Nun haben sie es also geschafft und sie freuten sich auch. Die 11. Klassen der MS 5 in Ivano- Frankivsk gehen nach 10 Schuljahren "ins Leben". Bevor sie ihre neue "Freiheit" mit Alkohol begießen und betanzen konnten, mussten sie allerdings noch Ehrungen (Goldene Medaillen, Sprach- Diplome, Zeugnisse) über sich ergehen lassen und selbst Ehrungen (Direktor, Klassenleiter, erste Klassenlehrerin, der Deutsch- Trottel usw,) aussprechen. Das haben sie alles gut bewältigt, wenn die Veranstaltung auch 3,5 h und mithin eine Stunde länger als geplant gedauert hat...
Auf jeden Fall war es die erwartete Gala der großen Roben. Meine persönliche Favoritin: Khrystyna (Bild oben) mit ihrem glatten und einfach lang fallenden Kleid. Natürlich meint das gar nicht, dass etwa die sympathische Ulyana deswegen etwa nicht hübsch anzusehen gewesen wäre. Das Bild in der Mitte strafte jeden, der das behauptete, Lügen. Aber es ist für mich dennoch schwer, den Ballkleidern aus einer (in meinen Augen) vergangenen Epoche etwas abzugewinnen. Ich mag das Mädel in Jeans! Wie in jedem Jahr haben dann eine ganze Reihe der jungen Damen die grande toilette bereits wenige Minuten nach der Zeremonie abgeworfen. Wollten sie zeigen, dass die Eltern auch noch für etwas bequemere Festgarderobe sorgen können? Oder kamen sie sich verkleidet vor und identifizierten sich nicht wirklich mit der ihnen zugedachten Rolle? Wer weiß...
Ich konnte sie nicht fragen weil ich doch recht frühzeitig ging. Der Tamada (Animateur) forderte die Trinksprüche im Minutentakt ein und obwohl ich mein Glas (entgegen der Sitte) nicht leerte, ahnte ich ein Desaster voraus, dem ich entgehen wollte. Ohnehin schienen mir Lehrer bei dieser Veranstaltung entbehrlich. Wozu Sentimentalität? Wenn jemand wirklich meint, dass z.B. ich auf seinem Lebensweg wichtig war und wenn er mich vermisst, wird er sich melden. Tut er das nicht, ist das nicht weiter schlimm, weil so der Lauf der Dinge ist. Was bleibt, erweist die Zeit, nicht das Ritual. Leeres Ritual? Keineswegs! Nur keines für mich eben, eher eins für alle diejenigen, die daran aus welchen Gründen auch immer wirklich Teil haben.
Da fühlt man sich schon mal ein bisschen fremd inmitten all der Freundlich- und Höflichkeit. Und natürlich gab es auch wieder Programmeinlagen, mit denen ich Schwierigkeiten hatte. Tänzerisch und choreografisch waren die Weißkittel Klasse. Bloß fand ich, der ich schönen Mädchenbeinen gewiss nicht kritisch gegenüber stehe, die öffentliche Präsentation von Unterwäsche doch nicht ganz so toll. Werde ich langsam alt? Möglich wär's ja...
Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...
Montag, 31. Mai 2010
Samstag, 29. Mai 2010
Jugend debattiert international
Am Sonntag bin ich mit Anja und Bohdana aus meiner Schule in Ivano- Frankivsk nach Kiew gefahren, wo das Landesfinale "Jugend debattiert international" stattfand. Beide hatten fleißig Argumente für die Fragen "Sollen in der Ukraine behinderte und nicht- behinderte Schüler gemeinsam unterrichtet werden?" sowie "Sollte nur die schulische Leistung für die Aufnahme an der Universität entscheidend sein?" gesammelt, geistig sortiert und formulieren gelernt. Ein bisschen kurz kam die Vorbereitung auf die Finalfrage "Sollten in der Ukraine Denkmäler aus der sozialistischen Zeit den Status schützenswerter Objekte erhalten?". So richtig glaubten wir alle nicht daran, dass jemand "von uns" im Finale stehen würde. Aber die Mädels hatten Spaß an der Vorbereitung und so habe auch ich es nicht nur als Belastung empfunden, neben all den anderen Aufgaben nun auch noch täglich 3 Stunden mit den beiden zu üben. Und es hat sich gelohnt! Gemeinsam mit ihren Kameradinnen aus Lviv, Kiew, Kharkov, Donezk, Mikolaiv etc. haben sie nach einem dreitägigen Siegertraining spannende und sprachlich wie sachlich hochkarätige Halbfinaldebatten hingelegt. Ich durfte bei meinen Kandidatinnen nicht jurieren und hatte so nur Natalia und Sofia (Bild oben) erlebt. Mit Sofia aus Lviv meinte ich die klare Favoritin für das Finale gesehen zu haben. Aber es seien die beiden aus Ivano auch nicht schlecht gewesen, berichteten die Kolleginnen. Am Ende standen mit Sofia, Natalia (beide Lviv) und Bohdana aus Ivano drei Freundinnen aus der West- Ukraine im Finale. verstärkt wurden sie durch Olessja aus Kharkiv (mit Bohdana Bild Mitte). Anja hat es auf einen beachtlichen 5. Platz unter 16 Teilnehmerinnen gebracht. Was für eine Leistung, mit 16 Jahren in einer nur an der Schule gelernten Fremdsprache öffentlich (es waren über 100 Gäste im Saal, darunter Vertreter der Deutschen Botschaft, des Goethe- Instituts, der Hertie- Stiftung sowie der Stiftung EVZ, der ZfA, des ukrainischen Bildungsministeriums usw.) zu debattieren! Gewonnen hat dann doch Bohdana (Bild unten bei der Gratulation durch meinen Chef Herrn Ax und die Leiterin des Goethe- Instituts) , die mit Natalia aus Lviv im November zum internationalen Finale nach Berlin fahren und eine Auszeichnung aus den Händen des Bundespräsidenten entgegen nehmen wird. Klasse! Die Tage waren anstrengend, aber was ist schöner, als wenn man den Erfolg seiner Arbeit so sympathisch bestätigt sieht?
UPA
Der Kampf um die Deutungshoheit von Geschichte ist voll entbrannt. Mag sein, dass es in Kiew niemanden anhebt, aber hier rüsten die Nationalisten zur Verteidigung eben noch erfolgreich besetzter Positionen. Es gilt, das Andenken Banderas und das der UPA (Ukrainische Aufstandsarmee) hoch zu halten. Einseitigkeiten werden dabei nicht nur billigend in Kauf genommen, sondern noch forciert. Wen stört es schon, dass - woran erst jüngst Alfred Schreyer aus Drohobych in einem Interview für die FAZ erinnert hat - zehntausende Juden unmittelbar nach dem Einmarsch der Hitler- Truppen erschlagen und deportiert werden konnten, weil sie in einer unabhängigen Ukraine so wenig einen Platz haben sollten wie in einem deutsch besetzten Osten? Vor der hiesigen Synagoge wird nicht etwa an die zehntausenden Mitbürger jüdischen Glaubens, sondern an 13 oder 14 erschossene Kämpfer für die Unabhängigkeit der Ukraine erinnert. Von wem erschossen? Von den angeblich verbündeten Deutschen, die ihre Kampfgenossen nur ausgenutzt und nur solange akzeptiert hatten, wie sie ihnen die "nützlichen Idioten" waren...
Wasserschäden
Zugegeben, es sieht nicht so schlimm aus. Am Anfang tropfte es auch nur ganz leise und ich wusste nicht, woher das Geräusch kommt. Aus der Heizung? Ich schlief ein und bemerkte nichts. Anderntags, die Periode des großen Regens hatte gerade begonnen, fiel mir dann doch etwas auf: Irgendwie sah die Gipskartondecke aus wie der Bauch einer schwangeren Kuh! Au weia! Und richtig- angestochen spie das Euter mehrere Schüsseln Regenwasser aus und seitdem tropfte es und tropfte es und tropfte es. Ich stellte Schüsseln drunter und mir einen Wecker: Jede Stunde in der Nacht Schüssel leeren. Aber wie schlafen zwischendurch? Ich zog ins Nebenzimmer, aber die Gipskartondecke ist durchgehend und verstärkt das Geräusch wie ein Trommelfell. Ich fühlte mich wie der "Schachspieler" in Stefan Zweigs gleichnamiger Novelle: Dem Wahnsinn nahe! Am ersten Tag war der Vermieter nicht erreichbar, am zweiten versprach er, am Tag darauf zu kommen. Er kam und brachte einen Schulfreund mit, der Chef der zuständigen Wohnungsverwaltung ist. Ein Glück, denn in Kiew betragen die "normalen" Reparaturfristen "frühestens in drei Jahren". So versprach man, mich am vierten Tag zu erlösen. Ich war in Drohobych - ziemlich kaputt - und schien erlöst, als ich wieder zu Hause war. Draußen goss es in Strömen und bei mir war Ruhe. Die Nacht zum Sonnabend war ok. Kaum aus Drohobych zurück, hörte ich ein verdächtiges "tick, tick, tick"... Da war es wieder! Ukrainische Wertarbeit? Vermieter anrufen, nicht schlafen, nach Kiew fahren- das war der Ablauf der Dinge. Seither aber ist Ruhe. Möge es so bleiben!
Samstag, 22. Mai 2010
Dovbush- Felsen
Dovbusch ist ein legendärer Karpaten- Räuber, so eine Art Stülpner- Karl mit den Attributen des "Freischütz" von Weber- auch den Ukrainer konnte man nur mit magischen Kugeln zur Strecke bringen! Der das schaffte, hatte allerdings ziemlich weltliche Gründe. Eifersucht! Der freie Kerl gefiel seiner Frau, einer schönen Polin, besser als er. Und so nahm denn das Unheil seinen Lauf...
Bis dahin aber soll er sich wacker gehalten und den Österreichern manch siegreiches Scharmützel geliefert haben. Angesichts der dem Elbsandsteingebirge ähnlichen Felsformation, an der man sichtbare Spuren vergangener Wehrmauern und Wohnhöhlen findet, ist das nicht unwahrscheinlich. Mit Kanonen kam man wohl nicht durch den Wald und ein paar Leuten zu Fuß mögen die wilden Kerle in ihrer "Burg" schon standgehalten haben.
Aber das alles wusste ich lange Zeit nicht, obwohl ich zwei Mal die Woche durch Bolechiv fahre, wo der Wegweiser nicht zu übersehen ist. Dann hörte ich die Geschichte und nahm mir vor, selbst diesen Unterschlupf in Augenschein zu nehmen. Dieses Mal hat es geklappt. Mitten in einem Regenloch war Zeit genug, die 10 km zu fahren und die letzten zwei vielleicht zu Fuß zu gehen.
Was ich dort sah, hat mich doch erstaunt. Mitten in der Karpaten- Landschaft uralte Gesteinsformationen, die dort nicht hin zu gehören scheinen. Genutzt werden sie heute vor allem als Kletterfelsen- so war es nicht verwunderlich, dass mir Taras auf dem Fahrrad entgegen kam. Taras und Anja klettern oft hier! Und haben nie was gesagt! Sie fahren in aller Frühe mit der Bahn bis Bolechiv und dann mit dem Fahrrad zu den Felsen. Wenn die Touristen kommen, sind sie fertig und fahren wieder ab. Geeignet ist das Gelände, denn ähnlich dem Elbsandsteingebirge gibt es zerklüftete, aber kerzengerade aufsteigende Wände, in die diverse Ösen zur Befestigung der Sicherungsleinen eingelassen sind. Es sind Höhen für alle Schwierigkeitsstufen vorhanden. Nicht alle haben es immer geschafft, wovon die vielen Kreuze und Tafeln an den Wänden zeugen.
Sowieso is den een sin uhl, wat den annern sin nachtigal, meint, nicht alle sind zufrieden mit dem Kletterparadies. Immerhin soll das alles ein Naturdenkmal im Naturschutzgebiet Karpaten sein. zu Sowjetzeiten war der Zugang limitiert und man musste ein billet kaufen. Jetzt zelten die Leute wo sie wollen, machen Feuer und lassen ihren Dreck liegen- wie überall.
Egal. es ist schon dort. Im Sommer bei schönem Wetter fahre ich sicher noch mal hin und sowieso habe ich jetzt einen Ort mehr, den ich vorzeigen kann. wenn mich jemand besuchen kommt.
Bis dahin aber soll er sich wacker gehalten und den Österreichern manch siegreiches Scharmützel geliefert haben. Angesichts der dem Elbsandsteingebirge ähnlichen Felsformation, an der man sichtbare Spuren vergangener Wehrmauern und Wohnhöhlen findet, ist das nicht unwahrscheinlich. Mit Kanonen kam man wohl nicht durch den Wald und ein paar Leuten zu Fuß mögen die wilden Kerle in ihrer "Burg" schon standgehalten haben.
Aber das alles wusste ich lange Zeit nicht, obwohl ich zwei Mal die Woche durch Bolechiv fahre, wo der Wegweiser nicht zu übersehen ist. Dann hörte ich die Geschichte und nahm mir vor, selbst diesen Unterschlupf in Augenschein zu nehmen. Dieses Mal hat es geklappt. Mitten in einem Regenloch war Zeit genug, die 10 km zu fahren und die letzten zwei vielleicht zu Fuß zu gehen.
Was ich dort sah, hat mich doch erstaunt. Mitten in der Karpaten- Landschaft uralte Gesteinsformationen, die dort nicht hin zu gehören scheinen. Genutzt werden sie heute vor allem als Kletterfelsen- so war es nicht verwunderlich, dass mir Taras auf dem Fahrrad entgegen kam. Taras und Anja klettern oft hier! Und haben nie was gesagt! Sie fahren in aller Frühe mit der Bahn bis Bolechiv und dann mit dem Fahrrad zu den Felsen. Wenn die Touristen kommen, sind sie fertig und fahren wieder ab. Geeignet ist das Gelände, denn ähnlich dem Elbsandsteingebirge gibt es zerklüftete, aber kerzengerade aufsteigende Wände, in die diverse Ösen zur Befestigung der Sicherungsleinen eingelassen sind. Es sind Höhen für alle Schwierigkeitsstufen vorhanden. Nicht alle haben es immer geschafft, wovon die vielen Kreuze und Tafeln an den Wänden zeugen.
Sowieso is den een sin uhl, wat den annern sin nachtigal, meint, nicht alle sind zufrieden mit dem Kletterparadies. Immerhin soll das alles ein Naturdenkmal im Naturschutzgebiet Karpaten sein. zu Sowjetzeiten war der Zugang limitiert und man musste ein billet kaufen. Jetzt zelten die Leute wo sie wollen, machen Feuer und lassen ihren Dreck liegen- wie überall.
Egal. es ist schon dort. Im Sommer bei schönem Wetter fahre ich sicher noch mal hin und sowieso habe ich jetzt einen Ort mehr, den ich vorzeigen kann. wenn mich jemand besuchen kommt.
Radtour mit Juri
Ob es nun der 10. 05. war oder ein anderer Tag ist unwichtig: Es war der letzte bis 17.00 Uhr noch schöne Tag VOR DEM GROSSEN REGEN, der uns seitdem in Atem hält. Juri hatte sich die Tour zum Dnistr vorgenommen und mich eingeladen. Nun wollte er das auch durchziehen, obwohl uns die dunklen Wolken ständig beunruhigten. Wir radelten gegen 11.00 Uhr los und waren wohl um 17.00 Uhr wieder da. Trocken. Erst auf dem Weg nach Hause erwischte mich dann der erste Guss! Etwas mehr als 50 km legten wir auf abgelegenen Straßen zurück. Am Ziel angekommen präsentierte sich der Dnistr gemächlich und majestätisch in flacher Landschaft voller Kühe und Ziegen. Im Sommer sicher ein lohnendes Ziel, um an einem Fluss zu sitzen, zu grillen, sich zu sonnen.
Auch hier Abschnitte der "Straße", die nurmehr ein Kieselbett oder so etwas sind. Aber doch lohnt sich der Weg, denn die sanft geschwungene Landschaft ist schön und Juri weiß viel zu erzählen von Kunstschneepisten, die in den 90er Jahren hier die Business- Idee waren, usw. Man sieht nichts mehr davon- Gott sei Dank!
Am Ende der Fahrt öffnet sich von einem Hügel aus, der mir stadtseitig nie so richtig ins Auge gefallen war, ein atemberaubender Blick auf die hinter der Flussbiegung in der Ebene liegende Stadt. Wirklich schön! Mit dem Auto wäre es eine Tortur gewesen, aber mit dem Rad sieht die Welt anders aus. Ich werde so oft es geht die Chance nutzen, mit Juri oder mit Taras Ziele in der Umgebung zu "erradeln". Apropos: Elena war natürlich auch mit und hat sich tapfer geschlagen. Die Mlinzi danach in ihrer Küche haben auch geschmeckt! Danke!
Auch hier Abschnitte der "Straße", die nurmehr ein Kieselbett oder so etwas sind. Aber doch lohnt sich der Weg, denn die sanft geschwungene Landschaft ist schön und Juri weiß viel zu erzählen von Kunstschneepisten, die in den 90er Jahren hier die Business- Idee waren, usw. Man sieht nichts mehr davon- Gott sei Dank!
Am Ende der Fahrt öffnet sich von einem Hügel aus, der mir stadtseitig nie so richtig ins Auge gefallen war, ein atemberaubender Blick auf die hinter der Flussbiegung in der Ebene liegende Stadt. Wirklich schön! Mit dem Auto wäre es eine Tortur gewesen, aber mit dem Rad sieht die Welt anders aus. Ich werde so oft es geht die Chance nutzen, mit Juri oder mit Taras Ziele in der Umgebung zu "erradeln". Apropos: Elena war natürlich auch mit und hat sich tapfer geschlagen. Die Mlinzi danach in ihrer Küche haben auch geschmeckt! Danke!
Umgebung von Ivano- Frankivsk
Irgendwann war ich aus Deutschland wieder da und kam mit meinen "legalisierten" Dokumenten gerade noch rechtzeitig. Donnerstags sind nur zwei Stunden und für Drohobych (meine zweite Schule) war schon alles fertig. So bin ich ein wenig in die Gegend gefahren. Zuerst nach Gorodenka, wo es eine schöne und wenigstens von außen restaurierte Stadtpfarrkirche und ein barockes (allerdings sehr zerstörtes) Klosterensemble gibt. Von der Altstadt ist nicht mehr viel zu sehen, allerdings verraten die Straßenzüge doch den Zuschnitt des Städtchens. Immerhin steht die Synagoge noch. Welchem Zufall verdankt sie wohl ihr überleben? Mitten in der Stadt steht sie leer und stumm und zeugt von Abwesenheit. Kaum anders als die überall sich findenden jüdischen Friedhöfe: sich selbst und dem Verfall überlassen.
Von Gorodenka Richtung Ternopil, dem alten polnischen Tarnopol, quert man den Dnistr , der sich tief in die hügelige Landschaft eingegraben hat, auf dieser imposanten Brücke. Ich wollte dem Flusslauf bis Soloty Potik folgen, das ich mir romantisierend mit "Goldener Topf" (Pott- nicht wahr?) übersetzt hatte, das aber in Wahrheit "Goldenes Bächlein" heißt und in einer der gewaltigen Schleifen liegt, die der Dnistr hier um größere Erhebungen zieht. Dort sollte es eine Burg geben und es gab auch eine. Allerdings waren die gelb in die Karte eingetragenen "Landstraßen" zeitweise nur Feld- und Waldwege und ich war zeitweise nicht sicher, ob ich mein Ziel erreichen würde. Abseits der Straße gewahrte ich eine Kirche, die mir so deutsch vorkam, als einem eine Kirche nur deutsch vorkommen kann. Ja, hier sei ein Gut gewesen, erklärten mir die freundlichen Männer, die sich an einem urzeitlich aussehenden Schlepper zu schaffen machten, den in ein paar Tagen wieder in Gang zu setzen, sie sich in den Kopf gesetzt hatten, und dieses Gut hätte ein pensionierter österreichischer Offizier am Ende des 18. Jahrhunderts errichtet. Nur die Kirche sei noch übrig. Den Rest hätte man abgetragen, um eine Schule für Agronomen zu errichten, die nun auch längst verfallen sei. Wohl wahr.
Ich erreichte Zoloty Potik dann doch noch und fand die Ruinen einer Burg, die - der Länge ihrer Ringmauer nach - einst mächtig und ausgedehnt gewesen sein muss. Erhalten ist nur noch die Außenhaut. Das Hauptgebäude im Innern, offensichtlich später als die Mauern errichtet und vielleicht einmal palastartig, besteht nur noch aus der dachlosen Hülle. In den Torgebäuden und einem der drei noch erhaltenen Wehrtürme hatte sich wohl die Kolchosverwaltung einquartiert. Hofgebäude sind zu Garagen umgebaut worden. Der Rest - wie gesagt - verfallen. Es ist immer wieder eine Überlegung wert, warum sich trotz schulischer Bildung niemand, und sei es auch nur aus ästhetischen Gründen, der einzig sehenswerten Gebäude in diesen abgelegenen Provinznestern angenommen hat. Besitz der polnischen Feudalen, nun ja, aber doch auch Bauleistung ihrer Vorfahren! Und - als was auch immer man es ansah und ansieht - es ist doch das einzige Schmuckstück im Ort! Aber es sieht nicht so aus, als ob sich jemand Gedanken macht. Vom Wirken einer Denkmalsschutzbehörde ist ebenfalls nichts zu sehen. Schade drum.
Am Wegrand dann noch die eine oder andere alte Kirche, ein paar verfallene Kapellen, offensichtlich ehemals katholische, also den "anderen" Christen nichts Wert, die neben die Schandflecken regelmäßig ihre eigenen, gepflegten Kapellen stellen. Verstehe einer die Menschen, die wohl auch noch zwischen einem ukrainischen und einem polnischen Gott unterscheiden! Endlich erreichte ich den Fluss, über den eine holzbelegte Eisenbrücke führte, die auch schon bessere Zeiten erlebt hat. Man fragt sich wirklich, ob diese Landstriche, erreichbar nur über wackelige Brücken oder bei Regen unpassierbare Landwege, von der Zentralregierung überhaupt noch wahrgenommen werde. Auf mich machten sie einen abgeschriebenen Eindruck. Seit ich das erste Mal vielleicht 2004 in die verlassenen westukrainischen Gegenden gereist bin, in denen die Wisnowieckis und Potockis ihre Stammsitze hatte, ist wenig bis gar nichts passiert. Seit 6 Jahren also Stagnation auf unterstem Niveau, obwohl hier und da ein paar neue Häuser hinzugekommen sein mögen. Hoffnung?
Von Gorodenka Richtung Ternopil, dem alten polnischen Tarnopol, quert man den Dnistr , der sich tief in die hügelige Landschaft eingegraben hat, auf dieser imposanten Brücke. Ich wollte dem Flusslauf bis Soloty Potik folgen, das ich mir romantisierend mit "Goldener Topf" (Pott- nicht wahr?) übersetzt hatte, das aber in Wahrheit "Goldenes Bächlein" heißt und in einer der gewaltigen Schleifen liegt, die der Dnistr hier um größere Erhebungen zieht. Dort sollte es eine Burg geben und es gab auch eine. Allerdings waren die gelb in die Karte eingetragenen "Landstraßen" zeitweise nur Feld- und Waldwege und ich war zeitweise nicht sicher, ob ich mein Ziel erreichen würde. Abseits der Straße gewahrte ich eine Kirche, die mir so deutsch vorkam, als einem eine Kirche nur deutsch vorkommen kann. Ja, hier sei ein Gut gewesen, erklärten mir die freundlichen Männer, die sich an einem urzeitlich aussehenden Schlepper zu schaffen machten, den in ein paar Tagen wieder in Gang zu setzen, sie sich in den Kopf gesetzt hatten, und dieses Gut hätte ein pensionierter österreichischer Offizier am Ende des 18. Jahrhunderts errichtet. Nur die Kirche sei noch übrig. Den Rest hätte man abgetragen, um eine Schule für Agronomen zu errichten, die nun auch längst verfallen sei. Wohl wahr.
Ich erreichte Zoloty Potik dann doch noch und fand die Ruinen einer Burg, die - der Länge ihrer Ringmauer nach - einst mächtig und ausgedehnt gewesen sein muss. Erhalten ist nur noch die Außenhaut. Das Hauptgebäude im Innern, offensichtlich später als die Mauern errichtet und vielleicht einmal palastartig, besteht nur noch aus der dachlosen Hülle. In den Torgebäuden und einem der drei noch erhaltenen Wehrtürme hatte sich wohl die Kolchosverwaltung einquartiert. Hofgebäude sind zu Garagen umgebaut worden. Der Rest - wie gesagt - verfallen. Es ist immer wieder eine Überlegung wert, warum sich trotz schulischer Bildung niemand, und sei es auch nur aus ästhetischen Gründen, der einzig sehenswerten Gebäude in diesen abgelegenen Provinznestern angenommen hat. Besitz der polnischen Feudalen, nun ja, aber doch auch Bauleistung ihrer Vorfahren! Und - als was auch immer man es ansah und ansieht - es ist doch das einzige Schmuckstück im Ort! Aber es sieht nicht so aus, als ob sich jemand Gedanken macht. Vom Wirken einer Denkmalsschutzbehörde ist ebenfalls nichts zu sehen. Schade drum.
Am Wegrand dann noch die eine oder andere alte Kirche, ein paar verfallene Kapellen, offensichtlich ehemals katholische, also den "anderen" Christen nichts Wert, die neben die Schandflecken regelmäßig ihre eigenen, gepflegten Kapellen stellen. Verstehe einer die Menschen, die wohl auch noch zwischen einem ukrainischen und einem polnischen Gott unterscheiden! Endlich erreichte ich den Fluss, über den eine holzbelegte Eisenbrücke führte, die auch schon bessere Zeiten erlebt hat. Man fragt sich wirklich, ob diese Landstriche, erreichbar nur über wackelige Brücken oder bei Regen unpassierbare Landwege, von der Zentralregierung überhaupt noch wahrgenommen werde. Auf mich machten sie einen abgeschriebenen Eindruck. Seit ich das erste Mal vielleicht 2004 in die verlassenen westukrainischen Gegenden gereist bin, in denen die Wisnowieckis und Potockis ihre Stammsitze hatte, ist wenig bis gar nichts passiert. Seit 6 Jahren also Stagnation auf unterstem Niveau, obwohl hier und da ein paar neue Häuser hinzugekommen sein mögen. Hoffnung?
Freitag, 21. Mai 2010
Der 8. Mai in Rot- Schwarz
Von dem neuen Rechts- Nationalismus in der (West)Ukraine war an dieser Stelle schon des Öfteren die Rede. Hier ein erneutes Beispiel für den Kampf um die Deutungshoheit der jüngst vergangenen Sowjetgeschichte. Während im ganzen Land die Feiern zum 09. Mai vorbereitet wurden und wetterwendige - weil um ihren Job fürchtende - Politiker auch brav dem neuen Kurs folgend zur Kranzniederlegung ans sowjetische Ehrenmahl schritten, riefen Andere zur Gegendemonstration in den galizischen Farben schwarz- rot auf. (Wer nicht genau erkennen kann, wer da vor dem stolzen Wappentier in wohl bekannter Ikonografie Wache hält, der muss halt mal drauf klicken.) In den Dörfern rund um Ivano fanden denn auch demonstrative Prozessionen zu den Monumenten der Helden des nationalen Widerstandes (und der Kollaboration) statt....
Wie sagte doch der neue Bildungsminister der Ukraine? "Unsere (die in der Ostukraine verehrten- F.S.) Helden sind in ihren (der Westukrainer - F.S.) Augen Verbrecher, ihre Helden in unseren Nazi- Kollaborateure und Terroristen." Der Mann mag sogar was Richtiges beobachtet haben, bloß so wird kaum zusammenwachsen, was zusammen gehört...
Wie sagte doch der neue Bildungsminister der Ukraine? "Unsere (die in der Ostukraine verehrten- F.S.) Helden sind in ihren (der Westukrainer - F.S.) Augen Verbrecher, ihre Helden in unseren Nazi- Kollaborateure und Terroristen." Der Mann mag sogar was Richtiges beobachtet haben, bloß so wird kaum zusammenwachsen, was zusammen gehört...
Nachträge
Ende April in Berlin Anka besucht. Die wollte zur Kirschblüte in den Japanischen Garten - einem Teil der Parkanlage "Gärten der Welt". Als ich vor ein paar Tagen die Meldung fand, dass dieser Park den begehrtesten britischen Preis für besondere Parkanlagen erhalten hat, konnte ich nur zustimmend nicken. Das ist schon eine tolle Sache mitten in dem ansonsten doch recht trostlosen Häusermeer von Marzan.
"Gärten der Welt" bedeutet, dass ein Chinesischer, ein Japanischer, ein Balinesischer (im Gewächshaus!), ein Barockgarten usw. in ein Parkensemble integriert wurden. Das hat schon was. Verschiedene Sponsoren meist der genannten Länder haben dafür gesorgt, dass nicht nur billige Kopien errichtet, sondern nach originalen Vorbildern gestaltet wurde. Höhepunkte sicher der Japanische und der Chinesische Garten, aber auch die Thailänder haben mir gut gefallen. Aufwändig der Balinesische Garten, der als gestaltete Wohnanlage in einem Gewächshaus tropisches Klima erlebbar macht. Ohnehin sind die Gärten immer mit Wohnanlagen kombiniert. So auch der orientalische Garten, der als Innenbereich eines Palastkomplexes vorgestellt wird und mich an Bachschisserai auf der Krim erinnert hat.
Kirschblüte hatten wir natürlich auch ein bisschen, wenn auch das traditionelle Kirschblütenfest, das auch in Berlin gefeiert wurde, schon vorbei war. Allerdings passen so viele Bilder hier nicht her!
Witzig fand ich die wie Schattenrisse wirkenden Männer, die überdimensional auf einem Hochhausdach zu balancieren scheinen und die man von vielen Punkten des Parks aus sehen konnte. Ein gelungener Versuch, dem Wohngebiet einen Höhepunkt zu verleihen. Ein schöner Tag!
"Gärten der Welt" bedeutet, dass ein Chinesischer, ein Japanischer, ein Balinesischer (im Gewächshaus!), ein Barockgarten usw. in ein Parkensemble integriert wurden. Das hat schon was. Verschiedene Sponsoren meist der genannten Länder haben dafür gesorgt, dass nicht nur billige Kopien errichtet, sondern nach originalen Vorbildern gestaltet wurde. Höhepunkte sicher der Japanische und der Chinesische Garten, aber auch die Thailänder haben mir gut gefallen. Aufwändig der Balinesische Garten, der als gestaltete Wohnanlage in einem Gewächshaus tropisches Klima erlebbar macht. Ohnehin sind die Gärten immer mit Wohnanlagen kombiniert. So auch der orientalische Garten, der als Innenbereich eines Palastkomplexes vorgestellt wird und mich an Bachschisserai auf der Krim erinnert hat.
Kirschblüte hatten wir natürlich auch ein bisschen, wenn auch das traditionelle Kirschblütenfest, das auch in Berlin gefeiert wurde, schon vorbei war. Allerdings passen so viele Bilder hier nicht her!
Witzig fand ich die wie Schattenrisse wirkenden Männer, die überdimensional auf einem Hochhausdach zu balancieren scheinen und die man von vielen Punkten des Parks aus sehen konnte. Ein gelungener Versuch, dem Wohngebiet einen Höhepunkt zu verleihen. Ein schöner Tag!
Dienstag, 18. Mai 2010
Farbenspiele
Zwischendurch war ich in Leipzig und Berlin, weil neue Gesetzeslagen im 8. Jahr meiner Existenz in der Ukraine eine "Legalisierung" meiner Zeugnisse erforderten. Sonst keine Verlängerung meines Arbeitsvertrages. Wie soll man sich das vorstellen? Nun, man beantragt beim Uni- Archiv ein beglaubigtes Original seines Zeugnisses und geht damit zum Landesregierungspräsidium, wo man das beglaubigte Zeugnis "überbeglaubigen" lässt. Dann muss das alles zum Übersetzer, natürlich einem vereidigten, der das beglaubigt übersetzen kann. Hat man das alles zusammen, geht es ab nach Berlin, wo im Konsulat eine Express- Legalisierung drei Tage dauert. Dank meiner Akkreditierung in diesem Land ging es an einem. Kostenpunkt das Ganze: 310,- Euro Gebühren.
Der Aufwand also ist der schwarze, die - doch man muss es einmal sagen - Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Behörden die weiße Seite der Geschichte. Vielleicht ähnlich dem hier abgebildeten Neubau des Uni- Hauptgebäudes mit der Anspielung an die Pauliner- Kirche? So überflüssig wie der (tiefschwarz gefärbte) Streit um den Wiederaufbau der Kirche ist, so gelungen das historische Zitat in der neuen Hülle (weißer Lichtblick!). Mag sein, dass so eben das Leben ist...
Der Aufwand also ist der schwarze, die - doch man muss es einmal sagen - Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Behörden die weiße Seite der Geschichte. Vielleicht ähnlich dem hier abgebildeten Neubau des Uni- Hauptgebäudes mit der Anspielung an die Pauliner- Kirche? So überflüssig wie der (tiefschwarz gefärbte) Streit um den Wiederaufbau der Kirche ist, so gelungen das historische Zitat in der neuen Hülle (weißer Lichtblick!). Mag sein, dass so eben das Leben ist...
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