Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Dienstag, 29. November 2016

Es weihnachtet

Trotz Stress, Chefbesuch bei gleichzeitigem Wasserrückstau in meiner Küche und also Wassereimerschlepperei und Angst davor, dass während meiner Abwesenheit die Spüle überläuft, blieb noch Zeit, die Weihnachtssachen rauszuholen. Die beleuchtete Sternenkette (Bild unten) ist schon grenzwertig und zu Hause hätte sie den Weg in den Container gefunden, aber hier dekoriert sie meine ansonsten kahle Wand recht angenehm. Jetzt muss ich meinen obligaten Winterkaffee mit einem kleinen Whisky nicht mehr bei voller Festbeleuchtung genießen, sondern kann es schummern werden lassen, ohne gleich gar nichts mehr zu sehen. So ist (fast) alles zu irgendetwas gut. Davon ab ist es kalt, aber sonnig, weshalb Weihnachtsatmosphäre nicht wirklich aufkommt. In der Stadt sind grellblaue Lichterketten über die vorhandenen Bäume geworfen worden und man hat Drahtgestelle aufgestellt, die ebenfalls grellblaue Tannen simulieren sollen. Die Parteivilla auf dem Weg zur Schule hat Leuchtstoffröhren ins Geäst ihrer Tanne hängen lassen, in denen nun so eine Art Lichtschweif von unten nach oben wandert. Hätte ich dort meine Wohnung, ich würde verrückt werden. Aber sonst ist alles gut. Die kids saßen wie die Zinnsoldaten im Raum, als wir erschienen und keiner kam zu spät. Sie waren sichtlich bemüht, alles für ihren Lehrer zu tun, damit der eine gute Bewertung bekommt. Und so lief es auch gut. Nun kenne ich auch meinen deutschen Chef und bin wirklich angekommen. Der gestrige Abend mit den Kollegen war ebenfalls sehr nett. Was will man mehr?    

Sonntag, 20. November 2016

Im Bezirk Suceava unterwegs

Um 09.00 Uhr sollte ich an der Schule sein. Sein Vater würde mich dort abholen und sei froh, dass ich seinem Vorschlag, mir den Bezirk Suceava zu zeigen, zugestimmt hätte, so Alexandru aus der 10F. Ich war schon überrascht, dass in der dritten Woche meines Hierseins Eltern Interesse an dem Lehrer ihres Sohnes bekunden. Naja, ganz zufällig war es nicht, denn Alexandrus Vater ist Dolmetscher und technischer Übersetzer für Deutsch und Englisch und hat sich nach der Wende in vielen anderen Professionen erfolgreich versucht. Mir kam zugute, dass er u.a. auch Hoteldirektor war und als Reiseführer gearbeitet hat. So breitete er sein profundes Wissen über die Geschichte und Stilkunde der berühmten Moldau- Klöster vor mir und vor seinem Sohn, der dann doch mitgekommen war, aus und führte mich am Ende in ein gutes Restaurant zu einem leckeren Essen, das er auch bezahlen wollte. Dann überließ er mir auf meine Bitte hin aber doch die Rechnung mit derselben Selbstverständlichkeit, wie er sie bezahlt hätte. Und so unkompliziert war es von der ersten Minute an. Insgesamt sind wir 140 km gefahren und haben 3 Klöster besucht. Ich fand nebenbei die Karpatenlandschaft (Bild eins) wieder, an die ich gedacht hatte, als ich Suceava zu meinem neuen Einsatzort erwählte.

Als erstes fuhren wir über Radauti zum Kloster Sucevita. (Bild zwei) Als jüngstes Kloster ist es das größte von allen. Früher hatte ich nicht so sehr darauf geachtet, wie sich hier byzantinische Kuppelarchitektur, frühgotisch gehaltene Eingangshallen (Bild drei) und hochgotische Fenstergestaltung mischen und letztlich mit Renaissance- Fassaden (Klostergebäude- Bild fünf) ein stimmiges Ganzes bilden. Die Freskenmaler haben in Italien gelernt und eine Schule gebildet, die zwar dieselben Motive in jedem Kloster variiert, für jedes Kloster aber eine andere Grundfarbe vorhielt. Fantastisch die Farben, die bis auf die Wetterseiten bis heute gehalten haben!


Mit Erstaunen nahm ich zur Kenntnis, dass hier im Wortsinne die Philosophen- Könige dem lieben Gott bei seiner Arbeit "zur Seite" stehen. In einer Seitenleiste, die neben den Szenen vom jüngsten Gericht platziert ist, sind Aristoteles, Platon u.a. zu sehen. Platon hat immer einen Sarg über dem Kopf (Bild vier), angeblich, weil er so oft an den Tod gedacht hätte. Interessant auch, dass Sophokles hier zu den Philosophen gerechnet wird. Ja, warum auch nicht?

Obwohl in der Höhe eine fast durchgehende Schneedecke lag, wärmte die Sonne so sehr, dass wir meist ohne Jacken zur Besichtigung ausstiegen. Das Wetter war ganz klar und die Sonne brannte regelrecht hernieder. Jedenfalls kam es mir nach den kalten Tagen der letzten Woche so vor. Von Sucevita ging es weiter nach Varta  Moldovitei. Je älter die Klöster sind, umso kleiner wurden sie. Aber dekorativ bemalt sind alle, wobei die weit überstehenden Dächer die Malereien schützen sollten. Das Bildprogramm diente der Instruktion der draußen Stehenden, denn da die Kirchen innen sehr klein sind, passten nie alle hinein. Wahrscheinlich war die Elite innen unter sich und sollte auch unter sich sein, während die weniger bedeutenden Christen draußen bleiben mussten. Die Ost- Kirche ist eben streng hierarchisch und das drückt sie auch architektonisch aus. Das schönste der drei Klöster, die wir besichtigten, ist zweifellos Voronet. Hier leuchten die Farben ganz besonders, das berühmte Blau ist wirklich schön und auch die Heiligenscheine schimmern in echter Goldfarbe. Ringsumher immer noch traditionelle Holzhäuser im Bukowina- Stil (letztes Bild), obwohl die Dörfer sonst nicht mehr ganz so zurückgeblieben aussehen wie noch 2008, als ich sie das letzte Mal sah. Dann gab es eine deftige Wurstplatte mit Produkten der Region als Vorspeise und drei (!) große Steaks mit Bratkartoffeln als "Mixed- Grill"- Platte. Leider nicht zu schaffen, obwohl wirklich sehr gut. Das Ganze inkl. Getränke für nicht mal 40 Euro für drei Personen. So lässt sich leben. Vielen Dank an die Tanases für den schönen Tag!





Samstag, 19. November 2016

Von der Suceava über Botosani nach Gura Humora

Eigentlich wollte ich nur Wege finden, die man joggen oder mit dem Rad befahren kann, aber dann trug es mich doch noch ein bisschen in der Gegend rum. Den schönen Blick auf das kaum "Altstadt" zu nennende Zentrum von Suceava, das durch die Burgruine im Vordergrund (Bild eins) etwas Ehrwürdiges bekommt, hatte ich beim Joggen ausfindig gemacht. Da "oben" laufe ich also rum.

Gestern fand ich in der nahe gelegenen Siedlung, die ich schon zwei Mal auf unterschiedlichen Straßen durchquert hatte, die Straße abwärts zum Fluss "Suceava". Ich lief ein bisschen auf das Wärmekraftwerk zu, das man im Hintergrund sieht (Bild zwei), aber man kommt dann doch nicht weit, weil ein wassertechnisches Bauwerk den Durchgang versperrt. Daher nahm ich mir vor, heute die andere Seite zu erkunden. Auf dem Spaziergang heute entstanden die Bilder. Es sieht weit und einsam aus, gibt aber kaum mehr her als 15min langsames Jogging. (Bild drei)

Trotzdem war es dort schön. Ein Schäfer trieb seine Herde zum Fluss und auf der Gegenseite sammelten sich Wildvögel zum Abflug gen Süden. (Bild vier) Ein bisschen Hoffnung auf mehr Auslauf machte mir die Hängebrücke (Bild fünf), die ich heute nur begutachtete. Sie scheint fest und wenn es auf der anderen Seite noch Wege gibt... Demnächst werde ich das mit Jogging- Schuhen an den Füßen überprüfen. Angler waren jedenfalls genug am Ufer.

Ich fuhr dann mit dem Auto über den Fluss zur anderen Seite der Stadt, um den Bahnhof und den Flugplatz ausfindig zu machen. Ich fand beide, war dann aber schon so weit draußen auf der Straße nach Botosani, dass ich sie einfach weiter fuhr. Irgendwann sollte ich alle Städte in der Umgegend kennen, auch wenn die nicht als "sehenswert" gekennzeichnet sind. Botosani jedenfalls erwies sich als absolut nicht sehenswert. Der Platz mit dem Weltkriegsdenkmal (WK I) ist das einzige Altstadtareal (Bild sechs) und daneben gibt es noch vereinzelte Gebäude historischen Zuschnitts. (Bild sieben) Die Stadt scheint ansonsten kaum kleiner als Suceava, hat aber wirklich gar keinen Charme. Zu allem Überfluss fand ich außer ein paar Stampen, aus denen Lärm wie kurz vor einer Schlägerei drang, auch keine Restaurants und musste hungrig weiter fahren. Wahrscheinlich sind welche in den Shopping- Zentren, die es zu Hauf gibt, aber darauf hatte ich keine Lust.

Eine Weile überlegte ich, in Suceava etwas zu essen, aber dann entschloss ich mich doch weiter zu fahren. Ich wollte nach Gura Humora, einem bekannten Ferienort, wo auch ein Radmarathon stattfindet und Skigebiete sein sollen. Da gibt es sicher was zu essen. Fromme Hoffnung. Pensionen gibt es wirklich viele, aber sonst nur Pizzerias. Es ist auch nix los dort. (Bild unten)

Daher fuhr ich weiter in Richtung des historischen Höhepunkts im Ort, einem der Moldau- Köster mit UNESCO- Welterbestatus. Auf der Straße dorthin gab es einige Ski- Ausleihstationen, aber was macht man dann mit den Dingern? Lifts oder Ähnliches sah ich nicht. Einstiege in die Berge auch nicht. Das erinnert an die Ukraine, wo man auch die Schleichwege kennen muss. Aber hier sah ich nicht mal Fortswege. Aber es reizte mich die Gegend zu erkunden und notfalls nach Radauti weiterzufahren, wo man essen kann, wie ich von früher her weiß.

Die gut ausgebaute Nebenstraße führte durch ein schönes Tal, das dann auch noch nach irgendetwas wie "Polana" hieß und also an die ukrainischen Bezeichnungen erinnerte. Am Rand standen mehrere Schilder, auf denen stand, das in dieser "Region" Europa- Gelder wüten, was die gute Straße erklärt. Dann tauchten Kirchen auf, deren Bauart so anders als die hier übliche ist, dass ich stutzte und messerscharf schlussfolgerte, im polnischen Minderheitengebiet angekommen zu sein. Und so war es auch. Gleich an der ersten hingen Plakate, die den "swieto otec Jan Pawel II." feierten, und später sah ich auch eine polnische Fahre an einer Laterne hängen. Kurze Zeit später war die Reise aber zu Ende. Vielleicht 7 oder 10 km vor Radauti endete die Straße im Schlamm und die dort Bäume ladenden LKW machten keine Anstalten zu weichen. Die Gebärdensprache, die wir dann brauchten, klärte mich auf, dass da ohnehin kein Durchkommen wäre. Warum auch immer. So musste ich zurück und schlug gegen 17.00 Uhr hungrig, aber nicht unzufrieden mit meinem Tag, am Lidl in Suceava auf. Einkaufen, was essen und dann Austrudeln- das war mein Tag. Morgen bin ich von dem Vater eines Schülers eingeladen, mir mit ihm die Umgebung anzusehen, da denke ich, geht es zu einem der zahlreichen Klöster. Daher konnte ich heute verschmerzen, nicht am Monastir in Gura Humora Station gemacht zu haben. Aber Hunger ist halt kein guter Reiseleiter! ;-)







Dienstag, 8. November 2016

Beobachtungen

Nein, perfekt ist das Land nicht. Das Laminat in meiner neuen Zwei- Raum- Wohnung (Bild oben zeigt meine "Wohnküche") sieht wirklich besser aus, als es ist und der Kabelsalat vor meiner Tür macht einer ukrainischen Altbauwohnung alle Ehre und wäre in einem Neubau eher nicht zu erwarten. Aber es funktioniert und seit Montag habe ich superschnelles Internet (300 mbs für 7 Euro/ Monat). Freude. Dafür stürze ich regelmäßig auf der zweiten Treppe im Flur! Sie ist sowieso unmöglich gebaut. Die Stufen sind höher als tief, also rentnerunfreundlich ohne Ende und NICHT GLEICHMÄSSIG HOCH! Eine Stufe muss mindestens 2 cm höher als der Rest sein, was reicht, mich regelmäßig zum Stolpern zu bringen. Am Treppenabsatz haben sie dafür einen ca. 3,5 cm hohen "Kleinabsatz" draufgesetzt.

Auf der Bank dauerte es einen Tag bis man herausgefunden hatte, dass die europäische Sozialversicherungsnummer, ohne die man hier kein Konto eröffnen kann (tja, liebe Millionäre, die ihr nie versicherungspflichtig wart: hier gibt es für euch kein Konto!), ohne die mittlere Ziffer eingegeben werden muss. Dafür dauerte die Karte nur drei Tage. Nur lässt sich nun das Online- Banking- Konto nicht öffnen. Man muss noch mal in Bukarest anrufen. Egal, ich bin sicher, morgen läuft auch das. Immerhin war ich noch in keinem meiner Einsatzländer so schnell mit den Formalia fertig. Am 28. 10. sah ich meine Kolleginnen zum ersten Mal und nun, anderthalb Wochen später, habe ich eine Wohnung, die polizeiliche Meldung, ein Bankkonto, einen Arbeitsvertrag und Internet. Kurz, alles ist fertig! An der Schule läuft ebenfalls alles und mir kommt es nach so kurzer Zeit schon vor, als wäre ich ewig hier und hätte nie woanders gearbeitet. Das mag auch darauf zurück zu führen sein, dass sich alle Kolleginnen um mich bemüht haben, an der Schule eine ganz nette Atmosphäre herrscht und die Schülerinnen es mir leicht machen. Noch? Nein, ich glaube nicht. Kurz: Die Aufnahme hätte in kaum einem anderen Land besser klappen und herzlicher sein können. Ich hatte mich auf das Neue gefreut und war sicher, dass alles gut geht, bin aber trotzdem positiv überrascht. Dank an alle, die mir hier geholfen haben.

Seitdem ich Internet habe, gefällt mir meine Wohnung doppelt so gut. Nun brauche ich noch ein paar Bilder an den kahlen Wänden, einen Teppich und meinen Küchenläufer auf den Fußboden und den Deckenstrahler nebst Schreibtischlampe für besseres Licht - dann ist alles perfekt und wahrscheinlich sogar gemütlich. Gäste können auch kommen. Die Couch (Bild oben) kann man ausziehen und ein breites Doppelbett ist vorhanden. (Zweites Bild) Meine Aktenordner und Bücher finden in dem Regal auf dem dritten Bild Platz, der Schreibtisch steht mittlerweile im "Wohnzimmer", weil es dort warm ist und ich das Schlafzimmer lieber kühl hätte. Vielleicht kaufe ich mir demnächst einen größeren und höheren, weil ich doch zu alt bin, um mir auch noch das Rückgrat verkrümmen zu lassen. (Die Behandlung der politischen Verkrümmungen dauern noch, da muss nichts Körperliches dazu kommen!)

Naja, die Aussicht könnte netter sein (Bild vier und fünf), ist aber nicht so wichtiger. Schlimmer ist, dass ich wirklich keinen "Auslauf" habe. Das Zentrum ist klein und nicht mal wirklich zum Flanieren geeignet und sonst gibt es keine Wald- oder Feldwege, nicht einmal unbefahrene Nebenstraßen. Unter sportlichem Aspekt ist das ein ganz negativer Schlag ins Kontor. Aber ich werde außerhalb suchen. Die Berge sind am Horizont zu sehen. Wenigstens an den Wochenenden muss es was werden. Wahrscheinlich kaufe ich mir hier ein kleines Mountenbike und dann sehen wir weiter.