Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Dienstag, 27. Mai 2008

Ewro- Remont...

„Ewro- Remont“ könnte man vielleicht mit „Euro- Rekonstruktion“ einer Plattenbauwohnung übersetzen, was also bedeutet, dass der (meist neue) Besitzer Geld genug hat, sich einen Umbau nach westeuropäischem Standart leisten zu können. Geld genug haben ist natürlich genauso relativ wie das Qualitätsmerkmal „Ewro- Bud“, das anzeigen soll, dass die Baufirma auch kann, was man von ihr erwartet. In meinem Falle klingt die Leidensgeschichte so:

Vor ca. 3 Wochen begann in der Wohnung über mir ein unglaubliches Getöse, das anzeigte, das jemand mit dem Vorschlaghammer versucht, eine Betonzwischenwand (vielleicht zwischen der Klozelle und dem Badknast) einzureißen. Hinzu gesellte sich bald das unaufhörliche Geräusch einer Bohrmaschine, die – nach meinen Maßstäben – die Wand in den letzten 3 Wochen eigentlich in einen Schweizer Käse verwandelt haben müsste, ihre Tätigkeit jedoch täglich wieder aufnimmt. Der Höhepunkt der ersten Woche waren aber die Geräusche, die entstehen, wenn ein Vorschlaghammer einen halben Tag lang die freilich sehr stabilen Heizungsbatterien altsowjetischer Bauart trifft, wohl um sie irgendwie von der Wand abzuschlagen (Trennscheibe Fehlanzeige).

Ich war dann eine Woche in Kiew und dachte, das wäre es nun, dachte das aber nur. Am zweiten Tag meiner Rückkunft standen die Bauherren vor der Tür und begehrten Einlass, um mir zu zeigen, wo sie in meiner Klozelle ihre „Ewro- Rohre“ ansetzen müssten. Ich dachte, sie hätten meine Erklärung, dass sie sich an den Besitzer der Wohnung zu wenden hätten, da ich das nicht entscheiden könne, verstanden, denn immerhin fragten sie ja nach dessen Telefonnummer. Meine Auskunft, ich sei am Tage leider nicht in der Lage, sie in meine Wohnung zu lassen, da ich arbeiten würde, betrübte sie sehr. Die Frage nach einer „babuschka“ (Oma) musste ich verneinen und das Ansinnen, ich könne ihnen doch meine Schlüssel überlassen, damit ihre Bauleute dann hier ein- und ausgehen könnten, musste ich angesichts diverser Finanzreserven, der Radio- und Computertechnik usw. leider ablehnen.

Alles geklärt? Ach wo. Sie kamen am Montag, dem Tag, an dem ich schon früh frei bin. Der Vermieter wüsste Bescheid und ich hätte nun also mal das Bad frei zu machen. Von 11.00 bis 18.00 Uhr ertrug ich dann mannhaft den Lärm, das Rein und Raus, das Fehlen einer Toilette und allgemein von Wasser; um die Mittagszeit konnte ich auch erregte Mieter abwehren, die das fehlende Wasser (natürlich hatte sie niemand informiert) mit den Arbeiten in meiner Wohnung in Verbindung brachten. Da es so abgesprochen war, machte der bärenhafte Proletarier, der hier die neuen Wasserschläuche durch die Bohrlöcher trieb, sogar „sauber“. Also „sauber machen“ bedeutet, den Fußboden mit einem Strohbesen auffegen. Toilette schrubben und den Fußboden wischen usw. blieb dann mein Bier.

Etwas unglücklich war ich schon bei der Ankündigung, dass sich die Prozedur wiederholen sollte, da man auch im Bad zu arbeiten hätte. Wann? Am Dienstag? Nein, am Dienstag nicht. Sicherheitshalber rief ich den Vermieter an, der ebenfalls meinte, am Dienstag sei nichts geplant, aber andeutete, dass ich ruhig zur Arbeit gehen könne, da er – wenn es sei müsse – in meiner Wohnung aufpassen würde. Vertrauen ist gut, Kontrolle… Aber dazu kam ich nicht, denn als ich heute (Dienstag) um 19.00 Uhr wieder in meine Wohnung trat, war klar, dass hier ohne mein Einverständnis bzw. ohne weitere Nachfragen „remont“ stattgefunden hatte. Zwar fehlt nichts, aber diesmal bin ich nicht nur mit dem Nachwischen am künftigen Luxus der Obermieter beteiligt: Meine Badutensilien sind verschmutzt und befinden sich luschig zusammengeräumt in der Badewanne und in der Klozelle haben sie Proleten es diesmal für überflüssig gehalten, auch nur den Vorleger zu entfernen oder gar ihren „Borschtwisch“ in Aktion treten zu lassen. Der Bohrstaub und loser Mörtel liegen überall herum und der Weg von der Toilette zur Tür ist deutlich an den Zementspuren zu erkennen. Hopp, Deutscher, putz deine Wohnung! Ob ich morgen mal hoch gehe? Kann ich natürlich, aber das Ergebnis steht schon fest: Die Arbeiten sind getan und mehr als ein hochnäsiges Lachen des „neuen Reichen“ habe ich nicht zu erwarten. Kann noch froh sein, dass sonst alles an Ort und Stelle ist.

Übrigens: Die weitere Rekonstruktion nach „europäischem Standart“ soll nach Auskunft des Bauherren noch mindestens 14 Tage dauern. Dann kämen erst die Maler…

Keine Kommentare: