Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Dienstag, 28. Juni 2011

homo sovieticus

Was man zum Abschied erleben muss… Im Mai hatte ich nicht nur die übliche Miete bis zum 15. 06., sondern die Hälfte mehr bezahlt und damit den 30. 06. als Auszugstermin festgelegt. Mein „chosjain“ (Wirt, Vermieter), der nach eigenen Angaben die Deutschen seit seiner Zeit bei der BAM sooo liebt (er habe gut verdient damals), war erfreut darüber und alles schien in Ordnung. Daher wunderte ich mich nicht wenig, als er Anfang Juni kam und darauf bestand, ich solle am 15. 06. Die Wohnung räumen, da seine Frau renovieren wolle. Erst war ich schockiert, verlangte also mein Geld zurück, was ihm sichtlich Unbehagen bereitete, dann spielte ich mit seiner Geldgier und bot ihm noch 50,- Euro an, wenn ich bis zum 23. 06. bleiben könnte. Er willigte ein. Irgendwann kam er dann mit Strom- und Gasrechnungen, ich zahlte und spielte auf die 50,- Euro an, die er am Ende als „Renovierungsbeihilfe“ bekommen würde. „Aber warum denn? Das ist doch nicht nötig.“ Wir hätten uns doch immer so gut verstanden, die Wohnung sei so sauber und ordentlich und anderes Bla Bla Bla. Na gut, das Gewissen hatte also doch noch gesprochen…

Hatte es das? Am 22. 06. morgens um 07.15 Uhr stürmten dann Beamte der Ausländerbehörde in meine Wohnung. Ungeachtet der Tatsache, dass ich nur spärlich bekleidet auf das Sturmklingeln hin die Tür geöffnet hatte, verhandelten sie mit dem halbnackten Mann und einer ebenfalls nur im kurzen Nachthemd da stehenden, in dem Raum gerade aus dem Bett aufgeschreckten Freundin und luden mich zu um 10.00 Uhr auf ihr Amt. Was dort geschah, ist schon eine andere Sache, die am 23. 06. weiter ging. An diesem Tag zog ich erst einmal aus. Der Fußboden war gewischt, das Bad geschrubbt, die Gardinen und Tischdecken gewaschen, meine Sachen waren alle raus. Übergabe: Hilfsbereit trug Petro Gawrilowitsch Moklak, er sei hier namentlich erwähnt, eine meiner Taschen zum Auto, beugte sich dann zu mir und erinnerte mich flüsternd an „mein Versprechen“. Aha, das Gewissen sprach also- ich gab ihm das vereinbarte Geld. „Frank“, sprach es noch, „der Mietvertrag. Hast du den Mietvertrag? Bitte gib ihn mir.“ – Den Mietvertrag? Na meinetwegen, was sollte ich nun noch damit. Ich gab ihm das notariell beglaubigte Papier mit unseren Abmachungen und dem Nachweis meiner Zahlungen und wir schieden freundlich. Nun, ok, leicht angewidert war ich schon. Kriecher!

Doch ist das nicht die Geschichte. Die Geschichte ging auf dem OVIR in der Ausländerbehörde weiter. Dort schleifte man mich am Nachmittag des 23. 06. vor Gericht, das mich rechtskräftig zu einer minimalen Strafe (510,- UAH = 1 Monatsgehalt an meiner Schule) verurteilte. Nun war ich – wie ich dachte – wieder ein freier Mann. Da hatte ich aber nicht mit dem Chef des OVIR gerechnet, der das Ganze doch nur inszeniert hatte, um an Geld zu kommen. Nachdem seine Träume in der Hauptsache geplatzt waren, bestand die einzige Chance, mich noch ran zu kriegen, in einer Anschuldigung, die seiner Androhung einer „Deportation“ mit sofortiger Wirkung Nachdruck verleihen konnte. Um das abzuwenden wäre wohl eine „Strafe“ – zu zahlen an den Chef persönlich – fällig gewesen. Was hatte der aber gegen mich in der Hand, nachdem seine Anschuldigung „illegaler Arbeitsaufnahme“ nicht den gewünschten Erfolg gebracht hatte? Aha, es gäbe da eine Anzeige, ich hätte a) eine Wohnung illegal gemietet, mich dann b) geweigert, die Wohnung zum vereinbarten Termin zu verlassen, und c) wäre sie in einem erbärmlichen Zustand und müsste nun meinetwegen aufwändig renoviert werden… Was? Der Chosjain, dieses Schwein, hatte mit dem SBU (Geheimdienst) zusammen seit Wochen an der Konstruktion einer Anklage gegen mich gearbeitet, die „Beweise“ meiner Unschuld an sich gebracht und mir dafür noch 50,- Euro abgenommen? Was hat man dir dafür versprochen, du Sowjetarsch? So also waren/ sind sie, die um eines geringen persönlichen Vorteils willen Verwandte, Freunde, Kollegen ans Messer des KGB geliefert haben, um dann mit anderen „za vstrechu i za drushbu“ zu trinken. So kam man also ins „Lager“, zur Zwangsarbeit, in die Ljubljanka! Und der Spuk ist immer noch nicht vorbei: der homo sovieticus lebt und feiert 20 Jahre nach dem Ende dieses sich „sozialistisch“ nennenden Monstrums Urständ in jedem Amt, in jeder Behörde postsowjetischer Kleptokratien! Was für ein Abschied aus diesem abgrundtief verkommenen Land! Ach, Freunde, entschuldigt meine Wut, aber der chosjain ist ein Schwein! Es heißt PETRO GAWRILOWITSCH MOKLAK!

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