Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Dienstag, 18. Mai 2010

Farbenspiele

Zwischendurch war ich in Leipzig und Berlin, weil neue Gesetzeslagen im 8. Jahr meiner Existenz in der Ukraine eine "Legalisierung" meiner Zeugnisse erforderten. Sonst keine Verlängerung meines Arbeitsvertrages. Wie soll man sich das vorstellen? Nun, man beantragt beim Uni- Archiv ein beglaubigtes Original seines Zeugnisses und geht damit zum Landesregierungspräsidium, wo man das beglaubigte Zeugnis "überbeglaubigen" lässt. Dann muss das alles zum Übersetzer, natürlich einem vereidigten, der das beglaubigt übersetzen kann. Hat man das alles zusammen, geht es ab nach Berlin, wo im Konsulat eine Express- Legalisierung drei Tage dauert. Dank meiner Akkreditierung in diesem Land ging es an einem. Kostenpunkt das Ganze: 310,- Euro Gebühren.

Der Aufwand also ist der schwarze, die - doch man muss es einmal sagen - Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Behörden die weiße Seite der Geschichte. Vielleicht ähnlich dem hier abgebildeten Neubau des Uni- Hauptgebäudes mit der Anspielung an die Pauliner- Kirche? So überflüssig wie der (tiefschwarz gefärbte) Streit um den Wiederaufbau der Kirche ist, so gelungen das historische Zitat in der neuen Hülle (weißer Lichtblick!). Mag sein, dass so eben das Leben ist...

Mittwoch, 14. April 2010

Andruchowych

War auf Einladung von Ira mit ihr in einem Konzert von Juri Andruchowych, der seine Gedichte zur Musik einer polnischen Gruppe sprach, sang und sprachsang - falls es dieses Wort gibt. Verstanden habe ich nichts und Ira konnte kaum helfen, denn auch ihr fiel es bisweilen schwer, hinter den Sinn des Vorgetragenen zu kommen, was allerdings bei (vermutlich) moderner Lyrik nicht eben verwunderlich ist. Den positiven Gesamteindruck konnte das alles aber nicht stören. Die Musik war gut. Andruchowych selbst hat eine erstaunlich kräftige Stimme und sein Vortrag ähnelte dem eines (Hard)Rockpoeten. Innerhalb des typischerweise harmlosen Mottos des Festivals, in dessen Rahmen das Konzert stattfand - "Liebe, Harmonie und Vorkarpatenfrühling" - fielen seine böse klingenden, bisweilen disharmonisch vorgetragenen Rhythmen absolut aus dem Rahmen. Wer so klingt muss sein Land bis zur Verzweiflung lieben - und seine Sprache! Die war hörbar durchgeformt und klang gut. Mir schien jedenfalls, dass hier "Liebe" durchaus im Spiel war- die zornige Liebe, mit der ein Vater seine missratenen Kinder schilt. Vielleicht schien es mir nur so und in Wahrheit war alles ganz anders. Aber was ist schon "Wahrheit" in der Kunst anderes als das, was der Hörer/ Leser dafür hält? Andruchowych möge mir die Unkenntnis seiner Sprache verzeihen und mir zugute halten, dass ich den Abend trotz allem genossen habe!

Dienstag, 13. April 2010

Jugend debattiert in Drohobych

Jugend debattiert in Drohobych! Es hat also geklappt. Wir haben im Unterricht geübt, wie man so was macht, und ich hatte immer das Gefühl, es macht den Schülern Spaß, sich auf Deutsch auszuprobieren. Jedenfalls fanden wir mühelos acht Kandidaten, die sich auf unser Schulfinale vorbereiten wollten. Und wie sie das gemacht haben! Super! Dank auch an Halina Dzura, meine liebe Kollegin, die mit den kids gearbeitet hat. Alle Acht konnten sich absolut qualifiziert mit Zahlen und Fakten zu den Themen "Soll die Hochschulausbildung in der Ukraine kostenlos sein?" bzw. "Sollte eine nationale Agentur zur Kontrolle der Medien gegründet werden?" äußern. Es fiel wirklich schwer, die zwei Besten zu bestimmen, die dann die Schule beim Schulverbundswettbewerb in Lviv vertreten werden. Einziger Wermutstropfen aus meiner, des "Westlers" (der ich hier bin) Sicht: Die Medienzensur wurde von allen Debattenteilnehmern befürwortet, weil es nicht anginge, dass Leute einfach so staatsgefährdende Meinungen, womöglich eine Revolution, verbreiten und vorbereiten könnten. Nun ja...

Aber sonst: Der Raum war toll gestaltet, Bildungsverwaltung und Schulleitung waren erschienen, neben den Klassenkameraden der 10. war die DSD- Gruppe erschienen und so wurde es eine rundum gelungene Veranstaltung. Geradezu unglaublich für mich: Anwesend war auch der Ethik- Philosophie- Lehrer, der beauftragt ist, diese Form des Wettkampfs auf Ukrainisch mit Schülern einzuüben und das auf einer Versammlung von Direktoren der Region als moderne Form der Unterrichtsarbeit zu präsentieren. So direkt haben unsere Bemühungen, "frischen Wind" in das ukrainische Unterrichtssystem zu bringen, wohl selten an einer Schule sich ausgewirkt. Bin ich ein bisschen stolz? Ja, warum nicht? Es wäre so nicht geworden, wenn nicht geklappt hätte, was ich initiiert habe und was die ukrainischen Kolleginnen so dankbar aufgenommen haben. Gut gemacht! ;-)

Geburtstag

Geburtstag also. Muss nicht jeden Tag sein, kann aber ;-) Jedenfalls war es im Ganzen sehr angenehm, was die "Verehrung" anlangt, und davon ab echt nett. Alles begann mit dem Eintreffen meines besten langjährigen Freundes Lutz, der - aus Kiew kommend - für drei Tage hier Station machte. Am ersten Abend ging es also ins "Desjatka", wo zünftig mit Vodka und "salo" (Speck), "basturma" (Aufschnitt aus gesalzenem und geräuchertem Pferdefleisch) und gesalzenem Hering die Ankunft gefeiert wurde. Naja, ich hab meist dem belgischen Weißbier zugesprochen...

Am nächsten Tag dann ein kleiner Empfang bei der Schulleitung. Sehr nett, aufmerksam, nicht aufdringlich. Direktor Oleksyn (Foto) hatte eine Flasche "Balsam" (Kräuterbitter) dabei und überreichte mir eine Flasche grusinischen Kognak. Die Schüler kamen mit Blumen, selbst gemalten Bildern (sehr schön!), alten Stadtansichten von Ivano usw. Nach einem kleinen Umtrunk mit den Kolleginnen war es vorüber und ich war froh. Nicht, weil es vorbei, sondern weil es angenehm war...

Dann stieß Katharina, die aus Drohobych angereist war, zu unserer Gesellschaft. Es musste noch Schaschlyk- Fleisch etc. besorgt werden. Als "chef de la cuisine" fungierte Elena. Was hätte ich ohne sie getan? Wir kauften ein und fuhren nach Bukovel, einem um diese Zeit schon verlassen wirkenden Ski- Ort in den Karpaten. Dort erwartete uns Juri, der schon den Kamin angeheizt hatte. Das Holzhaus gehört einem seiner unendlich vielen Kumpels, der das Geld dazu in Sibirien verdient hatte. Das war was für Lutz, der sich ja auch ein paar Jahre dort herum getrieben hat. Ansonsten hieß es nur Klamotten ablegen und ran an den Kaffee- Tisch, an dem leider die jungen Leute, deren "Marschrutka" kaputt gegangen war, noch fehlten. Die erste "Etappe" des Geburtstages war geschafft!

Dasha und Katharina halfen Elena in der Küche, wo diverse Salate gezaubert wurden. Juri legte die Schaschlyk- Spieße zurecht. Dann kamen endlich Taras (der Sohn meines Direktors), Julia (Germanistin und heute Angestellte bei Gazprom), Anja und Ira 8Germanistin bzw. Germanistik- Studenten und Töchter von Juri und Elena). Wir waren komplett und konnten zum Abendessen übergehen. Juris Schaschlyk ließ nichts zu wünschen übrig, auch den anderen Köstlichkeiten wurde zugesprochen.

Der Abend verging mit Gesprächen, ein bisschen Gitarrenmusik am Kaminfeuer (hier hat Marta gefehlt, die es immer versteht, ihre Pfadfinderromantik an die Leute zu bringen - Elena war nicht so motiviert, weil Taras, Julia, Juri und die Töchter sie schon so oft gehört haben...) und diversen Späßen. Für einen sorgte Lutz, der mit seinen Wunderkerzen groß ankam, wie hier am Beispiel meiner Lieblingsabsolventin Dasha gut zu sehen ist. ;-) Der Abend endete um 01.30 Uhr und alle machten müde, aber zufriedene Gesichter - denke ich.

Am nächsten Morgen war es nebelig und kalt. Juri war schon um 07.00 Uhr aufgestanden und hatte Feuer gemacht. Uns ließ er bis kurz vor 09.00 Uhr schlafen. Nach einem kleinen Imbiss machte sich die Wandergruppe fertig - Ira schnappte sich ihre Ski und ging zur Piste. Für die meisten war aber der Aufstieg auf den höchsten Gipfel der Gegend (1800 m) geplant. Leider hatte unser Wirt die Gegebenheiten wohl mit den sommerlichen Bedingungen verwechselt, als er uns den Tipp gab, entlang eines Gebirgsbaches den Aufstieg zu wagen. Bei Tauwetter nach diesem Winter war natürlich mit viel Wasser zu rechnen und so kamen wir nur mühsam vorwärts, zumal einige "Expeditionsteilnehmer" (Katharina) nicht eben mit den passendsten Schuhen ausgerüstet waren. Der Aufstieg gestaltete sich also zunehmend zu einer akrobatischen, den Gleichgewichtssinn über eiskaltem Wasser strapazierenden Übung. Wie kalt es war? Nun, ich habe es erfahren, als ich zum Gaudi der Umstehenden auf einem nassen Felsstein ausglitt und vom Rucksack nach hinten gezogen wurde, so dass ich wie eine Schildkröte auf ihrem Panzer hilflos auf dem Rücken zu liegen kam. Das kratzte natürlich mächtig an der Ehre eines ansonsten doch leidlich sportlichen Menschen. Wird das nun ab 50 so bleiben? :-( Jedenfalls machte ich tapfer weiter, da kein Wind ging und meine 20 Jahre alte Lederjoppe zuverlässig wie die "Hosen des Ritters von Bredow" das Gröbste abgehalten hatten. Hosen auswringen, die erste Lage (Trainingsjacke) ausziehen, und schon ging es weiter. Allerdings nicht mehr weit, denn der Weg verengte sich in das Bachbett hinein und das war wegen des Wassers unpassierbar. Juri gab das Kommando zum Rückzug und wies einen anderen, eher gefühlten als gewussten Weg. So stiegen wir abseits aller Pfade und Wege bis fast auf die Höhe des Sattels zwischen den zwei höchsten Gipfeln und waren es zufrieden. Die Villa Justschenkos, die uns auf der anderen Seite erwartet hätte, muss nun noch darauf warten, von uns besichtigt zu werden. Ich komme sicher noch einmal dorthin, denn die Gegend ist schön und - was Bergwanderungen anlangt - menschenleer. Ach ja, was das alles gekostet hat? Für 10 Leute kostete die Unterbringung in dem Haus einen glatten Hunderter (Euro) - man kann sich also nicht beschweren...

Abends dann ab nach Lviv, wo Marta Hotelübernachtungen reserviert hatte und in "Gasowa Lampa" auf uns wartete. Lutz war kaputt von der langen Reise und dem vielen Feiern. Wir verabschiedeten ihn, denn er ist ja schon groß und ukraine- wie welterfahren. Und richtig, er hat sein Taxi bekommen und flog anderntags von Kiew nach Hause. Ich fuhr nach Drohobych, wo mein samstäglicher Unterricht auf mich wartete. Aber natürlich nicht nur das. Es warteten auch meine Schüler, die mir ein Ständchen brachten und mich mit einem sehr originell gestalteten Fotoalbum meiner "ersten DSD- Gruppe in Drohobych" überraschten. Extra gekommen war auch der Chef der Bildungsverwaltung im Rayon, der mir eine Urkunde überreichte. Naja... Wirklich geehrt fühlte ich mich durch die Eintragungen in dem Album, von denen viele die "lebenspraktische Seite" meines Unterrichts betonten. Wie schrieb Oksana, die vorher in den USA war, so schön: "Leider hatte ich nur ein halbes Jahr bei Ihnen Unterricht, Zeit genug nur für die Änderung leider nur der Hälfte meiner bisherigen Ansichten." Wenn das nichts ist...

Dienstag, 6. April 2010

Ukrainisches Frühlingsfest

Zur Eröffnung der Radel- Saison mir Juri also 20 km hin und 20 zurück. Wohin? Sein Tanzverein lud ein zu einem Frühlingsfest in einem Dorf hinter Tizmenica. Na dann mal los... Dasha, extra etwas früher angereist, um mir bei den anstehenden Geburtstagsvorbereitungen zu helfen, war als echte Kiewerin wohl nicht ganz so heiß auf west- ukrainische Volks- Traditionen, ließ sich dennoch gerne zum Fahrradfahren überreden. Ich fürchtete - zu Recht - mit tanzen zu müssen, fand es aber doch reizvoll, zu sehen, wie Traditionen hier wirklich gelebt (und also gepflegt) werden. Die 20 km schafften wir mühelos, auch weil der Herr Ingenieur seine Räder geputzt, gerichtet und geölt hatte, dass es eine Pracht war. Das Fest selber fand in einer "Koliba", also einem Holzgasthaus mit Freisitz, Grill usw. statt. Gleich nach der Ankunft verharrten wir erst einmal schweigend und sahen dem kollektiven Tischgebet zu, das Juri so wie Dasha und ich gerne ausließen. Unheilige, die wir sind! Die bald darauf ausbrechenden Jubelrufe "Christos woschrest" (Christus ist auferstanden) bestätigten den Eindruck großer Inbrunst. Mehrmals machte der Ruf die Runde und unter dem Jubel fröhlicher Menschen wurde eingeschenkt. Auch wir wurden mit großem "Hallo" begrüßt und mussten erst mal Eier und Salat, Kuchen und Vodka probieren, ehe das "Programm begann". Zunächst wurde das schönste Osterkörbchen gewählt, zu welchem Zwecke jede "Gruppe" (Erwachsene, Jugend, Kinder usw.) den Inhalt ihres Körbchens vorzeigen und erläutern musste. Dabei gab es schon viel Spaß und es wurden Witzchen gemacht über die Qualität der Produkte, ihre garantierte Freiheit von Konservierungsstoffen, oder - umgekehrt - das "mutig Bekenntnis" dazu, alle Farben, Aufkleber usw. bei "DC" gekauft zu haben ;-)

Dann kamen die Spiele der Generationen und Geschlechter. Alles begann mit ein paar Reigen zu etwas eintönigen Melodien, die aber immer einen anderen Text gehabt haben sollen, und deren Bedeutung später erklärt wurde. Da gingen und tanzten Männlein und Weiblein, alt und jung gemeinsam. Dann bildete man einen großen Kreis, in dessen Mitte ein kleiner Kreis Kinder, dann einer mit jungen und schließlich einer der älteren Frauen gebildet wurde. Sie bewegten sich zum Gesang und unterstrichen mit Gesten einen Text, der vom aufwachsen eines Birnbaums und seiner Früchte handelte. Natürlich muss so ein Bäumchen begossen werden, weshalb am Ende der Zeremonie die für den Ostermonatg traditionelle Begießung mit Osterwasser stand. Allerdings gab es hier keine Chance, den Wasserfluten auszuweichen, denn die jeweils Betroffenen mussten still sitzen bleiben und durften nur die Köpfe zusammen stecken. Etwas irritierend fand ich dann, dass dasselbe mit den Männern wiederholt wurde, ein Vorgang, der mir eher emanzipativ als traditionell deutbar scheint. Auf jeden Fall bekam ich auf diese Weise auch "mein Fett weg" (Verzeihung: mein Wasser ab)!

Weiter ging es mit diversen Spielen, in denen sich die Männer eine Frau greifen und sie kneifen und kitzeln konnten bzw. die Frauen jemanden mit einem Federchen ärgern durften. Ziemlich patriarchalisch- kosakisch kam mir dann eine reine Männerrunde vor, in der jemandem ein Lederriemen in die Hand gedrückt wurde, mit dem er dann einen anderen jagen und schlagen durfte, bis der in den Kreis der Männer wieder aufgenommen wurde. Ich bekam das Ding auch in die Hand, hatte aber nicht begriffen, wen ich schlagen sollte. Juri hat mich Gott sei Dank erlöst!

So ging es noch eine Weile weiter. Dann waren "gegrillte Fisch" fertig, es wurde eine Fischsuppe gereicht, später kam Schaschlyk. Klar, wir waren ja Verkehrsteilnehmer und sollten nicht so viel trinken, weshalb immer nur ein "Tschut- Tschut" (ein kleines Bisschen) nachgegossen wurde, aber wie viele das waren? Mit der Fleischgrundlage im Bauch war es aber nicht schlimm und auf dem Rückweg verbrannten auch noch ein paar Alkohol- Kalorien, so dass wir bei Juri in der Küche dann noch einen "nehmen" konnten. Diesmal war es Rum aus meiner Taschenflasche...

Ein schönes Tag jedenfalls. Danke Juri!

Sonntag, 21. März 2010

Also doch...

Ich wollte es nicht. Aber da mir die Worte fehlen, begreiflich zu machen, w i e es im Auto knallt und scheppert, wenn man mal wieder so eine der inkrimierten Stellen nicht gesehen hat, hier doch ein paar unvollständige Impressionen. Natürlich nur aus der Stadt (Drohobych), weil ich sonst die Hände nicht zum Fotografieren frei habe. Aber an einigen Stellen sieht es auf der Landstraße noch weit schlimmer aus und Fahrbahnabschnitte, die in Ordnung sind, sind selten geworden. Sie verführen dann doch dazu, auf 90 oder 100 zu beschleunigen, was regelmäßig ein Fehler ist, weil man dann nicht schnell genug sieht, wo man einen Augenblick später hinein kracht. Gott sei Dank gibt es andere Fahrer auf der Straße, an deren Bremslichtern und Ausweichbewegungen man sich oft orientieren kann. Fährt aber niemand vor einem, kann es einen unverhofft hart treffen. So habe ich in dem Moment, in dem ein Rad in ein eher harmlos aussehendes, aber sehr tiefes Loch krachte, keinen Steinschlag oder so etwas gehört, dennoch riss die Scheibe mit einem Schlag ca. 20 cm ein. Mag sein, sie stand schon unter Spannung von einem früheren Einschlag - die LKWs schleudern ja die Asphaltbrocken hoch und dazu kommen noch die Reste der steinigen Sand- Salz- Mischungen. Aber wie dem auch sei: 1000 Euro mit Einbau wird Opel wohl haben wollen... Mal sehen, was mir sonst noch passiert!

Mittwoch, 17. März 2010

Deutschlandreise

Vom 07. 03. bis zum 12.03. hatten Goethe- Institut, ZfA und Hertie- Stiftung nach Potsdam zum Netzwerkseminar "Jugend- debattiert- International" eingeladen. Das lag günstig, denn am 13. und 15. 03. standen in der Familie Geburtstage an. Also Urlaub ausgebeten und das Auto als Reisemittel gewählt, da sonst nicht alles zu schaffen gewesen wäre. Es wird ja Frühling... Der Frühling kam am 06. 03. in Form von Neuschneehöhen um die 60 cm! Vorsorglich hatte ich das Auto gleich auf dem Hotelparkplatz abgestellt, wo ich es am 07. total eingeschneit vorfand. Resigniert ging ich zum Unterricht: Dagegen wird das erste Mal in diesem Jahr nichts zu machen sein! Aber gegen Mittag kam die Sonne heraus und strahlte so, dass mir das Wagnis berechtigt erschien. Wie oft habe ich diese Entscheidung in den nächsten Stunden verflucht! Die Fernstraßen waren geschoben, aber nicht gestreut. In der Sonne schmolz der festgefahrene Schnee und gefror im selben Moment zu einer spiegelblanken Oberfläche. Mit 20 oder 30 km/h schlich ich also dahin und verlor trotzdem an diversen Hügeln beinahe die Kontrolle über den Wagen. Das war anderen vor mir auch schon so ergangen. Überall zeugten im lockeren Pulverschnee der Seitenränder "gestrandete" Fahrzeuge von der Gefährlichkeit der Lage. Lassen sich Gefühle nachträglich beschreiben? Kaum! Ich wäre umgekehrt, wenn die Straßen es zugelassen hätten! Aber man konnte nur geradeaus und zusehen, dass der Wagen nicht stehen bleibt. Schon anfahren aus dem Stand wäre nicht mehr geglückt! Für die 90 km bis zur Grenze brauchte ich geschlagene 4 h! In Polen war es dann besser, aber das dichte Schneetreiben, das dort herrschte, verfolgte mich noch bis Krakow und ließ auch keine großen Geschwindigkeiten zu. Um 23.30 erreichte ich völlig erschöpft ein Hotel unweit der neuen Autobahn, die von Polens zweiter Hauptstadt bis Berlin führt...

Anderntags war es dann erträglich, wenn es bis Wroclaw auch glatt blieb. Ich kam aber gut durch und war um 16.00 Uhr in Potsdam, wo eine anstrengende Seminarwoche auf mich wartete. Anstrengend, doch lohnend, denn es gab Neues zu lernen und viele der interessanten Übungsformen sind sicher geeignet, im Unterricht ausprobiert zu werden. Hinzu kamen neue Bekanntschaften mit interessanten Kolleginnen und Kollegen, die jetzt in Tschechien. Litauen, Polen und Russland eingesetzt sind. Ich hatte Spaß daran, meine ukrainische Kollegin Tetjana Midjana nach Potsdam und Berlin auszuführen. Besuche im Brecht- Haus und auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof mag ich ja sowieso. Hinzu kam die Neue Synagoge, die ich zum ersten Mal sah.

Am Mittwoch waren Michael und Sebastian da und wir hatten zu schwatzen. Dann Wismar und am 14. 03. Leipzig. Am 16. fuhr ich wieder ab, kam gut bis Przemysl (9h Fahrt bei Sonnenschein!) und heute gut über die Grenze (nur 45 min Wartezeit!). Die folgenden 4h bis Ivano nervten dann wieder total. Es ist zwar nur seelenloses Metall, das sich da Beulen stößt, aber doch leidet man mit. Hinzu kam die x- Mal auf die Knie fallende Abdeckung der Sicherungen und 2- Mal hakte die Handschuhfachklappe aus. Aber was soll man machen? Man muss doch fahren und kann nicht immer nur schleichen!

Lustig dann ein Erlebnis in Drohobych, wo mich wieder einmal die Miliz mit Blaulicht stoppte. Nach einer umständlichen Dokumentenkontrolle - ich hatte meine Akkreditierungskarte gleich als erstes gezeigt, wurde aber nach sämtlichen anderen Papieren gefragt - konstatierte der dicke Milizionär, dass ich betrunken sei. Ich verstand nicht recht: Machte der Witze? Ich sollte aussteigen und fand das denn doch zu blöd. Aber die Rückforderung meiner Kartotschka bewirkte zunächst nichts. "Drinks? Wodka? Skilki?" - kam es monoton aus dem Dicken, der sich noch vergewissert hatte, dass ich nicht Diplomat in Drohobych, sondern wirklich in der ganzen Ukraine sei. Wie viel ich getrunken habe, wollte er also wissen. "Wodka ist euer, nicht mein Problem", kam es erbost aus mir heraus. Lass mich fahren du Depp! Was willst du überhaupt? - Dann schlenkerte er, um zu zeigen, was ich falsch gemacht hatte, am Lenkrad: "Wie betrunken!" Aha, jetzt begriff ich! Ich hatte bei den Versuchen, einem Schlaglochfeld auszuweichen, die geheiligte Mittellinie "ohne Grund" überfahren. Ohne Grund? Ich habe an dieser Stelle schon einmal versichert, keine Bilder von den hiesigen Straßenverhältnissen mehr zu machen. Es bleibe dabei. Ich kann also nur versichern, dass das zentrale Loch knietief ist und mehr als anderthalb Meter im Umfang misst und sich rund herum mehrere mindestens wadentief ausgefahrene - ja, was nun? - "Straßenabschnitte" befanden. Da sollte ich gerade durch? "Prjamo?" Niemals! "Macht eure Hausaufgabe und erneuert die Straßen!" Ich war wütend und setzte endlich durch, dass der Dicke, von einem herbei geholten Kameraden ob der Aussichtslosigkeit, beim "Diplomaten" was zu holen, belehrt, mich fahren ließ. Was wäre ich Deutschland passiert? Hätte da auch jemand so formal die StVO zum Abkassieren heran gezogen? Vielleicht, aber erfahren werde ich es nicht, denn diese Straße wäre "bei uns" gesperrt gewesen...