Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Sonntag, 27. Mai 2018

Einmal (halb)rund um Suceava

Endlich habe ich eine halbwegs brauchbare Karte der Region Suceava gefunden. Ein Blick darauf genügte und ich sah all die neuen Möglichkeiten. ;-) Dieses Mal bin ich also abgebogen und auf die "andere Seite" gefahren. (Bild eins) Also in Richtung Radauti, aber abseits der Hauptstraßen (bis auf das letzte Stück, weil ich die richtige Ausfahrt nicht fand). Insgesamt etwas über 70 km in vier Stunden. Nicht schnell also, aber ich habe ja auch relativ viele Fotopausen eingelegt. Außerdem fressen die Schotterpisten Kraft und Zeit. (Bild zwei)

Die Fotopausen haben sich gelohnt wegen der eigentümlichen Landschaft- Vorkarpatenland, aber meist ohne Bewuchs und fast immer "nur" Weideland. Außerdem kam ich durch Dörfer mit vielen traditionellen Höfen (Bild drei) und in Parauti auch an einer uralten Kirche vorbei. (Bild vier)

Die alte Pfarrkirche ist wie die in Abore bemalt- allerdings nicht außen, nur im "Paradies" am Eingang und vielleicht drinnen. Da geschlossen war, konnte ich das nicht überprüfen. Sonst spätgotische Fenster und Renaissance- Türen. Zum Glockenportal, also einer Art Arkaden- Balkon über dem Eingang, führte eine extrem schmale Wendeltreppe. So unterm Dach angebrachte Glocken hatte ich vorher noch nie gesehen. Sie schienen mir auch ziemlich groß für orthodoxe Glockenspiele. Schade, dass ich sie nicht hören konnte.

Am Ende bot es sich an Suceava aus ungewöhnlicher Perspektive zu fotografieren. Also vom Fluss aus zur Stadt hin. Zwar fahre ich dort öfter mit dem Auto lang, aber es bietet sich motorisiert keine Möglichkeit zum Fotografieren anzuhalten. Heute hat es geklappt.

In der Gegend werde ich noch öfter fahren. Es macht Spaß, unbekannte Wege zu erkunden und ab und an einem Storch zuzusehen. Ob ich aber morgen schon wieder fahre? Noch spannt es ganz schön in den Oberschenkeln und der Körper zieht immer noch merklich Wasser, obwohl ich eigentlich kaum mehr Kalorien verbrannt habe als sonst (um die 2600). Vielleicht nutze ich das schöne Sommer- Wetter auch zum Lesen. Im Innenhof vom Old Times fühle ich mich wohl, weil nicht so alleine. Da kann ich ein paar Tassen Kaffee trinken, ein oder zwei Bier und ein paar Stunden im Schatten lesen. Ja, das könnte mir für morgen gefallen. Hier ist nämlich Pfingsten! ;-)




Samstag, 26. Mai 2018

Diplomübergabe in Suceava

Am 25. 05. fand am NC Petru Rares die diesjährige Verleihung der Diplome zum DSD II statt. Der deutsche Botschafter, Herr Meier- Klodt, hatte einen Termin in Suceava und verband beide Anlässe. Groß war das Erstaunen, dass er auf Rumänisch redete. Wow! Aber nicht nur der Sprache wegen gilt ihm Anerkennung. Es war eine gute und freundliche, ganz dem Anlass angemessene freie und sympathische Rede für Kinder und Jugendliche. Aber auch die Schulleiterin und die Kolleginnen wurden nicht vergessen. Das hat Eindruck gemacht! Gut so. Das hatten wir schon ganz anders! ;-) 

Wie immer eröffnete Eliada die Veranstaltung, Medea sang sehr ausdrucksvoll ein deutsches Lied, die Schulleiterin - die sich erst drücken wollte - sprach sehr sicher und angemessen und die Presse war auch da. Dann überreichten die Kolleginnen den Schülerinnen und Schülern der 7. und 8. Klassen das Zertifikat "Auf dem Weg zum DSD". (Bild oben/ Botschafter in der Mitte) Gut, dass wir es so gemacht haben.

Leider drückte der Abi- Ball- Termin und so verschwanden viele gleich nach dem offiziellen Ende zum Friseur und ins Nail- Studio und so. Wir konnten kein Foto mit allen 33 machen. Nur ein "Rumpfparlament" war noch zusammenzukriegen. (Bild Mitte)

Immerhin nutzten Einige im Anschluss die Gelegenheit zum Erinnerungsfoto mit mir. Das macht dann stolz und stimmt zugleich ein bisschen wehmütig. Hier bin ich mit meiner diesjährigen Lieblingsabsolventin Andra zu sehen. (Bild unten) Ein Ausnahmetalent. In allen Fächern 10/ 10 und Olympiadesiegerin in so ziemlich allen Olympiaden, die sie hier machen. Allerdings hat man es nicht leicht mit Hochtalentierten. Ab und an lebt sie ganz in ihrem Kopf und versteht nicht, dass nicht alle so ticken wie sie. Dann gibt es Ärger mit den Kollegen und so richtig Eindruck hat sie bei der Stipendien- Kommission in Bukarest auch nicht gemacht..Arrogant und so. Wie sehr ICH DAS kenne! Aber es scheint nur so. In Wirklichkeit ist sie - wie ich es immer war - ganz lieb... ;-)

Besuch an der MS 14- "meiner ersten Schule"

Vor dem Finale Jdi, das erst um 14.00 Uhr begann, hatte ich also einen Vormittag lang Zeit. Da sich die Staulawine morgens in Richtung Stadt bewegt, war ich ziemlich sicher, dass ich gut nach "Kurinjuvka"/ Obolon kommen würde. Dem war auch so. Ich brauchte nur 20 min auf der vertrauten Trasse und hatte daher ein bisschen Zeit für eine kleine Exkursion in mein ehemaliges Lebensumfeld.

Dort hat sich freilich einiges verändert. An die Stelle der alten verfallenen Gärtnerei aus Sowjetzeiten (?) ist eine hypermoderne Wohnscheibe mit Einkaufseinrichtungen, Restaurants usw. getreten. (Bild oben) Sie haben sogar extra für die Bewohner der Nobel- Anlage einen "Stadtpark" angelegt. (Bild zwei) Leider stimmt das Wort "extra" im Wortsinne. Er ist exklusiv für die dortigen Bewohner und schließt also die anderen Einwohner der Gegend vom Erholungsareal aus. Die kleinen Unterschiede wieder einmal...

Wer kein Geld hat, für den ändert sich auch nichts. Gut zu sehen am Eingang zu "meinem Block". (Bild drei) Sogar die "47a" stand noch mit Kreide an der Tür! Ok, die "Inschrift" ist sicher mal erneuert worden, aber mir kam es so vor, als wäre ich erst gestern aus aus dem klapprigen Fahrstuhl kommend aus dieser Tür getreten. Merkwürdiges deja vue! Nur die "Konsierschka" ist nicht mehr da. Die Wache scheint leer und nicht mehr in Benutzung.

Auch die Straße unterhalb des Blocks mit Blick zu Lipins ist noch dieselbe. (Bild vier) Mir schienen sogar die Schlaglöcher noch an derselben Stelle wie immer zu sein. ;-)   

Dann kaufte ich für "mein Kollektiv" Cognak, Wodka, Pralinen, Kaffee, Nüsse und Saft - damit alles wie immer ist - und ging meinen vertrauten Schulweg. Ich passierte den Zaun an der Stelle, wo er (seit wie vielen Jahren nun schon?) eingerissen ist und sah Natascha Lipina und die junge Natascha, die mal meine Schülerin war, am Eingang auf mich warten. Dort gibt es eine neue Sicherheitsschleuse. Sonst alles wie immer. Auch die Bilder, die Schriften, alles... Natascha heulte wie ein Schlosshund vor Rührung und innerer Ergriffenheit- auch wie immer. ;-) 
Nach einem kleinen Schulrundgang - ja, ich sah "meinen" ehemaligen Klassenraum wieder (Bild fünf) und begrüßte die Musik- und die Werklehrerin, die Chemie- Lehrerin, Tolja Gaman und was weiß ich wen noch, wurde ich ins Kabinett und dann in den angrenzenden Deutsch- Raum geführt. Alles wie immer! Da saß "mein Kollektiv", hatte Kaffee und Kuchen auf dem auch sonst reich gedeckten Tisch, Ljudmila hatte Wareniki gebacken - nichts fehlte. Und die Begrüßung war herzlich mit viel russisch/ ukrainischer Tränenseligkeit. (Letztes Bild) Nur eine Kollegin und die junge Direktorin (auch Deutschlehrerin) sind neu. Sonst ist die ganze "alte Garde" noch da. Wie alt mögen Larissa und Ljudmila jetzt sein? Sicher bleiben sie wegen der knappen Rente. Andererseits: Larissas Knabe hat die Schule gerade verlassen. O weh...

Ich blieb eine gute Stunde und wir schwatzten "wie früher". Man kann es nicht oft genug wiederholen: ALLES war wie früher. Ist das nun gut? Einerseits ja. Man fühlt sich "zu Hause". Aber andererseits bedeutet es auch, dass die Zeit in der Ukraine gleichzeitig rast und stillsteht. Keine gute Kombination.

Leider hat mein Fotoapparat an der entscheidenden Stelle versagt. Die Schule hat jetzt ein Kabinett als Schulmuseum eingerichtet. Da hängen Tafeln mit Bildern von Hruschewski (Namensgeber), den Helden aus dem zweiten Weltkrieg und den Gefallenen im Gebiet des ATO, und es gibt auch eine Tafel zum DSD und den Kontakten nach Deutschland. Hans- Peter und Brigitte aus Pinneberg sind mit kleinen Bildern vertreten, Frau Mandegi - meine Nachfolgerin - fehlt ganz, aber ICH prange mit einem großen Porträt in der Mitte. Wie einst Josef Wissarionowitsch... Und so bleibt auch dieser Eindruck gespalten wie viele Erlebnisse aus damaliger Zeit. Wie dem auch sei: Die Herzlichkeit der Menschen ist trotzdem echt. Sie lieben mich (immer noch). Was kann man nach so vielen Jahren Schöneres erfahren?



Dienstag, 22. Mai 2018

Kiew - Halbfinaltag und Finale


In Kiew traf ich Mira, Julia, Olga, Vika, Ira und Jaroslaw und handelte mir ein paar traurige Anfragen ein, warum ich nicht noch Olga, Anton, Mascha und einige andere eingeladen hätte, aber was kann man tun? Die Zeit war arg begrenzt. Nachdem ich angekommen und mit meinem Gastgeber Veikko einen schönen Abend mit seinen Geige und Querflöte spielenden Kindern verlebt hatte, kam der Halbfinaltag. Ich arbeitete wir immer in der Jury. (Bild unten) Dieses Mal gab es wenig Publikum, weil Wyshiwanka- Tag war (Tag des Ukrainerhemds sozusagen) und in den Schulen das patriotische Gehopse (Entschuldigung!) wichtiger als Jdi war. Trotzdem ein gutes Halbfinale mit würdigen Siegern, wobei die Organisatoren sicher Recht hatten: Sieger ist am Ende nur einer, Gewinner aber sind alle. Zumal sie vorher zum gemeinsamen Training mit den Russen und Polen waren. Abends dann Bier im Pub. Anderntags Finale. Das Thema "Soll in der Ukraine eine unabhängige und externe Antikorruptionsbehörde gegründet werden?" war so brisant und aktuell und die Debatte dazu immerhin so gut, dass sich der deutsche Botschafter bemüßigt fühlte
(entgegen seiner vorigen Ankündigung) doch bis zum Ende zu bleiben. Er stieg danach noch einmal spontan auf's Podium, lobte die jungen Leute und referierte kurz die deutsche Sicht auf das Problem. So etwas gab es noch nie! Yarema und Dariia (Bild oben vorne und Zweite von links) fühlten sich jedenfalls geehrt und werden nun die Ukraine beim internationalen Finale vertreten. Ich machte meine Sache gut und die kleine Rede wurde gelobt. Schade, dass Veikko das Institut verlässt. (Bild unten- Verabschiedung) Vielleicht war es also meine letzte Reise nach Kiew in dieser Funktion. Dafür versprach Knut, ein netter ehemaliger Kollege von der Uni, den ich das letzte Mal 1992 am GI in Warschau getroffen hatte, jetzt Projektverantwortlicher am GI in Prag, die Möglichkeit zu prüfen, Rumänien mit ins Programm zu nehmen. Da käme dann Arbeit auf mich zu! ;-) Möge es so sein. Ich habe es ihm schließlich angetragen! Dann ging es über Ivano- Frankivsk wieder zurück nach Suceava. An der Grenze dauerte es dieses Mal nicht ganz zwei Stunden. Das war schon gut... 

Ivano- Frankivsk und Lviv

Von Czernowitz aus ging es gegen Mittag am 14.05. nach Ivano- Frankivsk. Vor der Hof- Kirche der Potockis (heute: Kunstmuseum) steht jetzt - wie überall - ein Denkmal von Andrey Sheptytsky. (Bild oben) Überall wird gebaut. In der Altstadt gibt es neue verkehrsberuhigte Zonen mit schöner neuer Steinpflasterung. So eine Nebenstraße vom Marktplatz und die Straße zum Stadtpark hinaus. Gut so. Am See neue Häuser für die Wohlhabenden. (Bild zwei) Wenn es so weiter geht, ist bald der ganze See zugebaut...

Dann Lviv. Wir treffen Marta am neuen Gebäude der Kirchlichen Universität und Bibliothek (Bild drei), weil Milo dort mehr Auslauf hat. Die Kleine schläft ruhig in ihrem Tragesitz. Wir haben nicht viel Zeit, schwatzen aber zwei Stunden darüber, was es Neues gibt. Die Leiden des ukrainischen Alltags eben.

Zum Alltag gehört natürlich die Heldenverehrung. Die Anlage zu Ehren von OUN, UPA und der Galizischen Aufstandsarmee ist nun fertig und die symbolischen eisernen Kreuze irritieren schon etwas. Immerhin durften die Polen ihr Heiligtum, die Grabanlage für die "Adler von Lwow" (Bild unten) auch fertig stellen. Man kann nun den Opfermut (oder doch nur die Verblendung?) blutjunger Gymnasiasten und Studenten bewundern, die vermutlich berauscht von ihrer patriotischen Aufgabe gegen abgebrühte Frontsoldaten chancenlos ins Gefecht zogen. Immerhin: Man kann sich Gedanken machen.

Abends Hasova Lampa. Gute Atmosphäre. Lennard gefällt es. Anderntags geht es weiter nach Kiew zum Landesfinale Jdi 2018. Ich bin wieder vom Goethe- Institut als Juror eingeladen.   


Czernowitz im Mai

Am 13. 05. ging es los. An der Grenze dauerte es 45 min bei der Einreise- dann waren wir (Lennard und ich) in Czernowitz. Ich fand wenig Neues, Lennard hat es gefallen. Leider wurde bisher an der Totenhalle am jüdischen Friedhof (Bild oben) nicht weiter gebaut. Hatte ich im Herbst noch bemerkt, dass nun endlich der Bewuchs auf dem Friedhof entfernt wird, ist nun seine "Rückeroberung" durch die Natur zu konstatieren. (Bild unten) Eigentlich sieht es nicht mal schlecht aus. Mir gefällt die Romantik der im Gehölz versinkenden Steine besser als das sterile Aufgeräumtsein. Freilich könnte man einwenden, so würden die Toten und ihre Geschichte dem Vergessen anheim fallen. Aber ist es nicht so? Wer erinnert sich außerhalb offizieller Anlässe schon noch an diese Menschen und ihre Schicksale? So richtig sollen sie nicht zur Ukraine gehören und das sieht man eben. So gesehen ist der jüdische Friedhof von Czernowitz ein Ort der Ehrlichkeit.

Anderntags trafen wir noch meine künftige ZfA- Kollegin und also Nachfolgerin am Gymnasium Nr. 1 und besprachen, wie eine länderübergreifende Zusammenarbeit aussehen könnte. Steffi ist aus Dresden und das verspricht Solidität. ;-)