Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Sonntag, 30. September 2018

Klöstertour

Schönes Wetter und Null Bock auf Korrekturen. Was tun? Ich rief Pauline an und die war gleich begeistert, sich die Moldau- Klöster zeigen zu lassen. Ich war nun freilich schon so oft dort, dass es mich an sich nicht mehr vom Hocker hauen sollte. Aber wenn man etwas vorzeigen und erklären soll.

Also fuhren wir gegen Mittag los. Die erste Station war wie immer Voroneț. Pauline stärkte sich dort mit einem Langos und wir fuhren weiter nach Moldovița. (Bild oben) Ich hatte einfach Lust, obwohl ich doch Sport machen sollte. Aber wie ist das nun? Soll Sport mein Leben verlängern, oder mein Leben sein? Es muss doch auch mal ohne gehen. Jedenfalls überquerten wir die 1968 fertiggestellte Straße von  Câmpulung an ihrem höchsten Punkt (Bild zwei) und ich konnte endlich wieder drei Flaschen Wacholder- Schnaps erstehen. Lecker! 

Die Klosterei endete mit Sucevița (Bild unten) Wir tranken dann noch einen Kaffee auf dem Gelände der "Potten Bäckerei" (Schwarze Keramik) und kehrten nach Hause zurück. Und da bin ich nun wieder und warte auf die Nachtruhe. Schnell ins Bett, denn morgen warten 80 Arbeiten auf mich. Ich werde sie nicht alle schaffen, aber wenigstens die 12. müssen wissen, wo sie stehen. Der Rest wird dann nach und nach abgearbeitet. In der Arbeitszeit sozusagen. Es muss ja auch ein freies Wochenende geben...

Donnerstag, 27. September 2018

Timisoara am 06. 09. 2018

Mein Schuljahr begann mit einem ZfA- Seminar in Timisoara. (Bild oben) Witzigerweise hatten wir Quartier in demselben Hotel, in dem ich fast zwei Monate vorher mit Uta abgestiegen war. Ich leitete meinen Workshop zur Debatte zur Zufriedenheit der Teilnehmer und nahm ansonsten nicht an der Stadtführung, sondern an der Führung durch das Revolutionsmuseum teil. Der Film dort war sehr beeindruckend. Von den mehr als 1500 Toten der Revolte gegen Ceausescu kamen über zwei Drittel auf das Konto der Kräfte, die sich nach der Ermordung des Diktators um dessen Erbe zankten. Das wusste ich nicht. Den Rest von dem Museum kann man vergessen. Ich glaube halt nicht, dass "Gott beschloss, den Aufstand in Timisoara beginnen zu lassen" (Originalton der Führerin) und finde daher die orthodoxe Kapelle überflüssig, ja sogar pietätlos, denn es war die ungarisch- katholische Kirche, die den Aufstand unterstützte und nicht die wenig regimekritische orthodoxe. Auch dass Korea- wie Vietnamkrieg, die Invasion in der Schweinebucht und die Ermordung Allendes als Ruhmestaten im antikommunistischen Abwehrkampf gepriesen werden, darf man getrost anders sehen. Aber, wie gesagt, der Dokumentarfilm ist sehr sehenswert.

Missen- Wilhams am 03. 09. 2018

Wieder einmal bei Alfred und Berta. Wie schön, die alten Freunde aus ukrainischen Zeiten wiederzusehen und die Gastfreundschaft zu genießen, die schon sprichwörtlich ist. Von der Eifel in den Allgäu ist es schon ein ganz schöner Weg und man erfährt im Wortsinne die Größe Deutschlands. Aber ich kam problemlos an allen Baustellen vorbei und traf zum vereinbarten Zeitpunkt "auf der Alm" ;-) ein. Alfred öffnete die Weinflaschen, Berta tischte Käse, Suppen und Fleisch auf und schon war alles "wie immer". Neu war nur, dass ich auch einen der Ziehsöhne der beiden kennen lernte. Bisher war von ihm nur die Rede gewesen. Der junge Mann erinnerte mich sehr an Daniel...

Am anderen Tag wanderten wir bei leichtem Nieselregen ein bisschen rund um den Ort und aßen auf der Königs- Alm frugal zu Mittag. (Bild oben) Das Wetter besserte sich und am späteren Nachmittag führte mich Alfred auf eine etwas unterhalb seines Hauses gelegene Alm, wo eine nette Bäuerin selbstgemachten Allgäuer Käse (lecker!!!) zu einem guten Rotwein servierte. So lässt es sich leben! Auch hier versprach ich, wiederzukommen. Ich hoffe, wir haben im nächsten Jahr Zeit für dieselbe Runde. Erst Eifel, dann Allgäu. Vorher kann ich die beiden vielleicht in Rumänien empfangen. Mal sehen, ob mein Chef sie mit ihrem Programm "Fridolin" einlädt... 

Trier am 01. 09. 2018

Ich besuchte unseren ehemaligen Chef und jetzigen umtriebigen Pensionär Hans- Georg Salm in Gondenbrett in der Eifel und da uns das gemeinsame Interesse an der Jugend und Bildung von Karl  Marx zusammengeführt hatte, führte Hans- Georg mich durch Trier. Ein Jahr zuvor hat er die interessante Abhandlung "Die Lehrer von Karl Marx" herausgebracht und so wandelten wir nun auch auf deren Spuren und mussten also das alte Gymnasium besuchen. (Bild oben) Durch diese Türen, vorbei an der barocken Säule, ist Marx also als Jugendlicher täglich in sein Schulhaus gegangen.

Außerdem besuchten wir die beiden schlechten Sonder- Ausstellungen zum Marx- Jubiläum, die sichtlich so konzipiert waren, dass Nicht- Marx- Kenner möglichst nichts über den Politiker, Ökonom und Sozialwissenschaftler/ Philosophen Marx erfahren. Allenfalls könnte er ihnen danach als "Philantrop" etwas sympathischer sein. Wie ein Kuratoriumsmitglied der LINKEN den Ausstellungsmachern die Bildershow durchgehen lassen konnte, in der Saddam Hussein und Muhammar al Gaddhafi als "Kommunisten" vorgestellt werden, sympathischer- aber auch fälschlicherweise zusammen mit bspw. Patrice Lummumba und Salvador Allende, verstehe ich nicht. Aber man muss vielleicht nicht alles verstehen. Zum Glück gingen wir doch noch ins Marx- Haus, wo eine sehr lobenswerte Exposition gut in Leben und Werk von Marx einführt.

Daneben interessierte mich natürlich das historische Trier als Ort. Einmal waren wir mit Uta schon da gewesen, aber irgendwie hatte ich fast alles vergessen. Mit einem sachkundigen Führer sah ich nun endlich die alte Konstantinische Kaiserhalle, sozusagen die erste offizielle christliche Kirche Europas. (Bild zwei) Und was für eine! Die Römer waren schon tolle Kerle. Wie klobig, wenn auch auf andere Weise beeindruckend, sieht daneben der mittelalterliche Dom in seiner Düsternis aus. Es ist, als sollten hier das "Licht des antiken"gegen die "Düsternis" des frühen christlichen Geistes gestellt werden. 

Auch sonst ist Trier sehenswert. Vor allem von der gegenüberliegenden Mosel- Seite aus hat man einen phantastischen Blick über die leider im Krieg schwer zerstörte und also nicht komplett wiederhergestellte uralte Stadt. (Bild unten) Am Abend hatten die beiden altgedienten ZfA- Lehrer dann noch viel nachzubereiten und zu erzählen. Hoffentlich komme ich noch oft hierher zu Besuch!



Leipziger Brücken- Fest (der Kulturen) am 28. 08. 2018

Am 28. 08. durften wir auf keinen Fall das Leipziger Brücken- Fest verpassen, denn wir hatten uns vorgenommen, uns den chinesischen Beitrag anzusehen. Der Grund dafür ist, dass wir nun schon seit 1998 immer mal wieder zu "unseren Chinesen" vom Restaurant "Ni Hao" gehen. Dort haben wir uns zuerst mit der Besitzerin, einer Germanistin aus Nanking, angefreundet, die uns erst recht gewogen ist, seit Franziska dort perfekt mit Stäbchen isst. Zwar bedauert sie immer noch, dass unsere Tochter Japanologie und nicht Sinologie gewählt hat, aber so etwas wie einen gesamtasiatischen Stolz scheint es doch zu geben.

Später kam uns auch ihr Mann näher, der nur schwer Deutsch gelernt und - so glaube ich - China noch lange nachgetrauert hat. Er ist Musikwissenschaftler gewesen und hat eine Zeit lang auch an der Leipziger Musikhochschule Kurse gegeben. Am Anfang spielte er an den Wochenenden in seinem Restaurant auf traditionellen chinesischen Instrumenten, aber der Erfolg war nicht so berauschend. Jetzt fühlt er sich besser, denke ich, denn er ist "angekommen" und spielt mit einem klassischen Kammerorchester zusammen. Man kann schon die CDs kaufen. Jedenfalls ist Herr Lu (Bild oben am linken Rand mit seinem zweisaitigen Streichinstrument) - endlich wissen wir, wie er heißt - sehr umtriebig und engagiert im "Chinesisch- deutschen Freundschaftsverein", der auch das Fest ausrichtete. Er war für das Programm verantwortlich, das ziemlich populär daher kam, was aber dem Anlass angemessen war. Jedenfalls können Chinesinnen, karaokegestärkt, gut singen (Bild Mitte) und sowohl die Volkslieder als auch die Schlager klangen ganz gut. Ein schöner Tag im Klara- Zetkin- Park (Bild unten), in dem es vor allem an der Brücke trommelte und sang und brutzelte und vor Aktivisten mit Unterschriftensammlungen und Besuchern nur so wimmelte.


Lüneburg am 23. 08. 2018

Wenn ich schon im Norden bin, dann muss ich auch Agnieszka besuchen, die ich in Berlin kaum noch antreffe. Außerdem kannte Franziska Lüneburg noch nicht und da gab es gleich einen zweiten Grund die schöne alte Salzstadt zu besuchen. Die beiden Akademikerinnen haben ja auch wenig Verständigungsprobleme, weil genügend gemeinsame Probleme, und so wurde es ein schöner Tag mit einem gelungenen Abend.

Zunächst machten wir aber in Lauenburg Station. (Bild oben) Es ist immer wieder faszinierend, wie dieses Kleinstädtchen der alten Askanier wegen das "Herzogtum Lauenburg" begründete und diesen Titel bis heute verteidigt. Man ist wirklich in 30 min an allen Sehenswürdigkeiten vorbei gekommen, was natürlich nicht gegen diese spricht. Es ist schön und gemütlich dort und wir aßen ganz gut mit einem angenehmen Blick auf die Elbe und den alten Raddampfer am Anleger. (Bild zwei)   

Im Prinzip ist es in Lüneburg nicht anders, bloß eben größer und im Stadtzentrum "mächtig gewaltig", wie die Olsen- Bande gesagt hätte. ;-) Trotzdem mag ich auch dort die kleinen abgelegenen Nebenstraßen und Gassen, in denen es sich die Leute schön machen. (Bild drei) Immer mehr Häuser sind liebevoll restauriert und das hat schon was. (Bild vier) Insgesamt wirkt Lüneburg authentischer als Lübeck z.B. Ok, was dem Touristen das Authentische, das ist dem Zugezogenen das Provinzielle. Agnieszka jedenfalls sieht wenig Gutes an der Atmosphäre dort, vor allem dann, wenn sie es mit ihrem Sehnsuchtsort Berlin vergleicht. Egal, mir gefällt das Hanseatische und das gotische Flair der Stadt. Heimat prägt eben.

Ein bisschen "Klein- Berlin" gibt es aber doch zu sehen und promt führte uns die Neubürgerin dorthin. Und wirklich sitzt man in dem Biergarten an einem kleinen Gewässer sehr gemütlich. Da wir eine Japanologin am Tisch hatten, war es irgendwie witzig einen japanischen Chor zu erleben, der offenbar spontan und unbestellt auf der kleinen Bühne deutsche Volkslieder zum Besten gab. Wenigstens in Asien sind die also noch populär. Das Publikum dankte mit höflichem Applaus und wir zogen weiter, um den anbrechenden Abend im Zentrum am Kran zu verbringen. Danach blieben wir noch einen Tag in Wismar und fuhren dann nach Leipzig zurück.




Wismar am 22. 08. 2018

Von Polen aus fuhr ich nach Berlin, wo ich mich noch einmal mit Daniel traf. Am 18. 08. holte ich dann Anka und Franziska von Tegel ab, wo sie - aus Boston kommend - sogar pünktlich eintrafen. Zusammen sind wir nach Wismar gefahren, wo Anka aber nur einen Tag bleiben konnte. Franziska blieb mit mir bei den Eltern resp. den Großeltern. (Bild oben)

Natürlich gingen wir - wie so oft - auch dieses Mal wieder in Wendorf spazieren. Immer wieder "komisch", wie sehr sich der einst belebte Strand und Treffpunkt der Kinder und jüngeren Jugendlichen (dürften die heute überhaupt noch allen an den Strand?) geleert hat. Die als Badestelle konzipierte Seebrücke ist schon lange weg und der Strand verwildert. (Bild zwei) Ideal zum Spazierengehen. Und doch: Die Erinnerung hat immer noch etwas anderes vor Augen...

Dafür hat die Stadt Wismar unbestreitbar gewonnen. Freilich nehmen nicht alle zeitweiligen Bewohner - wie die Bootsbesitzer, die ihre Yachten vorübergehend in der Marina (Bild unten) platzieren - am Wohlstand teil. Für die chinesischen Kontraktarbeiter, die demnächst in der Werft schuften werden, liegt nur ein ausgemustertes Fahrgastschiff am Pier. Für sie müssen also Kabienen reichen, während wir auf hohem Niveau über steigende Mieten oder Grundstückspreise klagen. Aber sollten wir nicht klagen, bloß weil der chinesische Werftbesitzer seine Leiharbeiter noch mieser behandelt als die einheimische Wirtschaft die deutschen Lohnabhängigen? Überall gibt es Licht und Schatten, oder - wie es "da oben" heißt: War den een sin Uhl, is den annern sin Nachtigal...


Mittwoch, 26. September 2018

Brodnica am 16. 08. 2018

Von Grudziądz aus ist es nicht weit bis Brodnica am Eingang der Masuren. Dort war ich mit Tomasz und Familie verabredet. Bei dem schönen Wetter konnte man doch nicht in einer Kneipe sitzen und so fuhren wir an den See Bachotek, wo ein ehemals wohl zur Uni Toruń gehörendes Areal als Bade- und Erholungsgebiet ausgebaut ist. (Bild unten) Dort liehen Tomek und ich uns ein Kajak aus und paddelten eine gute Stunde in der wunderschönen Seelandschaft. Das war einfach nur großartig! Im nächsten Jahr plane ich auf jeden Fall mehr Zeit ein, denn wir wollen uns ein paar Tage auf den Flüssen und Seen vornehmen.

Kurz vor der Abfahrt gönnte sich die junge Familie auch einen kurzen Ausflug auf den See. (Bild oben) Dann sind wir - wie immer - "um die Häuser" gezogen, am Ende aber doch in dem gemütlichen gotischen Keller am Markt gelandet, wo man bis weit nach Mitternacht noch sein Bier bekommt und Musik hören kann. Ich liebe es...

Włocławek am 15.08.2018

Am 13. 08. war ich in Dresden, um mit Juri, der seine Tochter besuchte, Geburtstag zu feiern. Ein schöner Tag, der in einer fantastischen vietnamesischen Kneipe in der Neustadt ausklang, wo wir allerdings im Zentrum einer Polizeirazzia saßen, die sich angeblich gegen das Drogenmilieu dort richten sollte. Gefasst haben sie zwei "illegale" Migranten und gefunden haben sie ein paar Gramm Stoff. Gegen wen hat sich das martialische Polizeiaufgebot wohl gerichtet? Nun, dazu muss man wissen, dass die Gegend ein ausgedehntes links- alternatives Szeneviertel ist...

Von Dresden aus wollte ich nach Grudziądz/ Graudenz, um Wiesia einen Besuch abzustatten. Da es vorher Probleme mit dem Auto gegeben hatte (Lichtmaschine!) schob sich der Besuch auf einen Tag und einen Abend zusammen. Zu meinem Erstaunen wollte Wiesia mit mir nach Włocławek, wo ich auch schon eine halbe Ewigkeit nicht mehr war. Viel hat sich nicht getan und wenn ich hier von den leergefegten deutschen Kleinstädten gesprochen habe, dann trifft das auf die ehemalige Wojewodschaftshaupt- und Industriestadt ebenfalls zu. (Bild oben) Immerhin hat es der Kleinen gefallen! Am Weichselufer ist auch ein neuer schöner großer Spielplatz, auf dem dann doch ein paar Mütter mit ihren Kindern die Gegend belebten.

Überraschend für mich die überdimensionierte Marina hinter der Mündung des Flusses mit dem unaussprechlichen Namen
Zgłowiączka. (Bild unten) Da hat mal wieder jemand der EU- Kommission was von Tourismusförderung erzählt und damit Geld für ein paar Boote der Superreichen rausgeschlagen. Überall dasselbe. Trotzdem hat das Areal, das früher eine Industriebrache war, sehr gewonnen. (Bild unten) Der Tag war schön und der Abend sehr angenehm. Schade, dass ich nur so kurz da bleiben konnte...

Trebsen-Hubertusburg-Torgau und Belgern am 12.08.2018

Kirstin war da, wie nun schon fast jedes Jahr, weil sie am Montag von Leipzig aus nach Russland zu ihrem Mann fliegen wollte. "Wie immer" suchten wir nach Ausflugszielen, die uns alle interessieren könnten, und die Wahl fiel auf Torgau. Allerdings wollten wir auch Schloss Trebsen besuchen, weil uns schon immer die Reklame auf der Autobahn aufgefallen war, wir aber mit Trebsen nichts verbanden. Und es hat sich gelohnt. Das heutige Schloss ist ein zweiflügliger Renaissance- Bau direkt an der Mulde, der auf älteren Unterbauten errichtet wurde bzw. diese in die damals neue Architektur integrierte. Dahinter erstreckt sich ein ziemlich großer Landschaftspark. (Bild oben)

Beeindruckend übrigens das Kultur- Angebot, das von der Schlossgaststätte auf die Beine gestellt wird. Der Besitzer soll selbst Musiker und Liedermacher sein und sorgt so sicher auch für das Überleben des ansonsten doch etwas abgelegenen Restaurants.

Nicht geplant war der Besuch auf Schloss Hubertusburg, das ziemlich "gleich um die Ecke" liegt. (Bild zwei) Dem großen Namen (der Hubertusburger Frieden beendete 1763 den Siebenjährigen Krieg) entspricht die Größe des ansonsten eher vergessenen Jagdschlosses der sächsischen Könige. Was für ein Areal! Jagdschloss? Na ja, es ist jedenfalls größer als das Schloss der rumänischen Könige. Was macht man mit so einem Ding abseits der großen Straßen und am Rande einer kleinen Gemeinde? Man lagert die Restaurationsabteilung des sächsischen Staatsarchivs dort ein und veranstaltet ansonsten Schlossführungen durch die barocke Kirche und ein paar museal eingerichtete Räume.

Interessant, dass schon das ältere Jagdschloss im Renaissancestil nicht eben klein zu nennen ist. (Bild drei) Heute befindet sich die Gemeindeverwaltung in den Räumlichkeiten. Davon ab haben wir im nahe gelegenen Landgasthof preiswert und gut gegessen.

Renaissance- Architektur erwatete uns auch in Torgau- aber das wussten wir von früheren Besuchen. Nur Kirstin war wohl noch nicht da gewesen. Das restaurierte Schloss mal ohne Gerüste in seiner alten Pracht bewundern zu können, hatte jedoch den Reiz des Neuen. Ohne Gerüste sah ich es noch nie! (Bild vier) Torgau hat das sicher nicht verdient, teilt aber die Atmosphäre so vieler sehenswerter sächsischer Klein- und Mittelstädte. Trotz großer Geschichte und vorbildlicher Restaurierung ist heute nichts mehr los. Die Straßen und Gassen leer. Jugendleben? Sichtbar nicht mehr vorhanden, auch wenn im Schlosshof für ein großes Konzert am Abend aufgebaut wurde. Man bemüht sich also, aber trotzdem wirkte die Stadt so verschlafen wie Grimma oder Altenburg, Pirna oder Döbeln. Schade. 

Auf der Rückfahrt wünschte ich mir einen Abstecher nach Belgern, das ebenfalls seit Jahren durch das Autobahnhinweisschild "Historische Altstadt Belgern" mein Interesse geweckt hat. Auch Belgern ist eine kleine historische Ackerbürger- Stadt mit einem großen Marktplatz (Bild fünf), einem Rathaus mit riesigem Roland (!) (Bild unten), einer Klosterruine und der Elbfähre, die - wenigstens am Sonntag - nicht viel Verkehr zu befördern hat. Außer uns war niemand in den Straßen. Nur in einem Café am Markt saßen ein paar Leute. Deutschland an einem Sommer- Sonntag: Totenruhe! Öffentliches Leben? Weitgehend Fehlanzeige. Liegt es nur am Geld? Oder haben die Leute kein Interesse mehr am "Nächsten" und am Austausch mit Ihresgleichen? Jedenfalls ist es nicht gut. Es sieht aus wie ein Sterben auf Raten. Dabei können doch nicht alle Menschen in ein paar Metropolen leben!

Dienstag, 25. September 2018

Freiberg am 05. 08. 2018

Die Tage in Plzen gingen unspektakulär zu Ende. Ich brachte noch Kollegen zur Bahn und fuhr dann nach Freiberg zur Familienparty. Es waren runde Geburtstage zu begehen. Uta hatte sich - dankenswerterweise - ein "Programm gewünscht und einer der Bestandteile war eine Führung durch den Freiberger Dom. Klar, da war ich schon öfter drin. Und doch: Es ist immer wieder ein Erlebnis, zumal extra für uns drei Stücke auf der Silbermann- Orgel gegeben wurden. So viele Jahre lang hatte dich die nicht mehr gehört! Was für ein Klang! Für jemanden, der seine Ohren zwischenzeitlich mit der absolut untragbaren Akustik und dem noch dazu brummig- klappernden Orgel- Konzerthaus- Substitut "Kiewer evangelische Kirche" versauen musste, ein Genuss. Was für sanft- schmelzende Übergänge dort, wo man bei anderen Orgeln den Registerwechsel als abruptes Tonende erlebt. Der Silbermann in Freiberg (Orgelempore Bild zwei) ist unübertroffen!

Dazu ist die Tulpenkanzel (Bild oben) immer wieder sehenswert. Und erstmals sah ich auch die restaurierte Grablege sächsischer Fürsten hinter dem Hochaltar in ihrer ganzen Pracht. Zu DDR- Zeiten war das Areal immer mit Planen verhängt, sei es, weil man restaurieren wollte, sei es, weil man sich wegen des schäbigen Anblicks schämte. Keine Idee. Nun ist aber alles zugänglich und wirklich schön geworden.

Im Anschluss an das Mittagessen gab es noch eine Stadtwanderung auf den Spuren der "Hebamme" - es hätte wohl auch die "Wanderhure" sein können. ;-) Die beiden Frauen, die das ein bisschen feministisch aufziehen wollten, gaben sich wirklich alle Mühe und hatten auch allerhand kleine Gags auf Lager, die das Ganze auflockern sollten. Mich aber überzeugte die literarische Qualität des vorgestellten Buches leider gar nicht. Immerhin gelangten wir "auf den Spuren" in Stadtgebiete, die ich noch nie so gesehen hatte. (Bild drei) Nun weiß ich also, wo die Geschichte des Freiberger Silberbergbaus begann.

Die schöne Stadt ist auch abseits der Boulevards und repräsentativen Straßen im Zentrum sehenswert. (Letztes Bild) Kurz: Es war ganz nett. Jedenfalls muss sich Freiberg hinter Cheb und anderen Städten dieser Art nicht verstecken. Mit Nürnberg ist es freilich doch nicht zu vergleichen. Aber wozu auch? Ich bin froh, dass Wismar eine der ehemals Freiberger Silbermann- Orgeln hat, die nun in der Nicolai- Kirche die Zuhörer begeistert! 





Cheb am 02. 08. 2018

Hm, da die Teilnehmer sich alle kannten und auch die Neuigkeiten schnell ausgetauscht, die Probleme schnell geklärt waren, kam die Idee auf, außerhalb des "offiziellen Programms" die Freizeit mit Privat- PKW zu nutzen und noch ein bisschen die nähere Umgebung zu erkunden. Von Plzen aus bietet sich Cheb an und so fuhren wir für einen Nachmittag dorthin.

Das alte Eger ist heute Provinz, hat aber sichtbar bessere Zeiten erlebt. Als Kaiserpfalz (das war mir gar nicht bewusst) hatte die Stadt früher überregionale Bedeutung und blieb darüber hinaus bis weit in die Barockzeit hinein ein wichtiger Handelsplatz. Davon kündet u.a. der riesige und langgestreckte Marktplatz! (Bild oben) Dann freilich verblasste die frühere Bedeutung und als "eingeschlafene" Stadt zieht sie heute - anders als Plzen - mit einem intakten historischen Ambiente (vor allem Deutsche Tages-)Touristen an.

Es gibt Reste der alten mittelalterlichen Stadtmauer und auch solche späterer (barocker) Fortifikation. Direkt hinter der Stadtmauer findet sich ein schöner Klosterhof (Bild zwei), der im vorderen Teil als Garten gestaltet ist (und im hinteren als Abstellgelände für Lenin- und Gottwald (?) - Statuen dient!). Dort schließt eine Kirche das Gelände ab. Man kann also nicht zur Stadt durchgehen.

Alles sehr schön. Aber für mich sensationell die Reste der Pfalzanlage mit einer vollkommen erhaltenen spätromanisch- frühgotischen Hofkirche, die trotz ihres fast quadratischen Außengrundrisses (Bild vier) deutlich sichtbar als Zentralbau (Bild drei) konzipiert war. Außerdem sind ein paar Wehrtürme, Verwaltungsbauten (?), die Außenmauern und die Ruine des Palas erhalten. (Bild fünf) Alles aus Feldstein und noch nicht in Ziegelbauweise ausgeführt.

 Bergabwärts kommt man in die Unterstadt mit Heiligem- Geist- Spital- einer ebenfalls beeindruckenden alten Kirche. Wieder hinauf geht es am bogenförmig um die Hauptkirche der Stadt herum bebaute Kirchareal (früher befestigt?) vorbei zurück zum Marktplatz. (Die Kirche ist im Hintergrund des Bildes ganz oben zu sehen) So ausgedehnt ist die Stadt nicht- ein langer Nachmittag reicht durchaus, um alles zu sehen und auch noch ein Käffchen zu trinken.

Bild sechs steht hier nur als Beispiel meiner "Fotokunst". ;-)  Ich finde es gelungen. Im Glas spiegelt sich die Kirche. Deutlich zu sehen die Biegung der sie im Halbrund umlaufenden Straße.

Um den Marktplatz richtig zu würdigen, muss man sich das obere Bild (Blick von oben nach unten) und das unterste Bild (Blick von unten nach oben) zusammen denken. Neben der Größe beeindruckt auch die Reihe beeindruckender Bürgerhäuser am Rand. Hingegen ist das Rathaus (Bild unten) nicht eben gewaltig und nicht einmal frei stehend. So viel hatte der Rat gegen die geballte Macht des Handelskapitals vielleicht nicht zu sagen. Das soll ja heute auch noch so sein. Vielleicht wurde das Rathaus ja als PPS- Projekt errichtet?




Sonntag, 23. September 2018

Plzen am 31. 07. und am 01. 08. 2018

Plzen und eine Netzwerktagung. Als ich am 31. 07. am Nachmittag ankam, war noch niemand außer mir anwesend und ich nutzte die Zeit zu einem ersten Stadtgang. Hm... Wer die am anderen Tag beim Stadtgang aufgenommenen Bilder sieht, wird es nicht glauben, aber ich werde mit der Stadt nicht warm. Zwar gibt es historische Bausubstanz und eigentlich ganz hübsche Ecken, aber die ganze Stadt wirkt merkwürdig zusammengewürfelt. Sie hat halt alle Entwicklungsphasen vom Mittelalter bis zur sozialistischen Industriestadt mitgemacht und da jede Epoche ihre Spuren hinterlassen hat, wirkt das Ganze recht uneinheitlich. Auch die Kneipenszene ist etwas unübersichtlich. Man vermutet die besten Lokale am Marktplatz, aber dem ist nicht so. Bei der Stadtführung am Nachmittag des 01. 08. kamen dann aber doch noch wirklich schöne Ecken zutage. Man muss sie allerdings suchen.

Recht uninteressant ist also der Marktplatz. Sehenswert als Einzelgebäude ist freilich das historische Rathaus. (Bild oben) Hingegen ist die zentrale Kirche auf dem Markt eher klein und gedrungen. Prächtiger schon die Neue Synagoge. (Bild zwei-.am Ende der Straße)

Kaffee trank ich in dieser lauschigen Kneipe an einem kleinen Teich. (Bild drei) Sie hat auch noch ein Pendant auf der anderen Seite - übrigens genau unterhalb des Brauereimuseums -, aber da kamen wir trotz mehrerer Versuche nicht rein. Ausgebucht auf Tage im Voraus! :-(

Dafür rutschte ich durch Zufall mit in eine Führung durch die neue Synagoge- ein prächtiges Haus. (Bild vier). Und weil mich Judaika immer schon interessiert und angezogen haben, suchte und fand ich auch noch die Reste der alten Synagoge im Hinterhof eines prächtigen Gründerzeithauses. (Bild fünf) Im Hof zwischen den Mauern liegen übrigens Steinhaufen, die aus Steinen gebildet wurden, von denen ein jeder den Namen und das Geburtsdatum eines der ermordeten Juden trägt. Schöne Idee des Gedenkens.

Wie gesagt. Eigentlich sind die Straßen ganz hübsch, aber sie sind oft leer und unbelebt. Nur rings um den Markt herum gibt es ein paar Pubs und Kneipen, die Sonnenschirme auf die Bürgersteige gestellt hatten. Insgesamt macht die Stadt den Eindruck, als ob es nicht viele Touristen gäbe und die Einheimischen ihr Geld nicht in Restaurants tragen. Tschechische Kneipenkultur? Hatte ich mir anders vorgestellt. Übrigens: Ich mochte das "Urquell" noch nie und habe mich auch dieses Mal nicht überzeugen lassen. Ich trank lieber Gambrinus und war damit gar nicht lokalpatriotisch!

Eigentlich wollte ich auch tschechischen Wein probieren, aber es hat sich nicht ergeben. Warum eigentlich? Ach ja, es waren lauter Biertrinker versammelt... ;-)



Nürnberg am 30. 07. 2018

Die Nacht verbrachte ich etwas unruhig, denn mein - ansonsten gut geführtes - Hotel lag mitten in einem "Ausländerviertel" und ziemlich direkt vor meinem Fenster befand sich eine Spätverkaufstelle, vor der arabisch aussehende Jungs und ein paar Afrikaner rum lungerten und Bier tranken. Leider hatten sie auch eine Boombox dabei, aus der bis spät in die Nacht Afro- Techno hämmerte. Es gibt Angenehmeres. Aber dann schlief ich doch ein und wachte am anderen Morgen der geschlossenen Fenster wegen schweißgebadet auf. Na ja...

Ich hatte noch einen ganzen Tag in Nürnberg vor mir, da mein nächster Termin erst am 31. und im nahe gelegenen Plzen war. Darauf hatte ich mich gefreut. Nun konnte ich auch außerhalb der Altstadt durch Nürnberg gehen, denn mein Ehrgeiz war - wie immer - mir eine fremde Stadt wenn möglich zu erlaufen. Da das Reichsparteitagsgelände der NSDAP auf dem Programm stand, hatte ich Gelegenheit bis fast "vor die Tore" der Stadt zu Fuß zu gehen. Dabei fanden sich noch einige Kleinode wie das zu einem neoromanischen Kirchenkomplex gehörige (in Teilen sicher ältere)  Pfarrhaus. (Bild oben) 

Weit draußen endete dann die großflächige Bebauung mit Gründerzeit- und Jugendstilhäusern und es kamen ein paar Neubauten. Immerhin stehen sie am Rande eines schönen Parks. (Bild zwei)

An dessen Ende findet sich nun das, was vom Parteitagsgelände übrig ist: Die unvollendet, für 50000 Menschen geplante Kongresshalle. Gigantismus pur und ziemlich widerlich noch dazu. (Bild drei) Nur der etwas seitlich neben dem Monstrum gelegene See versöhnt mit dem Areal. (Bild vier)

Trostlos das Aufmarschgelände- einst sicher imposant gestaltet mit Pylonen, Fahnen und all so'n Krams. (Bild fünf)  Man kennt es ja von den historischen Fotos. In der Kongresshalle befindet sich übrigens heute ein Dokumentationszentrum. Da bin ich denn doch nicht rein. Mich widert's halt an und ich glaube nicht, dass ich dort noch was lernen kann. Überzeugen muss mich sowieso niemand. Aber gut, dass es für Besucher aus aller Welt und (hoffentlich) viele Schulklassen geöffnet ist.



Am Nachmittag blieb Zeit genug für einen erneuten Stadtgang. Ich konnte nun in aller Ruhe fotografieren, was am Vortag von den Musikfans so dicht umlagert war, dass ein Foto nicht gelingen konnte. Das trifft z.B. auf diesen lustigen Brunnen zu, der am Tag zuvor als willkommenes Erfrischungszentrum diente. (Bild sechs)

Auch der historische Handwerkerhof (Bild sieben) zwischen zwei Verteidigungsmauern und hinter einem mächtigen Tor (Kaisertor?) gelegen, war am Sonntag zu voll gewesen, um wirklich etwas zu sehen. Nun ja, es ist halt eine touristische Attraktion mit Restaurants und Souvenir resp. Schmuckläden. Aber das muss es ja auch geben.

Am Sonntag war ich kaum irgendwo rein gegangen. Dieses Mal holte ich nach und bestaunte den Reichtum, die Höhe und die Ausgestaltung der alten Kirchen. Der wohl von Veit Stoß stammende Rosenkranz hatte es mir dabei besonders angetan. (Bild acht)

Im Dürer- Haus war ich vor Zeiten schon mit den Studenten. (Bild neun) Da wollte und brauchte ich also nicht noch einmal rein. Es gab noch genug anderes zu entdecken. Das imposante Fachwerkhaus (Bild neun) dient heute als Studentenwohnheim. Nicht schlecht.

Natürlich war ich noch einmal auf dem Marktplatz, der ziemlich scheußlich aussieht, dafür aber den goldfarbenen gotischen Brunnen aufweist, der wirklich sehenswert ist. Ich umrundete noch einmal die Burg, wanderte den Flusslauf ab und sah mir die Wiesen vor den Wällen an. Schön das alles.

Endlich landete ich wieder in meiner Würstl- Bude, die es mir doch angetan hatte. Vor allem leuchtete dort eine Laterne so genial auf den äußeren, von mir mit Bedacht gewählten Sitzplatz, dass ich auch bei Dunkelheit weiter lesen konnte. 'ne ordentliche Wurscht, ein ordentliches Bier, ein gutes Buch und so ein Ambiente bei fantastischem Wetter- was will man mehr? Ein weiterer schöner Tag ging zu Ende...