Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Samstag, 12. August 2017

Mit Daniel in Gdańsk

Zwar habe wir schon einmal eine "Warschauer- Pack- Tour" gemacht, wie mein Herr Sohn die Reise zu benennen pflegt, aber in Gdańsk  waren wir noch nicht. Also sind wir, Daniel (Bild zwei) und ich von Wismar aus in die altehrwürdige Hansestadt Danzig gereist, deren Marienkirche die höchste backsteingotische Kathedrale der Welt ist. (Bild eins) Ich freute mich auf das Wiedersehen, denn bisher war irgendwie nie Zeit richtig dort zu bummeln und zu schauen. Dieses Mal gab es ausreichend Zeit. Wir übernachteten in einem kleinen Hotel oberhalb der Stadt und hatten so einen ganzen schönen sonnigen Tag Zeit.

Als erstes ging es auf den Zitadellenberg, von dem aus man einen schönen Blick über die alte Stadt, den Hafen, die Werften usw. hat. Es gibt dort interaktive Ausstellungen zur Befestigungsgeschichte und eine zum Gedenken an Johannes (Jan) Hevelius. Leider nicht gut besucht. Noch besser war der Überblick über die Stadt vom höchsten Punkt dieses Areals, das heute von einem Millenniums- Kreuz gekrönt wird.

Unterhalb dann die für mich kleine Sensation. Natürlich habe ich registriert, in welchem Maße sich der Umgang mit der deutschen Geschichte in Polen seit meinem Hoffmann- Projekt in den 90ern normalisiert und entspannt hat, dennoch freute ich mich über den "Friedhof der nicht existierenden Friedhöfe". Nach den vielen Jahren der Einebnung deutscher (und jüdischer) Gräber und des Verschweigens des deutschen (und jüdischen) Anteils an der Geschichte vieler polnischer Regionen ist das eine schöne Geste mit einem ergreifenden Text. (Bild drei) Es wäre sehr zu wünschen, dass das Beispiel in der Ukraine und in anderen osteuropäischen Ländern Schule macht. Freilich, die Deutschen können auch davon lernen! 

Dann besichtigten wir das Werftgelände mit dem Solidarność- Denkmal und etwas entfernt dem neuen Museum zum Gedenken an den Zweiten Weltkrieg, ehe es in die Altstadt und hier eben zum Hafen ging. (Bild vier) Kitschig oder nicht, aber irgendwie passt der Nachbau einer alten Fregatte in das Hafenbecken und zum Krantor, dem Symbol Danzigs. Zwei Stück gibt es von den Schiffen, die mich an den Nachbau des Flaggschiffs von Peter I. erinnerten, und sie laden zu Rundfahrten ein. Natürlich motorgetrieben!

Auch sonst gab es für mich noch viel zu entdecken. Dass Fahrenheit in der Stadt geboren wurde, war mir vorher nicht bekannt (oder ich habe es vergessen). Ich fand unweit der "Polnischen Post", die bei uns durch Günter Grass' Roman "Die Blechtrommel" bekannt geworden ist, ein kleines Museum, in dem an Daniel Chodowiecki und eben an den großen deutschen Sohn der Stadt erinnert wird. (Letztes Bild) Gut so! Natürlich fehlen auch die Hinweise auf den Pommern- Herzog nicht, der einst in dem Gebiet herrschten, ehe der Deutsche Orden ihn besiegte und die Kaufleute holte, die dann die Stadt zur Blüte führten. (Bild fünf)


Aber natürlich möchte ich nicht hinter das oben Gelobte zurück fallen: Der polnische Anteil an der Stadtgeschichte soll auf keinen Fall klein geredet werden. Immerhin hielten die Danziger bis zur letzten Teilung treu zur polnischen Republik und beim Einmarsch der Preußen gab es noch vor Kościuszko einen Tage anhaltenden Aufstand deutscher und polnischer Seeleute mit mehreren Toten und vielen Verletzten. Dieser Fakt ist trotz meiner Dissertation bis heute weitgehend unbekannt/ unbeachtet geblieben (woran man sieht, was solche Qualifikations- Arbeiten heute wert sind ;-) ), und kann hier als gutes Beispiel für die "Symbiose" der Nationen dienen, die einst in der Stadt gelebt wurde. Und natürlich ist der Wiederaufbau eine Großtat polnischer Bauleute und Restauratoren. Könnte man sonst solch historisches Flair genießen? (Bild sechs)    

Na ja, grins. Daniel interessierte sich mehr für das Bier am Abend, das wir unweit der alten Mühle (vorletztes Bild) zu uns nahmen. Essen ist ziemlich teuer geworden (ein Steak um die 20 Euro) und auch der Bierpreis (4 Euro für 0,5l) ist ziemlich "westlich", aber dafür schmeckte es immer gut und war immer auch gemütlich gemütlich. Schade nur, dass ich trotz einiger "Ausflüge" in Wohngebiete keine Kneipen fand, wo der Kellner nach seinem Job für die Touristen das verdiente Geld umsetzt. Es fehlt das Spektrum von preiswert bis nobel und wir fanden nur den für Touristen gedachten Service. Schade, aber eben auch "wie überall". Über Brodnica, wo wir Wiesia und Tomas trafen und abends in Bachotek einer Band zuhörten, ging es dann zurück. Schöne drei Tage!

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