Ich reiste am 15. 05. bis Lviv, traf mich mit Marta, und fuhr am Sonnabend, dem 16. 05., weiter nach Kiew. Abends noch traf ich "meine Truppe" vom Anfang der 2000er; mit Olga, Lubchen, Vika und Julia waren wir oft unterwegs und so gab es viele Erinnerungen an den 1. Mai bei Julia auf dem Dorf usw. Aber natürlich spielte die Gegenwart mit ihren Zwängen auch eine Rolle in unseren Gesprächen. Ljuba, eine Woche zuvor von der Krim angereist, berichtete vom Leben dort. Während es den alten Eliten ukrainischer Verwaltungsbeamter, die nicht in den neuen Staatsdienst übernommen wurden, schlecht gehe und viele Menschen, die in privaten Firmen, die jetzt in die UA abgewandert sind, arbeitslos wurden, stehen sich Lehrer, Polizisten und andere beim russischen Staate Beschäftigte besser als vorher. Die Reisebedingungen seien allerdings mies und sie saß "auf Abruf" bei ihrer Familie, bereit, die nächste sich bietende Mitfahrgelegenheit zu nutzen. Olga sprach von den neuen Formen der Korruption und der Bereicherungssucht auch ehemaliger Maidan- Aktivistinnen, die sich nun in diversen Beschaffungsfirmen für Militärausrüstung eine goldene Nase mit dem kalkulierten Tod der ukrainischen männlichen Jugend verdienen. Das empörte auch Dascha, die an Stelle von Vika, die ihrer Tochter wegen nicht kommen konnte, mit im Kreise saß. Sie ist sowieso eine militnte Gegnerin aller Hetze und Propaganda...
Am Sonntag gab es dann eine ganztägige Jurorenschulung für die Begleitlehrer der jungen Debattantinnen, die am X. Landesfinale JDI in Kiew teilnahmen. Das war der Job, um dessentwillen ich vom Goethe- Institut nach Kiew geladen war. Am Montag hatten die Debattantinnen den Vormittag Zeit zur Vorbereitung auf die Halbfinals und ich nutzte die Gelegenheit, mal wieder ein bisschen durch Kiew zu spazieren. Von meinem Hotel "Podil Plaza" ging ich über den Kontraktova den Andriyevskiy hinauf und bestaunte die historisierend- blöde Lückenbebauung in der einzigen noch halbwegs ursprünglichen historischen Straße Kiews. (Bild oben) Bebauungsverdichtung ist eben ein (kapitalistisches) Prinzip der Kapitalisierung von Baugrund; da spielen Denkmalsschutzgründe keine Rolle. Immerhin vergreift man sich (noch) nicht an der Andreaskirche. (Zweites Bild) Das im gleißenden Sonnenicht strahglende Michaels- Kloster (Drittes Bild) ist ja auch ein Neu- Nachbau des unter Stalin abgerissenen Originals. Ein Gewinn für die Stadt, ohne Zweifel.
Hinter dem Michalivskiy kann man auf das linke Ufer und die Trufanov- Insel schauen. Sofort fallen wieder neue Hochhäuser und gigantische Brückenbauten auf. (Bild vier) Brücken braucht die Stadt, "grüne Lungen" auch. Da ist es schade zu sehen, wie die einst ziemlich naturbelassene Trufanov- Insel von den Brücken- und Straßen um immer neue Teile beschnitten und im Strandbereich "mondän" ausgebaut wird. Manchem Kiewer wird bei solchen Gegensätzen von Tradition und Moderne in der Tat der Kopf schwirren. (Bild unten- Hauswandbemalung am Fuße des Andreas- Steiges) Mit Ukrainer- Hemd und Samsung S 6 rein in den SUV und das Naturschutzgebiet in den Karpaten kaputt gefahren, um dann am Lagerfeuer ein traditionelles Shashlyk zuzubereiten und 'ne Flasche "Wässerchen" drüber zu leeren. Widersprüchlichkeiten der Moderne...
Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...
Samstag, 30. Mai 2015
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