Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Mittwoch, 29. Dezember 2021

Heimfahrt durch die verschneiten Karpaten

Der erste Abschnitt der Reise ging am 19.12. von Chisinau bis Suceava und war höhepunktlos. Meine sichtbaren Mitbringsel (eine 2l- Flasche Rotwein, eine normale Flasche Wein und eine Flasche Cognak) zogen zwar eine Frage vom Zöllner nach sich, aber meine Gegenfrage "Was soll man sonst aus Moldawien zu Weihnachten mitbringen?" wurde mit einem freundlichen Lächeln quittiert. Ich durfte weiterfahren.

In Suceava wollte ich einen Tag bleiben, Mircea und Familie besuchen und vor allem meine Toner- Reserven für meinen Brother- Kopierer auffüllen. Aber aus Letzterem wurde nichts: Mein kleiner Laden vor der Schule ist Pleite! Nun musste ich doch bei dem verhassten Amazon nicht nur meinen Grundbedarf für Moldawien, sondern auch den Kopier- Kram in Auftrag geben. Schade auch deswegen, weil nun nicht mehr aufgefüllt werden kann und ich die alten Toner- Kartuschen wegschmeißen muss. Ich hasse es.

Bei Mircea war alles wie immer. Lili hatte lecker Braten gemacht und der Rotwein hat geschmeckt. Schön war auch das Wiedersehen mit Alexandra, die sich nun der KJÖ anschließen will, sich aber meine Einwände gegen diverse Thesen der Intersektionalität dennoch aufmerksam angehört hat. So macht Diskussion Spaß.

Dann setzte allerdings Schneefall ein und in den Karpaten wurde es glatt. Trotzdem hatte ich gut daran getan, die kleine Straße Richtung Baia Mare zu nehmen. Da Kettenpflicht herrschte, waren keine LKW unterwegs. Auch fast alle anderen Fernreisenden mieden die Strecke, so dass ich gut durch kam. Zwar
konnte man nur um die 60 km/h schnell fahren, aber da kaum Gegenverkehr kam und fast nie jemand zu überholen war, schlingerte ich lustig über die schneeglatten Straßen und hatte noch Zeit, die herrliche verschneite Natur zu bewundern. So erreichte ich das Hotel sogar noch so rechtzeitig, dass ich im Restaurant was zu essen bekam. Ende gut, alles gut. Auch der weitere Streckenverlauf war überraschend problemlos: Alle Staus (und es waren viele!) waren auf der Gegenseite! Sogar in Prag lief der Verkehr auf meiner Spur. Irgendwer da oben hatte Mitleid mit mir. Um 18.00 Uhr am 22.12. erreichte ich die Nernststraße! 


 

Donnerstag, 16. Dezember 2021

Weihnachtsstunde

Noch fühlt es sich nicht so an, aber morgen ist mein letzter Schultag in diesem Jahr. Zeit für die Weihnachtsstunde. Die Pyramide kommt - wie immer - sehr gut an. Alle wollen sie filmen und versuchen auch, den Rauch aus dem Mund des Räuchermanns einzufangen. Die Faszination für das Feuer macht es dann leicht, klarzustellen, dass "deutsche Gemütlichkeit" eben nicht "Bequemlichkeit" meint, worunter die Schüler/innen sich was vorstellen können. Was aber Gemütlichkeit sein soll... Aber dann klappt es. Ja, das Kerzenlicht ist schön und eine andere Atmosphäre als die Neonleuchten. Genau. Das war's schon. ;-)

Ansonsten klären wir das heillose Durcheinander von Traditionen, die auf welchem Wege auch immer hierher gelangt sind. Fast alle Schüler/innen bekommen zum Nikolaus- Tag Schokolade und Geld in die Schuhe und wissen, allerdings erst auf Nachfrage, dass man die putzen soll. Vom orthodox- katholischen Brauch, die Süßigkeiten dem schlafenden Kind unters Kopfkissen zu legen ("Den Seinen gibt's der Herr im Schlaf.") wissen sie nichts. Ähnlich konfus ist die Schenkerei, die bei einigen wenigen am 25.12., bei den meisten am 01.01. und bei ein paar Leutchen auch am 07.01. stattfindet. Das alles unabhängig von irgendeinem religiösen Hintergrund. Tannenbäume (Plastik) haben alle zu Hause. Aber die gehören zum Jahreswechsel und niemand weiß so genau, was "Jolotschka" bedeuten soll. Man sieht es an dem Tannenbaumschmuck im Land. Licht, Licht und nochmals Licht - am besten blau. Kugeln gibt es auch keine. Meist hängen kleine Geschenkpäckchen am Baum. Tja, das kommt davon, wenn man den Amis die Vermarktung sächsisch- evangelischer Weihnachtsbräuche überlässt. Aber meine Stunden waren trotzdem erfolgreich. 30% hörten hochinteressiert zu, 30% merkten ab und an auf und 30% spielten gelangweilt auf dem Handy. Scheiß- Musik eben. Und Bach kennt sowieso keiner. Wenn schon, dann bitte "Jingle Bells". ;-)  

Meine Hauptsorge zur Zeit: Wo bekomme ich zum 18. einen dann noch 24 Stunden gültigen PCR- Test her? Das ist eine gute Frage, die zur Zeit niemand so richtig beantworten kann...

Weihnachten in Chisinau

Seit ein paar Tagen steht er nun, der voll amerikanisierte Weihnachtsbaum, bei dem man vor Lichterketten das Grün nicht mehr sieht. Aber immerhin, es steht ein Baum da und verbreitet ein bisschen so was wie Weihnachtsatmosphäre. Gott sei Dank dudeln aber in keinem Geschäft "Jingle Bells" oder "Stille Nacht". Überhaupt können die Orthodoxen mit der importierten Tradition nicht viel anfangen. Im Supermarkt um die Ecke gibt es allerdings Adventskalender, Weihnachtsmänner von "Kinderüberraschung", ein paar rote Socken und sonst noch diversen Plastikmüll von Krippen bis zu verschneiten Plastikbäumen. Sonst ist nur der Anteil von Schokoladenprodukten noch einmal gestiegen und es stehen massenweise Sektkartons in den Gängen. Das erinnert wohl daran, dass die eigentliche Party der Jahreswechsel ist. Egal. Ich habe zu tun und Stress ohne Ende und bekomme von all dem kaum was mit...

Samstag, 11. Dezember 2021

Geboostert

 Kam doch gestern meine Direktorin zu mir, um mir mitzuteilen, dass sich die Aus- und Einreisebestimmungen an der moldauisch- rumänischen Grenze verschärft hätten. Im Gespräch, wo ich nun einen PCR- Test (Kostenpunkt auch hier 40 ! Euro) herbekomme, erwähnte ich mögliche Ausreiseschwierigkeiten, falls man in Deutschland im Januar einen Lockdown verhängt- was wohl wahrscheinlich ist. Obwohl ich das zu verhindern suchte - ich hatte schon einen Booster- Termin bei Claudia für den 03.01. - ließ die Chefin nicht nach. Sie ist also doch daran interessiert, dass ich nicht wie meine Vorgängerin wegen Corona nach einem halben Jahr wieder verschwinde. ;-) Jedenfalls wurde mir beschieden, ich würde noch am selben Tag Bescheid bekommen. 

Als der kam, hatte ich schon herausgefunden, welche Probleme es mit den Hotel- Übernachtungen in Rumänien und Ungarn geben würde und dass mir die dritte Impfung den Test aus der Quarantäne heraus ersparen würde. Ich muss mir nun also jeweils ein Testzentrum suchen und kann dann abfahren und das Ergebnis auf dem Handy an der nächsten Grenze vorzeigen. Und ich darf übernachten. Das gab den Ausschlag. Ich sagte zu und wurde heute um 11.00 Uhr von einer jungen Ärztin, die nach Kanada auswandern will, abgeholt und eine dreiviertel Stunde durch die Gegend kutschiert, ehe wir am "Tatort" (Bild unten) ankamen. Dort bekam ich meinen Piks, wenige Minuten später kam das Eurozertifikat aus dem Drucker und schon ging es zurück. Na gucke einer an... 

Nebenwirkungen? Bisher keine. Nicht mal die Einstichstelle schmerzt...

Donnerstag, 9. Dezember 2021

Erschöpfung

Nein, das habe ich so noch nicht erlebt. Auch in der Ukraine war das erste Semester hart, weil im Wesentlichen ohne Ferien. Hier in Moldawien gab es "Ferien" (wegen Corona), aber die müssen jetzt nachgearbeitet werden. 

Schon in den Ferien gab es Hausaufgaben und Privatunterricht, weil es ja keine "offiziellen Ferien" waren, und jetzt stehen in jeder Woche die Stunden eines "Ferientages" zusätzlich auf dem Plan der Schüler- und Kolleg/innen. Und weil der Plan heilig ist und formal zu erfüllen, meint: ohne Abstriche, haben die Schüler/innen z.T. von 08.00 bis 17.00 Uhr Unterricht (und manchmal abends noch Online- Stunden) und dann Hausaufgaben, Testvorbereitungen usw. für alle Fächer. 

Gerade ist die Nachholerei ausgesetzt, weil die großen Abschlussarbeiten ("Teze") anstehen, die mal eben von den Kolleg/innen nach neuen Regeln zu erstellen und wohl in den Schulen zu korrigieren sind. Schrecklich wichtig ist also nicht das Lernen, sondern das Kontrollieren und Bewerten. Und so geben die Kleinen alles. Die Bilder zeigen drei verschiedene Klassen an drei verschiedenen Tagen, sehr gute und weniger gute Schüler/innen in Deutsch... - alle drei, die hier zu sehen sind, waren durch Ansprache nicht zu wecken. Ich habe sie schlafen lassen. In den Pausen schlafen noch mehr. Ist das normal?

Samstag, 4. Dezember 2021

Advent

Beim Auspacken musste ich leider feststellen, dass mindestens ein Weihnachtskarton fehlt. Keine Räuchermännlein, keine Schwippbögen und auch die Rehe an der Krippe als Kerzenhalter fehlen. Was soll da aus meiner Weihnachtsstunde werden, wenn die Hälfte des sächsischen Weihnachtskrams fehlt? Dazu die Deckchen und ein paar hübsche Kerzenhalter...

So sah ich mich gezwungen, für teuer Geld bei Jysk skandinavischen Null-acht-siebzig-Weihnachtskram dazu zu kaufen, damit die Kerzen nicht so nackt herumstehen. Nun ja...

Trotzdem ist es schön. Heute hatte ich nach der Korrektur von zwei Klassensätzen DSD I- Tests und meinem Sportprogramm (10 km Jogging) das erste Mal Zeit, mich mit einem Whisky und einer Tasse Kaffee in den Sessel zu setzen, Musik zu hören und den sich drehenden Flügeln der Pyramide hinterher zu sehen. Nun fehlt noch ein bisschen Schnee. Aber bitte jetzt und nicht in 14 Tagen, wenn ich in die Heimat aufbreche...