Am 07. 10. besuchten wir bei einigermaßen annehmbarem Wetter die preußischen Festungen Silberberg und Glatz. Anka(Bild zwei) hatte das gefunden, war aber mit öffentlichen Verkehrsmitteln (trotz erwiesener Härte in diesen Dingen!) nie bis dorthin gekommen. Na, mich musste sie nicht überzeugen! Original erhaltene preußische Festungsbauten aus dem 18. Jahrhundert hatte ich noch nie gesehen (nur aus dem Autofenster in Küstrin). Ich dachte gar nicht daran, dass es so was geben könnte. Aber es gibt das: In Polen! Die Anlage in Srbrna Gora ist schon beeindruckend. Hoch oben auf dem Berg gelegen und einen Pass bewachend, ist sie sichtbar so konstruiert, dass sie die Wirkung bereits weit tragender Geschütze mit Explosivgeschossen absorbieren kann. Nach außen gibt es nur Wälle und Bastionen (Bild oben), der Hof liegt geschützt als Binnenkonstruktion in der Mitte. (Bild drei).
Dann ging es weiter nach Klodzko (Glatz). Über die Stadt sind alle Kriege hinweg gegangen, die mit den Preußen oder den Deutschen verbunden waren. Man sieht Kriegslücken im Zentrum und immer wieder ein Architekturgemisch, dass nur mit einer Lückenbebauung erklärbar ist. Ihren Höhepunkt hat sie Stadt längst hinter sich, das sieht man auch. Überall fehlt Geld, müsste man etwas sanieren, restaurieren usw. Aber viele leere Fenster zeigen an, woran es wirklich hapert: In dieser Randlage gibt es für junge Menschen heute kaum Chancen auf Arbeit und Auskommen. Die Stadt blutet aus und das merkt man auf Schritt und Tritt. Schade!
Aber was für eine Geschichte! Die mächtige Stadtkirche aus romanisch- gotischer Zeit (viertes Bild) zeigt an, dass hier einst Geld und Macht zu Hause waren. Beeindruckend auch die "Karlsbrücke", die als ziemlich genaue Kopie (?) der Prager Karlsbrücke daher kommt. (vorletztes Bild) Es gibt den Nepomuk, einen reichen Figurenschmuck und sogar die Silhouette von Kirchtürmen wie in Prag! Und am Ende gibt es ein Kaffee, das die beste Schokolade serviert, die meine Familie je getrunken hat. Jedenfalls wurde es mir so berichtet! ;-) Nix wie hin also!
Und das sowieso wegen der Festung, die in ihren Dimensionen alles in den Schatten stellt, was ich bisher gesehen habe. Von der Stadt aus sieht man nur die mittelalterliche Seite (Bild fünf), aber dahinter erstrecken sich Sternschanzen über Sternschanzen (sechstes Bild), die so ineinander verschachtelt sind, dass man nach Eroberung der einen sogleich auf die nächste stößt. Wie haben die Österreicher diesen Wall einnehmen können? Ich möchte damals nicht stürmender Soldat gewesen sein! Jedenfalls irrten wir gefühlt stundenlang in dem Labyrinth herum und waren endlich froh, den Ausgang wieder zu finden, Zu sozialistischen Zeiten nutze man das Areal sichtbar als Garage, als Werkstatt usw. Was die Stadt heute damit soll, weiß offensichtlich niemand. Es ist einfach zu groß! In der Eingangszone gibt es ein Museum, ein Cafe und den üblichen Souvenir- Shop, aber dann enden die Nutzungsideen. Sicher verhindert der Denkmalschutz eine profane Weiterverwendung. Darum sieht alles leer und steril aus. Unheimlich leer. So leer und still, dass man förmlich den Gefechtslärm des Siebenjährigen Krieges hört und die Soldaten vor sich sieht, die gefallen in den Gräben lagen...
Jedenfalls passierte die ganze kriegerische Geschichte, die der Stadt endlich das Genick brach und sie von ihrem Lebensnerv abschnitt, in den allerchristlichsten Zeiten tumben Friedensgequassels, das die Oberen (wie heute?) nie ernst nahmen. Die lebten so oder so komfortabel und konnten ihren Reichtum sicher über die Zeiten retten. Jedenfalls zeugt der Bischofssitz (Bild unten) nicht eben von Bedürftigkeit. Gezeigt werden sollte sicher auch der Triumph der Gegenreformation über den Protestantismus, der einst auch in Glatz eine feste Basis hatte. Man erkennt halt die friedensstiftende Mission des Christentums auf Schritt und Tritt! Egal, es war ein toller Tag und ein absolut lohnenswerter Ausflug. Wer mal in die Gegend kommt, sollte einen Besuch der erwähnten Sehenswürdigkeiten nicht auslassen! Vielleicht hilft das sogar den Einwohnern, die nicht eben vom Tourismus verwöhnt sind, wie es scheint. Jedenfalls gibt es wenig Kneipen und Cafes;diejenigen, die es aber gibt, sind wirklich empfehlenswert! Also, auf nach Klodzko! Es lohnt sich!
Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...
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