Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Samstag, 10. Juni 2017

Radtour nach Dragomirna und in eine "Einsiedelei"

Immer wenn die Fahrt in Richtung Siret/ Radautz ging, fuhr ich an dem Hinweisschild "Kloster Dragomirna" vorbei und jedes Mal nahm ich mir vor, es einmal zu besuchen. Heute mischte sich die Lust auf eine einfache Ausfahrt ohne sportliche Ambitionen mit der Neugier auf die Radfahrmöglichkeiten auf der "anderen Seite der Stadt". Dragomirna schien mir ein geeignetes Ziel.

Und wirklich kam ich ganz gut durch die Stadt und über die Brücken (Eisenbahn und Fluss) und fand zu meinem Erstaunen die erste Ausfahrt Richtung Kloster bereits vor dem Ortsausgangsschild. Die Straße war mäßig befahren und nur leicht ansteigend. Sie führte in eine Hügellandschaft, die Goethe vermutlich "lieblich" genannt hätte. Nach etwa 15 km sah ich dann das Kloster (Bild oben), das in der Nähe einer Quelle liegt, die mehrere kleine Wasserläufe speist. Ich nehme mal an, die Anlage ist gut restauriert, denn so dürfte sie die Zeitläufte kaum überstanden haben. Die Mauern sind wohl an die 8- 10 m hoch und die schlanke Kirche dahinter überragt sie dennoch. Beeindruckend, obwohl im 17. Jahrhundert vermutlich schon etwas antiquiert. Kanonenfeuer konnte eine solche Befestigung kaum standhalten.

Aber von der Geschichte weiß ich so wenig wie vom Interieur, weil ich es in Radsportklamotten nicht drauf ankommen lassen wollte, zu prüfen, ob man mich einlässt oder nicht. Der Anstand gebietet doch wohl, das, was andren heilig ist, auch als Atheist zu respektieren. Also warf ich nur einen verstohlenen Blick ins Innere und erkundete ansonsten den nahe gelegenen Friedhof mit der uralten kleinen Kapelle (Bild zwei), die leider verschlossen war. Von dort hat man einen guten Blick auf die Anlage. (Bild drei)

Von den Wassern der Quelle profitiert auch eine nahe gelegene Gaststätte, die einen "Sonnenstrand" und einen Tretbootverleih bietet (Bild vier) und die heute mit Hochzeitsgesellschaften ausgelastet war. Die kamen wohl beide aus dem Dorf, jedenfalls sah ich dort die geschmückten Hoftore und die Autokonvois. Interessant fand ich, dass das Brautpaar in einer Art Prozession samt Hochzeitsgesellschaft die Dorfstraße entlang zu Fuß ging. Während die Verwandten längst bei Kaffee und Kuchen und wohl auch bei geöffneten Flaschen saßen, hatte das Brautpaar zu tun. Ich traf sie mehrfach beim Foto- Shooting an den unglaublichsten Plätzen. Einmal liefen sie die belebte Landstraße entlang, wobei ich wohl im Film landete. Dann wieder musste sie mit dem ganzen weißen Traum und den dazu passenden Schuhen ganz unpassend durchs Kornfeld laufen und dabei "glücklich" mit dem Brautstrauß um sich werfen. Das Ganze sah etwas angestrengt aus. Aber was das etwas dickliche und ältliche Mädchen im Hochzeitskleid vor den Schweineställen zu suchen hatte, erschloss sich mir weder ikonografisch noch anderswie. Jedenfalls hatten die Brautleute bis fast 18.00 Uhr noch nichts vom Fest- denke ich....

Im Dorf jedenfalls endete die Asphaltstraße und ein Schotterweg (Bild sechs) führte zu einer Einsiedelei, jedenfalls wurde mir der rumänische Ausdruck immer so übersetzt. Ich fuhr gerne durch die grünen Felder und Wiesen (Bild fünf) und fragte mich dabei die ganze Zeit, was ich machen würde, wenn ich plötzlich zwei bärtige verwahrloste Gesellen in härnen Umhängen begegnen würde, die sich von mir gestört fühlen. Ja, das sind so Phantasien von Westeuropäern, bei denen bei dem Wort "Einsiedelei" irgendwelche urchristliche Utopien aufleuchten. Natürlich ist das alles viel "moderner" und also in guter christlicher Tradition profaner. Zwar war die Kirche, die ich fand, aus Holz, aber drumherum gab es größere hölzerne "Lauben", die zum Party feiern geradezu einluden. Promt näherte sich auch ein Hochzeitszug, der anzeigte, womit die "Einsiedler" das Geld für derartige Bauten verdienen. Kein schlechtes Geld, wie man sieht. (Bild unten) Für mich der Lacher des Tages: Die "Brautkutsche" war ein himmelblauer und perfekt hergerichteter Trabbi Kabrio! Das Ding wäre vor 30 Jahren der Traum eines jeden DDR- Bürgers gewesen! ;-)

Insgesamt wurden es 40 km ruhigen Ausflugs, wobei ich den Rückweg in weniger als einer Stunde schaffte. Immer etwas bergab lief das Rad fast wie von allein. Ich sah zu meinem Erstaunen einen Stausee, den ich vorher übersehen hatte, und auch die Wälder schienen Wanderwege zu bergen. Das probiere ich dann beim nächsten Mal!






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