Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Sonntag, 9. April 2017

Klassenfahrt mit den 10F

Alexandru (vorletztes Bild) war fasziniert von der Idee, man könne mit mir auf Klassenfahrt gehen. Eigentlich hatte ich vorgehabt, die Klasse mit in die Ukraine zu nehmen und die Beziehungen zum dortigen Gymnasium Nr. 1 zu knüpfen. Aber es stellte sich heraus, an irgendwelche touristischen Aktivitäten war nicht gedacht. Die Klasse träumte einfach schon lange von der Möglichkeit, mal weit weg von zu Hause ganz unter sich zu sein und "Jugendleben" zu entfalten. Die Klassenleiterin steht einem solchen Ansinnen extrem abgeneigt gegenüber und so ergriff der Junge die Gelegenheit beim Schopfe und nagelte mich auf eine Zusage fest...

Gut. Es stellte sich dann heraus, dass mein junger Kollege im Deutschbereich, der anfänglich ebenfalls zugesagt hatte die Klasse zu begleiten, einen Rückzieher machte. Allein fahren? Das wäre nicht gegangen, da nach rumänischem Recht auf je 10 Schüler/innen eine Begleitperson kommen muss. Also fragte Alexandru seinen Vater und der gab - wiewohl mit Übersetzungen beschäftigt - nach und versprach, uns zu begleiten. Die beiden organisierten den Transport, die Übernachtung usw. und so war ich nur Begleitperson.

Leider gab es dann Ärger, weil sich die Kollegin Klassenleiterin nun übergangen vorkam und an der Schule Stimmung machte. Mich hielt man aus dem Streit raus, aber mein Freund Mircea wurde mit dem Vorwurf konfrontiert, an der Schule wüsste niemand Bescheid und also übernimmt die Schule auch keine Verantwortung.

Nun stimmte das mit der Uninformiertheit insoweit nicht, als Alexandru von seiner Klassenleiterin die notwendigen Elterndokumente angefordert und sie in diesem Zusammenhang von den Plänen in Kenntnis gesetzt hatte. Ich denke mir, er hat sie allerdings nicht eingeladen und insoweit resultierte die Reaktion wohl aus dem Gefühl der Zurücksetzung. Da hätte ich vielleicht eingreifen sollen, aber ich war nicht auf die Idee gekommen, weil mein Kollege zugesagt hatte, trotz seiner Absage alle für die Schule notwendigen Schritte in die Wege zu leiten. Bei ihm hatte ich auch das Gefühl, es sei ihm nicht Recht, nicht als "Macher", sondern nur als Begleiter eingeladen worden zu sein. Normalerweise, so sagte er mir, ginge die Initiative nun mal vom Lehrer aus. Es scheint also schwierig, unter den Kolleg/innen Begeisterung für Eigeninitiative der jungen Leute zu entfalten...

Die Sache klärte sich insofern, als Mircea nun die Eltern anrief und es innerhalb kürzester Zeit die Zusage gab, die Reise dann eben als Initiative des Elternbeirats durchzuführen, Die Eltern boten auch spontan Hilfe an und die Vorsitzende kam am Sonnabend und unterstützte uns am Abend. Mehrere Eltern kamen hinzu, unter anderem, um die für meinen Geburtstag notwendigen Utensilien zu bringen. ;-) Ich wurde mit einer Riesentorte beschenkt, die dann als Dessert an alle ging, und erhielt ohne Ende Wein (u.a. selbstgemachten), Ostereier usw. Die Schülerinnen schmetterten in der Nacht zum Sonnabend in mehreren Sprachen "Zum Geburtstag viel Glück" und das war ganz rührend. Alles gut also.

Unser schön gelegenes Hotel befand sich in Voronet unweit des Klosters. (Bild oben) Allerdings kann man da auch nicht viel machen. Aber das störte niemanden, denn die Schüler/innen hatten - wie gesagt - ganz andere Wünsche. So lachten und sangen sie auf den Zimmern, während "die Alten" im Hotelfoyer ums Kaminfeuer rum saßen. Später, als der Lärmpegel etwas stieg, zogen die Kids in einen kleinen Raum im Parterre um, wo wir sie gut im Blick hatten. Mircea ging gegen 01.00 Uhr schlafen. Ich wollte meine Aufsichtspflicht nicht vernachlässigen und blieb. Aber ich blieb nicht lange allein. Bis 02.30 Uhr saßen wir dann in der Runde und besprachen die Probleme dieser Welt. Das war sehr interessant und befriedigend auch, weil so viel Deutsch haben "die Kleinen" noch nie am Stück geredet. Erschreckend war es aber auch, weil es Tränen gab. Ein Mädchen erklärte mir den Streit mit ihren Eltern, die wollen, dass sie Medizin studiert, obwohl sie Mathe liebt und das machen möchte. Offensichtlich führt da kein Weg zu einer Verständigung. Im nächsten Jahr hat sie Bio und Chemie als Spezialisierung zu wählen und weiter Deutsch zu lernen, weil ein Mediziner in Deutschland viel Geld verdient und einzig darauf käme es an. Was kann man da sagen? Das Thema war auch am zweiten Abend präsent und sie schien nicht allein das Problem zu haben...  


Um 04.56 Uhr musste ich dann noch mal raus und in einem Zimmer für Ruhe sorgen, in dem es offensichtlich Bierreserven für eine durchwachte Nacht gegeben hatte. Aber mein Erscheinen wirkte und es gab dann Ruhe.

Anderntags gingen wir zu Fuß ca. 2 h bis Gura Humorolui. (Auf Bild zwei auf der anderen Seite der Brücke.) Am Skilift vorbei ging es dann in einen Abenteuer- Park. Bevor wir den erreichten, gab es aber noch eine kleine Tanz- und Gesangseinlage. (Bild drei) Insgesamt bestand die Gruppe aus 15 Personen (Bild vier), wobei bis auf eine Ausnahme der ganze "Deutsch- Kader" mit dabei war; vier Mädchen waren aus dem zweiten Gruppenteil, der Französisch lernt. So richtig glücklich waren die aber nicht, mit mir ein bisschen "parlieren" zu sollen. Ich hatte das Gefühl, die Deutsch- Lerner waren wesentlich kommunikativer als die Lerner der "Nachbarsprache". Egal. Landschaftlich ist die Gegend sehr schön und man kann dort bestimmt auch wandern. (Bild 5, 6, 7).


Im Abenteuerpark kann man schwimmen, Baumpfade entlang klettern und schießen, grillen usw. Leider war das Wetter nicht optimal und so blieben viele Lokale geschlossen. (Bild ach) Die Jungs beschäftigten sich mit Fußball (Bild neun, Andrei A., Cosmin und Nicu v.l.n.r.), einige andere spielten Tennis. Die Mädchen saßen auf der Bank und schwatzten. Baden wollte niemand.

Dann begann es zu regnen und der Stadtgang zum Pizza- Essen fiel aus. Wir behalfen uns mit dem Pizza- Stand am Ort. Leider konnte man dort nur im Freien essen und nachdem die Pizza endlich geliefert wurde, waren alle durchgefroren. (Bild neuen, Andrei T., Andrei A. und ich) Der Stimmung tat das wenig Abbruch, auch wenn Sandra (Bild neun vorne) skeptisch guckt. Medea (selbes Bild, hinten) schmeckte es. Die Pizzen gingen dann auf meine Rechnung, denn erstens hatte ich ja Geburtstag und zweitens war mein Kostenanteil von den Schüler/innen finanziert worden. So waren wir wieder quitt.

Eigentlich wollte ich die Bande beschäftigen, um sie abends müde zu haben, aber nun konnte ich mich im Angesicht des Wetters der Bitte um Taxis nicht entziehen. Am späteren Nachmittag gingen dann alle schlafen, um abends fit zu sein. Ich beantwortete die Geburtstagspost, las ein bisschen und begrüßte dann die Mutter von Medea, die als Elternbeiratsvorsitzende wie versprochen erschienen war. Hätte ich mal geschlafen! Nach und nach erschienen noch die Eltern von Ioana und Sabina und Lilia, Alexandrus Mutter, verstärkte unser Team.

Die Atmosphäre abends am Feuer war dann sehr angenehm. Die Schüler/innen hatten leider keinerlei Konditionsprobleme. Besonders Andrei, genannt "Hoffmann" (neuntes Bild mit gelber Mütze), war wie aufgedreht. Er unterhielt die letzten Aufrechten bis morgens gegen 06.00 Uhr. Dagegen konnte auch Stefan, im Bild links, nichts ausrichten. Sein Vater ist Kollege am "Petru Rares" und er bemühte sich, wie Alexandru und Medea (Bild 10), um viel Seriosität. Mit den beiden, den Andreis, Sandra u.a. wurde es nach Mitternacht wieder sehr schön für mich. Die Eltern waren gegangen und ich blieb noch bis 04.00 Uhr bei den Schüler/innen, die wieder diskutierten, auch untereinander, und zeigten dass sie doch an ihrer (politischen) Zukunft interessiert sind. Ich schlief trotz der Müdigkeit schlecht und hatte heute am Morgen die Quittung: Ein leichtes Ziehen in der Herzgegend signalisierte, dass ich für solche Nächte nicht mehr gemacht bin. :-( Das 57. Lebensjahr begann also mit einer kleinen Warnung aus der Zukunft.

Heute (Bild unten, Sandra mit Katy und den "Franzosen") passierte sonst nicht mehr viel. Wieder zu Hause sank ich erst einmal ins Bett und schlief. Jetzt werde ich dieses "Programm" fortsetzen...

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