Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Montag, 5. Juni 2017

Radtour nach Poiana Mărului und weiter

Wir haben "Kleine Ferien", weil der Kindertag in Rumänien schulfrei ist, es dann einen Brückentag gab und der Montag wegen Pfingsten frei ist. Dass mit dem Kindertag kann ich verstehen, denn meine Schüler/innen könnten war alle schon Kinder bekommen, sind aber im Herzen selbst "Kinder". Da passt Kindertag. Warum? Nun, die leidige Jagd nach den Noten und das völlige Desinteresse an Wissen (Hauptsache sehr gute Noten!) scheint mir doch sehr kindlich. Dasselbe trifft auf die Abhängigkeit vom elterlichen Willen zu, sei es nun in Sachen Berufswunsch, Kirche, Wochenendgestaltung usw. usf. Die Gesellschaft lebt doch wesentlich vom "Geist", der nun schon vor mehr als 2000 Jahren "ausgegossen" wurde, hinzu gekommen sind seither nur youtube, instagram und eine Selfiemanie, von der man nicht weiß, was Gott (von dem man sich bekanntlich kein Bild machen soll!) davon gehalten hätte. Darf der "kleine Gott" der Erde, was der große im Himmel aus guten Gründen nicht haben wollte? Na, sollen sie die Frage selbst beantworten...

Ich hatte mir jedenfalls vorgenommen, einen ganzen Tag auf dem Rad zu verbringen und mir dafür den direkten Weg ins Gebirge ausgesucht. Was mich dort erwarten würde, wusste ich nicht. Touristische Höhepunkte waren auch im Internet nicht zu finden. Aber was soll's? Ich wollte Sport und Ruhe und fand beides.

Zunächst fuhr ich die mir wohlbekannte Strecke nach Horodniceni über die nun nicht mehr so kahlen, sondern freundlich grünen Hügel. (Bild eins und zwei) Bei Cornu Luncii, wo ich sonst in Richtung Gura Humorului abbiege, nahm ich nun den Weg geradeaus. Er führte zunächst über flaches Land und einen für mich namenlosen Fluss (Bild drei- Google Maps weiß nichts von ihm) in gebirgige Gegenden. Dort hätten Italiener im Auftrag des rumänischen Königs irgendwann vor dem ersten Weltkrieg eine Straße als Verbindung zwischen der Bukowina und dem Landesteil hinter den Bergen angelegt und auf der Passhöhe ein großes Kreuz errichtet- das wusste ich von Mircea. Also hatte ich ein Ziel.  

Der Weg ging nur leicht bergauf, aber immerhin bergauf, so dass ich nicht so schnell vorwärts kam. Außerdem hielt ich öfter an, um zu fotografieren. Ich wollte mich ja nicht kaputt machen und legte nach etwa 3 Stunden erst mal eine Mittagsrast ein. (Bild vier) Immerhin entsteht in dem Tal eine neue touristische Infrastruktur. Viele neue Pensionen laden zum Verweilen ein. (Bild fünf) Was kann man da tun? Sicher wandern, was aber wohl nur wenige tun. Ansonsten gibt es einen Skihang mit Lift, der wohl der Grund für den Ausbau ist.

Etwas weiter sind nur noch Höfe übrig, auf denen die Menschen wohl von Weidewirtschaft leben. (Bild sechs) Dann endete die Asphaltstraße und ging in einen - allerdings gut befahrbaren - Kies- und Schotterweg übrig. Die Steigung blieb ebenfalls gut zu bewältigen. In weiten Serpentinen schlängelt sich der Weg die Berge hinauf. Hier oben ist niemand mehr und man kann sowohl die Aussicht als auch die Ruhe genießen. (Bild sieben) Nur ab und an kommt ein Auto vorbei und zeigt an, dass es ein Ziel geben muss, weswegen die "Autowanderer" ihr Gefährt auf die Piste bringen. Ich machte dann regelmäßig Pause, weil die Autos kaum schneller waren als ich auf dem Rad und die Fahrt im Staub wenig Freude versprach.

Außerdem trocknete der Wind den Mund aus und obwohl ich nicht eigentlich durstig war, gab es zunehmend das Bedürfnis nach Wasser. Ich musste aber nie lange suchen, denn Quellwasser gibt es überall. An zwei Stellen sind die Quellen so ausgebaut, dass das Wasser über einen Schlauch in einen Holztrog geleitet wird- man kann also mühelos das kühle Wasser trinken und die Wasserflaschen füllen. Zu übersehen die Quellen ebenfalls nicht, denn - wie in der Ukraine - sind alle diese Stellen mit Andachts- Kreuzen gekennzeichnet. (Bild acht) Wasser direkt von Gott sozusagen.

Am Rad des Weges fanden sich die üblichen Relikte von zwei Weltkriegen, in denen die Straße (?) vielleicht strategisch wichtig war. Unter anderem findet sich eine Gedenkstätte, die an den Kommandeur der rumänischen Grenzbrigade erinnert, (Bild neun) der das Tal zuerst mit den Deutschen gegen die Russen und dann mit den Russen gegen die Deutschen verteidigte. (Bunkerreste- Bild zehn)

Es ist schon interessant, wie leicht das faschistische Rumänien aus seiner Mitverantwortung für den Krieg und die Kriegsverbrechen entlassen wurde und sich nach dem Seitenwechsel auf der Seite der Opfer und neuen Sieger wiederfand. Der König durfte auf Stalins Befehl hin ungehindert und unter Mitnahme von ein paar Zugladungen "kleiner persönlicher Gegenstände des täglichen Bedarfs" (nehme ich mal an) ausreisen, nachdem die Kommunisten die Macht übernommen hatten. Der alte Sack soll in der Schweiz immer noch leben... Von dem Denkmal mal abgesehen sind die Waldränder voll von Bunkeranlagen und Grabensystemen mit Geschützständen. Wer weiß, was Mircea hier finden würde. Aber er sucht wohl nicht so gerne das Zeugs vom WK II - es ist immer noch explosiv...

 Dann erreichte ich nach ca. viereinhalb Stunden das Ziel der Expedition: Das Kreuz! (Letztes Bild) Es steht wirklich an der höchsten Stelle und also hat man einen guten Überblick über die Gebirgsmassive. (Vorletztes Bild) Mit meinem neu gekauften kleinen Fernglas schaute ich mir die Gegend an. Ein paar Stallungen für die Schafzucht künden von der Anwesenheit von Menschen. Sonst ist das Land leer. Jedenfalls auf den Bergen- die Täler kann man ja nicht einsehen.

Die Rückfahrt glich einer "Schussfahrt nach San Remo", denn bergab sprang und hopste das kleine Rad mit 30 km/h. Mehr ging nicht, denn obwohl nun die Vorteile des Mountain (!)- Bikes voll zum Tragen kamen, war mir die Schotterpiste für mehr zu unruhig. Auch so ging das ganz schön auf die Arme, was ich aber gewollt hatte. Auch die leicht abschüssige Straße machte Tempo 30 möglich und so erreichte ich meine "Heimatstrecke" in weniger als einer Stunde. Nun blieben noch 1,5 h Weg nach Hause, das Teilstück, auf dem ich aber endgültig gnadenlos verbrannte. Ich bin den ganzen Tag mit der Sonne mitgefahren, die immer nur von einer Seite auf die Schenkel und Arme brannte. Nun war die Creme alle und am Ende des Tages hatte ich krebsrote Hautareale an den Beinen. Aber das war der einzige Ärger. Ich hatte nicht einmal Krämpfe oder Muskelkater nach den 7 h 30' reiner Fahrzeit. Insgesamt war ich nach etwas mehr als 8 Stunden wieder zu Hause. Die GPS- Uhr zeigte fast exakt 160 km. Meine kleine "Tour de Rumainie"! ;-)  

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