Man kommt rum, wenn man auf den Spuren der Deutschen dieser Region unterwegs ist und Schulen sucht, die an die alten Traditionen anknüpfen oder - besser - sie für heute nutzbar machen wollen. In Bistriţa gibt es noch einen Verein der Deutschen und ich hörte sogar auf der Straße Leute auf Deutsch reden. Das war sicher Zufall, denn zahlreich dürfte die Gemeinde nicht mehr sein. Dabei ist die Stadt eine der Ursprungssiedlungen des Syremburger- Landes Siebenbürgen. An diese Zeit erinnern noch die Reste der Stadtmauer (Bild oben) und ein Turm, der vielleicht zur Zitadelle gehörte, auf die Hinweisschilder mehrfach verwiesen, ohne dass ich dann den Ort eindeutig bezeichnet fand. Dabei gibt es in den diversen Durchgängen zu den parallel geführten Straßen schöne bronzene Stadtgrundrisse, in die eingezeichnet ist, was da früher mal stand. Auch sind die Straßennamen der Altstadt zweisprachig.
Erstaunlich die Großzügigkeit der Stadtanlage, die vielleicht auf die Zeit der Renaissance zurück geht. Jedenfalls vermittelt die Hauptstraße (Bild zwei) nicht den Eindruck gedrängter, ehemals womöglich gotischer Bebauung. Vielleicht hat man hier nach einem Stadtbrand o.ä. die Grundrisse neu gezogen. Das müsste man mal erkunden. Aber ein Stadtmuseum habe ich nicht gefunden, dabei interessiert mich immer, wie man heute die Geschichte der Minderheiten präsentiert.
Gefunden habe ich aber das laut Baedeker bedeutendste Baudenkmal bürgerlicher Wohnkultur. (Bild drei) Leider steht das schöne Renaissance- Haus zum Verkauf und die angepriesene Gaststätte war geschlossen. Überhaupt gab es in dem gesamten doch recht ausgedehnten Altstadtareal zwar ein paar nette Cafés, aber nur zwei Restaurants. Das eine stieß mich seiner Küchengerüche wegen ab, es war ohnehin ein bisschen zu touristisch eingerichtet, das zweite ("Taverne") bot jedoch ausgezeichnete Küche und ein nettes Ambiente. Sonst sah ich noch einen Musik- Pub und ein paar Pizzerien. Das war's. Kein Ausweis von Reichtum also. Die heutigen Bewohner haben wohl nichts übrig, um es in eine Kneipe zu tragen. Schade drum.
Schön, aber nicht wirklich beeindruckend, die Stadtpfarrkirche. Der Turm soll mit 76 Metern der höchste Rumäniens sein. (Bild vier) Mir kam er etwas murkelig vor. Der Marienkirchturm in Wismar ist doch eine andere Nummer. ;-) Sonst ist der Marktplatz schön. Stellenweise erinnert er an Levoca/ Leutschau in der Slowakei. (Bild fünf) Es sind vor allem die Renaissance- Arkaden, die diesen Eindruck hervorrufen.
Etwas abseits vom ansonsten völlig leeren Marktplatz viele weitere schöne Gassen und Straßen. Aber auch hier kein Geschäft, kein Laden, kein Café. (Bild sieben) Verbunden sind die Straßen durch kleine Gassen (Bild sechs), die auf die mittelalterlichen Bau- Strukturen hinweisen. Ab und an fand ich wie in Lübeck schmale Durchgänge zu den Kemmhäusern im Hof. Da steckt viel Potential für eine schöne und sehenswerte Kleinstadt mit touristischen Höhepunkten drin- leider ungenutzt.
Während die Fassaden immerhin noch den Anschein einer Sanierung oder Pflege aufrecht erhalten, sieht es dahinter finster aus. Die junge Frau in dem Innenhof war nicht begeistert, dass ich dort fotografierte, aber es gehört nun mal zum Bild einer Stadt, die ihre beste Zeit hinter sich (oder irgendwann doch wieder vor sich?) hat. Immerhin ist es doch ein Hof mit sichtbaren Bauelementen einer wohlhabenderen Epoche! Aber heute wandern die Bewohner ab und suchen Arbeit in Sibiu oder Cluj, wo die Wirtschaft boomt und die Gehälter höher sind. Man sieht wieder einmal, wie wenig Kapitalismus zu einer proportionalen Entwicklung von Regionen fähig ist. Alles konzentriert sich dort, wo schon die anderen, wo also Geld und Geschäftsbeziehungen zu Hause sind. Darunter leiden die kleinen Städte und das Land, die beide entvölkert werden und zu Altenheimen ohne Pflegeeinrichtungen verkommen...
Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...
Samstag, 18. März 2017
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