Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Mittwoch, 23. April 2008

Von Wolkentelefonen und Strippenziehern

Fangen wir mit letzteren an: Immerhin haben sie diverse Service- Stationen in der Stadt und sind per Reklame überall präsent. Es kann allerdings schon mal passieren, dass die Büros der Ukr- Telekom wie leergefegt sind und sich auch auf lautes Rufen hin niemand zeigt. Da wird wohl Geburtstag gefeiert. Was und wen stört’s, wenn inzwischen im unbewachten Büro die Computer der Mitarbeiter die mehr oder weniger zufälligen Besucher, anderswo nennt man sie Kunden und behandelt sie gar wie Könige, zur Nutzung einladen? Richtig: Niemanden! So erging es mir zwei Mal, allerdings – das muss doch einschränkend gesagt werden – am Sonnabend. Beim dritten Mal waren wirklich alle (!) Arbeitsplätze besetzt, doch nützte es nichts. Was ich wolle? Einen DSL- Anschluss? Nun ja, der könne in meiner Straße in einem oder in zwei Monaten eingerichtet werden, je nach dem, wie viel andere Kunden diesen Wunsch äußerten. In drei Monaten wäre es sehr wahrscheinlich, dass ich einen Anschluss haben könnte…

Gut, lassen wir die auf ihrem DSL- Anschluss sitzen und schauen wir mal im Internet nach Da wird eine Flat- Rate für ein 56k- Modem angeboten- 75 UAH soll das monatlich kosten. Ein Blick auf meinen Sekundentarif sagt mir, dass ich so etwa 75 UAH im Monat sparen kann. Warum also nicht mal probieren? Die Einrichtung ist problemlos und dann klappt auch alles, wiewohl die Geschwindigkeiten mit ca. 22 kbs doch ziemlich unter dem 56er Niveau liegen. Wo dann allerdings die 195 UAH auf der nächsten Rechnung herkommen, kann mir die Dame am Schalter der Zahlstelle nicht verraten. Ein Blick ins Internet soll’s richten, doch da findet sich zwar die Seite, nicht aber „mein Tarif“. Ich gehe also fürderhin wieder sparsamer mit meinen Sekunden um und hoffe, dass sich die Rechnung wieder um die gewohnten 150 UAH herum einpendelt. Doch leider bringt der nächste Monat mit 285 UAH eine derbe Überraschung, wobei zu erwähnen ist, dass ich aufgrund eines „Blockerators“ nur angerufen werden, nicht aber selbst telefonieren kann. Da ich nach Deutschland muss, bezahle ich zähneknirschend die Rechnung und denke mir, das sei vielleicht doch das letzte Mal. Weit gefehlt! Im März stehen sage und schreibe 395 UAH auf der Rechnung eines Monats, in dem ich rund die Hälfte der Tage nicht da und die andere Hälfte so beschäftigt war, dass sich mein Netzverkehr auf das Nötigste beschränkt hatte. Ohnehin häufen sich die Beschwerden, dass ich nicht erreichbar sei, es sei immer besetzt. Also auf zur Beschwerdestelle. Die Dame am Schalter findet mein Anliegen nicht ungewöhnlich- mit Ausländern mache man das so. Man zapft halt die Leitung an. Nur könne sie leider nicht helfen, weil dafür der Wohnungsbesitzer kommen müsse. Die technische Störstelle ist sowieso woanders. Ob man das nicht durchstellen könne? Blicke, die Marsmännchen mustern. Durchstellen? „Junger Mann! Dafür müssen der Pass vorgelegt und ein Antrag gestellt sowie 50 UAH Bearbeitungsgebühr bezahlt werden!“ Wieso denn das? Es ginge doch um ein offensichtliches Problem und eine fehlerhafte Rechnung. „Na und? Sie wollen doch was von uns und nicht wir von Ihnen!“

Watsch! Da haben wir es mal wieder. Ok, ich trolle mich und sinne auf Rache. Diesen Saustall muss man einfach verlassen. Rettung bringt das unübersehbare Angebot der Firma MTS, die eine Internetverbindung per Handymodem für nur 5 UAH pro Einwahl und Tag anbietet. Klasse, maximal 150 UAH also und das mit der gewünschten DSL- Geschwindigkeit! Für das Einrichten trotte ich brav mit dem Laptop unterm Arm zum Dealer und zahle dort 50 UAH, obwohl ich es auch selbst gekonnt hätte. Und dann nehme ich zum Starterpaket gleich noch eine Prepaid- Karte für 100 UAH mit. - Verhängnisvoller Fehler, wie sich zeigt. Zwar gelingt die Auffüllung meines Startguthabens problemlos, zu Hause kommt aber keine Verbindung zustande. Am nächsten Tag stellt sich heraus, dass ich kein Guthaben mehr habe und die Verbindung deswegen abgelehnt wurde. Wie das? „Nun“, erklärt mir der Dealer, „das ist meinem Freund letztens auch passiert. Kommt öfter vor.“ Aha. „Und was haben Sie da gemacht?“ – „Beim Operator angerufen, so wie ich es jetzt für Sie mache.“ Er ruft wirklich an, probiert mehrere Nummern, hat nach einer hübschen Zeitspanne endlich Erfolg und bringt meine Klage vor: „In 2 oder 3 Tagen haben Sie vielleicht die 100 UAH wieder drauf.“ – „Aha. Gut. Wieso vielleicht?“ – „Na vielleicht eben. Mein Freund hat auch nichts bekommen.“ – „Aber das ist doch eine seriöse Firma. Man muss sich beschweren!“ – „Hab ich doch. Beim Operator. Mehr kann ich auch nicht machen. Ich bin nur der Dealer. Kaufen Sie einfach nur Karten für 25 UAH, die sind für Hacker nicht so interessant.“ … Guter Tipp. Ich verfahre so, werde aber mit dem System dennoch nicht glücklich. 5 UAH pro Einwahl hat es seither noch nie gekostet, obwohl nämlicher Dealer auf Nachfrage versicherte, eben das sei der Tarif ohne weitere Nebenkosten. Meist bezahle ich so um die 7.25 UAH pro Einwahl und Tag, aber es kommt auch vor, dass ich pro Tag jede Einwahl extra zahle. Das aber, soweit ich sehe, für nur etwa 2,75 UAH. Ich hab es aufgegeben, mich darüber zu ärgern. Solange es nicht wieder viel mehr ist, erfreue ich mich an meiner DSL- Geschwindigkeit. Ach so, soll ich noch extra erwähnen, dass auch bei der Firma Kiew- Star öfter mal Guthaben verschwinden? Aber das liegt vielleicht doch an mir, denn so was sei technisch ganz und gar unmöglich- so die Auskunft der fernmündlichen Beschwerdestelle in Kiew. Deren Praktiken kenne ich allerdings schon. Hat mir nicht meine Freundin Olga schon vor Jahren erzählt, wie sie dort gutes Geld damit verdiente, Bauern, die auf ihrem Dorf keinen Netzanschluss haben, selbigen zu versprechen, bloß um ihnen ein Handy aufzuschwatzen? Was versteht so ein Bauer schon vom „Wolkentelefon“, wie das mobile Ding auf Polnisch heißt? Er sieht nur viel blauen Dunst – wie ich…

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