Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Mittwoch, 23. Februar 2011

Melancholie des Winters

Der Winter ist zurück. Erst kam nur ein wenig nasser Schnee, der Wälder und Felder überzuckerte, dann kam es wieder "dicke". Aber ich bin vor dem großen Schneeeinbruch aus Chernivtsi zurück und konnte nicht umhin, diese schönen Bilder vom Straßenrand aufzunehmen (leider nur mit dem Handy). Schade, dass ich keine Zeit habe, mit Juri auf den Hoverla zu stiefeln. Das muss jetzt fantastisch sein! Aber auf mich wartet das seit einer Woche vorbereitete Judend- debattiert- Training. Morgen und Freitag in Ivano, von Dienstag bis Freitag dann in Kiew. Mal sehen, wie es läuft. Ein Kollege aus Chernivtsi schlug als Thema vor: Soll die Ukraine nur auf das DSD oder gleich ganz auf Deutschland und die Deutschen verzichten? Hm, eine zweischneidige Sache trotz allem. Ich werde es den Schülerinnen so wohl doch nicht anbieten...

Freitag, 11. Februar 2011

Wieder da

Es stimmt, wir könnten Arbeitsgenehmigungen bekommen. Die ukrainische Seite bietet IM1- Visa an, was bedeutet, dass wir zwar von Deutschland aus in ein offizielles deutsches Programm delegiert, von den ukrainischen Behörden aber als arbeitssuchende Privatpersonen ohne jede Vergünstigung behandelt werden. Notwendig wären dazu ca. 14 deutsche Dokumente, die zu übersetzen und zu beglaubigen wären (wer weiß, was eine Seite beim Übersetzungsdienst kostet, der kann mal nachrechnen...); die müssten dann kostenpflichtig legalisiert und dann bei dem vor Ort zuständigen Arbeitsamt eingereicht werden. Für die Bearbeitung fällt ebenfalls eine Gebühr an. Wenn das so weit erledigt ist, muss die Schule, die uns als "arbeitssuchende Ausländer" einstellen will, eine Strafe zahlen (da wir ja einer ukrainischen Lehrkraft den Arbeitsplatz weg nehmen) und dann kann das Visum gegen Zahlung der dafür fälligen Gebühr ausgegeben werden. Das klingt alles so, als würde nicht Deutschland viel Geld für die Lehrer bezahlen, als würde nicht Deutschland für unsere Arbeit Technik (Kopierer, Computer, Bildschirme, Beamer usw.) sowie beinahe jährlich neue Lehrbücher zur Verfügung stellen, als würden nicht PAD und GI Hospitations- und Fortbildungsstipendien für ukrainische Kolleginnen (incl. Reisekosten) bereit stellen und als würden nicht Schüleraustausche von deutschen Stiftungen gefördert, Studienstipendien des DAAD gezahlt und Schüler von DSD- Schulen zu Sommerreisen, zu Ausscheidungen im Rahmen von Jugend debattiert international usw. eingeladen werden. Versteht jemand, warum wir uns dafür in der Schlange der Immigranten ganz hinten anstellen sollen, warum wir bis zu 3 Monaten und also ein Drittel des verfügbaren Schuljahres ohne geklärten Status rumsitzen sollen usw.? Man kann wohl kaum sagen, dass so der Wille zur Förderung von Deutschunterricht aussehen kann Und so werden wir Spuren hinterlassen, aber doch langsam aus dem Sichtfeld unserer Schüler und Schulen verschwinden - ein bisschen so, wie es die Frau tut, die hier auf dem Bild des Sohnes meines Kollegen und Freundes Rudi Rachau zu sehen ist. Ich fotografierte es auf einer Ausstellung in Straßburg/ Uck., die er zusammen mit seinem Vater (Landschaftsfotografie) gestaltet hat. Computerkunst ist doch mehr als das, was Photoshop von selbst kann...

In Ivano bin ich nun bis zum endgültigen Auslaufen des Entsendeprogramms zum Schuljahresende "Konsultant" meiner Schule. Als ein solcher "Berater" darf ich im Rahmen des von Deutschland finanzierten Programms im DSD arbeiten. Das mache ich denn auch. Hier und - wie gehabt - in Chernivtsi "beratend" am Freitag und "richtig" am Sonnabend.

Das Wetter ist noch schön. Bevor es wieder Schnee und Regen geben soll, machte ich mich also auf einen kleinen Spaziergang und fand ein weiteres an die bedrückende Geschichte des Landes erinnerndes Denkmal auf dem alten Friedhof hinter dem Hotel "Nadija", auf dem einige Ehrengräber (Mitte) erhalten sind. Am Eingang fallen die in Reih und Glied "angetretenen" Kreuze auf, die an gefallene Kämpfer der UPA erinnern. Nun ja, dazu schrieb ich hier schon. Nun also noch ein Denkmal. Eine Art Granitstele mit an den Seiten sichtbaren Steinbruch- Zeichen , die an der Spitze ein Kreuz trägt, Darunter die abgebildete Platte, die besagt, dass hier an die in Speziallager Verschleppten der Sowjetzeit erinnert wird. Geschichte lässt eben nicht los. Angeblich hat man ja die jungen Leute gefasst, die den Anschlag auf das neue Stalin- Denkmal in Zaporishje verübt haben sollen. Was mit ihnen geschieht? Warum muss immer Strafe die Leerstelle besetzen, die unsere Unfähigkeit zu Verständigung und Aufeinanderzugehen offen lässt? Ja, warum?

Mittwoch, 9. Februar 2011

Brief an MdB Patrick Kurth (FDP)

Sehr geehrter Herr Kurth,

mit Interesse habe ich in der Thüringer Allgemeinen vom 24. 01. 2011 in der Beschreibung Ihres Tagesablaufs von einem Treffen mit der ukrainischen Botschafterin gelesen. In dem Gespräch sollte es darum gehen, wie "wir den Deutschunterricht in der Ukraine fördern können." Nun ist die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen seit mehr als 10 Jahren mit einem Lehrerentsendeprogramm in der Ukraine präsent und die bisher im Programm tätigen Kolleginnen und Kollegen haben beachtliche Erfolge in der Vorbereitung ukrainischer Lerner auf das Deutsche Sprachdiplom der KMK Stufe II vorzuweisen. Hinzu kommen Aktivitäten in der Lehrerfortbildung, innerhalb des PASCH- Programms, das vom AA in Zusammenarbeit mit dem GI und der ZfA aufgelegt wurde, diverse Stipendienprogramme etc. Nähere Auskünfte dazu würde Ihnen unser Kiewer Fachberater/ Koordinator Herr Ax sicher gerne geben. Leider besteht die Reaktion der ukrainischen Seite seit Herbst 2010 in einer weitgehenden Aufhebung der Grundlagen für diese Arbeit (keine Arbeitsgenehmigungen und keine zentrale Registrierung mehr durch Schaffung von Visa- und Statusproblemen). Viele Kolleginnen und Kollegen mussten so im November zwangsbeurlaubt werden. Unser Programm gilt offiziell als ausgesetzt und soll zum Schuljahresende geschlossen werden. Eine Förderung von Deutschunterricht, so sie denn gewünscht wird, sieht sicher anders aus. Ich gehe davon aus, dass Sie der ukrainischen Botschafterin gegenüber eine entsprechende Position vertreten oder würde Sie bitten, das bei nächster Gelegenheit nachzuholen, falls Ihnen die geschilderten Umstände unbekannt waren. Hierzu möchte ich u. a. auf die "PRESSEMITTEILUNG der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, NR. 0023, Datum: 14. Januar 2011: Ukraine: Visaproblematik für Kulturmittler" verweisen. Da mir als mittlerweile fast 10 Jahre in der Ukraine tätigem Bundesprogrammlehrer für DaF das Schicksal einer weiteren Förderung des Deutschunterrichts in der Ukraine im Interesse der motivierten, fleißigen und ihre beruflichen Perspektiven auf die Zusammenarbeit mit Deutschland ausrichtenden Schülerschaft am Herzen liegt, bitte ich Sie nachdrücklich, sich bei weiteren Kontakten mit ukrainischen Verantwortungsträgern dieser Sache anzunehmen. Alles andere wäre sicher auch nicht im Sinne des von Ihrer Partei gestellten Außenministers, der - soweit ich sehe - dankenswerterweise eine weitere Heranführung der Ukraine an die Europäische Union befürwortet.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Frank Steffen, (noch) Bundesprogrammlehrkraft in Ivano- Frankivsk/ Chernivtsi (Ukraine)