Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Sonntag, 23. August 2015

Chernivci

Anfang Juli war ich also wie versprochen in Chernivci. Versprochen hatte ich es Roman, der mich mit Freundin Ksjuscha dringend ermahnt hatte, mal wieder den Weg an die rumänische Grenze zu finden. Gesagt getan. Über Rakhiv wollte ich der vermutet schlechten Straßen wegen nicht fahren, aber der Weg über Striy und Kolomiya war auch nicht besser. Zwischen Ivano und Chernivci war es sogar der Horror selbst- teilweise fehlte der Asphalt und sowieso gab es Löcher ohne Ende. Mich erwischte es zwischen Kolomiya und Chernivci: Der Schlag war gewaltig und die Felge vorne rechts
"im Ar...h". :-)  (Bild oben)

Daher konnte ich die Wut eines Taxi- Fahrers verstehen, dessen Achsbruch (Bild zwei) ich in Chernivci als Beleg für die unmöglichen Verkehrswegeverhältnisse in der ukrainischen kleptomanen Oligarchie dokumentierte. Aber warum ist er böse auf mich? Soll er mit dafür sorgen, dass die korrupten Häuptlinge verschwinden und das, was das Volk erarbeitet, auch ihm selbst (und der Infrastruktur des Landes) zugute kommt.

Da ich erst einmal nicht weiter kam und die Öffnung eines der unzähligen "Schinomontage"- (Reifenmontage-) Werkstätten abwarten musste, gab es Gelegenheit, Landschaft am Rande der Straßen zu erwandern. (Bild fünf) Schön war's dort. In Chernivci (wo man- Bild drei - sogar den jüdischen Friedhof teilweise von dem Bewuchs befreit hat) traf ich dann Roman und Ksenia; andere Leute zu sehen, dazu kam ich eines unangenehmen Erlebnisses (über das hier zu schweigen ist) wegen nicht. Ich hatte ein bisschen Ruhe im Hotel nötig und bewegt mich, da ich nicht so lange im Auto sitzen sollte, etappenweise wieder gen Košice. Chernivci und ein paar schöne Landschaften auf dem Rückweg (über Rakhiv- die Straßen waren im ersten Teil auch grottenschlecht) habe ich trotzdem genießen können.

Und auch Lustiges gab es: Sieht jemand genau hin (Bild vier), dann versteht er/ sie, warum der Chor so unglaublich leise singen konnte! Der Gesang kam von CD oder Kassette. Es waren Rumänen, die am Denkmal ihres Nationaldichters Eminescu play back veranstalteten. Aber immerhin. Die Ukrainerinnen ringsum ließen sich nichts anmerken und verkauften ungerührt ihre Produkte weiter. Es war halt Rumänisches und nichts Ukrainisches. (Wie das immer wieder wunderschöne Motiv der sich im Davidstern spiegelnden Kuppel des Begräbnishauses auf dem Friedhof- Bild sechs).

Bleibt nachzutragen, dass ich auch in Mukachevo unweit der Stelle übernachtete, an der nur wenig später die große Schießerei zwischen putschenden Leuten vom prawy sektor und der ihrem Oblast- Häuptling (Zigaretten- Schmuggler Nr. 1) treuen Polizei stattfand. Dem Beschuss mit Panzerabwehrgranaten fielen drei Polizei- Autos zum Opfer. Man spricht darüber hinaus von drei toten Polizisten; die youtube- Videos zeigen auch einen getöteten Zivilisten, den man wie einen Sack Kartoffeln zum Auto schleift und dann auf die Ladefläche wirft. Immer wieder frage ich mich, ob das dieselben Menschen sind, mit denen man so tolle Partys bei Shashlyk und Vodka feiern kann (oder die so gläubig scheinen- Bild sieben) und ob nicht auch die manchmal zur Gitarre traurige Lieder singen. So dicht ist das, was man liebt und was man hasst, in diesem Land beieinander... Am 12. 07. hatte ich dann meine Sachen gepackt und fuhr nach Leipzig. Endlich richtige (!) Ferien und nicht mehr nur "Kein- richtiger- Unterricht"...

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