Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Freitag, 12. April 2019

Klostertour bei miesem Wetter

Paulines Eltern sind in Suceava und sollen doch auch einen Eindruck von Rumänien bekommen. Also machte ich mich wieder auf als Reiseführer zu der nun schon altbekannten Tour. Besonders wurde der Ausflug durch das schlechte Wetter und den Zeitpunkt Mitte der Woche: Niemand außer uns wollte die Klöster sehen! So kam ich das erste Mal in den Genuss, auch dort zu fotografieren, wo es eigentlich verboten ist. Selbst die wachhabende Nonne war ja von der Einsamkeit vertrieben worden...

Wie immer begannen wir in Voroneț (Bild oben), wo extra für uns ;-) die Kronleuchter eingeschaltet waren. (Bild zwei) Man ahnt die Kuppelhöhe, die durch die schmale Bauweise größer scheint, als sie ist. Der Effekt ist sicher gewollt, denn wirklich scheint es so, als strebe alles hinauf zum Pankreator, der von oben herabschaut.

Beeindruckend der Ikonostas, gefertigt aus irgendeinem aromatischen Holz, dessen Ingredienzien ganz natürlich Holzwürmer fern halten. (Bild drei) Allerdings ist er eine spätere Einfügung und gehört so nicht zur originalen Innenausstattung. Wenn diese Information stimmt, dann muss man davon eine Großserie aufgelegt haben, denn so wie die Klöster in einem Rutsch und also in einem Stil aus- und angemalt wurden, gleichen sich auch die Altäre in Voroneț, in Moldovița und in Sucevița.

Alle drei Klöster standen der Reihe nach auf dem Programm, was auch sinnvoll ist, denn nur wenn sie kurz nacheinander auf den Betrachter wirken, erschließen sich die unterschiedlichen "Richtfarben" und die kleinen Differenzen in der Einheit der Grundanlage der Fresken. Mal ganz davon abgesehen, dass am Startpunkt die Herrscher- Familie erst mit einer Tochter gesegnet war, während dasselbe Motiv ein "Kloster später" um den kleinen Sohn erweitert ist.

Persönlich gefällt mir Moldovița immer wieder am besten. Das Abtshaus ist von edlen Proportionen und die offene Vorhalle vor dem Eingang der Klosterkirche verleiht dem Bau eine gewisse Besonderheit. Endlich konnte ich die "Flucht" der Türen fotografieren, die jeweils einen der stets drei Teile der Kirche voneinander trennen bzw. verbinden. (Bild vier)

Bei Regenwetter ist auch ein merkwürdiger Effekt der Machart der Außenfresken gut zu sehen: Sie ziehen das Wasser an und beginnen dunkler zu strahlen, während dieselben Bilder bei Sonnenschein ausgebleichter wirken. Dass dieses Phänomen die Malerei nicht zerstört ist schon bemerkenswert. Immer wieder lustig die Darstellungen des Paradieses. (Bild unten) Man fragt sich schon, welche Pflanzen für diese "Bäume" (?) Modell gestanden haben!

Der Tag klang im "ZoNa" aus, wo sich die Familie mit einem frugalen Abendmahl revanchierte. Nette Leute, wobei ich der 10-km- bzw. Marathon- Zeiten von Herrn Klementz wegen durchaus neidisch wurde. Er will den Hamburg- Marathon demnächst in einer Zeit knapp über drei Stunden schaffen- so schnell kann ich keine 10 km mehr laufen...

Mittwoch, 10. April 2019

Geburtstag

Ok, ich trage es doch nach: Meinen Geburtstag verbrachte ich also in Chernivtsi. Ich hatte bis ins Hotel die Hoffnung, quasi "inkognito" gereist zu sein. Die Schüler ließen sich nichts anmerken. An der Rezeption wurde das Datum bemerkt, aber ich konnte die Angestellte zum Schweigen bringen. Allerdings fand ich später, ins Zimmer zurückgekehrt, eine Glückwunschkarte und eine Flasche Sekt vom Haus. ;-) Abends, in der Kneipe, schmetterten meine "Kleinen" dann aber doch "Weil du heute Geburtstag hast..." und warteten begierig, was ich zu dem Geschenk sagen würde. Klar, die Eltern hatten es bemerkt, als sie meine Daten auf die Notarurkunden übertragen ließen, und so konnte ich dem Bekenntnis nicht entgehen. "Halb Mensch, halb Gott"? Na ja... Aber ein bisschen stolz bin ich doch. Und ein Buch von Noam Chonsky- das hat bestimmt Alexa ausgewählt. Und so hatte ich also doch noch Geschenke zum Geburtstag bekommen, obwohl ich im Internet alle Spuren dieses Datums sorgsam gelöscht und mich vom Wohnort fern gehalten hatte... 

Jugend debattiert in Chernivtsi

Mit der neuen Kollegin am Gymnasium Nr. 1 in Chernivtsi, also meiner vormaligen Wirkungsstätte (2006-2008), hatte ich schon im letzten Sommer ein paar Projektideen vereinbart. Kennengelernt hatte ich Steffi (drittes Bild in der Mitte oben) in Kiew bei Jugend debattiert international. Sie war mir als Jurorin zugeteilt worden und berichtete damals von ihrem neuen Vertrag mit der ZfA. Kontakte zwischen Suceava und der Ukraine erschienen mir natürlich lohnend und also motivierte ich zunächst Pauline einen Briefwechsel der 9. Klassen zu initiieren. Er scheiterte allerdings an der ukrainischen (?) Post, die Anfang April auslieferte, was Ende November in Suceava angefertigt worden war...

Inzwischen hatten wir aber beschlossen, ganz "privat" einen kleinen Debattenwettkampf zu organisieren und ich suchte nach Schülern. Leider sagten einige, die ich gerne dabei gehabt hätte, ab, denn die Eltern fanden es unzumutbar, mir ihre Kinder für eine Fahrt in den "wilden Osten" auszuliefern. So musste ich auf Freiwillige zurückgreifen, die ich zwar sehr schätze, denen ich aber eher nicht zutraute, in einer auf Deutsch geführten Debatte spontan zu bestehen. Bisher waren Teodora, Alexandra (drittes Bild links unten) sowie Andrei und Teodor (im selben Bild rechts unten) lediglich durch gute schriftliche Leistungen aufgefallen. Aber sie sind klug, das wusste ich. Und obwohl wir kaum Zeit zum regelrechten Debattentraining hatten, wenn wir zusammen kommen konnten (Teodor nimmt an der nationalen Geografie- Olympiade teil und Andrei an der in Informatik, Teodora und Alexandra lernen für das Cambridge- Zertifikat) galt ihr Interesse eher der Diskussion um die möglichen Argumente, hatten sich alle selbstständig gut vorbereitet. Sie nahmen die Sache ernst und Alexandra, die Philosophin (vorletztes Bild rechts am Rand), dominierte die Debatte souverän. Auch Teodor, im Bild links unten, bewies, dass er doch frei und konzentriert sprechen kann. Seine Argumente waren - wie erwartet - die eines klugen jungen Mannes. Teodora spricht frei Deutsch und konnte das zeigen und auch Andrei schlug sich wacker. Das sollte allen Kraft geben.

Was aber ist ein Erfolg? Der größte Erfolg war die Frage, ob wir nicht einen Tag länger bleiben könnten, damit man mit den neuen ukrainischen Freunden eine Party machen könnte. Vorher wollten alle am liebsten im Hotel und nicht privat übernachten; einen Abend und eine Nacht später sah das ganz anders aus. ;-) Dabei waren Valentina Jacoban (drittes Bild links neben Steffi) und Max Savchuk (unten zwischen den rumänischen Mädels und Jungs) und ihre Familien die erhofft vorbildlichen Gastgeber. Jacoban? Savchuk? Da war doch mal was... Genau! Schwester Nadia Jacoban war 2008 mit beim Filmprojekt und mit mir in Deutschland; Natalia Savchuk hatte ich etwas später in einer DSD- Klasse, die ich von Ivano- Frankivsk aus betreute. Beide sind mir noch in guter Erinnerung und in den Geschwistern fand ich so etwas wie die jüngeren Abbilder. Spannend!   

Klar, wir waren auf dem Friedhof, an der Universität usw. Die Bilder spare ich mir- sie standen schon zu oft hier in diesem Blog. Dafür poste ich originelle (?) Aufnahmen (wegen der Katze- Bild oben) über die Dächer von Chernivtsi hinweg. (Zweites Bild) Olja hatte einen Bekannten, der unter dem Dach eine bescheidene Bleibe gefunden hat und der bereit war, uns durch seine "gute" Stube aufs Dach zu lassen. (Bild vier- der fotografierte Fotograf!)

Heute war dann die Debatte mit den 9. Klassen als Publikum. (Bild unten- das "Team") Danach ging es ab nach Hause. Ich hatte Angst vor den üblicherweise langen Wartezeiten an der Grenze, aber Teodor, der sehr religiös (und dennoch völlig offen) ist, hatte einen guten Draht "nach oben" geschaltet und wir kamen in nur 45 Minuten "rüber". Das ist einsamer Rekord. Nur mit der Diplomaten- Kartotschka war ich schneller. Also: Ende gut, alles gut.

Bukarest am Nachmittag

Das war dann also das Nachmittagsprogramm. Zunächst fand ich durch Zufall eine zwar auch sehr touristische, aber doch originelle Passage voller kleiner Kneipen. (Bild oben) Ich ging dann in Richtung Parlamentsgebäude. Dessen Scheußlichkeit ist in seiner Gigantomanie kaum zu überbieten. Wie man am drittletzten Bild sieht, folgt die "sozialistische" Neubebauung dem Pracht- Straßen- Prinzip und ist entlang von Sichtachsen ausgerichtet. Egal, wo man ist, immer sieht man irgendwo das Monstrum des Parlaments aufragen. Dabei nehmen sich die künstlichen Wasserflächen allerdings gut aus. (Zweites und drittletztes Bild) Sie mildern den miesen Eindruck etwas. Aber ich greife vor.

Zunächst umrundete ich das riesige Areal des Ceausescu- Baus und ärgerte mich über das Akademie- Gebäude, das Marriot- Hotel und all den anderen Mist, der nur das Bestreben zeigt, den Gigantismus fortzusetzen. Nicht zu reden von der größten Kirche des Landes, die jetzt neben dem Parlament auf dem genannten Areal errichtet wird. Sie strebt unproportioniert in die Höhe, will die Traufhöhe des Parlaments überragen und hat mit der Ehre Gottes vermutlich ziemlich wenig, mit dem Vorzeigen der neuen Macht der Orthodoxie allerdings sehr viel zu tun. Pfui Teufel...

Schrecklich groß und eher an ein Aufmarschgelände als an ein Ehren- Hain erinnernd auch der Carol- Park, an dessen Ende auf einer Anhöhe das Heldendenkmal mit ewiger Flamme steht. (Bild zwei) Hier kann man gut erkennen, wie wenig man dem Klotz entgehen kann (obere linke Ecke). Man sieht ihn wirklich von überall; von der Höhe herab sowieso.

Vorne also die Neubauten, die - hat man sich einmal dran gewöhnt - irgendwann doch etwas Hauptstädtisch- Großzügiges bekommen. Dahinter allerdings der sprichwörtliche "Hinterhof". Wahrscheinlich wollte man die Häuser irgendwann einmal abreißen und weiter "gigantisieren", hat es dann aber nicht geschafft. So ist ihnen das Elend der Bewohner auf die äußere Haut geschrieben. (Bild drei) In vielen Nebenstraßen, in denen vermutlich Zigeuner leben, sieht es aus wie in verfallenen Dörfern.

Auf der anderen Seite des Palasts traf ich dann wieder auf den Fluss, an dessen Ufern die alt-neue sozialistische mit der neuen kapitalistischen Moderne eine im Ganzen gelungene Symbiose eingeht. (Bild vier und Bild fünf) Ein Fluss kann wirklich viele Gegensätze vereinen und schafft immer eine eigene Atmosphäre. Es tat gut, dort entlang zu gehen, zumal sich - besonders um die National- Bibliothek herum - viele kleine Cafes und Restaurants dort  angesiedelt haben. Das Publikum darin war allerdings ziemlich "hipp"; nicht so wie in Berlin, sondern eher der Typ "Berliner Hipster" plus dick aufgetragenem osteuropäischen Standesbewusstsein als Neureicher. Nichts für mich also. Schon die Art, wie das, was sich da als Frau präsentiert, Zigarette raucht und dabei die Armbänder voller Klunkerln klappern lässt, nahm mir jede Motivation, mich niederzulassen.

Immerhin stellte ich das Bemühen um Begrünung fest. Ein paar Bäume, Büsche und Rasenflächen entspannen den erschlagenden Eindruck des sterilen Betons doch merklich. Nur der dämliche Parlaments- Palast, der von allen Seiten gleich klotzig aufragt, ist davon nicht betroffen. Der bleibt einfach nur misslungen und hässlich. Na ja, sein "Erbauer" war Schuster und dazu wohl vom Dorf- entschuldigt das alles?

In den sich nun an das beschriebene Stadtbild anschließenden "Avenues" kann man wohl wohnen resp. schlafen, wirklich spazieren kann man da aber nicht und leben will ich da auch nicht. (Vorletztes Bild) Ich gab auf und kehrte um, indem ich mich querfeldein mitten durch die Reste der Altbebauung und die als "Stadtverdichtung" erkennbare Neuerrichtung von "Glashäusern" schlug. So manches Mal endete der Weg an einem Bauzaun. Dann gelangte ich aber doch wie geplant an den Universitätsplatz mit Philharmonie usw., enterte die Metro und kam gerade noch rechtzeitig und erschöpft im Hotel (Bild unten) an.

Ich hatte noch 15 Minuten Zeit zum Duschen und Umziehen, dann holte uns ein Kollege ab. Der Abend bei Liesegangs in der in einer gated area gelegenen Villa mit Swinning- Pool etc. verging schnell und nett. Das Essen schmeckte, der Rotwein auch; für Stimmung sorgten die jungen Leute, die lustig vor sich hin schnatterten. Um Mitternacht fiel ich ins Bett und registrierte noch die Anzeige auf der Fitness- Uhr: 28798 Schritte und damit neuer Rekord! ;-) Am Sonntag fuhr ich dann zurück und erreichte Suceava nach ebenfalls rekordverdächtigen 6,5 Stunden. Fazit? Beim Chef war's schön und angenehm. Aber nach Bukarest muss ich nicht wirklich ein zweites Mal.

Bukarest am Vormittag

Am 03. und 04. April waren die mündlichen Prüfungen zum DSD A2-B1 (Sufe I).Aus diesem Anlass reiste mein Chef an und wir prüften in zwei Kommissionen und hatten zwischen den Tagen einen schönen Abend im neu eröffneten "ZoNa" (sehr zu empfehlen!) Da unser Fachberater/ Koordinator für den 06. 04, zum alljährlichen "Privat- Jahresempfang" nach Bukarest geladen hatte, bot sich eine gemeinsame Reise an.


Am 05. 04. starteten wir also um 10.00 Uhr Richtung Bukarest, das wir um 17.30 Uhr erreichten. Das Hotel "Caro" war angenehm. Für die 4 Sterne und die Lage in der Hauptstadt, zwar am Rand, aber doch günstig zur Metro und einem neuen Shopping- Center, sind 36,- Euro preiswert zu nennen. Ich hab's genossen. Pauline weihte mich in die Geheimnisse der Bukarester Metro ein, so dass ich das Auto stehen lassen konnte. Wir lieferten sie in ihrem Hostel ab und erkundeten erst einmal das Altstadt- Zentrum. Puh! Da ist wenig, was einem gefallen könnte. Wie in Constanta verrottet die Bausubstanz vor sich hin. (Bild fünf) Nur wenige Teile sind im Stück saniert. Darin befinden sich Cafes, Pubs und viele Kneipen mit Pizza- und Burger- Billig- Angeboten. Alles ziemlich touristisch. Wir fanden aber ein nettes libanesisches Restaurant mit sehr guter Küche, angenehmer Bedienung und dezenter Musik. Das hat mir gefallen.

Am anderen Tag trafen wir uns an einer unserer dortigen DSD- Schulen. Ein paar Kollegen und viele Freiwillige wollten an der Stadtführung mit Familie Liesegang teilnehmen. (Bild oben) Wir starteten durch das Diplomaten- Villen- und Botschafts- Viertel. Da sah es natürlich aufgeräumt und vorstädtisch- wohlhabend  aus. Die folgenden Straßenzeilen kann man eher gesichtslos nennen. Auch im erweiterten Altstadt- Zentrum eine eher form- und stillose Bebauung im Mix aus Repräsentationsbauten, die schon im frühen 20. Jahrhundert für das arme Land etwas zu groß geraten waren (Bild drei), den Null- Acht- Siebzig- Häusern der Zwischenkriegszeit und sozialistischem Neubauschrott. Wie "früher" kaschiert man auch heute noch die Bröckelfassaden mit patriotischem Plakatmüll. Auch das zu groß! (Bild zwei)

Eine echte Erholung für die Augen waren bei dem noch dazu nasskalten Wetter die Parks. (Bild vier) Die Platanen von beeindruckender Größe gefielen mir besonders. Ich habe nie zuvor einen "Platanen- Park" gesehen. ;-)

Dann endete der "offizielle Teil" und unsere Gruppe zerstreute sich. Ich wollte eigentlich ins Hotel, fand dann aber doch Gefallen am ziellosen Umherstreifen. Das Wetter wurde auch langsam besser und so gewann die Stadt etwas an Reiz.