Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Dienstag, 31. Mai 2022

18.05.2022 Andys Pizza und Gagauz am Afghanistan- Platz

Das Wetter ist seit Mitte Mai schön und warm. Durchgehend über 20, ab und an bis 28 Grad. Meine "Kleinen" schreiben an einem Text zwei Schulstunden, weil die aber nicht als Doppelstunde verfügbar sind, habe ich nichts zu korrigieren, bis auch der zweite Tag vorbei gegangen ist. Ansonsten findet Schule nicht mehr wirklich statt. Zum Unterricht kommen nur noch Schüler/innen, die Lust an Deutsch haben und auf eine Stunde "freie Diskussion" zu selbstgewählten Themen warten. Die anderen pauken in jeder verfügbaren Minute für Rumänisch, Mathe oder Biologie. Wie so oft sind diejenigen, die nicht gut in Deutsch sind, auch schwach in anderen Fächern. So sitzen die da, die Mathe können und Deutsch auch. Macht Spaß und spart Vorbereitungen, Material usw. 

Die Noch- Freizeit nutze ich nach dem Unterricht für ein Bierchen im Freisitz von "Andys Pizza" (Bild oben) oder dem des "Gagauz" (Bild unten). Beide Restaurationen liegen einander gegenüber und bieten einen Blick auf das Afghanistan- Denkmal und die dort spielenden oder die Tauben fütternden Kinder. So kann man Leben genießen. 

Außerdem haben sich meine Debatten- Gruppen angesagt. Am Donnerstag gehe ich mit den Mädels aus der 11. zu "Andys" und am Freitag mit den Jungs und Mädchen aus der 10. auch zu "Andys", allerdings zu dem zweiten Lokal der Kette etwas weiter unten auf der Moskowa- Str. Alles gut also.

15.05. 2022 - Europatag in Chisinau

Auf dem Platz gegenüber vom Triumphbogen (Bild oben) hatten die europäischen Botschaften und diverse NGOs und Hilfsorganisationen, der DAAD, das Goethe- Institut usw. ihre Stände aufgebaut. Wir waren als Schule eingeladen, aber welcher Lerner geht am Sonntag in die Stadt, wenn ab Montag die Saison der "großen Klassenarbeiten" (Teze) eröffnet ist? Ich habe keine Schüler/innen getroffen. Aber am deutschen Stand fand ich Götz und Haro (Bild unten), die gegen Mittag ihre Schicht beenden konnten. Wir wollten nur kurz mal was essen gehen, blieben dann aber doch bis 17.00 Uhr bei schönem Wetter in einem Freisitz und nahmen die lateinamerikanische Geschichte durch. Haro ist ja Venezolanerin. Schöner Nachmittag und eine willkommene Abwechslung im zuletzt doch schon etwas nervtötenden Einerlei der Schule. Außerdem Krafttanken vor der Korrektursaison. 
Die damals noch kommenden zwei Wochen bestanden nur aus Korrekturen. In jeder Klassenstufe waren die Kleinen zu quälen, mindestens zwei große Klassenarbeiten pro Tag- so will es das Gesetz. Und für die Kolleg/innen und mich begann gleichzeitig die Klassenbuchmalerei. Was für ein Elend...

 

08. 05. 2022 - Tag des Sieges

Das hat mich doch interessiert und ich bin extra um die Mittagszeit in die Stadt gegangen. Im letzten Jahr war die Stadt voller Auto- Corsos mit russischen und Sowjetflaggen und überall standen Grüppchen von Leuten mit Soldatenkäppi in der verblichenen Farbe der Sowjetarmee herum. Russen offensichtlich. Rumänischsprachige Moldauer gab es kaum.
Letztere fehlten auch in diesem Jahr im Stadtbild. Als Rumäne hat man am 08. 05. eben nichts zu feiern. Aber auch die Russen haben sich merklich zurück gehalten. Es gab keine (!) einzige russische Fahne in der Stadt, obwohl das Polizeiaufgebot sehr überschaubar, sprich eigentlich nicht da war. Sowjetfahnen (Bild oben) gab es, aber alle waren durch Aufschriften, die sie als Erinnerungsstück an den Krieg kennzeichneten, verfremdet. Es scheint, als ob die russischsprachigen Moldauer doch keine Lust auf Anschluss ans "Mutterland" haben. Gut so.
Ansonsten bin ich zum Friedhof gegangen, um zu sehen, was so los ist. Unterwegs machte ich den Schnappschuss (Bild Mitte) vom Wohnsilo in der Altstadt. Natürlich soll dort nicht höher als zwei Etagen gebaut werden, aber wenn man Minister ist oder sonstwie Einfluss hat... Bin gespannt, ob man die Reste der Altstadt retten und ein bisschen angenehm als "Zentrum" umgestalten wird. Anfänge gibt es. Auf dem Friedhof viele Leute mit Blumen, die an den Gräbern etwas aßen und ihren Wodka tranken. Das kannte ich schon. Interessant das Grabmal mit dem Buch (Bild unten). Vielleicht ehrt es zu Sowjetzeiten umgekommene moldauische Intellektuelle und Schriftsteller? Ich habe es nicht herausgefunden, allerdings auch nicht wirklich nach einer Erklärung gesucht. Das Wetter war schön und so bin ich im Anschluss an den Spaziergang mit Haro was essen gewesen. Die musste mir die Sprachdiplome übergeben, die endlich an der Botschaft eingetrudelt sind. Die Schüler/innen hat's am Dienstag (Montag war noch frei) gefreut. 


 

30.04.2022- Sachen packen

Wieder mal Provokationen in Transnistrien. Im Fernsehen verkündet ein russischer General, Transnistrien - oder die Moldau (was völkerrechtlich immer noch dasselbe ist) - sei Kriegsziel der Russen. Wieder mal Aufregung in den Medien, an der Schule und bei der ZfA. Ausreisen? Kommt immer noch nicht in Frage. Aber ich packe wieder meinen Notfallkoffer und gleich noch ein paar Sachen, die ich in Suceava lassen will, sollte ich doch hier weg müssen. Ein paar Tage später hat sich die Lage wieder beruhigt. Ich trete trotzdem in Verhandlungen mit meiner Firma ein, was mir blüht, wenn ich den Einsatz hier im September nicht mehr antreten kann oder irgendwann danach beenden muss. Noch immer glaube ich, dass wir sicher sind, solange Odessa ukrainisch ist.