Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Freitag, 19. Juni 2009

Reisen: Drogobyc und zurück

Ja, Drogobyc... 136 km hin und 136 wieder zurück. Anfangs ein Mal die Woche, dann - während des gerade heute zu Ende gegangenen Intensivkurses - jeden Tag. Im nächsten Jahr wird es mich Freitag und Sonnabend dorthin tragen, wobei ich wohl - zumindest im Winter - irgendeine günstige Übernachtung finden muss. Die gerade geflickten Straßen beginnen schon wieder unerträglich zu werden (siehe Bild unten- das alles ist erst vor einem Monat geflickt worden!). Ein bisschen Wärme und der Asphalt wellt sich, die "Kämme" der Erhebungen brechen und reißen auf, die frisch gepropften Löcher entstehen neu, weil in der Wärme der "handgestampfte" Bitumen einfach im Stück wieder raus fliegt... Mann o Mann, da tut einem das Auto leid! Es rumpelt und kracht und schlägt die Federung durch, dass es nur so eine Art hat! Im Dunkeln bei Regen und Schnee ist ab Herbst ohnehin kein Fahren mehr möglich. Das wäre, zumal nach einem anstrengenden Arbeitstag, einfach nur ein Himmelfahrtskommando...

Aber wie sieht es denn nun aus unterwegs? Für alle, die mich das gefragt haben, hier einige Bilder. Wie man sieht, ist es im Sommer ein schöner Arbeitsweg. Im Winter kann freilich jeder Berg das Ende der Fahrt bedeuten. Es geht immer am Rande der Kaparten entlang- hoch genug für Schnee und Eis. Ziemlich befahren auch. Aber das ist eher von Vorteil. Eine Kampffahrt im Winter dauert 3 h; heute komme ich (noch) in 2 h ans Ziel. Aber während ich im Mai noch erholsam und benzinsparend geruhsam fahren konnte, muss ich jetzt auf guten Teilstücken schon wieder statt 110 130 fahren, um es noch zu schaffen...

Drogobyc selber bietet wenig. Rings um das historische Rathaus sind die Straßen aufgerissen, aber an Fertigstellung der Arbeiten ist der Krise wegen nicht zu denken. Kein Geld! Dass Drogobyc nicht gerade floriert, sieht man auch sonst. Ungepflegte Wohngebiete und miese Straßen, kaum irgendwo ein sichtbarer Wille, der Tristesse einen Farbtupfer eigenen Willens zur "schönen Gestaltung" entgegen zu setzen. Eher trifft das schon auf die Schule zu, die ein Zentrum auch des gesellschaftlichen Lebens einer Stadt ist, in der die Schulen geradezu der Hort einer Rest- Kultur sind, die ansonsten längst unter die Räder des Kommerz geraten ist. Zur Disko fährt die Jugend denn auch ins etwa 20 km entfernte Truskawec. Das ist ein ziemlich trister Sanatoriumsort sowjetischen Zuschnitts, an dem nur der schöne Park und die Umgebung erwähnenswert sind. es stimmt wirklich, was einst ein estnischer Architekt zu Heiner Müller gesagt haben soll: "Die Russen haben überall, wo sie neu hinkamen, vieles Schöne zerstört, aber nichts Schönes aufgebaut" (sinngemäß in Heiner Müller, Krieg ohne Schlacht). Betonschrott wo man hin sieht!

Alte Reste sind allerdings vorhanden. Hier im Bild die alte Synagoge. Es soll auch noch eine für die reicheren Juden gegeben haben. Vom Marktplatz zur Synagoge führt eine Gasse, die heute noch vom Handel lebt. So mag sie ausgesehen haben, "de gas". Hier in Drogobyc kann man ihre Enge und ihre (trostlose, dem Kleinhandel ergebene) Lebendigkeit noch spüren.

Aber das trifft nur den Tag. Um 18.00 Uhr wird abgebaut, etwas später klappen die Bügersteige hoch und nichts geht mehr.

Was macht man abends in Drogobyc? Sich fürchten...

Aber die Umgebung ist schön. 29 km weiter liegt Striy, von wo aus man auf die Straße nach Mukaczewo/ Uzhorod gelangt. Wenige Kilometer weiter beginnen die Kaparten, die schon von der Straße aus schön anzusehen sind. Für viele Stadtbewohner tut sich das Paradies schon wenige Meter von der Straße entfernt auf: Wie hier an einem Flusslauf, den die Straße quert, gibt es überall Grill- Plätze, die von den Wochenend- Vergnügungen der Leute künden. Shashlyk ist ohne Ende populär und sowieso in jeder abgelegenen Koliba das Essen, das immer schmeckt. Es sei jedem Ukraine- Reisenden ausdrücklich empfohlen!

Freilich räumen die Leute ihren Müll nicht weg, weshalb die einschlägigen Plätze einer Müllhalde ähnlicher sehen als einem Platz zur Erholung. Aber was soll's? Die Kaparten sind groß und in weiten Teilen kaum erschlossen. Einem Urwald ähnlich bieten sie demjenigen jede Menge Abenteuerspaß, der auf Komfort, ausgezeichnete Wanderwege und Kneipen am Wegesrand verzichten kann und dafür lieber ziemlich einsame und fast unberührte Natur genießen will (und kann). Sicher nicht mehr lange, aber noch geht es. So sei es denn empfohlen...

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