Am Freitag Nachmittag war Exkursion in die Gegend angesagt. Essen sollte es unterwegs geben. Da waren wir gespannt. Nach ca. 30 min Schaukelfahrt mit dem Bus landete unsere Gruppe "jwd", wie der Berliner sagen würde. Nicht wirklich Bergland, aber mehr als Hügelland, nicht bewaldet, aber auch nicht kahl- so stellt sich die Gegend dar. Hätte Goethe sie "lieblich" genannt? Vielleicht...
Alma Vii ist jedenfalls eine als "Almen" von den siebenbürger Sachsen gegründete Siedlung mit ca. 700 Seelen und soll auch früher nicht mehr Einwohner beherbergt haben. Wie solch ein Dorf die ökonomische Kraft aufbringen konnte, eine derartige Wehranlage zu erschaffen und zu unterhalten, das ist schon interessant. (Bild oben) Die hiesige Wehrkirche aus dem 14. Jahrhundert, sie hat am Kirchturm Pechnasen, Wehrgänge und einen einzigen, vom Kirchenraum aus begehbaren und hoch gelegenen Zugang, ist als Protestantische Kirche mit Kanzel, Orgel und umlaufender Galerie ausgestaltet. Umgeben ist der trutzige Bau von einer mehrere Meter hohen und stabilen Mauer mit Wehrgängen (Bild zwei), die von einem Uhr- und einem Torturm geschützt wird. Auch der Kornspeicher ist als Wehrturm ausgelegt. (Bild drei)
Die letzte Sächsin des Dorfes ist vor 10 Jahren gestorben, die anderen haben schon vor 20 oder 30 Jahren Rumänien in Richtung Deutschland verlassen. Auf der Burg war seitdem niemand mehr, nur ein paar Kirchenräuber versuchten, die Orgelpfeifen auszubauen und als Schrott zu Geld zu machen. Für die orthodoxe Mehrheitsbevölkerung heute ist die "Sachsenkirche" des Teufels und sie mieden sie. Dann aber kam eine vor allem von Norwegern betriebene Stiftung und mühte sich um den Wiederaufbau der Burg. Das Konzept sieht vor, nur regionale Möglichkeiten zu nutzen oder zu schaffen und nachhaltig zu fördern. So wurden eine Ziegelei und eine Handwerkergenossenschaft gegründet, deren Mitglieder ihre Ausbildung bei der Rekonstruktion der Burg erhielten. Heute sollen sie schwarze Zahlen schreiben und ohne den Burgbau existieren. Der zu diesem Zweck gegründete Frauenverein betreut auf der Burg und rings um sie herum mehrere Fremdenzimmer und sorgt bei Bedarf für das Essen. So kamen wir zu einem stimmungsvollen und wirklich schmackhaften Mittag in den historischen Räumen! (Das Personal übrigens bestand nur aus freundlichen und wieselflink fleißigen Zigeunerinnen!) Warum machen Norweger, Belgier und Niederländer so etwas, während "wir" Deutschen höchstens einen "Lidl" oder ein "Kaufland" in die Gegend gestellt hätten, damit die Rumänen auch dort unsere Produkte kaufen? Man sieht, es geht anders, wenn man will. Wir aber wollen nicht....
Nach dem Essen und der Kirchenburgführung konnten sich Interessierte im Korbflechten üben und die anderen (auch ich) wanderten zu den Köhlern. Was für eine elende Arbeit! Und gefährlich ist sie auch, weil immer wieder Arbeiter bei den notwendigen Abdeckarbeiten (siehe Bild 4) auf dem viele hundert Grad heißen Meiler ins Innere durchbrechen, womit jede Hilfe zu spät kommt. Der "Patron" stellt das Holz und berechnet genau, wie viel Holzkohle daraus werden muss. Schaffen die Köhler die Vorgabe nicht, bleibt der Lohn aus; schaffen sie alles wie vereinbart, reicht er zum Leben in einem Wohnwagen. (Bild 5) "Unsere" Köhlerfamilie bestand aus einem Mann und einer Frau, die alle 4- 5 Jahre den Platz verlassen und weiter ziehen, weil dann alles geeignete Kleinholz zu Holzkohle geworden ist.
Auf dem Rückweg ergab sich ein toller Blick auf die Burg von Almen (letztes Bild) und man konnte sich gut vorstellen, wie die Tartaren sie vor vielen hundert Jahren wahrgenommen haben. Erobert worden ist sie nie und die Skelette aus dem Inneren stammen wohl von einem Friedhof. Ob die Toten freilich besondere Würdenträger des Dorfes oder bei Kampfhandlungen Getötete waren, das wüssten die Archäologen nicht. So jedenfalls erklärte es uns die sehr sympathische und äußerst kompetente Führerin, eine Sächsin aus einem der Nachbardörfer, die nun die Frauen betreut, die für die Wohnungsvermietung und die Küche zuständig sind. Ob es Probleme gäbe? Natürlich. Aber man könne alles lösen, wenn man nur will, so die Antwort. Und in der Tat waren die meisten Häuser im Dorf frisch angestrichen und viele schon gut saniert. Müll wie in den slowakischen Zigeunersiedlungen? Hier gab es nicht einmal ein weggeworfenes Papiertaschentuch auf der Straße! Die Menschen haben das Dorf in Besitz genommen und füllen es nun mit eigenem Leben. Sie haben eine Perspektive und sind dankbar. Es geht also! Man muss nur wollen und machen!
Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...
Donnerstag, 14. September 2017
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