Von Brügge schreiben bedeutet das meiste weglassen! Nach ca. 3-4 h Stadtgang war ich satt und Augen wie Hirn quälten sich, noch Neues aufzunehmen und (vor allem) es zu würdigen. Zu übervoll mit historischen Bauten, sehenswerten Plätzen und Bauwerken sowie Denkmälern aller Art und verschiedener Epochen ist diese wasserreiche Stadt. Brügge! Dass der Name etwas mit "Brücken" zu tun haben könnte, fällt jedem Deutschen (egal, ob es stimmt oder nicht) zuerst ein. Aber dass es so viele Brücken sind und man wie in Venedig mit dem Kahn fast die ganze Stadt erkunden kann, das überraschte mich doch. Ich mag nicht "gut informiert" in eine fremde Stadt gehen, um dann "alles" zu sehen bzw. abzuhaken. Was ich sehe, sehe ich, was nicht, das nicht. Und so kamen wir vom Bahnhof in die Stadt und stießen auf ein Stadtquartier mit alten Häusern und einer großen Kirche- alles war so, wie ich mir Brügge vorgestellt hatte. Jetzt noch den Marktplatz sehen und das war's dann wohl. Die Stadt soll ja nicht so groß sein...
Was für ein Fehler! Auf dem Rundweg zu einer Turmspitze, die den Markt verhieß, stießen wir zunächst auf die ehrwürdigen Gebäude des alten Hospitals, das auch als Hospitz genutzt wurde. (Bild oben) Wir standen auf einer ersten Brücke und sahen die Boote, die von der Möglichkeit eines "Wasserspaziergangs" durch die stadt kündeten. Gleich um die Ecke die nächste Großkirche mit schönem umbauten Kirchhof. Aber ich wollte dem Kanal folgen und so stießen wir auf verwinkelte und schmale Gassen, die zu neuen Plätzen und Brücken führten. Auch hier ein riesiges Areal "Beguinen- Höfe". In Brügge allerdings ist die vorhandene Anlage wohl etwas jünger und die Häuser sind weiß getünscht. Wir gingen und gingen und fanden das Altstadtgebiet doch ziemlich groß! Vorbei ging es an stolzen Bürgerhäusern vom Format Lübecker Herrenhäuser (Bild vier) zu einer kleinen romantischen Brücke, die in ein neues Stadtquartier führte. (Bild zwei)
Wir stießen jetzt erst auf den Markt, der von dem unübersehbaren und wirklich riesigen "Belfort" überragt wird. (Bild drei) Die Anlage glich dem gotischen Rathaus in Thorn/ Torun, weshalb ich gleich daran dachte, hier das alte Rathaus vor mir zu haben. Die Erklärungstafeln belehrten aber darüber, dass es sich hier um die mittelalterlichen Tuchhallen handelte. Warum man das Zeichen der Stadtfreiheit nicht am Rathaus, sondern eben hier angebracht hat? Da müsste man mal nachlesen...
In einem Restaurant hinter einem der Seitenflügel des mächtigen Gebäudes stärkten wir uns auf einer Terrasse. Wieder dachten wir, wir hätten nun alles Wichtige gesehen. Wieder war es ein Irrtum! Hinter dem engeren Altstadt- Ring erstreckt sich ein ebenfalls flächenmäßig bedeutendes Areal voller ehrwürdiger, kaum jüngerer Häuser, obwohl es sich hier vermutlich um die "Neustadt" handelte. Das jedoch ist einzig erkennbar an den breiteren und großzügiger angelegten Straßenzügen, die sich entlang der mächtigeren Kanäle erstrecken. Da kann man sich lebhaften Schiffsverkehr, das Ent- und Beladen der großen Segler lebhaft vorstellen. (Bild fünf) Doch nicht nur Handel und Gewerbe blühten- die reichen Bürger hatten (anders als heute) auch ein Bedürfnis nach Schönheit und dem Weiterleben ihrer Zeit in der Kunst. Davon zeugen die großen Denkmäler für Jan van Eyck und andere bedeutende Maler und sowieso die Ausgestaltung der Kirchen und Bürgerhäuser.
Der erneute Rundweg ermüdete uns wieder ein bisschen und wir wollten zum Auto zurück, als wir - quasi von der anderen Seite kommend - auf das Quartier hinter dem Rathaus stießen. Dominant der hohe Turm der Stadtkirche (Bild sechs), der sich über die nun wieder engen Gassen erhob. Was für ein Reichtum! Davon zeugten auch die vielen einem Stadt- Palast ähnlichen Gebäude, die sich nun ins Blickfeld schoben. (Bild sieben) Sind die alten Bürgerhäuser, die Spitäler und einige Kirchen durchaus mit der norddeutschen Backsteingotik zu vergleichen, so zeigen sich hier südländische Einflüsse. Farblich und vom Material her heller entsprechen diese Gebäude (wie die Rathäuser und viele Kirchen in allen flämischen Städten) nicht mehr der Reduktionsgotik und ihren Folgeformen. Verspielt und reich an Ornamenten bilden sie auch innerhalb Brügges einen Kontrast zu den umliegenden älteren Bürgerhäusern, die natürlich auch nicht vergoldet sind.
Ziemlich übersättigt von den vielen Bildern und Eindrücken, auch ein bisschen fußlahm (hat jemand gesagt, die Altstadt von Brügge wäre klein?) wandten wir uns in die Altstadt und zurück zum Auto. Hier kamen wir noch an Häuserfronten vorbei, die direkt an den Kanal grenzten. (Bild unten) Alles sehr beeindruckend und wirklich eine Riese wert! Übrigens war das Parkplatzproblem vorbildlich gelöst. Am Bahnhof findet sich ein geräumiges Parkhaus (auch anderswo am äußeren Innenstadtring), dessen Parkschein zur Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel berechtigt. Busse fahren in kurzen Abständen und so ist der Weg ins Zentrum weder weit noch beschwerlich. Gut gemacht!
Gent? Da hatte ich a) meinen Fotoapparat vergessen und b) verblasste alles gegenüber dem vorher Gesehenen. Wir parkten in einer etwas verkommenen Gegend und hatten nicht eben den besten Ersteindruck von der Stadt, die als Kommune mit der vielen historischen Bausubstanz überfordert wirkt. Zwar fanden wir dann doch noch den Stadtkanal mit den prächtigen Häusern und Kirchen, die ein ansehnliches Panorama bilden, aber der erste Eindruck entscheidet (leider). Wir lasen, dass in der Stadt gerade ein Stadtfest zuende gegangen war, was den Müll und den Dreck auf den Straßen hinreichend erklärte. Schade, an einem anderen Tag hätte uns sicher auch Gent ganz toll gefallen. Für dieses Mal trug Brügge aber den Triumpf davon...