Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Freitag, 4. August 2017

Möckernsche Umgebung

Gestern bin ich mit dem Wind nach Delitzsch fast einen dreißiger Schnitt geradelt und zurück - gegen den Wind - vielleicht noch einen fünfzehner. Jedenfalls hing mir die Zunge zum Hals raus, als ich zu Hause ankam. Da ich am Tag vorher in etwas mehr als drei Stunden über Halle und Merseburg gefahren war, musste Erholung sein. Warum nicht nachschauen, wo die vielen Wege und Brücken abseits der Luppe bzw. über sie hinweg hinführen? Dabei wollte ich den Auwald in seiner ganzen Ausdehnung kennen lernen, was auch gelang. Auf der einen Seite war immer die Straße von Wahren nach Schkeuditz, auf der anderen immer Böhlitz- Ehrenberg. Dazwischen aber liegt der Wald und in ihm viele kleine Seen. Es ist halt "mokry" (nass) rund um Möckern, das so seiner slawischen Bezeichnung gerecht wird. Apropos slawische Bezeichnung: Am interessantesten war der Weg nach Lützschena, was soviel wie "am Flussbogen gelegen" bedeuten soll. Hm, ich höre nix, aber es stand auf einer Tafel an der Kirche, deren Fundamente 1000 Jahre alt sind. Direkt aus den Zeiten der Ostexpansion Ottos also. Die Käffer ringsherum - auch Gunsdorf als Ortsteil von Böhlitz hat eine Kirche romanischen Ursprungs (Bild unten) - wurden wohl vom Bistum Merseburg errichtet und unterstanden diesem. Dass es dort Kirchen gibt, schon klar... Aber ein Schloss und einen Schlosspark (Eingang- Bild eins) hätte ich in Lützschena nicht erwartet. Seit bald 20 Jahren wohnen wir hier, doch das blieb uns bisher verborgen! Dabei sind es kaum 7 Kilometer bis dahin.

Der Park ist sicher zu DDR- Zeiten nicht besonders gepflegt worden, jedenfalls gibt es diverse Attraktionen nicht mehr und einige Sockel am See mit dem kleinen Tempel (derselbe Stil wie in Wörlitz!) deuten auf verloren gegangene oder zerschlagene Skulpturen hin. (Bild zwei) Ein ähnliches Schicksal traf wohl die altarförmig gestaltete Pieta (Bild drei), die vielleicht einmal in Marmor ausgeführt war, heute aber nur noch als Malerei auf Leinwand zu bewundern ist. Wenn man achtlos vorüber geht, fällt das aber gar nicht auf. Ich erkannte den "fake" erst, als ich fotografierte! Wirklich sehr kunstvoll. Wer das auf sich genommen hat? Oder ist es eine Fotoarbeit nach einem im Museum ausgestellten Original? Keine Ahnung...

Jedenfalls gehört das Ganze zu einem Parkweg, der direkt zum Familienfriedhof derer von Sternburg führt. Aha, daher also Sternburg- Bier! Das habe ich auch nicht gewusst! Das Gräberfeld ist als solches noch erkennbar, auch wenn die Steine entfernt sind. Reste eines Denkmals sowie einer Trauerkapelle sind noch als Ruine erhalten und vielleicht enthält die zugemauerte Gruft die Gebeine der Schlossherren. Das war also Landeskunde vor der Haustür! Im Innern der beiden hier erwähnten Kirchen soll es übrigens Kunstwerke aus dem 15. Jahrhundert geben, in Lützschena einen Flügelaltar, der zur Wiederaufstellung sogar dem Museum entrissen wurde. Hm, einerseits ist es gut, das Dinge, die einst zum Gebrauch geschaffen wurden, heute auch daran erinnern dürfen. Andererseits ist es schade, denn viele Gläubige dürfte die Gemeinde nicht mehr haben, Hoffen wir, dass sie an möglichst vielen "Tagen des offenen Denkmals" ihre Schätze zeigt!  

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