Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Mittwoch, 3. Dezember 2014

Roma- Integrations- Projekt Medzev II

Als ich heute dazukomme, steht die Inszenierung schon und wir üben "nur" noch die einzelnen Teile und die sprachliche Realisierung. Mann, ist das zäh! Aber Helmut (Bild oben) ist wie immer mit dem ganzen Körper, mit Seele und Stimme dabei! Während wir beinahe erfolglos versuchen, die slowakischen Schülerinnen und Schüler zum SPIELEN zu bringen, bewegen sich die Roma- Mädchen völlig zwanglos und - das Klischee ist einfach wahr! - voller natürlicher Grazie. Dabei sieht man ihnen den Spaß an, aber auch den Ernst, nichts falsch machen zu wollen. (Bild zwei und drei) Ausnahmslos alle sind sie geschminkt und genießen ihre "Kostüme". Zwei der älteren Mädchen (ca. 12 Jahre) hatten sich ausstaffiert, sie gehören zur Entourage des falschen Entertainers, dass es eine Art hatte. Pädophile müssen sich da schon mal zusammenreißen und mein Urteil, bisher noch nie so richtig hübsche Menschen unter den hiesigen Zigeunern gesehen zu haben, gerät - was die Kinder anlangt - arg ins Wanken. :-) Ich hatte jedenfalls mindestens so großen Spaß wie sie daran, "O Tannenbaum" mit ihnen zu üben! Dass der "weiße Lehrer" und auch noch Ausländer sich mit ihnen beschäftigt, war offensichtlich ein Erlebnis und die Begeisterung darüber teilte sich mir in wenigen Sekunden mit. Keines der Kinder hat Deutsch in der Schule und so erfanden wir erst einmal eine "Umschrift", welche die deutsche Schreibweise in ein phonetisch sprechbares Sprachwerk verwandelte. Dabei half Sonia, eine Romni, die erst Verkäuferin gelernt und dann jenseits der 30 als Mutter schon von zwei Kindern noch einmal die Schulbank gedrückt hat. Sie studierte im Anschluss erfolgreich Sozialpädagogik und arbeitet nun an der hiesigen Grundschule mit den Kindern ihres Volkes. Sie verstand alles unglaublich schnell und fast noch schneller schmetterten die Kleinen mit strahelnden Augen "und auch im Wuinter, wuenn es schnait"! ;-) In 20 min saß der Text!  


Das gibt ein herrliches Schlussbild, wenn alle singen. Aber so ganz untalentiert sind die Slowaken nun auch wieder nicht. Die beiden Akkordeonspielerinnen geben herrlich zwei verlotterte Straßenmusikanten und sind musikalisch absolut sicher. Das trifft auch auf Martina zu, die kräftig Saxophon bläst. (Zweites Bild von unten) Urkomisch auch unser "russisches Paar" (drittes Bild von unten). Sie tanzen Kalinka und treffen genau den Gestus neureicher Shopping- Bürger.  Daneben tritt übrigens noch ein "Pascha" mit seinen 6 Roma- Mädchen (die ganz Kleinen) auf. Was die 8- 10 Jährigen da an poppigem Bauchtanz aufführen, lässt einen schwach werden. Siehe oben! Also, dieser Teil der Arbeit läuft bei allen Schwierigkeiten im Detail insgesamt besser als gedacht.

Beim Mittagessen fragte ich Sonia ein bisschen aus. Sie war ganz gerührt und sprach davon, wie wichtig allein der Umstand sei, dass die Kinder endlich mal etwas mit den "anderen" gemeinsam erleben. Ihr Beispiel leuchtete mir sofort ein. Es ging um das Essen mit Messer und Gabel, das die meisten kleinen Romni nicht gewöhnt sind.
Gestern hätte man ihnen beim Fleisch- Schneiden helfen müssen und so manches Stück Kartoffel sei von der Gabel gefallen und auf dem sauberen Tischtuch der schönen Pension "Helion" gelandet. Heute hätte man dann Eierkuchen ausgewählt, damit das mit dem Fleisch nicht wieder passiert. Die slowakischen Schülerinnen wären gestern etwas angeekelt gewesen und den Roma- Kindern war das furchtbar peinlich. Heute gaben sie sich sichtbar Mühe. An meinem Tisch hatte ein Mädchen Schweißperlen an der Stirn, aber es klappte mit den Eierkuchen dennoch nicht richtig. Ihr konnte geholfen werden und sie strahlte über das ganze Gesicht. Und Sonia strahlte auch: "Sehen Sie. Dieses Mal sind alle Tischtücher sauber geblieben!" - Das sind so Erfolge...

Trotzdem. Für mein Filmprojekt sehe ich schwarz. Bei dem Versuch, die Bürgermeisterin, den Amtsleiter, den Pfarrer und die Inhaberin des Restaurants vor die Kamera zu bekommen, gab es nur Vertröstungen. Morgen hätte man Zeit, aber heute ginge es einfach nicht. Ob es morgen wirklich gelingen wird? Das wäre wie der (Licht)Blick des Mondes durch die dunklen Wolken am heutigen Abendhimmel... (Bild unten)

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