Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Sonntag, 20. November 2016

Im Bezirk Suceava unterwegs

Um 09.00 Uhr sollte ich an der Schule sein. Sein Vater würde mich dort abholen und sei froh, dass ich seinem Vorschlag, mir den Bezirk Suceava zu zeigen, zugestimmt hätte, so Alexandru aus der 10F. Ich war schon überrascht, dass in der dritten Woche meines Hierseins Eltern Interesse an dem Lehrer ihres Sohnes bekunden. Naja, ganz zufällig war es nicht, denn Alexandrus Vater ist Dolmetscher und technischer Übersetzer für Deutsch und Englisch und hat sich nach der Wende in vielen anderen Professionen erfolgreich versucht. Mir kam zugute, dass er u.a. auch Hoteldirektor war und als Reiseführer gearbeitet hat. So breitete er sein profundes Wissen über die Geschichte und Stilkunde der berühmten Moldau- Klöster vor mir und vor seinem Sohn, der dann doch mitgekommen war, aus und führte mich am Ende in ein gutes Restaurant zu einem leckeren Essen, das er auch bezahlen wollte. Dann überließ er mir auf meine Bitte hin aber doch die Rechnung mit derselben Selbstverständlichkeit, wie er sie bezahlt hätte. Und so unkompliziert war es von der ersten Minute an. Insgesamt sind wir 140 km gefahren und haben 3 Klöster besucht. Ich fand nebenbei die Karpatenlandschaft (Bild eins) wieder, an die ich gedacht hatte, als ich Suceava zu meinem neuen Einsatzort erwählte.

Als erstes fuhren wir über Radauti zum Kloster Sucevita. (Bild zwei) Als jüngstes Kloster ist es das größte von allen. Früher hatte ich nicht so sehr darauf geachtet, wie sich hier byzantinische Kuppelarchitektur, frühgotisch gehaltene Eingangshallen (Bild drei) und hochgotische Fenstergestaltung mischen und letztlich mit Renaissance- Fassaden (Klostergebäude- Bild fünf) ein stimmiges Ganzes bilden. Die Freskenmaler haben in Italien gelernt und eine Schule gebildet, die zwar dieselben Motive in jedem Kloster variiert, für jedes Kloster aber eine andere Grundfarbe vorhielt. Fantastisch die Farben, die bis auf die Wetterseiten bis heute gehalten haben!


Mit Erstaunen nahm ich zur Kenntnis, dass hier im Wortsinne die Philosophen- Könige dem lieben Gott bei seiner Arbeit "zur Seite" stehen. In einer Seitenleiste, die neben den Szenen vom jüngsten Gericht platziert ist, sind Aristoteles, Platon u.a. zu sehen. Platon hat immer einen Sarg über dem Kopf (Bild vier), angeblich, weil er so oft an den Tod gedacht hätte. Interessant auch, dass Sophokles hier zu den Philosophen gerechnet wird. Ja, warum auch nicht?

Obwohl in der Höhe eine fast durchgehende Schneedecke lag, wärmte die Sonne so sehr, dass wir meist ohne Jacken zur Besichtigung ausstiegen. Das Wetter war ganz klar und die Sonne brannte regelrecht hernieder. Jedenfalls kam es mir nach den kalten Tagen der letzten Woche so vor. Von Sucevita ging es weiter nach Varta  Moldovitei. Je älter die Klöster sind, umso kleiner wurden sie. Aber dekorativ bemalt sind alle, wobei die weit überstehenden Dächer die Malereien schützen sollten. Das Bildprogramm diente der Instruktion der draußen Stehenden, denn da die Kirchen innen sehr klein sind, passten nie alle hinein. Wahrscheinlich war die Elite innen unter sich und sollte auch unter sich sein, während die weniger bedeutenden Christen draußen bleiben mussten. Die Ost- Kirche ist eben streng hierarchisch und das drückt sie auch architektonisch aus. Das schönste der drei Klöster, die wir besichtigten, ist zweifellos Voronet. Hier leuchten die Farben ganz besonders, das berühmte Blau ist wirklich schön und auch die Heiligenscheine schimmern in echter Goldfarbe. Ringsumher immer noch traditionelle Holzhäuser im Bukowina- Stil (letztes Bild), obwohl die Dörfer sonst nicht mehr ganz so zurückgeblieben aussehen wie noch 2008, als ich sie das letzte Mal sah. Dann gab es eine deftige Wurstplatte mit Produkten der Region als Vorspeise und drei (!) große Steaks mit Bratkartoffeln als "Mixed- Grill"- Platte. Leider nicht zu schaffen, obwohl wirklich sehr gut. Das Ganze inkl. Getränke für nicht mal 40 Euro für drei Personen. So lässt sich leben. Vielen Dank an die Tanases für den schönen Tag!





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