Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Dienstag, 30. September 2008

Shopping macht blöde!

Das Ende unserer 10tägigen Projektwoche nahte. Am Mittwoch, dem 17. 09., fuhr ich mit Diana, Lesja und David noch einmal nach Berlin, um auch noch die deutsche Protagonistin unseres Projekts über die Bukowina, über Heimatgefühle und Heimatverlust zu interviewen.Frau Edith Schütrumpf erwartete uns und ich hatte wieder das Gefühl, in diesem Haus fast schon zu Hause zu sein. So viele Emails hatten wir gewechselt und immer hat es mich ergriffen, zu sehen, wie bewegt und überwältigt die alte Dame von ihren Erinnerungen war. Ein bisschen fürchtete ich, dass sich das den Jugendlichen nicht mitteilen würde und das sie froh wären, der Vereinnahmung durch die ältere Generation zu entkommen. Das Gegenteil war aber der Fall. Während des Interviews war deutlich zu spüren, dass die Ergriffenheit, mit der die Deutsche über ihre Heimat sprach, die heute dort lebenden jungen Ukrainerinnen nicht kalt ließ. Allerdings bleibt die mich interessierende Frage, wie sie den Zwiespalt, der sich aus der eigenen Erfahrung einer oft abgelehnten und hassgeliebten "Heimat" und der hier erinnerten "besonderen Czernowitzer Atmosphäre der 20er und 30er Jahre" ergeben muss, wirklich verarbeiten, zumindest für die nächste Zeit wohl unbeantworet.

Am Donnerstag konnte dann die Rohfassung des Films dem Lagerpublikum vorgestellt werden. Großes Hallo, wenn sich ein Schüler auf der Leinwand als Akteur wiederfand! Ich dachte schon, es hätte sich alles gelohnt wegen dieser 36 Minuten!

Aber mit dem Ende der 10tägigen Projektzeit kamen die von den Schülerinnen wirklich ersehnten "Höhepunkte" näher. Vor und während der Fahrt nach Stralsund diskutierten wir immer wieder die Frage der Frei- also der Shopping- Zeit. Nach vielem Hin und Her erhöhten wir die Zahl der Stunden zur freien Verfügung von 2 auf 4 und beschlossen, die Gruppe vor dem Besuch im Schwimmbad noch extra in ein Shopping- Center zu führen. Aber der bereits bezahlte Besuch im Spaßbad blieb gesetzt. Nach den Auseinandersetzungen, die schon einen schalen Beigeschmack hinterließe, weil sie zeigten, warum man heute auf Reisen geht, waren die Ukrainer dennoch (wie gewohnt) relativ diszipliniert und am Ende von dem Spaßbad begeistert. Es war die bulgarische Gruppe, die sich - ihre Betreuerin voran - nicht mehr zum Besuch des Schwimmbades bewegen ließ. Shopping!!!

Auf dem Nachhauseweg dann Diskussionen mit meiner Gruppe, der ich versprochen hatte, wenn nichts Gravierendes vorfällt, vor der Abfahrt noch 6 h Freizeit in Berlin zu ermöglichen. Ja, ich weiß: Wir haben früher bei einer Reise nach Budapest AUCH ein paar Jeans kaufen wollen. Also Gut. Bevor wir aber am anderen Tag abfuhren, fand noch die tränenselige Verabschiedung statt. Erst im Lager von all den Litauern und Polinnen und von den neu gewonnenen deutschen Freundinnen, dann noch einmal in Stralsund die von den altbekannten Projektpartnern. Ob die vielen Wochen, die wir gemeinsam verlebt haben, Folgewirkungen zeigen? Wer weiß das, wer kann schon ermessen, was ein solches Projekt im Leben eines Menschen wirklich bedeutet! Aber kaputt gemacht hat es wenigstens nichts, das steht schon mal fest....

In Berlin angekommen, empfahl ich unverbesserlicher Bildungs- Optimist doch noch einmal den Kauf einer Tageskarte, damit man von der Wilmersdorfer Shopping- Meile aus vielleicht mit der S- Bahn zum Zoo fahren könnte usw. Ich erklärte, was man dort sehen könne, aber es hörte eigentlich niemand mehr zu. Shopping!!! Und am Ende war auch niemand wirklich "in Berlin". Shopping!!! Nach dem Ende der Verkaufszeiten lungerten die Jugendlichen lieber vor einem 24- Stunden- Laden (Kaiser's) rum und kauften für das letzte Geld Unmengen von Bier für die Verwandten. Shopping!!! Wovon sie mir vor der Abfahrt erzählten? Vom Shopping!!! Was sie beim nächsten Mal von so einer Fahrt sich wünschen würden? Mehr Shopping!!! Ich hatte es schon satt, fand aber, die Aversion könnte mein "philosophisches Hobby" bleiben, da sonst ja nichts Ernstes passiert war. Es war wohl diese innere Mattigkeit, das Bereits- Aufgegeben- Haben, das mich den Polizei- Wagen am ZOB so gelassen anschauen ließ. Ok, es stiegen meine bisherigen Lieblingsschülerinnen aus und ich wusste noch ehe der Beamte etwas sagen konnte, was passiert war. Shopping!!! Da stehen sie nun und drücken sich die Nasen platt an den Schaufenstern mit all den Waren, die sie haben wollen, aber nicht bezahlen können. Haben wollen, shoppen gehen, haben wollen, shoppen gehen. Und dann echot es in diesem hohlen Kopf nur noch vom "shoppen" und es wird so schmerzlich bewusst, dass man zum Shoppen eigentlich gar kein Geld hat, und dann will man aber auch was haben, weil sie alle etwas haben, und dann will man was mitbringen und es an die Freundin verschenken, weil es nun mal so Sitte ist, der Freundin etwas zu schenken, und dann sieht man keine Sicherungsanlagen und dann denkt man, dass die Deutschen bestimmt nicht so aufpassen wie die Ukrainer, wo hinter jeder Glasvitrine eine "Ochrana" mit Pistole und Schlagstock steht, und dann versucht man eben zu klauen... Ist man soooo doof mit 17? Nein, man kann Russisch, Ukrainisch, Deutsch und etwas Englisch und Rumänisch, man hat seine Schule mit Auszeichnung absolviert oder wird es tun...- aber man lässt zu, dass sich im Kopf nur EIN Gedanke ausbreitet: Shopping! Und dann hat man eben irgendwann genau die hohle Rübe, die man verdient! "Haben oder Sein?" - Das ist hier die Frage... Ich jedenfalls BIN enttäuscht, auch wenn ich weiß, wo es her kommt. Und so war die Verabschiedung etwas frosig. Seither finde ich, es hat mir überhaupt geholfen, Abschied zu nehmen. Das Bedauern ist geringer. Oder doch nicht?

Lagerleben (II)

Neues Leben kam mit der Anreise polnischer, bulgarischer, litauischer und weiterer deutscher Schüler, die hier ein "Europa- Camp" veranstalteten, an dem wir teilhaben konnten. Damit entfiel die Notwendigkeit, sich Beschäftigungen auszudenken und Stefan konnte ungestört schneiden. Allerdings lief die Sache nicht so gut an, weil nur die ukrainischen Schüler wirklich gut Deutsch konnten. Verkehrssprache wurde Englisch, was aber die meisten Bulgarinnen ebenfalls nicht besonders gut beherrschten. Die Kennenlernspiele der deutschen Kolleginnen lösten Gähnen aus, das Europa- Programm ebenso. Beim Sportfest allerdings fanden die ersten Begutachtungen von Vertretern des jeweils anderen Geschlechts statt und wie schnell sich da Sympathien herausbildeten, konnte man an den abendlichen Wanderwegen der Jungs und Mädels gut beobachten. Nächtliche Erfolge wie Misserfolge standen anderntags so manchem girlie im Gesicht geschrieben. Da wurde der vorüber gehende Roman (zweiter Sieger des Sportfestes!) mit glänzenden Augen angesehen; aus einem anderen löste sich eine kleine Träne! Wie schnell das geht?! Der Teufel Alkohol, hier sicher als "Mutmacher" gebraucht, hatte aber auch hier unerwünschte Nebenwirkungen. Ob sich manch eine nicht doch am anderen Morgen geschämt hat, wenn sie daran dachte, wer am vorigen Abend alles zugesehen und mitgehört hat? Ich hab nicht gefragt und meine eigene Erinnerung an "früher" gab da außer (öffentlichem) Knutschen nicht viel her. Kumpel Benno haben wir jedenfalls einmal verboten, mit seinem völlig abgefüllten Mädel ins Nebenzimmer zu verschwinden. Das immerhin weiß ich noch. Na, sei's drum. Wenigstens waren es nicht "meine", die nachts an der Tankstelle von der Polizei aufgegriffen wurden, weil sie Alkohol kaufen wollten. "Meine" wunderten sich nur, dass man hier in Deutschland das Alkoholverbot für unter 18-Jährige wirklich ernst nimmt. Sie verrieten mir dann allerdings auch, wie leicht es einem hübschen Mädchen fällt, irgendeinen älteren Herren dafür zu gewinnen, den gewünschten Wodka oder die Flasche Wein für sie zu kaufen. Hat da irgendein Pädagoge noch Illusionen? Offensichtlich ja, denn die deutschen Kolleginnen ließen über das Ordnungsamt die umliegenden Verkaufsstellen noch einmal an das Verkaufsverbot erinnern. Für solche Formalismen hatten meine Schülerinnen und Schüler kein Verständnis. Wofür ich alles hätte aufkommen müssen, wenn jemandem bei den ausgedehnten Radtouren, die sie (die z.T. das erste Mal auf einem Rad saßen!) natürlich doch nicht nur an der Strandpromenade entlang, sondern bis nach Bergen hin unternahmen, etwas passiert wäre, das lag und liegt jenseits ihrer Vorstellungskraft. Man steht halt mit einem Bein im Gefängnis, kann aber doch nichts anderes machen als das Risiko einzugehen, denn sonst findet gar kein Jugendleben mehr statt. Die Jugendlichen ihrerseits werden mich aber wohl nur als die Nervensäge erinnern, die meinte, immer wieder auf diese oder jene Verhaltensvorschrift hinweisen zu müssen...

Lagerleben (I)

Sellin auf Rügen also. Schon nach einem kurzen Spaziergang am Strand bzw. durch den Ort ist klar: an Naturschönheiten und deutscher Landeskunde im Allgemeinen ist hier niemand interessiert. "In Czernowitz war alles besser. Hier gibt es keine Diskos, nur alte Leute, und man kann nicht shoppen gehen!" - so Julia oder Anja, ich weiß es nicht mehr. Irgendwo ist da ja auch was dran, denke ich, und versuche das Lagerleben zu retten. Zunächst verdonnern wir also unsere "lieben Kleinen" in allem, was die Lagerordnung anbelangt, beschließen aber, es mit der Kontrolle und Durchsetzung nicht allzu genau zu nehmen. Sollen sie wenigstens abends und nachts ihren Spaß haben! Den Wodka allerdings zogen wir ein und nach Möglichkeit sahen wir zu, dass niemand in den Genuss kam, den fehlenden Nachtschlaf am Tag nachzuholen. Das zeigte zunächst auch Wirkung und wir, also Stefan Koeck (Medienpädagoge/ Stralsund), Michael Petrowitz (Drehbuchautor/ Berlin) und ich (arbeits- und einkommenslos), versuchten überdies, die Gestaltung der Nächte ein bisschen mit in die Hand zu bekommen. Das klappte, solange wir allein waren, ganz gut, vor allem der spontan- verrückten Ideen wegen, die Stefan so hatte. Eines Abends beispielsweise drehte er seine Musik am Computer so laut es ging, schaltete das Schaubild des Mediaplayers zu und warf die Zufallsgrafiken per Beamer an die Wand des gegenüberliegenden Bungalows. Bald waren alle draußen. Michael führte unermüdlich seine Schattenspiele vor, die Jugendlichen lachten und kabbelten sich bis zum Ende der nächtlichen "Veranstaltung". Was sie danach noch machten, wer wollte es wissen? Wichtig war nur, dass wir es nicht zu sehen und alle keine negativen Folgen zu spüren bekamen. Dennoch war mir zeitweilig recht mulmig zumute, vor allem, als ich durch Zufall Fotos sah, die des Nachts mit dem Handy am Strand aufgenommen worden waren. Gegen die Nacktheit schöner Mädchen ist wenig zu sagen, wenn diese sich halt ansehen lassen wollen, gegen das nächtliche Baden sollte ich allerdings was haben. Ob der Versuch, auf die "weiche Tour" an das Verantwortungsgefühl zu appelieren, gefruchtet hat. Ich wage es zu beweifeln.

Blieben die Tage. Zunächst konnten wir nicht klagen. Es regnete, aber man beschäftigte sich im Tischtennisraum, am Billardtisch oder im Internet. Vor der Arbeit drückte sich niemand, ganz im Gegenteil. Wir waren ja hier, um aus ca. 18h Videomaterial, das wir im März in Chernivci abgedreht hatten, einen Film zu machen. Alle wollten das Ergebnis und so wurden die Übersetzungen in Null- Komma- Nix fertig, die Untertitel tippten meherer Teams im Akkord und auch im Schneideraum maulte keiner über stundenlange Sitzungen, in denen die Ukrainer Stefan die Einsätze in den ukrainischsprachigen Interviews weisen mussten. Aber es waren nicht immer alle beschäftigt und so zahlte ich aus meiner Tasche die Gruppenfahrscheine nach Bergen, damit auch shopping möglich würde. Gut, ich habe nicht laut gesagt, dass es mich 150 Euro kostete und eigentlich erwartete ich auch keinen Dank, aber ganz ohne Frustration habe ich dennoch nicht mit anhören könne, wie das miese Angebot in Bergen kritisiert wurde. Das war also auch nichts, obwohl sie alle hin fuhren und mit Kinkerlitzchen aus dem 1- Euro- Laden bepackt wiederkamen. Ja klar, gegen die glitzernden Konsumtempel, die seit zwei Jahren in Czernowitz für Weltstadtflair sorgen, kommen die Provinzshops in Bergen natürlich nicht an. Das sind eben so die neuen Maßstäbe einer Generation, die Anstehen und Konsumgütermangel nur aus Erzählungen kennt, die damit verbundenen (wahn- und zwanghaften) Ersatzhandlungen ihrer ebenfalls kaufsüchtigen Eltern aber als selbstverständlichen Lebensinhalt übernommen hat. Und ich? Regte sich pädagogisches Gewissen? Ja, es regte sich! Aber ich sah auch dieses Funkeln in den Augen und dachte bei mir, es würde dieses eine Mal schon nicht so schlimm sein. Warum mit Windmühlen kämpfen? Doch es wurde schlimm. Aber das passierte später.

Montag, 29. September 2008

Wenn einer eine Reise (über die Grenze) tut IV

Am 08. 09. geht es abends dann los. 18 ukrainische Schülerinnen und Schüler und eine Betreuerin brechen auf, dem März- Projekt einen zweiten Teil in Stralsund bzw. Sellin folgen zu lassen. Im Zug ist es wie erwartet ziemlich warm. Die Gradzahl steigt in meinem Abteil noch an, denn hier versammeln sich diejenigen, die der "harte Kern" sein wollen. Ich akzeptiere, als ich verstehe, worauf es hinaus läuft. Besser sie trinken in meinem Beisein, als heimlich, denke ich, und lasse mir auch einen Wodka einschenken. Gott sei Dank bin ich ja nicht mehr Lehrer an der Schule! Die Kontrolle ist zwar gut gemeint, aber wirkungslos, denn ich überschätze die Trinkfestigkeit der Kleinen wie sie selbst. Noch ehe ich mich versehe, hat Julia einen mächtigen und Viktor einen ordentlichen Schwips. Sie reden plötzlich lauter und dann wird Julia auch noch schlecht. Pottwarmer Alkohol in einem tropischen Raum- das konnte nicht gut gehen! Ohne Proteste geht das Mädchen dann schlafen und die anderen kümmern sich um sie. Trotzdem ist es nicht einfach Solidarität, sondern eher ein Schutzreflex. Das ist eben so, wenn man trinkt, und alle wissen, was dann zu tun ist. Das nächste Mal könnte man selbst betroffen sein. Vorwürfe gibt es nicht und schlechtes Gewissen ist den Betroffenen fremd. Saufen als Kultur (denken sie jedenfalls). Ich lasse die Leute bis nachts um 02.00 auf, denn eher bekäme ich sie doch nicht zur Ruhe. Dann sind sie müde und auch diszipliniert. Weiter keinen Ärger bis nachts um 04.00, als es mörderisch kracht. Roman ist bei dem Versuch, aus dem Bett zu klettern, von seiner Pritsche in den Mittelgang gestürzt. Kein Alkohol- Schlaftrunkenheit! Gott sei Dank ist der schwere Kerl sportlich und tut sich nichts. Das hätte auch das Ende der Reise mit einem Querschnittsgelähmten bedeuten können. Kure Zeit später will/ muss Kolja auf die Toilette, aber die Tür geht nicht auf. Es kostet uns an die 20 min, ehe sie sich unvermutet öffnen lässt. An Schlaf ist nun nicht mehr zu denken. Ich wasche mich, zum Glück, denn eine Stunde vor Erreichen des Bahnhofs schließt der Zugbegleiter die Toilette zu und ist um nichts in der Welt (oder doch gegen Dollar?) bereit, das Klo noch einmal zu öffnen. Das Lamento hält sich aber in Grenzen. Dennoch: Langsam begreife ich, was Masochismus ist - eine Schülerreise mit 16- Jährigen!

Apropos Masochismus: Es tut sich was in der Ukraine! Bisher tat man sich schwer mit nichtukrainischen berühmten Bürgern von Lemberg- Lwow- Lviv. Als einer der ersten konnte der Pole Stanislaw Lem ("Das hohe Schloss"- Autobiografie aus der Lwower Zeit) Boden gut machen und in die Reden zur Schuljahreseröffnung an unserem dortigen DSD- Gymnasium Eingang finden als "berühmter Absolvent". Das blieb dem Herren Sacher- Masoch bisher verwehrt, obwohl Kollege Everding dran arbeitet, wie er sagt ;-) Schneller war ein Restaurant, von dem ich vergessen habe, ob es etwa im Geburtshaus von Masoch eröffnet wurde. Aber das Gebäude muss so oder so etwas mit dem berühmten Sohn der Stadt zu tun haben, denn neben der Tür kündet eine Tafel von den Lebensdaten und vor dem Eingang steht der Meister höchstselbst in Form eines Bronzedenkmals. Beim Fotografieren ging mir durch den Kopf, was man hoffen kann, wenn man sein Leben einer Frau weiht, wohl wissend, dass alles - besonders die Liebe - endlich ist und letzteres Gefühl oft umschlägt in sein Gegenteil. "Masochismus", scheint mir, bezeichnet weniger einen psychischen Affekt, als vielmehr eine prinzipielle Unfähigkeit des Menschen, den Erfahrungen anderer (und auch den eigenen) Glauben zu schenken. "Masochismus" als quasi philosophische Haltung bezeichnet dann dieses immer wieder zu hörende "Mir- passiert- das Nicht". Woher nehmen die Menschen diesen der Dummheit so ähnlichen Optimismus, immer sich selbst als die Ausnahme von der Regel zu betrachten?

Meine Euphorie, noch einmal mit "meinen Kleinen" auf Reisen zu sein, weicht jedenfalls schon bald einem sanften "Übergang" in Frustration, dem Heraufdämmern eines Begriffs kommender Schlalosigkeit und pädagogischer Überforderung. Das passiert während des Wartens auf den Bus, ein Vorgang, der in der Ukraine ja immer auch mit der bangen Frage verbunden ist, ob der überhaupt kommt und ob es, wenn er da ist, auch die versprochenen Plätze gibt. Als der Bus endlich mit zweistündiger Verspätung ankommt, ist zwar exakt die gebuchte Anzahl an Plätzen frei und der Busfahrer sorgt auf meine energische Bitte hin auch dafür, dass die Schüler zusammen sitzen können und die anderen Fahrgäste nach vorne rücken, aber es fehlt Lesjas Rucksack mit dem neuen Fotoapparat, dem unverzichtbaren Handy und 150 Euro Taschengeld. Ich hab zwar meine Augen überall gehabt, aber in der Hektik des Aufbruchs mag sie den Rucksack vergessen haben und als wir ihn suchten, war er nicht mehr da. Dasselbe sollte Aljona einen Tag später passieren- diesmal aber auf dem ZOB in Berlin.

Im Bus zog schnell Ruhe ein. Die kids waren übermüdet vom Schlafmangel der letzten Nacht und dem Tag in Lviv. Bloß ich konnte nicht schlafen und musste mir, ob ich wollte oder nicht, einen der berüchtigten russischen Krimis ansehen, in denen pro Minute mehr Blut als in einem ganzen Hollywood- Halbjahr fließt und in dem die obligate Vergewaltigungsszene jeden einschlägigen Porno in den Schatten stellt. Wie kann man nur groß und ein vernünftiger Menschen werden, wenn man mit solchem Dreck im Gehirn aufwächst? Man kann, indem man abstumpft. Außer mir sah niemand hin. War da noch etwas? Ach ja, die immer wieder für Erheiterung sorgende Prüfungsfrage, ob man Gewalt im Fernsehen verbieten solle. Ob die Deutschen angesichts ihres Fernsehprogramms überhaupt wissen, was "Gewalt in den Medien" ist? Ich beweifle es.

Ein wenig Aufmerksamkeit gab es noch, als der Busfahrer zur Sammlung von 5 Euro pro (erwachsener) Person aufrief, um mit der Summe den ukrainischen Zoll milde zu stimmen. Es gab Diskussionen unter den Fahrgästen, die zunächst mehrheitlich ablehnten. Erst nach der 3. Stunde Wartezeit brachte die lautstark vorgebrachte Schimpfkanonade eines erfahrenen Reisenden die übrigen dau, den Beutel zu öffnen.Und so kamen wir innerhalb der nächsten Stunde über die Grenze, wo wir auf polnischer Seite noch einmal 1 Stunde standen, dieweil der Bus vor uns eine Platzrunde in die Ukraine zurück drehte.

Bis Berlin gab es dann nur noch ukrainetypische Anekdötchen, die aufzubauschen nicht angebracht scheint. Der Busfahrer fuhr wie ein Blöder und machte nur einmal Pause, als er der Maut wegen ohnehin am Terminal anhalten musste. Vielleicht saß er schon seit Kiew am Steuer. Von Lviv bis Berlin (23.00- 16.00) fuhr er jedenfalls durch. Gegen Morgen sah ich seinen Kopf des öfteren aus dem Spiegel verschwinden, ein Zeichen dafür, dass er auf das Lenkrad gesunken war. Ich betete, falls ein Atheist das kann, zu allen Schutzengeln, und siehe, sie halfen mir. An Pause dachte der Fahrer dennoch nicht. Er wollte um 14.00 Uhr in Berlin sein, wie er auf Anfrage verkündete. Ich bestellte also unseren Anschlussbus zu um 16.00 Uhr. Das sollte auf jeden Fall klappen, denn obwohl der Fahrer kurz nach der Auskunft von der Autobahn abbog und eine Tankstelle anfuhr, verkündete er dort, es sei Eile auf der Toilette geboten, denn je länger wir in Polen blieben, um so später kämen wir nach Berlin. Gut. Merkwürig nur, dass alsbald Schüler kamen und mich fragten, wo der Bus sei. Nachdem er eine geschlagene halbe Stunde nicht aufgetaucht war, ging ich ihn suchen und fand ihn vor eine Waschanlage. Der Fahrer schlief dort den Schlaf des Gerechten und ich ließ ihn. Erst nach 1,5 h plante ich das Ultimatum - unser Anschluss- Bus, ursprünglich erst zu 18.00 Uhr bestellt, erwartete uns nun schon um 16.00 Uhr in Berlin (!) - musste aber nicht aktiv werden. Plötzlich schob sich der Bus durch die Waschanlage und wir kamen fast auf die Minute genau zwar nicht um 14.00, aber immerhin um 16.00 Uhr in Berlin an. Der Fahrer fuhr übrigens noch bis Koblenz (über Köln) und falls irgendein Autobahnpolizist diesen Blogbeitrag liest, bin ich auf Nachfrage ausnahmsweise gerne bereit, den Namen des Busunternehmens preis zu geben.

Der Stralsunder Fahrer war dann nett. Er zeigte ein bisschen Berlin vor, war bereit, uns eine Stunde am Brandenburger Tor zu gönnen, und hielt auch noch einmal an einem Supermarkt, wo die kids einkaufen konnten. Groß war das Staunen, als er dann auf der Autobahn eine halbe Stunde Pause machte und erklärte, dass er alle 4,5 h eine solche Pause machen müsse, sonst sei er seinen Job los. Noch mehr staunten die Kleinen nur über den Satz, dass die eingebaute Technik die Pause nur als solche aufzeichne, wenn der Bus mindestens 31 min gestanden habe! Ja, dieses Staunen über deutsche Regeln kam dann noch öfter vor. Hübscher Kontrast für mich.

In Stralsund nahmen wir die deutschen Projektpartner an Bord, was ein großes Hallo mit sich brachte. In Sellin verschwanden dann aber doch alle schnell in den Betten. Nicht mal die um Mitternacht noch dampfende Gulaschsuppe wurde alle! Dank an das Personal des ASB- Feriencamps Sellin! So fürsorglich, wie wir empfangen wurden, war die Betreuung die ganze Zeit über. Und das alles durchaus nicht mit "professioneller Höflichkeit", sondern mit echter Herzlichkeit. Schön zu wissen, dass es das noch gibt!

Noch einmal Chernivci

Am 06. 09. führte es mich zum vorerst letzten Mal an meinen vormaligen Wirkungsort zurück. Übernachtung im Hotel Tscheremosch. Na ja... Das Frühstück ließ doch arg zu wünschen übrig. Auswahl Spiegel- oder Rühreier, dazu standartmäßig zwei Käse- und zwei Wurstscheiben, die - wie das Brot - hätten frischer sein können, Joghurt und Marmelade. Interessant das colaartige Getränk, das ich so noch nie gesehen und geschmeckt hatte: Geschmack exakt wie Vita- Cola ohne Kohlensäure! Ob es sein kann, dass die Spätschicht nachts um 22.00 Uhr schon die Gläser befüllt, die das Frühschichtpersonal dann nur noch auf die Tische stellt? So jedenfalls schmeckte es resp. eben deshalb löste es einen Brechreiz aus! Ansonsten abends bw. nachts ein leeres Spielautomatenkasino mit ein paar boys, die Billard spielten und wohl auf eine einschlägige Sorte Damen wartete, die aber nicht kam. Jedenfalls ab ich keine gesuchtet.

Über Chernivci ist sonst nicht viel zu schreiben. Ein paar Renovierungsarbeiten wie die Erneuerung der Kobylanska- Str. (ehemals Gerrengasse) gehen dem Ende entgegen und verschönen die Stadt sichtlich. Am Festgelände für das Jubiläum wird noch gebaut, es sieht so aus wie im Juli, als ich abreiste. Mag sein, die Beseitigung der Flutschäden hat hier Kapazitäten gebunden.

Apropos Flut! Zu sehen ist kaum noch etwas. Der große Rynok am Fluß ist ausgebesert und zeigt keine Spuren. Nur an den Bäumen in Flußnähe verrät geknicktes Unterholzdie Macht des Stroms. Bis hoch hinauf ins Geäst haben sich Kraut und Bruchholz verfangen. Außerdem sieht man überall, wo früher sanfte Flußinseln und Sandbänke aus dem seichten Wasser ragten, scharf geschnittene Kanten und Unterspülungen. Nun sind die Betonpfeiler zu sehen, die man früher zu ihrem Schutz eingerammt hat. Einige solcher Betonklötze hatte ich früher schon bemerkt und sie fälschlich als Reste vom Krieg oder Überreste vormaliger Strommastenfundamente gedeutet. Immerhin weiß ich nun, dass die mächtigen Wasserschutzbauten nicht umsonst errichtet worden sind. Sie haben wohl auch gehalten und Schäden traten in Stadtnähe eher durch aufschießendes Grundwasser und überlaufende Kanalschächte auf, als durch direkte Überschwemmung. Hilfe ist bei den Geschädigten angekommen, wie ich von Florain (Romanas Vater) weiß. Allerdings sorgte sie - wie immer - für viel Diskussionsstoff, da die Vergabe alles andere als transparent gewesen sein soll. Kann man sich denken.

Ja, das war's dann. Am 08. 09. verließ ich die Stadt, die mir in den letzten Jahren (mehr als Kiew) zur zweiten Heimat geworden war. Ich wünsche ihr und ihren Bewohnern alles Gute!

Freitag, 15. August 2008

Abschluss- Wandern

Zurückgekehrt aus den Karpaten fiel mich schon ein bisschen Wehmut an. Sachen packen, Sachen wegschmeißen, Sachen zu einem Kollegen bringen, sauber machen usw. - nach 2 Jahren Czernowitz und insgesamt 7 Jahren Ukraine schon ein merkwürdiges Gefühl. Da half es schon, zu spüren, dass einen die Menschen, mit denen man am meisten hier zu tun hatte, nicht ganz gleichgültig weggehen lassen. Die Jungs halfen beim Transport der Sachen und die Mädchen, die dann doch nicht sauber machen sollten, machten den Vorschlag, sich wenigstens noch einmal zu treffen. Nichts lieber als das. Leider konnten viele just am letzten Wochenende nicht, so dass der Kreis auf überschaubare 4 Unentwegte (Diana, Lesja, Nadia, Viktor) zusammenschmolz. Mir war auch das Recht, denn so ergab sich die Möglichkeit, noch einmal in die Berge zu fahren. Die Wahl fiel wieder einmal auf Wyshenka bei Wyshnitza. Warum? Obwohl ich das nun wirklich zu kennen glaube, sprach Diana von einer Atraktion, die mir bisher engangen sei. Neugierig machten wir uns auf den Weg, fanden aber zunächst gar nichts Neues. Schlimm war das nicht eigentlich, denn die Natur hatte längst dafür gesorgt, dass es auch so abwechslungsreich wurde. (Oben Diana beim Blumen pflücken; in der Mitte die Gruppe kurz vor dem Umkehren.)

Erst auf dem Rückweg bekamen wir von anderen Touristen den wagen Hinweis, wo der Aufstieg zu den "Felsen" zu finden sei. Viktor sprang wie eine Gams voran und auch Lesja zeigte die Form einer Volleyballerin. Diana hing beim langen Aufstieg etwas durch ;-) und ich hatte auch so meine Mühe. Immerhin war es im Tal angenehm warm gewesen, auf den Hangwiesen prallte die Sonne aber voll auf uns hernieder. Was wir dann fanden, ist so eine Art Mini- Elbsandsteingebirge mit Klettermöglichkeit auf dem Gipfel. Zwei gibt es davon. Die Wege dahin sind sogar ausgebaut und die Schüler erinnerten sich plötzlich daran, alle schon mal da gewesen zu sein- allerdings von der anderen, für die Begehung durch Touristen ausgebauten Seite. Sie stiegen trotzdem noch mal hoch und hatte Gelegenheit, ein paar Bilder zu machen. (Lesja und Viktor am Hang.)

Für mich wichtiger war aber der Passweg zurück, der ganz neue Sichten eröffnete und es uns ermöglichte, nicht den alten Weg gehen zu müssen. Es war schön dort oben. Allerdings möchte man kaum da wohnen, wenn auch die kreuz und quer verlaufenden Stromleitungen anzeigten, dass - im Gegensatz zu den Tälern im Sinewir - auf diesen Höhen ein Minimum an Zivilisation angekommen ist. Es wird mehr werden, denn es gab etliche Baustellen, sicher nicht von Einheimischen. Der Reichtum erobert die abgeschiedenen Bergwelten mit seinen Datschas und also bald auch mit Geländewagen, Quadrozykles und anderem lauten Karm.

Egal, dieses Mal störte es nicht. Meine Begleiter waren lustig und trieben so ihre "Spiele". Ich mag's. Was? Die Art, wie Mädchen und Jungen hier miteinander umgehen. Es ist freilich "pubertär", aber dabei fröhlich und unbeschwert und sehr sehr kameradschaftlich. Keine verbalen Entgleisungen, keine übertriebenen "Dummheiten". Es wird ein bisschen zelebriert, durchaus auch so, dass der Lehrer voller Spaß zusehen kann. Nochmal: Ich mag's!

Klar, dass wir am Ende in dem altbekannten huzulischen Gasthaus ein Schaschlyk aßen. Warum kann es nicht immer so sein? Leben könnte schon sein, wirklich.

Mittwoch, 30. Juli 2008

Wanderungen im Nationalpark

Sinewir also. Eigentlich wollte ich nach Rumänien, entschied mich dann aber doch, abschließend noch einmal unbekannte Teile der Ukraine zu erkunden. Ich fuhr ins Blaue, wie man so sagt, denn die Auskünfte der Reisebüros waren weniger als hilfreich. Vielleicht hätten sie mir in allen Einzelheiten erläutern können, welche Sehenswürdigkeiten mich rund um die Pyramiden erwarten, aber im eigenen Land... Immerhin fanden sie einige Stellen, die stereotyp "Natur, Sauna, gepflegte Gastlichkeit und Wintersport" boten, aber was man dort im Sommer tun könnte, wussten die Büromitarbeiterinnen nicht. Halt, das stimmt nicht! Sie wussten nicht, wo man evtl. wandern könnte und fragten stattdessen erstaunt, warum ich, der ich doch angegeben hätte, mit dem Auto anzureisen, dann auf einmal zu Fuß gehen wollte. Andere Angebote hatten sie sehr wohl. Also, man kann dort Panzer fahren oder Paintball "spielen", also lernen, wie man andere abknallt....

Nicht mein Ding und so fuhr ich halt aufs Geratewohl. Das führte mich zunächst über Pisten, die in Afrika besser gepflegt erscheinen, Ergebnis: der vordere Reifen war von spitzen Steinen durchstochen worden und ich hatte einen Tag zu tun, den "Platten" zu reparieren. Aber immerhin kam ich doch an in einem lauschigen Tal und fand zu guter Letzt dort ein freies Bett. Einfach war das nicht, obwohl viele neue "Kolybas" (Holzhäuser mit Grill usw.) am Straßenrand Gästezimmer anboten. Sie waren einfach alle belegt oder zeigten kein Interesse an einem Gast, der nur für eine Nacht bleiben und anderntags auch nicht mit der Pferdekutsche fahren wollte. Brrrr....

Mitten im Nationalpark Sinewir, kurz vor dem touristischen Höhepunkt der Gegend (einem Bergsee), fand ich dann mein erstes Zimmer für 30 § die Nacht. Frühstück und Abendessen außer Haus, aber dafür urgemütlich in einer der neuen Kolybas. Das Wetter war zunächst durchwachsen, so dass ich aufs Auto- Wandern ausweichen musste. Nun kenne ich also sämtliche Täler, die das Gebirge queren...

Dann fand ich ein angenehmes Quartier hoch über einem Bergfluss, der abends so penetrant- betörend rauschte, dass ich nichts anderes hörte und herrlich schlief. Von dort gelangen Wanderungen sowohl durch abgelegene Täler mit Dörfern ohne Strom, Wasser und Gas als auch Gipfelbesteigungen - na ja, 1000er werden es gewesen sein. Längstens war ich vielleicht 50 km am Tag untergwegs; etwas kürzer war der Weg auf den Gipfel - vielleicht 20 km - aber dafür tat danach der Ar... ganz schön weh! Lustig dann die abendlichen Gespräche mit den Kellnerinnen, die den ausländischen Gast neugierig befragten, was er so getrieben hätte. Sie waren höchlichst erstaunt, zu erfahren, dass es da unweit ihrer Siedlung Wege gäbe, die auf den Gipfel über ihren Köpfen führen. Und noch mehr wunderte es sie, dass es Idioten gibt, die wirklich aus Deutschland in die Ukraine kommen, um da oben rauf zu latschen! Dabei habe ich schon lange so etwas Schönes nicht mehr mitgemacht. Vergleichbar waren bisher nur die einsamen Wanderungen im Krim- Gebirge. "Einsamkeit" ist eben das Stichwort. Also, wer Zeit und Rige zur Besinnung braucht, wer mal einen Tag lang keinem Menschen begegnen will und wer es ab kann, nicht alle 5 km ein Gasthaus zu treffen, der sollte in die Ukraine fahren. Auf in den Nationalpark Sinewir! Allerdings muss man sich dann auf sein Glück verlassen. Selbst langjährige Ski- Urlauber orientieren sich dort nur anhand handgezeichneter Karten von Verwandten und Freunden, von denen eben, die ihnen den Tipp gaben, gerade dorthin zu fahren. Wanderkarten gibt es kaum, solche in kleinem Maßstab und verlässliche noch dazu eher gar nicht. Jedenfalls fand ich keine. Kleiner Tipp am Rande: Man gehe unbedingt die Wege, an deren Anfang ein Schild "Betreten verboten" steht. Sie sind die schönsten...

P.S.1: Allerdings kann es dann passieren, dass man keinen "Rundweg" findet, sondern irgendwo im tiefen Wald seinen Weg dort veriert, wo er einfach in den Bach übergeht, dem er bis daton brav folgte. Dann heißt es haöt umkehren und denselben Pfad zurück gehen. Und doch: Wo kann man "bei uns" 50 km wandern, ohne eine Menschenseele zu treffen? Es bleibt dabei: Wer so etwas erleben will, der sollte in die Ukraine fahren! Insgesamt übrigens war das gastronomische Niveau nicht einmal schlecht. Wer Schaschlyk mag kommt sowieso auf seine Kosten. Kosten? Ja, am Ende hatte ich für 25 Euro die Nacht ein angenehm rustikales Zimmer mit warmem Wasser- immerhin nicht einmal für Kiews Nobelhotels selbstverständlich....

P.S.2: Möchte nicht wissen, wie diese Täler heute - nach den verheerenden Überschwemmungen - aussehen. An vielen Stellen war die Gewalt von Wassermassen, die ich nicht zusehen bekam, erahnbar. Jedenfalls lagen viele Baumstämme geschlagen und zum Abtransport jenseits dieser Flußquerung bereit - die dafür vorgesehenen provisorischen Brücken hatte es aber allesamt weggespült. Offensichtlich gab man dann das Ansinnen auf, dort weiter Holz zu schlagen. So wird ein Nationalpark dann wirklich zur Sensation! Etwas unterhalb - in der Nähe von Chust - finden sich die ausgedehntesten und ältesten Buchenurwälder Europas. Was ein Urwald ist, kann man auch im Sinewir erleben: Jenseits der zufällig gefundenen Wege gibt es keine Einstiege in das Waldgebiet, das so wesentlich sich selbst überlassen bleibt...