Sniatyn ist eine Provinzstadt an der Grenze Galiziens zur Bukovina. Ehemals Sitz einer k.u.k. Kreishauptmannschaft und dann bis 1939 polnisch, erlangte es kurze Berühmtheit als Ort des Übertritts der polnischen Vorkriegsregierung ins rumänische Exil. um 1900 lebten etwas mehr als 10 000 Menschen dort und so viele mögen es heute auch sein. Allerdings waren früher mehr als ein Drittel der Einwohner jüdisch, was heute kaum noch so sein dürfte, am historischen Friedhof finden sich jedenfalls - anders als in Chernivtsi/ Czernowitz oder Ivano- Frankivsk/ Stanislawow keine jüdischen Grabstätten jüngeren Datums. Da haben die Herrn Volkmann alias der Hamburger Journalist Paul Grubbe (vgl. http://www.zeit.de/1995/44/Arbeitsgemeinschaft_Holocaust) ganze Arbeit geleistet. Es ist immer wieder erschreckend, wie solche Leute ruhigen Gewissens (?) alt werden können. Von den Linken sagt man immerhin, sie stürben früh, weil ihnen das Elend der Welt (an dem sie meist nicht eben schuldig sind) so zusetzt. Nun, sei's drum...
Ich kam am Sonnabend, dem 12. 03., wieder mal durch Sniatyn und beschloss des schönen Wetters wegen, endlich mal anzuhalten und den direkt an der Straße gelegenen historischen Friedhof in Augenschein zu nehmen. Im Sommer hatten dort deutsche Freiwillige gearbeitet und eine Ausstellung organisiert, die die heutigen Bürger mit der Geschichte ihrer Stadt anhand des Friedhofs bekannt machen sollte. Ob das funktioniert hat, weiß ich nicht. Die Frage ist, ob der noch nicht abgetragene Erdhaufen vor den Resten zusammengeschobener polnischer Gräber die Einstellung eines (durch die Freiwilligenarbeit?) verhinderten Aktes von Geschichts"glättung" mittel Bulldozer ist, oder ob die Arbeiten begonnen haben, eben weil jemand daran erinnert hat, dass hier einst Polen, Juden, Ukrainer und Deutsche (Kolonie Augustdorf) ziemlich friedlich zusammen gelebt haben. Ich fürchte, es trifft Letzteres zu, weiß es aber nicht...
Die jüdischen Grablegen sind jedenfalls verschont und wahrscheinlich im Sommer wenigstens teilweise unter dem Gehölz frei gelegt worden. Die Steine sind erstaunlich gut erhalten. Auf einigen sind deutlich Reste der alten Farbigkeit zu erkennen. Etwas weiter hinten, dort, wo ein paar geschlossene Gräberreihen sich in einzelne erhaltene Steine auflösen, die unter dem Holz hervor gucken, neigen sich die Grabsteine, als wollten sie sich vor den Toten verneigen. Eine Tafel möglicher Erinnerung an die Deportierten und Erschlagenen habe ich nicht finden können. Dabei sind hier der jüdische, polnische und ukrainische Teil des Friedhofs kaum voneinander getrennt. Eine Betonmauer markierte früher wohl die Grenze. Vielleicht habe ich wegen der schmutzigen Pfade nicht gründlich genug suchen können, aber wenn der Eingang nicht auf der Rückseite liegt, dann mussten die Juden durch die polnischen Grablegen zu ihrem Friedhof. Hm, möge es so gewesen sein...
Dem Haupteingang gegenüber an der hinteren Stirnseite des Friedhofs ist der sowjetische Ehrenfreidhof. Er ist gepflegt und frisch hergerichtet. Das Kreuz zeugt von der Umwertung der Symbolik wie von der bleibenden Achtung gegen die Toten. Irgendwie schön, dass man von dort aus sowohl auf die frischen Gräber jüngst Verstorbener wie auf jüdische und polnische Gräber blicken kann. Deutsche Namen sah ich nicht. Mag sein, dass ihre Kolonie einen eigenen Friedhof hatte.
Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...
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