Letzter Schultag mit Diplom- Übergabe. Mein Lieblings- Jahrgang geht nun in die Abiturprüfungen, bewirbt sich an den Universitäten des Auslands und ist dann weg. Vier Jahre waren wir zusammen. Als ich Sofia (Bild oben) kennenlernte, schauten mich auf einem Computer- Bildschirm kluge Augen an- der Rest war Maske. Auch "meine Jungs" (Bild Mitte) waren damals Maskenträger und ich erinnere mich kaum an die maulfaulen Kerls von damals. Alina, Cristina und Alexandra (drittes Bild v.l.n.r) sagten früher so gut wie gar nichts. Anders als Sofia. Die wusste immer was.
Aber auch ihr Mund blieb verschlossen, als ein Jahr später der russische Überfalls auf die Ukraine die Schule lähmte und sich in den Gesichtern der jungen Jugendlichen Schockstarre ausbreitete. "Sie haben es gut. Sie können gehen. Wir müssen bleiben." Das war wieder Sofia und als ich sie nach diesen Worten ansah, wusste ich, dass ich bleibe. Egal, was kommt. Seitdem sind wir gute Freunde, die Schüler/innen und ich.
Dann kam meine Entlassung und Michaela, Bogdan, Iuliana und andere schrieben den Brief, der bei Frau Rühl das "Fass zum Überlaufen" brachte. Sie hatten genau das Gefühl artikuliert, das ich meine: Das Besondere, das die "Kriegs- und Krisengeneration" mit mir Verbindende. Ich wurde "ausnahmsweise" verlängert. Meine neuen Freundinnen und Freunde haben sich auf ihre Weise bedankt: 40 DSD II Diplome, die anfangs alles andere als wahrscheinlich waren. Aber Alexandra taute auf und Cristina war am Ende ganz souverän. Selbst Alina, die nur in ihr Englisch verliebt schien, raffte sich auf und bestand die Prüfungen. Und die Romans und noch einige andere, von denen ich es nicht mehr geglaubt hatte. Plötzlich wollten sie alle und haben bewiesen, dass sie lernstark sind und alles schaffen, wenn sie es wollen.
Hätte ich vor 4 oder 3 Jahren gedacht, dass ich einst mit Gheorghe (Bild Mitte der Dritte v. l.) über Spinoza und Kant debattieren würde? Und das stundenlang...
Andreea (Bild unten) hat heute spontan und unvorbereitet die Rede der Leiterin der Rechtsabteilung der Deutschen Auslandsvertretung gedolmetscht und damit noch einmal ihre Sonderstellung unterstrichen. Beim DSD I habe ich noch gegen den Widerstand meiner Kolleginnen durchsetzen müssen, dass ein so junges Mädchen über Feminismus reden darf. Und SIE konnte das. Beim DSD II hätte sie über jedes Thema spontan und unvorbereitet einen guten Vortrag in perfektem Deutsch halten können. Ich werde sie und ihre klugen Beiträge vermissen. Auch andere, von denen ich hier keine Fotos habe und die ich nicht alle erwähnen kann (es waren ja 40 Absolvent/innen), werden eine Lücke hinterlassen, die ich erst wirklich spüren werde, wenn ich am 01. September wieder durch die Flure meiner Schule gehe und die vertrauten Gesichter mich nicht mehr anstrahlen: "Hallo, Herr Steffen. Wie geht es Ihnen?" Kein Petru mehr da...
Aber so ist das. Schön war's. Und nun können die erwachsen gewordenen "Kleinen" ihren Lehrer vergessen. Das muss so sein und also ist es auch gut so.