Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Samstag, 22. Mai 2010

Umgebung von Ivano- Frankivsk

Irgendwann war ich aus Deutschland wieder da und kam mit meinen "legalisierten" Dokumenten gerade noch rechtzeitig. Donnerstags sind nur zwei Stunden und für Drohobych (meine zweite Schule) war schon alles fertig. So bin ich ein wenig in die Gegend gefahren. Zuerst nach Gorodenka, wo es eine schöne und wenigstens von außen restaurierte Stadtpfarrkirche und ein barockes (allerdings sehr zerstörtes) Klosterensemble gibt. Von der Altstadt ist nicht mehr viel zu sehen, allerdings verraten die Straßenzüge doch den Zuschnitt des Städtchens. Immerhin steht die Synagoge noch. Welchem Zufall verdankt sie wohl ihr überleben? Mitten in der Stadt steht sie leer und stumm und zeugt von Abwesenheit. Kaum anders als die überall sich findenden jüdischen Friedhöfe: sich selbst und dem Verfall überlassen.

Von Gorodenka Richtung Ternopil, dem alten polnischen Tarnopol, quert man den Dnistr , der sich tief in die hügelige Landschaft eingegraben hat, auf dieser imposanten Brücke. Ich wollte dem Flusslauf bis Soloty Potik folgen, das ich mir romantisierend mit "Goldener Topf" (Pott- nicht wahr?) übersetzt hatte, das aber in Wahrheit "Goldenes Bächlein" heißt und in einer der gewaltigen Schleifen liegt, die der Dnistr hier um größere Erhebungen zieht. Dort sollte es eine Burg geben und es gab auch eine. Allerdings waren die gelb in die Karte eingetragenen "Landstraßen" zeitweise nur Feld- und Waldwege und ich war zeitweise nicht sicher, ob ich mein Ziel erreichen würde. Abseits der Straße gewahrte ich eine Kirche, die mir so deutsch vorkam, als einem eine Kirche nur deutsch vorkommen kann. Ja, hier sei ein Gut gewesen, erklärten mir die freundlichen Männer, die sich an einem urzeitlich aussehenden Schlepper zu schaffen machten, den in ein paar Tagen wieder in Gang zu setzen, sie sich in den Kopf gesetzt hatten, und dieses Gut hätte ein pensionierter österreichischer Offizier am Ende des 18. Jahrhunderts errichtet. Nur die Kirche sei noch übrig. Den Rest hätte man abgetragen, um eine Schule für Agronomen zu errichten, die nun auch längst verfallen sei. Wohl wahr.

Ich erreichte Zoloty Potik dann doch noch und fand die Ruinen einer Burg, die - der Länge ihrer Ringmauer nach - einst mächtig und ausgedehnt gewesen sein muss. Erhalten ist nur noch die Außenhaut. Das Hauptgebäude im Innern, offensichtlich später als die Mauern errichtet und vielleicht einmal palastartig, besteht nur noch aus der dachlosen Hülle. In den Torgebäuden und einem der drei noch erhaltenen Wehrtürme hatte sich wohl die Kolchosverwaltung einquartiert. Hofgebäude sind zu Garagen umgebaut worden. Der Rest - wie gesagt - verfallen. Es ist immer wieder eine Überlegung wert, warum sich trotz schulischer Bildung niemand, und sei es auch nur aus ästhetischen Gründen, der einzig sehenswerten Gebäude in diesen abgelegenen Provinznestern angenommen hat. Besitz der polnischen Feudalen, nun ja, aber doch auch Bauleistung ihrer Vorfahren! Und - als was auch immer man es ansah und ansieht - es ist doch das einzige Schmuckstück im Ort! Aber es sieht nicht so aus, als ob sich jemand Gedanken macht. Vom Wirken einer Denkmalsschutzbehörde ist ebenfalls nichts zu sehen. Schade drum.

Am Wegrand dann noch die eine oder andere alte Kirche, ein paar verfallene Kapellen, offensichtlich ehemals katholische, also den "anderen" Christen nichts Wert, die neben die Schandflecken regelmäßig ihre eigenen, gepflegten Kapellen stellen. Verstehe einer die Menschen, die wohl auch noch zwischen einem ukrainischen und einem polnischen Gott unterscheiden! Endlich erreichte ich den Fluss, über den eine holzbelegte Eisenbrücke führte, die auch schon bessere Zeiten erlebt hat. Man fragt sich wirklich, ob diese Landstriche, erreichbar nur über wackelige Brücken oder bei Regen unpassierbare Landwege, von der Zentralregierung überhaupt noch wahrgenommen werde. Auf mich machten sie einen abgeschriebenen Eindruck. Seit ich das erste Mal vielleicht 2004 in die verlassenen westukrainischen Gegenden gereist bin, in denen die Wisnowieckis und Potockis ihre Stammsitze hatte, ist wenig bis gar nichts passiert. Seit 6 Jahren also Stagnation auf unterstem Niveau, obwohl hier und da ein paar neue Häuser hinzugekommen sein mögen. Hoffnung?

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