Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Mittwoch, 29. April 2020

Nichts Neues- Corona in Suceava

 Am 15. 05. soll die "Militärdiktatur" (Muster eines Zettels, der zum Verlassen der Wohnung zum Einkaufen etc. berechtigt- Bild unten) nun aufgehoben werden. Sogar die Kneipen können dann wieder öffnen. Dabei wächst die Zahl der Infizierten in Suceava immer noch schneller als im Rest des Landes (Bild oben), wenn es auch kein Drittel mehr ist und das Anwachsen moderat scheint. Daher ist es wohl sinnvoll, die Schulen geschlossen zu halten. Nur die 8. und 12. Klassen müssen ab dem 02. 06. in die Klassenräume und ihre Examina vorbereiten und durchführen. Auch die Unis bleiben bis nach dem Sommer geschlossen. Im Angesicht der nicht vorhandenen Leistungsfähigkeit des rumänischen Gesundheitswesens ist das alles sinnvoll und verständlich.

Das Schuljahr endet ansonsten planmäßig Mitte Juni. Bis dahin gilt für mich "virtueller" Unterricht. Das wird vehement eingefordert und soll kontrolliert werden. Von 09.00 bis 19.00 Uhr gilt Präsenzpflicht zu den normalen Unterrichtszeiten und man soll mit den Schülern kommunizieren. Die protestieren derweil in Bukarest, weil nicht alle technisch gut ausgestattet sind und selbst bei denen, die Internet und Computer haben, öfter zwei oder drei Geschwister sich ein Gerät teilen müssen. Kurz: Organisatorisch- technisch klemmt da noch die Säge. Intellektuell- technisch ist mir z.B. nicht klar, wie ich per Zoom oder was weiß ich Deutsch- Konversation machen soll. Mit wem reden? Wer würde, wenn ich ihn zur Konferenz "einlade", zuschalten? Noten dürfen ja nicht vergeben werden und rumänische Schüler lernen in der Regel nur für Noten. (Da gilt nun der bisher erreichte Notendurchschnitt.) Es würden also nur diejenigen dabei sein, die sich auch ohne mich mit deutschen Filmen usw. die Sprache beibringen können. Ich denke also, ich werde gezielt ein paar gute Schüler einladen und mit denen z.B. eine Debatte vorbereiten und führen. Und das war es dann. Ende Juni ist für mich ohnehin Pumpe. Mein Vertrag endet zum 31. 08. und vielleicht sieht mich das Jahr 2021 dann in der Hauptstadt Moldawiens...

Mittwoch, 22. April 2020

Suceava und Corona - Nix Neues

Die Zahlen steigen langsam, aber sie steigen trotz der drastischen Maßnahmen immer noch. Auch im Krankenhaus nichts Neues. Dazu der "Monitorul de Suceava": "Derzeit fehlen von 248 Ärzten 102 aus medizinischen Gründen wegen des neuen Coronavirus: 5 wurden ins Krankenhaus eingeliefert, 50 befinden sich noch im Krankenstand und 47 wurden als positiv kontaminiert isoliert. Wer negative Testergebnisse vorweisen kann, wird in den kommenden Tagen arbeiten. Dennoch meinte der Militärkoordinator des Krankenhauses, General a.d. Dr. Ionel Oprea, Staatssekretär im Gesundheitsministerium, am Dienstag, dass, wenn das medizinische Personal nicht innerhalb der nächsten 3-5 Tage zur Arbeit erscheint, das als unmotivierte Abwesenheit betrachtet und ihr Arbeitsvertrag gekündigt wird." (Bing Translator) - Hm. Kranke Mediziner per Befehl ins Krankenhaus? Scheint nicht die beste Lösung für die Patienten. Des Weiteren wird berichtet, dass mehrer Mediziner von sich aus gekündigt hätten. Auch, weil das medizinische Personal u.a. kein Recht auf Betreuungsurlaub für die Kinder hat... Trotzdem berichtete Freund Mircea von im Ganzen professioneller Behandlung und guter Versorgung durch das gestresste Personal. Nun ja...

Freitag, 17. April 2020

Robinson in Suceava

Man verkommt. Jedenfalls sieht es so aus. ;-) Ich habe mir einfach vorgenommen, den Bart wachsen zu lassen, solange ich meine Wohnung als "Eiland" betrachten muss. Modell Robinson - frustriert. (Bild oben) Bevor ich das Haus verlasse, schneide ich den Wildwuchs etwas zurück. Das ist alles. Bald sehe ich wieder so aus wie mit 25 oder 30. Der Seebär ist nur etwas grau geworden...

Ich weiß nicht, warum die Religiösen so ein Gewese um ihr heiliges Osterfest machen; am Karfreitag orthodoxer Zählung haben die Lebensmittelläden jedenfalls wie immer geöffnet und sowohl beim Häuslebau als auch auf den Großbaustellen ist viel Bewegung. Man arbeitet wie immer und schert sich einen Dr...ck um die Mundschutzverordnung.

Apropos Mundschutz. Ich bin streng verwarnt worden, nur wusste der Gendarm auch nicht, wo ich das angemahnte Teil her bekomme. Ich habe pflichtschuldig gesucht, aber keine Apotheke hat welche zu verkaufen. Stattdessen schauen mich die Aothekerinnen nur mitleidig an. Spinnt der? Mundschutz kauft man nicht, den hat man. Oder man klaut ihn. Oder... Keine Ahnung. Jedenfalls haben alle einen, bloß ich nicht.

Ansonsten haben sich die offiziellen Zahlen nun doch etwas nach oben bewegt. (Bild unten) Wenn sie irgendwo doch stimmen, dann würde das bedeuten, dass die Infektionsrate sich stark verlangsamt hat. Ich traue dem Frieden nicht. Aber schön wäre es. Davon ab zeigen die Inserate, dass täglich etwa drei Personen am Virus sterben.

Dienstag, 14. April 2020

Covid-19 in Suceava im April II

Gestern war ich noch bei 21 Grad in kurzen Hosen joggen, heute schneit es. (Bild eins und drei) Aprilwetter vom Feinsten und - seit Wochen (!) - das erste Mal Wasser für die Felder und die Pflanzen. Das ist gut...

Sonst nichts Gutes. Suceava ist nach wie vor Infektions- Hotspot in Rumänien. (Siehe Bild Mitte) Im Krankenhaus fehlt es nach Internetberichten nach wie vor an allem. Über Infektionszahlen ist weiter nichts bekannt. Seit Wochen steht die Zahl nun bei knapp 2000 und bewegt sich weder nach unten noch nach oben. Das liegt - wie man im Internet liest - einerseits an nicht vorhandenen Testkapazitäten. Getestet werden nach wie vor nur schwere Fälle im Krankenhaus. Auch für das medizinische Personal, das unverändert infiziert weiter arbeitet, gibt es keine Tests. Andererseits dürfte es an der hermetischen Abriegelung des Krankenhauses durch Straßensperren und Militärposten liegen. So dringen keine Informationen nach außen. Auffällig auch, dass "Monitorul de Suceava" heute zwar berichtete, dass erstmalig Schutzausrüstung für Mediziner eingetroffen sei, allerdings zu wenig, aber sonst keine
Zahlen und keine sonstigen Berichte zur Corona- Situation in der Stadt veröffentlicht. Informationspolitik?

Was macht Hoffnung? Man kann Suceava doch verlassen! Mehrere Spargelstecher aus der Region und der Stadt haben sich an den Kontrollen vorbei geschlichen und sind zur Arbeit angenommen worden. Nun berichtet einer von ihnen frustriert, wie schlecht sie in Deutschland behandelt würden, dass es keine Schutzmasken gäbe und dass man für wenig Geld eng zusammengepfercht ind Bussen und Unterkünften ausharren müsse. Fünf Infizierte seien schon isoliert worden. Je nun. It's Capitalism, stupid!

Außerdem gibt es den Bericht eines Professors und seiner Frau, die beide schwer erkrankten und nun ihre Leiden schildern. Nicht schön. Ich möchte es lieber nicht erleben. Jedenfalls bedanken sie sich bei dem aufopferungsvoll kämpfenden Ärzteteam, das am Ende seiner physischen und psychischen Leistungsfähigkeit sei. Auf Facebook kursierte heute ein Aufruf an die Zentralregierung, endlich Ärzte zur Unterstützung ihrer hiesigen Kolleginnen zu schicken. Aber da erfolgt nichts. (Vor ein paar Tagen war von Freiwilligen die Rede, sechs Mediziner aus Iasis und ein paar aus Sibiu.) Der Artikel schloss, wie üblich, mit der Anrufung an Gott, er möge helfen, weil die Politik es nicht tut. Nun, so sind wir denn von allen verlassen. Ostern eben: Eli, Eli, lama asabtani!

Dienstag, 7. April 2020

Covid-19. Die Lage im April

Derzeit sind etwa 200 medizinische Mitarbeiter im bereits seit dem 25. 03. geschlossenen Bezirkskrankenhaus von Suceava infiziert, was 60% der Gesamtzahl der im Gesundheitswesen von ganz Rumänien Infizierten entspricht.

Außerdem hat Suceava lt. "Monitorul de Suceava" mit über 600 die höchste Zahl bestätigter Covid-19- Fälle im Land. Das ist mehr als ein Viertel aller bekannten Fälle, wobei natürlich zu bedenken ist, dass nicht einmal alle Personen mit Symptomen, sondern nur die in Krankenhäuser zur Behandlung eingelieferten getestet werden. (Das Ergebnis kommt nach ca. 7-10 Tagen, da in Cluj getestet wird.)

Darüber hinaus sind mehr als ein Drittel der bisher in Rumänien offiziell an Covid-19 gestorbenen Personen aus dem Kreis Suceava. In ganz Rumänien sollen es bis Ende März 92 Tote sein.

Nicht lustig, wiewohl komisch, ist, dass nicht nur der Landkreis und die Stadt, sondern auch der verbliebene Teil des Krankenhauses (altes Gebäude) unter "Militärverwaltung" stehen. Seitdem ist dort heilloses Durcheinander, denn das Militär sorgt nur für hektische Betriebsamkeit. Mircea, der sich auf dem Wege der Besserung befindet, aber nicht entlassen wird, obwohl Betten fehlen, berichtet, dass er kaum zum Telefonieren kommt. Alle paar Minuten kommt neues Personal und misst Fieber, obwohl der Vorgänger gerade zur Tür raus ist. Es wird eine Unmenge an Papier vollgeschrieben, aber sonst passiert wenig. Auf Nachfrage antworten die genervten Ärzte und Schwestern, dass ihnen das alles egal ist, sie hätten Anweisung Fieber zu messen und was ein anderer Kollege tut oder getan hat, sei ihnen auch egal. Da möchte man alles sein, aber kein Patient.

Übrigens:  Jedes Mal, wenn ich sonst am Friedhof vorbei jogge, sind eine oder zwei der Leichenhallen "besetzt". Ganz selten ist mal ein Tag ohne Aussegnung. Jetzt habe ich schon 3 Wochen lang keine gesehen! Nur gestern stand ein einsamer Priester an einem einsamen Sarg und waltete seines Amtes. Beerdigungen konnte ich in den letzten Wochen vielleicht vier oder fünf (mit je 3- 5 Angehörigen) beobachten. Was machen sie mit den restlichen Leichen? Die Sterberate wird doch in Zeiten von Covid-19 nicht gesunken sein?

Übrigens: Wie zum Hohn haben wir seit Wochen strahlend blauen Himmel und es fällt nicht ein Tropfen Regen aus dem Azur!

Samstag, 4. April 2020

Schönes Wetter in Zeiten von Corvid-19

In Suceava sind nun die meisten Neuinfektionen wiederum bei Ärzten und medizinischem Personal bestätigt. Außerhalb des Krankenhauses hat es 43 Ärzte, 70 Krankenschwestern, 7 Pfleger und 41 Hilfskräfte neu erwischt. Insgesamt also 181 neue Fälle von 285 in ganz Rumänien. Die lokale Presse (Monitorul Suceava) berichtet, dass die Stadt die meisten Infizierten und Erkrankten in ganz Osteuropa habe. (Weit über 2000 von ca. 3800 bestätigten Fällen in ganz Rumänien.) Mehr Informationen, vor allem zur Situation in den Krankenhäusern, gibt es nicht. Allerdings finden sich im Internet vermehrt Videos von medizinischem Personal, das verzweifelt die Untätigkeit der Regierung und die Unfähigkeit der lokalen Behörden anklagt. Leider verstehe ich nicht alles und verifizieren lässt es sich ohnehin nicht. Aber es wird schon so sein. Es fehlt an Schutzausrüstung und sonstigem medizinischen Gerät. Wie (fast) überall...

Ich kann es nicht ändern und verbringe meine Tage zu Hause. Einmal in der Woche gehe ich am Sonntag früh, wenn die Stadt noch ausgestorben und der Laden leer ist, einkaufen. Nicht aus Angst vor Ansteckung, obwohl mir die Sache schon gefährlich werden kann, sondern einfach, um den Unannehmlichkeiten einer "sozialistischen (?) Wartegemeinschaft" zu entgehen, deren Regeln ich nicht verstehe und rein sprachlich nicht realisieren kann. Irgendwer hat irgendjemandem gesagt, dass er mal schnell noch woanders hin geht, und ich begreife dann nicht, warum ich nicht dran bin, wenn gerade jemand den Laden verlässt und der Nächste rein darf. Freilich rede ich dann Deutsch und die Leute resignieren. Aber mir ist es doch unangenehm...

Einzige Freude sind die "Ausläufe" bei schönem Wetter. So um die 13 Grad bei herrlichem Sonnenschein. Nach ca. 5 km erreiche ich den Fluss (Bild oben), an dem ich weitere 5 km entlang joggen kann (zweites Bild), ehe dann an einem Sumpfgebiet die begehbare Welt endet. (Bild drei am Ende) Dann geht es halt zurück. Dieses Mal war es wieder toll, weil die Hunde, die mich auf dem Hinweg nur aus den umzäunten Arealen verbellten, auf dem Rückweg plötzlich frei herumliefen und angriffen. (Bild unten - im Hintergrund sieht man das Dorf) Wer hatte da mal wieder seinen Spaß mit dem einsamen Jogger? Dumme Menschen. Wie oft ist es mir nun schon passiert, dass sie die Hunde zwar nicht auf mich hetzen, sie aber auf mich loslassen. Mein Sonargerät hat mir geholfen, nur in einem Falle musste ich mit einem Fußtritt reagieren, weil der Hund alt und wohl schon taub war. Ihn störten die Ultraschall- Schock- Wellen gar nicht. Ich hoffe, wenn ich einst alt und taub sein werde, dass es mir ähnlich ergeht! ;-)