Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Sonntag, 18. Juni 2017

Ein Wochenende in Kirlibaba

Wir, also Familie Tanase und ich, hatten vor, ein entspanntes Wochenende in einem kleinen SPA- Hotel in Kirlibaba alias Ludwigsdorf (Bild eins und zwei) zu verbringen. Lily (vorletztes Bild) wollte baden und relaxen (wie das Neudeutsch heißt) und wir, die Männer, wollten möglichst alte Münzen oder wenigstens Uniformstücke aus dem WK I finden. "Kirlibaba" stammt aus dem Türkischen, ist aber wohl als ungarische Siedlung gegründet worden. Später kamen Österreicher ins Land, weil Silberfunde Bergbau nach sich zogen. Vorher hatte man in dem Flüsschen "Goldene Bistritz" gelegentlich auch Gold gefunden, was schon in frühen Zeiten Tartaren anzog. Im Weltkrieg wurde das Tal strategisch wichtig und hier verbluteten Einheiten der polnischen Legion bei dem Versuch, die Russen aufzuhalten und womöglich zurückzuwerfen. Das gelang nicht. Die Gegner verbissen sich ineinander und gingen auf den Höhen zum Stellungskrieg über, wovon auch hier Grabensysteme und Geschützstellungen zeugten. Sogar an dem Steilhang, den wir zuerst bestiegen, müssen Sturmangriffe zumindest befürchtet worden sein. Mircea und Alexandru (Bild drei) fanden jede Menge Stacheldraht und Nägel, mit denen der einst befestigt wurde. Patronen und ein Schrapnells zeugten vom Kampf (Bild vier); Schrapnells sind ja Streumunition und wurden vor allem gegen "Menschenansammlungen" wie Schützenketten im Sturmangriff eingesetzt. Wer hier geschossen hat, konnte Mircea allerdings noch nicht sagen. Er muss die Patronen erst reinigen und den Hersteller identifizieren.  

Ich grub fleißig mit und hatte ansonsten Zeit genug, die Gegend zu genießen. Wahrscheinlich bin ich vor Jahren mit Daniel hier durchgekommen, als uns das Navi auf eine nicht enden wollende miese Gebirgsstraße lenkte, die von Iacobeni bis Baia Mare führt. Es muss eben diese Straße gewesen sein, die immer noch nicht viel besser befahrbar ist. Allerdings sind die Löcher, die mich vor Jahren ins Schritttempo zwangen, leidlich geflickt.

Während Lily sich langweilte, fand ich das Treiben im Dorf interessant. Was der Traktor in dem Fluss gemacht hat, erschloss sich mir bis zum Schluss nicht. Er fuhr ein paar Mal hin und her und dann wieder heraus. (Bild fünf)

Mircea verwickelte inzwischen den Besitzer des Fleckchens Erde in ein freundliches Gespräch und machte Eindruck mit der Versicherung, er habe eine polizeiliche Lizenz für den Metalldetektor. (Bild sechs) Die Strategie konnte das Misstrauen des alten Bauern nicht ganz zerstreuen, aber da verwickelte Mircea ihn schon freundlich- interessiert in ein Gespräch über seine Erlebnisse nach dem Krieg und ob er wüsste, wer hier gekämpft hätte usw. Die beiden konnten kaum aufhören. "Nebenbei" erfuhren wir noch, wo die alten Stolleneingänge zu dem Silberbergwerk zu finden sind und dass dort ein Schatz liege, der aber verflucht sei.

Ich wollte das gerne glauben, denn kaum dass wir auf die Suche gehen wollten, verschlechterte sich das Wetter und es setzte Regen ein. Wir unterbrachen die Arbeit und gingen erst einmal Mittag essen. Nach dem Essen war es nicht viel besser und da es auf dem abschüssigen Hang bald zu glatt zum Steigen wurde, resignierten wir und gingen stattdessen noch ein bisschen durch das Dorf, dass zu Ceausescus Zeiten ein Vorzeigedorf mit dem Titel "schönstes Dorf" gewesen war. In der Tat gab es eine schön verzierte Holzkirche zu sehen und viele Häuser, die am Gesimse oder an den Wänden mit alten Volkskunst- Motiven beschnitzt oder bemalt waren, von denen Mircea wusste, dass sie auf vorchristliche Zeiten zurückgehen. Heute stören allerdings die sicher komfortableren, dafür absolut gesichtslosen Neubauten das Ensemble. Aber man kann es den Leuten sicher nicht übel nehmen, dass sie ein modernes Bad, große Fenster usw. haben wollen....


Dann wurde der Regen stärker und wir gingen ins Hotel, wo wir fast zwei Stunden im Schwimmbecken verbrachten, das 28 Grad warmes Salzwasser von einer berühmten Saline der Gegend zu bieten hatte. Der Salzgehalt soll 10 Mal höher als im Meer sein und in der Tat brannte das Wasser a) höllisch in den Augen und b) gab es einen solchen Auftrieb, dass man sich mühelos auf dem Rücken liegend treiben lassen konnte. Alles gut also, obwohl der Sonntag komplett ins Wasser fiel. (Bild unten- Blick aus meinem Hotel- Zimmer) Es war, als hätte Gott die Schleusen des Himmels geöffnet, um den ganzen politischen Unrat, der gerade
Rumänien verunziert, hinwegspülen. Wer wird gehen müssen? Der korrupte Ministerpräsident oder der nicht minder korrupte (verurteilte) Parteichef der "Sozialdemokraten", die jüngst die Wahlen gewannen und nun ein Misstrauensvotum gegen die eigene (!) Regierung ins Parlament eingebracht haben. Ohnehin - so Mircea - bekommt nur noch jemand einen höheren Posten in den Parteien oder der Regierung, der Dreck am Stecken hat. Wer nicht erpressbar ist, weil er eine reine Weste hat, ist chancenlos. Ja, so kann - westlich verordnete, aber nie durch einen Volkswillen abgesicherte "Demokratie" auch funktionieren (oder eben nicht funktionieren)... Wir fuhren Sonntag langsam nach Hause, aßen noch im "Latino" in Suceava zu Mittag und beendeten dann "offiziell" unseren Ausflug. Nicht ohne Einladung auf ein letztes Tiramisu am Dienstag Abend. Das wird lecker! ;-)

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