erledigen musste. Aber immerhin. Es war Wochenende und ich habe ab 17.00 Uhr nicht mehr für die Schule gearbeitet!

Ich verspreche: Das bleibt bis zum 01. 12. die Ausnahme und kommt nicht wieder vor. Dann sind die DSD II- Prüfungen durch und es mag ein wenig besser werden...

Sonntag, 7. November 2021

Nachtrag: Soroka und die Zigeuner

Wenn wir denn schon mal da waren und den "Boss" auch noch gesprochen haben, muss doch vom "Baron" (Bild unten) auch geredet werden.

Der Zigeuner- Baron (Ja, Selbstbezeichnung!) residiert in dem schönen "roten Palast" Bild oben und Bild zwei. Was man nicht sieht, sind die zerbröselnden Ziegel in den Fassaden und der alte Herr selbst kam auch nicht gerade im Hermlin- Mantel. Aber sei's drum. Wenn man im Bild oben genau hin sieht, sieht man vorne die Motorhauben von zwei Rostlauben, die bis zu Radnarben in den Dreck gesunken sind. Das seien die Staatskarossen von Andropow und Gorbatschow, meinte der Baron. Er habe sie direkt aus den Garagen auf der Krim und anfangs fuhren sie auch noch. Jetzt fährt vielleicht gerade noch der kaum weniger rostige Shiguli, an dem sich gerade ein junger Mann zu schaffen machte, als wir in den Hof sahen.

Ansonsten sei sein Palast voller Antiquitäten, so der Baron. Ob die so aussehen wie die Tschaikas? Wer weiß. Jedenfalls ist der Baron ein zugänglicher alter Herr, solange man ihn korrekt tituliert. Vor ein paar Jahren hatte er moldawische und deutsche Schüler sogar in sein Haus geladen und seine Altertümer vorgezeigt. Schade, ich würde das gerne zu einem Filmprojekt nutzen, wenn man denn könnte. Ob der mitspielen würde? Vielleicht kriege ich das noch raus... 

Jedenfalls ist das Umfeld wie schon beschrieben. Keine besondere Gegend. Palast mit Schrott neben halbverfallenen Häusern und Hütten. Menschen waren natürlich zu sehen. Wie schon beschrieben leben sei meist in Hinterhäusern oder Kellern, aber fast nie in den leeren Sälen der Repräsentations- Ruinen. Insgesamt sind die Straßen allerdings leer und buntes Leben gibt es nicht. Im Vergleich zu den slowakischen Ghettos ist hier nix los. Wo sind die Menschen alle hin, die ihr zusammengeklaubtes Geld hier in dieses Verfalls- Disney investieren? Und vor allem: Warum tun sie das? Ich hätte es so gerne gewusst... Vom Baron haben wir uns dann verabschiedet. Mal sehen, ob ich ihn wiedersehe...  



 

Samstag, 6. November 2021

Soroka

Der letzte Ausflug nach Orheiul Vechi hatte den Kolleginnen ausnehmend gut gefallen und ich glaube, sie haben den freien Tage genossen und Kraft getankt. Und wie das nach so einem positiven Erlebnis ist, wurde gleich die Fortsetzung geplant und heute eingelöst. Soroka!

Soroka liegt an der ukrainischen Grenze am Dnistr/ Nistru und ist berühmt durch die Burg. (Bild zwei) Leider war das UNESCO- Weltkulturerbe geschlossen, da die innere Rekonstruktion keinen Publikumsverkehr zulässt. Naja, ich werde das Ende der Arbeiten vielleicht noch erleben...

Aber ehe wir zur Burg kamen, waren wir am Ortseingang in einem Naturdenkmal. Oberhalb der Kreideschlucht (Bild oben) steht ein Denkmal für alle diejenigen, die sich in der Moldau für den Erhalt der rumänischen Sprache und Kultur eingesetzt haben. Das wiederum steht über einer Eremiten- Höhle, in der einst Klosterbrüder vor den Tataren Schutz suchten und - wie könnte es anders sein? - wundersam gerettet wurden. Da gab es auch Höhlen und der Aufstieg war sehr beschwerlich

Nach der Burgbesichtigung sind wir zu einem touristischen Zentrum gefahren, wo man für ca. 100 Euro pro Tag eine Finnhütte für 8 Personen mieten, wandern, angeln, saunieren und in einem Becken plantschen kann. Der Dnistr/ Nistru ist hier sehr schön anzusehen. (Bild drei) Und: Ich gebe es zu. Der Umstand, dass auf der anderen Seite die Ukraine ist, hat mich nicht ganz kalt gelassen. Schade, dass man dort überall nicht über den Fluss kommt. Es wäre nicht weit bis Ivano Frankivsk... 

Dann sind wir trotz knurrendem Magen mit unserer kundigen Führerin zum touristischen Höhepunkt der Stadt- der Zigeunersiedlung in Soroka. (Ach, nein, nicht schon wieder Diskussion um politische Korrektheit. Jeder weiß, wer und was gemeint ist, und damit ist es gut!)

Häuser im Soroka- Stil ;-) hatte ich schon in Polen gesehen. Auch dort machten die Paläste oft einen unbewohnten, allerdings auch einen bewohnbaren Eindruck. Hier stehen Imitate des Kapitol (Bild vier), der Troika auf dem Bolschoi- Theater oder der Kuppel des römischen Parlaments zwischen Hütten herum und machen keinen besseren Eindruck als diese. Überall Verfall. Dabei gibt es Menschen dort. Nur wohnen die nicht in den Schaukulissen, sondern entweder in deren Kellern, oder aber in baufälligen Hütten im Hof der Monumente. (Bild fünf) Kann man dieses Volk verstehen? Ich habe so viel gelesen, habe sie gesprochen, kennen Leute, die sie kennen... - aber ich habe nichts begriffen. Jedenfalls ermüdete der Gang durch diesen unvollendeten Gigantismus im Ruinen- Outfit, weil es eigentlich nichts zu sehen gab. Nur eine endlose - ja, das Wohngebiet ist größer als alles Derartige, was ich bisher gesehen habe -Wiederholung halbfertiger Kulissenbauten miserabelster Bauausführung und Materialqualität.   

Der Abend klang in einem Restaurant aus. Die Kolleginnen (Bild unten) ließen sich das Bezahlen nicht nehmen - moldawische Gastfreundschaft. Zum Glück waren die Preise moderat - mit zwei Privatstunden mehr war es wohl bezahlt. 

Übrigens führt von Chisinau bis Soroka eine sehr europäisch anmutende Straße, die - wie am Rande auf Schildern steht - ein "Geschenk der amerikanischen Volks an das Volk der Republik Moldau" sein soll. Nun ja. Wie sprach Wolfgang Köhler einst ganz weise? "Schau mal, von wo nach wo die Straße führt: Das ist das NATO- Aufmarschgebiet für den Fall eines Konflikts mit Transnistrien." Ach so? Ja, genau so ist es! Leider. Aber ich fand's gut. Trotzdem sind 2,5 Stunden Fahrt für lumpige 140 km unterirdisch langsam. Was tun? Der Verkehr war durchaus "dicht" zu nennen und schneller ging es nicht...







 

Spätherbst

Unübersehbar. Es ist Spät- Herbst geworden in Chisinau. Nach den ersten kalten Nächten fällt das Laub und wird allerorten zusammengeharkt und weggefahren. (Bild)

Das scheint ein ziemliches Arbeitsbeschaffungsprogramm zu sein, denn es sind Heerscharen von Menschen unterwegs und harken Laub und füllen es auf Planen, mit deren Hilfe es auf LKW verladen und abgefahren wird. 

Immerhin: Es gibt keine doofen Laubbläser!