Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Dienstag, 6. April 2010

Ukrainisches Frühlingsfest

Zur Eröffnung der Radel- Saison mir Juri also 20 km hin und 20 zurück. Wohin? Sein Tanzverein lud ein zu einem Frühlingsfest in einem Dorf hinter Tizmenica. Na dann mal los... Dasha, extra etwas früher angereist, um mir bei den anstehenden Geburtstagsvorbereitungen zu helfen, war als echte Kiewerin wohl nicht ganz so heiß auf west- ukrainische Volks- Traditionen, ließ sich dennoch gerne zum Fahrradfahren überreden. Ich fürchtete - zu Recht - mit tanzen zu müssen, fand es aber doch reizvoll, zu sehen, wie Traditionen hier wirklich gelebt (und also gepflegt) werden. Die 20 km schafften wir mühelos, auch weil der Herr Ingenieur seine Räder geputzt, gerichtet und geölt hatte, dass es eine Pracht war. Das Fest selber fand in einer "Koliba", also einem Holzgasthaus mit Freisitz, Grill usw. statt. Gleich nach der Ankunft verharrten wir erst einmal schweigend und sahen dem kollektiven Tischgebet zu, das Juri so wie Dasha und ich gerne ausließen. Unheilige, die wir sind! Die bald darauf ausbrechenden Jubelrufe "Christos woschrest" (Christus ist auferstanden) bestätigten den Eindruck großer Inbrunst. Mehrmals machte der Ruf die Runde und unter dem Jubel fröhlicher Menschen wurde eingeschenkt. Auch wir wurden mit großem "Hallo" begrüßt und mussten erst mal Eier und Salat, Kuchen und Vodka probieren, ehe das "Programm begann". Zunächst wurde das schönste Osterkörbchen gewählt, zu welchem Zwecke jede "Gruppe" (Erwachsene, Jugend, Kinder usw.) den Inhalt ihres Körbchens vorzeigen und erläutern musste. Dabei gab es schon viel Spaß und es wurden Witzchen gemacht über die Qualität der Produkte, ihre garantierte Freiheit von Konservierungsstoffen, oder - umgekehrt - das "mutig Bekenntnis" dazu, alle Farben, Aufkleber usw. bei "DC" gekauft zu haben ;-)

Dann kamen die Spiele der Generationen und Geschlechter. Alles begann mit ein paar Reigen zu etwas eintönigen Melodien, die aber immer einen anderen Text gehabt haben sollen, und deren Bedeutung später erklärt wurde. Da gingen und tanzten Männlein und Weiblein, alt und jung gemeinsam. Dann bildete man einen großen Kreis, in dessen Mitte ein kleiner Kreis Kinder, dann einer mit jungen und schließlich einer der älteren Frauen gebildet wurde. Sie bewegten sich zum Gesang und unterstrichen mit Gesten einen Text, der vom aufwachsen eines Birnbaums und seiner Früchte handelte. Natürlich muss so ein Bäumchen begossen werden, weshalb am Ende der Zeremonie die für den Ostermonatg traditionelle Begießung mit Osterwasser stand. Allerdings gab es hier keine Chance, den Wasserfluten auszuweichen, denn die jeweils Betroffenen mussten still sitzen bleiben und durften nur die Köpfe zusammen stecken. Etwas irritierend fand ich dann, dass dasselbe mit den Männern wiederholt wurde, ein Vorgang, der mir eher emanzipativ als traditionell deutbar scheint. Auf jeden Fall bekam ich auf diese Weise auch "mein Fett weg" (Verzeihung: mein Wasser ab)!

Weiter ging es mit diversen Spielen, in denen sich die Männer eine Frau greifen und sie kneifen und kitzeln konnten bzw. die Frauen jemanden mit einem Federchen ärgern durften. Ziemlich patriarchalisch- kosakisch kam mir dann eine reine Männerrunde vor, in der jemandem ein Lederriemen in die Hand gedrückt wurde, mit dem er dann einen anderen jagen und schlagen durfte, bis der in den Kreis der Männer wieder aufgenommen wurde. Ich bekam das Ding auch in die Hand, hatte aber nicht begriffen, wen ich schlagen sollte. Juri hat mich Gott sei Dank erlöst!

So ging es noch eine Weile weiter. Dann waren "gegrillte Fisch" fertig, es wurde eine Fischsuppe gereicht, später kam Schaschlyk. Klar, wir waren ja Verkehrsteilnehmer und sollten nicht so viel trinken, weshalb immer nur ein "Tschut- Tschut" (ein kleines Bisschen) nachgegossen wurde, aber wie viele das waren? Mit der Fleischgrundlage im Bauch war es aber nicht schlimm und auf dem Rückweg verbrannten auch noch ein paar Alkohol- Kalorien, so dass wir bei Juri in der Küche dann noch einen "nehmen" konnten. Diesmal war es Rum aus meiner Taschenflasche...

Ein schönes Tag jedenfalls. Danke Juri!

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