In die letzte "post- lose" Zeit fielen ja zwei Feiertage, der 1. und der 9. Mai. Zu beiden Tagen ist zu sagen, dass sie eigentlich nicht "begangen" wurden, jedenfalls habe ich außer ein paar Veteranen und einer Kranzniederlegung am 9. Mai, an der sich erwartunsgemäß eher wenige und meist ältere Leute beteiligten, nichts Aufregendes bemerkt. Die Geschäfte hatten geöffnet und das Leben florierte eher etwas bunter und etwas mehr als sonst - es war ja schönes Wetter. Umso befremdlicher, dass Schulen und Administrationen gleich vom 01. bis inkl. 04. Mai geschlossen blieben und feierten (was?) und dasselbe Spiel am 09. wiederholten, als wir bis einschließlich 11. Mai frei hatten. Genug Zeit, was zu unternehmen, zumal Besuch aus Kiew da war...
Zunächst wurde also die nähere Umgebung von Ivano wandertechnisch erkundet. Das Waldgebiet am äußeren Stadtring (Bild oben- Blick über die Hügel auf Ivano) erwies sich als groß genug, meine Damen "lahm" zu legen. Wir erreichten mit Müh und Not eine ansprechende "Koliba" (Freiluft- Grillgaststätte im huzulischen Stil, also mit gemauertem Grill in der Mitte des runden Gastraums - auf dem Foto meine Freunde Dascha und Alfred). Vorher gab es allerdings einen netten Weg am Waldrand und dann durch den frisch ergrünten Laubwald. Vorbei an einer verlassenen Waldarbeiterhütte - der einzigen "Siedlungsspur" - kamen wir schließlich an ein Schild, das uns den weiteren Weg versperren wollte. Unbeeindruckt ließen wir es hinter uns und fanden den Entschluss bald durch eine große Zahl von parkenden Autos bestätigt, hinter denen Leute beim Shashlyk saßen. Unweit dieser merkwürdigen "Ballung" bemerkten wir übermannsgroße blaue Kreuze am Wegrand. Ein Heldenwald? - dachte ich in meiner Naivität und hoffte wohl, direkt zu einem UPA- Bunker geleitet zu werden. Es war aber "nur" ein Kreuzweg, der zu einer vielleicht heiligen Quelle führte. Immerhin war sie nicht nur mit einem Kreuz geschmückt, wie hier allgemein üblich, sondern es fand sich eine Art Kapelle mit Marienstandbild, Votivgaben usw. Die Shashlykesser waren ganz offensichtlich auch nicht nur zu dem üblichen Vergnügen gekommen, sondern alle hatten Kanister dabei, um Wasser aus der Quelle abzufüllen. Danach dann unberührte Natur, so unberührt, das sich die Wege oft ins Nichts auflösten und wir endlich umkehren mussten, ohne eine Straße, ein Dorf oder nur einen breiteren Weg o.ä. erreicht zu haben. Ein schöner Tag.
Zu den weiteren Höhepunkten zählte ein Abstecher nach Buczacz, wo Potockis residierten. War im letzten Jahr zu Ostern schon einmal da, aber damals waren die Kirchen so voll, dass ich sie nicht bewundern konnte. Dafür hatte ich die Burgruine schon ausführlich fotografiert, die wir uns dieses Mal also sparten. Vom Schloss, oder eben der Burg, ist nur die Ruine auf dem Berg übrig. Von der Stadtseite her ist sie nicht mehr erreichbar, denn auf dem ehemaligen, an seiner Pflasterung noch gut zu erkennenden Kirchsteig der Burgherren baut nun ein Privatmann sein Haus mit dem historischen Material! Übertroffen wird das nur noch von den Leutchen, die im alten Akerman aus den Steinquadern der antiken Stadtmauern ihre Garagen bauen!
Sonst sind ein barockes Kloster und eine Pfarrkirche zu bewundern, deren sehenswertes Drumherum allerdings noch nicht restauriert ist. Auf dem bereits restaurierten Altar der letzteren sind Kopien der Arbeiten von Georg Pinsel zu bewundern, deren Originale in Lwiw im Pinsel- Museum stehen. Leider kommt man aber nicht in das Innere der Kirche, sondern wird durch ein Gitter ausgesperrt. Dafür kann man in die imposante Klosterkirche hineingehen. Hinter dem in Restauration befindlichen Kloster findet sich der alte polnische Friedhof mit Gruften von Angehörigen der Potockis. In Buczacz selbst gibt es außer dem Renaissace (?)- Rathaus, das einem einzigen hohen Turm gleicht, wenig bis nichts zu sehen. Der Essenversorgung etwaiger Touristen dient eine etwas desolate und zum Verkauf stehende Koliba am Stadtrand; für die Einheimischen muss eine Pizzeria als Restauration "gehobenen Niveaus" reichen. Zumindest fand sich im Stadtzentrum nichts anderes.
In Richtung Lviv (Lemberg) liegt abseits der Hauptstraßen und wie (fast) immer ohne Hinweis auf diesen Höhepunkt die Ruine von Schloss Swirsch, dem ehemaligen Sitz der Brüder Swirzynski. In fantastischer Umgebung und schön auf einer Anhöhe über einem See gelegen. schreit das wenigstens mit Mitteln der Denkmalschutzbehörde neu eingedeckte und im Ganzen noch in einem guten baulichen "Rohzustand" befindliche Renaissance- Schloss geradezu nach einem Investor, der dort Wander- und Reittourismus der Extra- Klasse (vor den Toren vom Lemberg- 30 km) anbieten könnte. Aber leider ist nix los und das von den Deutschen als Militärquartier, dann als Mechanisierungsfachschule und zuletzt noch als Erholungsheim der Sowjetgewerkschaften genutzte Gebäude verfällt langsam. Rings herum scheint auch nicht mehr viel los zu sein. Obwohl es doch einige Leute gab, die gleich mir hier heraus gekommen waren und die am Fuße des Schlosses Pcknick machten, hat es bei den Leuten im Dorf noch nicht einmal zu einem Kiosk gereicht. Oder fehlt selbst dafür ein "Investor"? Jedenfalls ist Swirsch nun mein Geheimtipp für künftige herbstliche Wanderungen!
Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...
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