Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Mittwoch, 8. Juni 2022

2022-06-07_Abschied die dritte...

Die Kolleginnen müssen noch arbeiten, was meint, dass sie ihre Klassenräume aufräumen, die Bücher in der Bibliothek sortieren, die Prüfungsaufsicht stellen und sonst noch was dieser Art zu tun haben. Im Wesentlichen aber haben sie freie Zeit, die totgeschlagen werden muss. Annas Kabinett mit Kaffeebereiter und Teekanne ist dafür gut geeignet. Allerdings ist es jetzt, wo die jungen Kolleginnen endlich dazu gehören, ein bisschen klein. Es sind dieses Mal auch alle da (Bild), um den Käsekuchen zu essen, der zu meinen Ehren und den Kolleginnen zum Besten zum erneuten "Abschied" bei einer Mutter bestellt wurde. Der Kuchen ist noch warm und schmeckt genial. (Auswirkungen auf den Zucker= Null.) Wir sitzen drei Stunden und schwatzen noch einmal ein bisschen über Schüler/innen und Eltern, das letzte Schuljahr usw. Dann bekomme ich das obligatorische Geschenk (Wein und Pralinen) und werde nach Deutschland entlassen, nicht ohne das Versprechen wiederzukommen, bekräftigt zu haben. Allerdings... - Aliona meinte, man könne sich doch am Freitag noch einmal sehen, Abschied zu feiern. ;-) Aber nur noch Kaffee- Trinken ruft Anna dazwischen. Ich erkläre mich bereit und werde am Freitag noch einmal in die Schule gehen. Das wäre dann Abschied die vierte...   

05-06-2022 Exkursion zum Nationalpark Pruth

Wie schon gesagt mögen sich die Kolleginnen "nicht einfach so" von mir trennen. Also holen wir die lange besprochene und kriegsbedingt verschobene Exkursion in den Süden nach. Ich meinte, es ginge zum Donau- Delta, aber das ist doch eher ukrainisch- rumänisch. Der moldauische Anteil ist eher die Pruth- Einmündung in die Donau, hier ein Nationalpark.

Gut, als wir losfahren, regnet es. Aber dann holt das Wetter doch noch zum Rundumschlag aus: 30 Grad und die Luft so feucht, dass im Auto die Scheiben von innen beschlagen. Ich bemerke also, dass meine Klimaanlage nun doch etwas altersschwach geworden ist. Macht nichts. Wir fahren also über mäßig gute, öfter mal stark beschädigte Straßen, ins Land. Links und rechts Hügel und die immer gleichen Dörfer, in denen wirklich nichts los ist. 

Erster Höhepunkt, an dem wir anhalten, (Bild oben) sind die "goldenen Hügel" (Bild zwei). Wann die wohl "golden schimmern"? Jetzt sehen sie eher aus wie eine kalifornische Wüstenlandschaft. Ich klettere trotzdem den Feldweg hinauf bis oben und sehe, dass es gar keine Anhöhe ist, sondern bloß der stark erodierte Landabbruch zum Urstromtal des Flusses hin, der in der Ferne zu sehen ist. Aber die Aussicht ist gut. Man schaut wirklich weit ins Land und über die Flusslandschaft.

Wir erreichen das Flussgebiet und ein (geschlossenes) "Eko- Dorf" weist den touristischen Höhepunkt aus. Es gibt auch ausgeschilderte Wanderwege um einen See herum und Tafeln mit Bildern der Tiere, die man sehen kann. Allerdings werden wir nach wenigen Metern von freundlichen Grenzpolizisten gestoppt, die offensichtlich arg verwundert sind, Leute aus Chisinau hier anzutreffen. Ich schweige wohlweislich und bin froh, dass sie sich mit Angelas Ausweis zufrieden geben. Wer weiß, ob man sich in der Provinz so ohne Weiteres vorstellen kann, dass ein Deutscher freiwillig hier arbeitet. Jedenfalls sollen wir zur Polizeistation, wo wir nach einer Überprüfung der Dokumente eine Besuchserlaubnis bekommen könnten. Wir beschließen, lieber etwas zu essen zu suchen. 

Allerdings gibt es eigentlich 150 km lang nichts (außer vielleicht in Cachul, wo wir aber nicht mehr gehalten haben). Was wir finden, hat nur ein Angebot, außerdem nur Cola, Traubensäfte und Wein, aber kein Wasser. Ich spiele also Kamel, da mir mein Zuckerspiegel bei der ganzen Sitzerei im Auto nicht geheuer und Traubenzucker bzw. Cola nun wirklich das Letzte sind, was Diabetiker brauchen. Die Kolleginnen sind erstaunt, aber mich alten Afrikaner stört der Flüssigkeitsmangel auch bei 30 Grad nicht wirklich. Angela findet dann doch noch Wasser in ihrer Tasche und ich trinke einen kleinen Becher voll und bekomme einen Kaffee. Immerhin. Die Toiletten haben altes ukrainisches Format (drittes Bild), von dem ich dachte, ich hätte es hinter mir. Aber der historische Verzug holt mich nun seit 30 Jahren immer wieder ein. 

In Chisinau angekommen, wird das Essen als "Abschiedsessen" im Gagauz (immerhin waren wir in der Region) nachgeholt. (Bild unten) Aliona beschließt dann, dass ich am Dienstag doch noch einmal in die Schule kommen soll - ich muss sowieso noch meinen Urlaubsantrag unterzeichnen. Worum es ging? Nun, wir müssten noch mal Abschied... usw. usf.

Freitag, 3. Juni 2022

01. 06. Abschlussessen mit den Kolleginnen

Das Wetter war schön, das Essen lecker und der Wein hat (nicht nur) Aliona (Bild oben) geschmeckt. Warum auch nicht? Ein arbeitsreiches und nervlich belastendes Jahr liegt nun hinter uns allen. Das "Kollektiv" hat sich bewährt, auch wenn es wegen unterschiedlicher Bewertungen der Gründe und Folgen des russischen Einmarsches in der Ukraine zwischenzeitlich ein paar Verstimmungen gab. Aber alle haben immer daran gearbeitet, sie nicht wirklich manifest werden zu lassen. Man kennt sich eben schon lange. Angelica (Bild oben) lächelt auch entspannt. Gut so. Was die Frau an dieser Schule arbeitet, geht auf keine Kuhhaut. Meist ist sie kurz nach sieben schon in der Schule und oft ist sie 18.00 Uhr und am Wochenende auch noch da. Wie lange kann man das durchhalten? 

Erfreulich, dass es dieses Mal gelungen ist, die jungen Kolleginnen (Bild unten) zur Teilnahme zu überreden. Mir scheint, es hat ihnen gefallen, denn die Idee, unbedingt noch einmal gemeinsam ins Land zu fahren und mich danach sozusagen ein zweites Mal zu verabschieden, stieß bei allen auf Zustimmung. Die Fahrt wird am Sonntag stattfinden und ich werde berichten. ;-)  Ceci, Anna und Angelica (nicht im Bild) waren natürlich mit von der Partie und können alle mitkommen, da Valeria (Bild unten ganz rechts) ein Auto hat und wir alle fahren können.
 

31. 05. 2022 - Letztes Klingeln

Die 9. und 12. Klassen hatten ab 25. 05. Prüfungsvorbereitung, die 10. und 11. hatten den Rest der Woche noch ein bisschen "Spaß", d.h. es fand de facto kein Unterricht mehr statt. Einige mussten noch schnell mal einen Test nachholen, andere waren mit der Erstellung der Noten in den Klassenbüchern beschäftigt oder mussten anderweitig ihren Klassenleiter/innen helfen usw. usf. Ich habe ein bisschen über Rock und Pop meditiert und die Frage der "Entstehung der jungen Generation" diskutiert und bin z.B. mit Madalina aus der 10 a (Bild oben) gut damit gefahren.

Am 31. war dann "Letztes Klingeln"; der Name bezieht sich auf den Abschluss, wenn ein Schüler der 12. Klasse ein Mädchen der ersten um den Platz trägt und die natürlich wie wild bimmelt. Die Schule hatte den Beginn der Veranstaltung auf 08:15 Uhr festgesetzt, also den normalen Unterrichtsbeginn. So was geht natürlich nicht. Am Tag vorher kam die Anweisung "von oben", man dürfe erst 08:30 Uhr beginnen. Pech für geladene Gäste wie den deutschen Geschäftsträger, der nicht zu spät kommen wollte und daher nun 45 min Zeit totschlagen musste. Aber Ullrich hat's gelassen genommen. 

Dann kam eine Rede nach der anderen und es wurden Urkunden für die Olympiade- Siege, für die Pflege der Blumentöpfe im Klassenraum und die "besten Familien" vergeben. Ja, Eltern durften auch nach vorne kommen. In diesen Rahmen passte dann die DSD II- Diplom- Übergabe. Leider fehlte Anna, die sich einer Krebstherapie unterziehen muss. Daumendrücken.

Nach dem trockenen Teil, der immerhin über zwei Stunden dauerte, weswegen das medizinische Personal öfter ausrücken musste, um Grundschüler/innen zu versorgen, die bei 27 Grad in der Sonne nicht mehr fit waren, kam endlich das, worauf die Schüler/innen gewartet haben. Die 12. Klassen hatten Tanzdarbietungen (wegen Männermangels mit den Jungs von der 9. ) einstudiert. (Zweites Bild) Es sangen auch Schüler/innen der Grundschule. Mit dem Zünden der Nebelkerzen (Bild drei) löste sich die offizielle Veranstaltung dann in einen allgemeinen Reigen auf (Bild unten), der die Kulisse für die beiden "Klingler" abgaben. Dann gab es noch Klassenleiterstunden und ich ging, weil es nichts mehr zu tun gab und niemand für mich Zeit hatte. Komisch, ich fühlte mich in diesem Moment einsam. Ein bisschen so, als hätte einen die Familie verlassen. ;-)  

26. 05. 2022 - Probeprüfung mit den 11. Klassen

Ja klar, ich erlebe nicht wirklich was und so sind die einzigen "Erlebnisse" meine Schüler/innen und das, was ich so mit ihnen veranstalte. Jedenfalls sieht so eine Probeprüfung zum DSD II aus: 45 Minuten Hörverstehen, 75 Minuten Leseverstehen und 120 Minuten Schreiben standen auf dem Programm. Hören und Lesen können sie alle, beim Schreiben reichte das Spektrum von 22/ 24 Punkten bis zu 1/ 24 Punkten. 

Probleme hatten vor allem die Schüler/innen, die später erst in die Schule kamen und im Frühjahr erst einmal das DSD I bestanden haben. Der Niveauanstieg ist doch merklich und damit nicht einfach so zu bewältigen. Aber sie wollen alle und haben versprochen, den Sommer über Deutsch zu lernen. Na, mal sehen, ob es was wird. Im September bekommen sie noch eine Chance. 

Aber so oder so freue ich mich auf die kommende Arbeit und hoffe auf eine hohe Lerndisziplin im nächsten Schuljahr. Beide 11. Klassen sind nett und arbeiten konzentriert. Manchmal sind sie mir sogar ein bisschen zu diszipliniert. So ein junges Leben kann doch nicht bloß aus Arbeitsmoral bestehen! Aber, klar, es gibt weitaus Schlimmeres.   

 

23. 05. Vorletzte Stunde in den 9. Klassen

Am 25. 05. war letzter Schultag für die 9. Klassen, die danach in die Vorbereitungszeit auf ihre Abschlussprüfungen gehen. Wir haben also in den Tagen vorher nicht mehr wirklich was gemacht. Leider wollen mich meine Besten verlassen und gegen Geld in Studienkollegs weiter lernen. Dabei hatte ich an Nicoleta und Ion viel Spaß. Sie waren nicht mal sehr gut in Deutsch, aber kreativ und aufgeweckt (Nicoleta- oben links hinten) und ruhig und überlegt (Ion- oben rechts hinten). Roze- Maria und Laurentiu bleiben vielleicht.

Dasselbe hoffe ich auch von Bogdana (unten links vorne), deren Vater in Deutschland arbeitet und die in diesem Jahr von fast Null bis zum DSD I und am Ende vielleicht schon auf Niveau B2 kam. Ich würde bedauern, wenn sie geht. Bei Dumitrita, Computer- Nerd Richard (rechts- hinten) und Sandu entscheiden die Noten, ob sie bleiben. Aber Richard hat wohl eher keine Lust, weiter Deutsch zu machen. Na, mal sehen... 

 

16.05. 2022 - Klasse 11 b beim Test (Schriftliche Kommunikation)

Natürlich habe ich wieder die schriftlichen Einverständniserklärungen der Eltern nicht eingeholt, was nun wohl... - ja, wozu führen wird? Keine Idee.

Letztens habe ich einen Haufen Arbeit darauf verwendet, auf Ansinnen der Botschaft, die eine Fotoausstellung "30 Jahre Zusammenarbeit Deutschlands mit der Moldau" machen wollte, Bilder von vergangenen Events an der Schule aufzufinden, zu bearbeiten und sie dem Kollegen zur Verfügung zu stellen. Kurz vor der Fertigstellung kam dann die Mitteilung, dass man die Bilder nicht veröffentlichen könne, wenn ich nicht die Datenschutzerklärungen nachliefern könnte- hm, das wären etwa 320 Stück von Leuten gewesen, die z.T. längst im Ausland studieren oder arbeiten und die ich nicht mal kenne. (Man hätte sie auch auf den Fotos identifizieren müssen!) Selbst von der aktuellen Schülerschaft hätte ich mir das bei ca. 120 Diplomand/innen aktuell nicht ans Bein gebunden. Und so gibt es von der ZfA keinen Beitrag.

Na, wie dem auch sei. Hier sind jedenfalls Schüler/innen zu sehen, die im nächsten Schuljahr die Prüfungen zum DSD II ablegen wollen. Bisher rechne ich mit ca. 30 Kandidat/innen. Auf den Bildern gut zu sehen ist die empfindliche Kühle in meinem Kellerloch. Selbst im Mai sitzen die "Kleinen" in Jacken und Mänteln und die Rate der Erkälteten war hoch. Ok, ist schon Geschichte. ;-) 
 

Mittwoch, 1. Juni 2022

20.05.2022 - Gruppenarbeit in der 10b

Nicht mehr alle aus der 10 b sind da, aber die, die da sind, arbeiten intensiv und interessiert, freuen sich, dass es in dieser Stunde keinen Test gibt. Der Leistungsdruck am LT Kogalniceanu ist absurd hoch. Man sitzt bis tief in die Nacht und lernt für die Tests. Nichts sonst zählt. Trotzdem versuchen alle meine Schüler/innen die Formulierung einer eigenen Meinung und wissen, was "Argumentieren" bedeutet. 

Am LT Eliade, auch eine meiner DSD- Schulen, scheint der Drill noch höher, weshalb die Schüler/innen dort grammatisch und im Wortschatzbereich viel besser als meine sind. Aber sie sind durchgängig (!) nicht in der Lage, eine Argumentation mit anschließender Formulierung einer eigenen Meinung zu schreiben. Es ist absurd, aber sie verweigern das sogar. "Man muss", "man soll", "man darf nicht"... - aber nie auch nur einen Satz zum "Warum nicht?". Bei den mündlichen Prüfungen sah das so aus: "Was könnte man an deiner Schule verbessern und warum denkst du so?" - "An meiner Schule ist alles gut." Und nun reproduziert sich das in den schriftlichen Arbeiten. Die Kandidat/innen werden bestehen, weil sie sprachlich gut sind, aber sie riskieren doch ein "Thema verfehlt", weil die Aufgabenstellung die Formulierung einer eigenen Meinung fordert. Ob ich das bis November noch schaffe? Na, mal sehen...