Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Montag, 20. Juni 2016

Novy Hrad (Novo Castrum)

Am Sonntag mit Ludo zur Burgruine Novy Hrad (auch Hanigovsky Hrad- zweites Bild). Die Wanderung an frischer Luft bei fast 30 Grad, aber kühlem Wind (Bild oben), tat meiner alkoholvernebelten Rübe gut. Tags zuvor hatten Andy, Lisa und ich bis 03.00 Uhr durchgehalten. Gezecht wir in jungen Jahren! Zur verflossenen Jugend gehörten auch die Themen. Interessant, dass die Jugend heute für das, was wir unter Promiskuität oder freie Liebe verstanden, ihre eigenen Begriffe gefunden hat. Sogar das mir so liebe Phänomen der Emanzipation osteuropäischer Frauen über das Sexy- Frau- Sein hat also einen Begriff. Andy, bekennender polyamourös Liebender, wusste sexpositiven von sexnegativem Feminismus zu unterscheiden. Lach. Und: Gut gebrüllt junger Löwe! Lisa schien nichts dagegen zu haben. Spät in der Nacht kam die Rede dann noch auf das bedingungslose Grundeinkommen. Die junge Linke braucht eben auch ein bisschen Theorie. ;-)

Aber das war am Sonntag schon Vergangenheit. Habe die beiden leider ein bisschen spät kennengelernt. Schade. Dafür kenne ich Ludo nun schon fünf Jahre und also war auch mit ihm ein Abschieds- Tag zu planen. Ich wollte auf eine Burg und er schlug seine Lieblingsburgruine vor. Und in der Tat: Die Umgebung von Hanigovce nahe Sabinov ist schön! Man sieht weit ins Land. Für den Blick auf die Tatra war es zu diesig, aber immerhin konnte man Burg Saris, Zentrum des alten Saroster Komitats, deutlich erkennen. (Bild drei- die Burg befindet sich oben auf dem Kegelberg) So groß ist Novy Hrad freilich nicht. Die Anlage wirkt bescheiden und nicht wirklich sehr wehrhaft. Die Reste des Palas könnten eher zu einer Sommerfrische als zu einem Herrensitz gehört haben. Aber das hängt sicher mit der Bausubstanz aus dem späten 14. Jahrhundert zusammen. Knapp eineinahlb Jahrhunderte später wurde die Burg schon erobert und eingeäschert. Man baute sie nicht wieder auf.

Deutlich zu sehen, wie sehr die Begründung, man würde mit dem Steinbau die Außengrenze des Reichs verstärken, stimmt. In Sichtweite nicht nur Burg Saris, sondern auch Kamenicky Hrad, die Burg, die ich vor etwa einem Jahr auch mit Ludo besichtigt habe. Bis hoch nach Stara Lubovna reihen sich also Burg an Burg und bilden die Verteidigung gegen Polen und Halicer. Kurios, das nebenbei, die Ortsnamen der Gegend. Da gibt es "Kyjov" und "Livov", etwas kleiner als Kiew und Lviv, und auch Rychwald, das ich in derselben Schriftform aus den Masuren kenne. Aber das zu sehen, darauf kam es nicht an. Auch die Kleinheit der Burg störte nicht, denn schön war die etwa einstündige Wanderung über die sanft geschwungenen Hügelketten der umliegenden Höhenzüge. (Bild vier) Ludo, der wieder Material für eine Fortsetzung seines Bandes über Sagen und Legenden der Gegend sammelt, wusste über die Geschichte Bescheid und klärte mich - wie immer sehr umfänglich - über alle Details auf.  Der Mann (Bild fünf), seines Zeichens Literaturdozent an der Uni in Presov, ist wirklich ein Kompendium nützlichen (und völlig unnützen) Wissens. Aber ich profitiere von dem Wissen und nehme dafür die Geschichten, auch die schon mehrmals gehörten, grinsend in Kauf. Es ist eben so: Irgendwann besteht gelebtes Leben aus Geschichten und nichts charakterisiert den Menschen mehr als die Geschichten, die er über sich und das Erlebte zu erzählen weiß.

Ich (Bild sechs) war also auch mit und erzähle, wenn ein anderer so viel zu berichten weiß, einfach weniger von mir. Das kann auch erholsam sein und erholsam war unser Ausflug. Die langen Wanderungen in der herrlichen Bergwelt rund um Kosice und Presov werden mir fehlen. Oder? Mal sehen, wie es in Rumänien wird. Berge hat's da ja auch!



Von Hanigovce ist nichts zu berichten. Immerhin sahen wir ein Fest der freiwilligen Feuerwehr. Es waren viele Leute gekommen und man sieht, es passiert etwas auch in den abgelegensten Gegenden. Sicher kämpfen die hiesigen Feuerwehren wie bei uns gegen das attraktivere Freizeitangebot der Freizeitindustrie und müssen was tun, wenn sie junge Leute als Nachwuchs gewinnen wollen. Gemeinsame Partys schweißen zusammen. Das ist schon klar.

Ansonsten schläft das Dorf und man fragt sich, wovon die Leute leben. Das Anwesen eines alten Mannes, allerdings mitnichten typisch für dieses und andere Dörfer, zeigt, wie man früher hier lebte. (Bild unten) Ob er sich und sein Eigentum schon aufgegeben hat? Es sah rund um Stall und Haus sehr einsam aus...

Das war also dieses Kapitel. Ludo treffe ich vielleicht im Sommer in Altenburg oder Leipzig wieder. Warum nicht? Die Welt heute ist klein geworden und da wird nicht jeder Abschied zu einem Abschied für immer. Vielleicht sehe ich ja auch Andy und Lisa mal wieder. Wäre schön. (Das als Wink mit dem Zaunpfahl, wenn sie meinen Blog endlich gefunden haben- ich grüße euch!) ;-)







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