Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Mittwoch, 30. Juli 2008

Wanderungen im Nationalpark

Sinewir also. Eigentlich wollte ich nach Rumänien, entschied mich dann aber doch, abschließend noch einmal unbekannte Teile der Ukraine zu erkunden. Ich fuhr ins Blaue, wie man so sagt, denn die Auskünfte der Reisebüros waren weniger als hilfreich. Vielleicht hätten sie mir in allen Einzelheiten erläutern können, welche Sehenswürdigkeiten mich rund um die Pyramiden erwarten, aber im eigenen Land... Immerhin fanden sie einige Stellen, die stereotyp "Natur, Sauna, gepflegte Gastlichkeit und Wintersport" boten, aber was man dort im Sommer tun könnte, wussten die Büromitarbeiterinnen nicht. Halt, das stimmt nicht! Sie wussten nicht, wo man evtl. wandern könnte und fragten stattdessen erstaunt, warum ich, der ich doch angegeben hätte, mit dem Auto anzureisen, dann auf einmal zu Fuß gehen wollte. Andere Angebote hatten sie sehr wohl. Also, man kann dort Panzer fahren oder Paintball "spielen", also lernen, wie man andere abknallt....

Nicht mein Ding und so fuhr ich halt aufs Geratewohl. Das führte mich zunächst über Pisten, die in Afrika besser gepflegt erscheinen, Ergebnis: der vordere Reifen war von spitzen Steinen durchstochen worden und ich hatte einen Tag zu tun, den "Platten" zu reparieren. Aber immerhin kam ich doch an in einem lauschigen Tal und fand zu guter Letzt dort ein freies Bett. Einfach war das nicht, obwohl viele neue "Kolybas" (Holzhäuser mit Grill usw.) am Straßenrand Gästezimmer anboten. Sie waren einfach alle belegt oder zeigten kein Interesse an einem Gast, der nur für eine Nacht bleiben und anderntags auch nicht mit der Pferdekutsche fahren wollte. Brrrr....

Mitten im Nationalpark Sinewir, kurz vor dem touristischen Höhepunkt der Gegend (einem Bergsee), fand ich dann mein erstes Zimmer für 30 § die Nacht. Frühstück und Abendessen außer Haus, aber dafür urgemütlich in einer der neuen Kolybas. Das Wetter war zunächst durchwachsen, so dass ich aufs Auto- Wandern ausweichen musste. Nun kenne ich also sämtliche Täler, die das Gebirge queren...

Dann fand ich ein angenehmes Quartier hoch über einem Bergfluss, der abends so penetrant- betörend rauschte, dass ich nichts anderes hörte und herrlich schlief. Von dort gelangen Wanderungen sowohl durch abgelegene Täler mit Dörfern ohne Strom, Wasser und Gas als auch Gipfelbesteigungen - na ja, 1000er werden es gewesen sein. Längstens war ich vielleicht 50 km am Tag untergwegs; etwas kürzer war der Weg auf den Gipfel - vielleicht 20 km - aber dafür tat danach der Ar... ganz schön weh! Lustig dann die abendlichen Gespräche mit den Kellnerinnen, die den ausländischen Gast neugierig befragten, was er so getrieben hätte. Sie waren höchlichst erstaunt, zu erfahren, dass es da unweit ihrer Siedlung Wege gäbe, die auf den Gipfel über ihren Köpfen führen. Und noch mehr wunderte es sie, dass es Idioten gibt, die wirklich aus Deutschland in die Ukraine kommen, um da oben rauf zu latschen! Dabei habe ich schon lange so etwas Schönes nicht mehr mitgemacht. Vergleichbar waren bisher nur die einsamen Wanderungen im Krim- Gebirge. "Einsamkeit" ist eben das Stichwort. Also, wer Zeit und Rige zur Besinnung braucht, wer mal einen Tag lang keinem Menschen begegnen will und wer es ab kann, nicht alle 5 km ein Gasthaus zu treffen, der sollte in die Ukraine fahren. Auf in den Nationalpark Sinewir! Allerdings muss man sich dann auf sein Glück verlassen. Selbst langjährige Ski- Urlauber orientieren sich dort nur anhand handgezeichneter Karten von Verwandten und Freunden, von denen eben, die ihnen den Tipp gaben, gerade dorthin zu fahren. Wanderkarten gibt es kaum, solche in kleinem Maßstab und verlässliche noch dazu eher gar nicht. Jedenfalls fand ich keine. Kleiner Tipp am Rande: Man gehe unbedingt die Wege, an deren Anfang ein Schild "Betreten verboten" steht. Sie sind die schönsten...

P.S.1: Allerdings kann es dann passieren, dass man keinen "Rundweg" findet, sondern irgendwo im tiefen Wald seinen Weg dort veriert, wo er einfach in den Bach übergeht, dem er bis daton brav folgte. Dann heißt es haöt umkehren und denselben Pfad zurück gehen. Und doch: Wo kann man "bei uns" 50 km wandern, ohne eine Menschenseele zu treffen? Es bleibt dabei: Wer so etwas erleben will, der sollte in die Ukraine fahren! Insgesamt übrigens war das gastronomische Niveau nicht einmal schlecht. Wer Schaschlyk mag kommt sowieso auf seine Kosten. Kosten? Ja, am Ende hatte ich für 25 Euro die Nacht ein angenehm rustikales Zimmer mit warmem Wasser- immerhin nicht einmal für Kiews Nobelhotels selbstverständlich....

P.S.2: Möchte nicht wissen, wie diese Täler heute - nach den verheerenden Überschwemmungen - aussehen. An vielen Stellen war die Gewalt von Wassermassen, die ich nicht zusehen bekam, erahnbar. Jedenfalls lagen viele Baumstämme geschlagen und zum Abtransport jenseits dieser Flußquerung bereit - die dafür vorgesehenen provisorischen Brücken hatte es aber allesamt weggespült. Offensichtlich gab man dann das Ansinnen auf, dort weiter Holz zu schlagen. So wird ein Nationalpark dann wirklich zur Sensation! Etwas unterhalb - in der Nähe von Chust - finden sich die ausgedehntesten und ältesten Buchenurwälder Europas. Was ein Urwald ist, kann man auch im Sinewir erleben: Jenseits der zufällig gefundenen Wege gibt es keine Einstiege in das Waldgebiet, das so wesentlich sich selbst überlassen bleibt...

1 Kommentar:

elinka hat gesagt…

Ich komme aus den ukrainischen Karpaten und liebe meine Heimat mit einer wunderschönen Landschaft und wunderbaren gastfreundlichen Menschen.15 Jahre in Bremen, in diesem Flachland träume ich von den Bergen, von dieser unberührten Natur mit Urwälder, Geruch von Wiesenblumen und Gras, und trockenes Laub im Wald und Heilwasser von den Quellen, und viele Heilmineralwasserquellen!
Wunderschöne Berge mit Wälder, Wiesen, Bergflüssen und keine Zäune!!! Keine Ordnungsprüfer!!! Man kann überall ein Zelt aufbauen, Feuer machen, grillen, kochen in freier Natur. Wo gibt es in Deutschland so was? Und die saubere, ohne Abgase Luft riecht nach Freiheit, keine Gitter, keine Rahmen, wo der Mensch reingequetscht ist. Man steht vor einem wunderschönen Panorama und man hat ein Gefühl - alles was man sieht—gehört dir ganz alleine.
Mein Volk ist fleißig und arbeitsam! Haben Sie die Gärten von den Transkarpaten gesehen? Da ist alles: schmackhafte Gemüse, Beeren, Nüsse, Obst, in jedem Hof – Weintrauben. Und alles Bio !!! Nicht wie deutsche Gärten – Gras und Zierpflanzen. Und zu jedem Haus können Sie gehen und nach Essen und Unterkunft fragen,- da wird Ihnen immer geholfen. Wo können Sie an eine deutsche Tür klopfen und nach Unterkunft fragen? An keine, gibt es so was bei den Deutschen nicht. Wenn man Freunde und Verwandte besucht,- bringt man eigene Bettwäsche mit! Erzählen Sie das in der Ukraine, die Ukrainer werden das nicht glauben. Die Freunde besuchen einander nur nach dem Telefonanruf und machen einen Termin ab. Nach 20.00 Uhr darf man nicht mehr anrufen. Nur eigene Nachteile sehen Sie nicht.
Leider werden Sie in den Karpaten nicht von allen verstanden, Sprachbarriere gibt es. Man muss etwas Geld ausgeben und organisiert hinfahren. Dafür gibt es genug Reiseunternehmen vor Ort mit Landkarten, Wanderrouten, Fahrradrouten, Kulturreisen, Kurorten, Schiurlaub. Und alles immer noch günstiger als in anderen Bergländern.
Was machen Sie denn in der Ukraine, wenn Sie da nur alles schwarz sehen? Ihre Fotos sprechen schon dagegen.
Haben Sie nicht mitgekriegt, wie klug sind unsere ukrainische Kinder??? Nach der ersten Klasse alle Kinder fliesend lesen, rechnen mit zweistelligen Zahlen, sehr schön schreiben. Wo haben Sie in Deutschland so was gesehen? Ich bin darüber empört! Meine Enkelkinder in der dritten Klasse kennen und machen das, was die ukrainischen Kinder leicht in der ersten Klasse schaffen. Ihr Bildungssystem ist dreimal schwächer als in der Ukraine.
Kluge Menschen werden immer wieder in die ukrainische Karpaten fahren, um sich vom tagtäglichen Stress in diesem Land zu erholen und entspannen und um die notwendige Energie für das ganze Jahr zu tanken.

Viel Erfolg allen ! Elinka