Reisebilder aus der Ukraine, der Slowakei, Rumänien und Osteuropa. Reflexionen zum Alltag, Reiseberichte, Kurioses und Interessantes vom Zusammenleben der Völker, Privates für Freunde und Bekannte...

Sonntag, 27. Juli 2014

Urlaub- Brüssel

Aber ehe wir Leuven weiter erkunden, muss Brüssel besichtigt sein! Die Überlegung, dass am Sonntag in einer Stadt voller Büros und voller reisender europäischer mittlerer Beamter noch am ehesten "Ruhe" herrscht, war absolut richtig. Als wir gegen 10.00 Uhr "vor Ort" eintrafen, gab es sogar noch Parkplätze im Innenstadtbereich! Und das KOSTENLOS! Im Urlaub unwichtig? Man sehe sich Bild drei an und urteile selbst...

Wir stellten das Auto ca. 7- 10 Gehminuten vom Rathausplatz ab und bekamen gleich einen Eindruck von der urbanen Welt der City. (Bild eins) Brüssel ist nicht nur eine große Stadt, nein, es ist unübersehbar eine Groß- und eine Weltstadt. Dabei prägen Cafes und Restaurants, Bistrots, Patisserien und Frittenbuden sowie Antiquitätengeschäfte den Charakter der Innenstadt. Obst und Gemüse gibt es erst wieder in den Arbeiter- Wohnsiedlungen um den Süd- Bahnhof herum; dort kann man auch andere Lebensmittel kaufen. Was machen die Bewohner der Gassen und Straßen im Zentrum? (Bild zwei) Wer weiß... Vielleicht fahren sie mit dem Auto ihren Wocheneinkauf zu erledigen auf die grüne Wiese, irgendwo. Aber mit dem Auto? Wo stellt man dort sein Auto ab? Wir haben keine Park- Zonen für Anwohner oder so etwas gesehen. Nur um das Europaparlament herum gibt es Parkplätze, die "CD only" sind. Für mich wäre das nichts und eine Stadt, die ohne Autos lebenswert gewachsen, nun aber von denselben zugestellt ist, kann mich nur schrecken. Hier möchte ich nicht leben oder arbeiten...

Doch halt. Das meint nicht, dass es in Brüssel nichts zu sehen gäbe. Das nun wirklich nicht! Ohne den Brüsseler Marktplatz (Bild vier) mit Rathaus und Königshaus nebst den riesigen Bürgerhäusern gesehen zu haben, fehlt der Einblick in das, was man "europäische Zivilisation" nennt. Mit Brüsseler Spitzen und dem Fernhandel reich geworden, zeigt die Stadt bis heute altehrwürdige Pracht. Davor verblassen die neu- kleptokratischen Großbauten der Banken, Ministerien und europäischen Institutionen. Geblieben ist allerdings eins: Eine Stadt, in der immer schon viele Menschen den Buckel krumm gemacht haben, damit es einigen Wenigen gut geht. Und so dürften auch heute viele der Brüsseler Einwohner hart dafür arbeiten, auch mal ab und zu einen Salat für 16 Euro in einem der Innenstadtlokale essen zu können. Jedenfalls sticht die Grenze zu dem alten Arbeiterbezirk um den Bahnhof herum ins Auge. Hier gibt es keinen "Louis XVI." mehr im Antiquariat, sondern Vergnügungen für's Volk: Einen Flohmarkt (Bild sechs), dann an der Bahnstrecke ein Riesenrad, Karoussels usw. 

Ok, solche Bilder (Bild fünf) gehören zu den Problemen moderner Großstädte, aber irgendwie ist es doch symbolisch, dass in der Hauptstadt europäischer Wirtschaftsinteressen Menschen auf dem zentralsten aller zentralen Plätze auf Pflastersteinen liegen und man sich fragen muss: "Lebt der noch? Bemerkt es jemand, wenn er tot ist?" Polizei gibt es genügend, aber wahrscheinlich kostet der Rettungswagen mehr Geld "als sich die Mühe lohnt". Menschlichkeit und Reichtum- hier sieht man, wie sie einander ausschließen...

Nach ein paar Stunden im Zentrum, o je, ist "Männeken Piss" aber klein (!), dann ging es mit dem Auto zum Areal der europäischen Institutionen. Am Königspalast kamen wir leider nicht vorbei, da die Straßen einer pro- palästinensischen Demonstration wegen gesperrt waren. Trotzdem gut so! Dafür fanden wir unweit des Eingangs zum Leopolt- Park einen Parkplatz und konnten so ziemlich problemlos zum Europaparlament aufsteigen. Viel Glas, wie man am Familienfoto (Bild sieben) und dem Foto der abweisenden Front des Parlamentsgebäudes (Bild unten) sieht!

Bevor man es erreicht, liegt linker Hand der Park, früher ein botanischer Garten. Am oberen Ende, gleich hinter dem Gebäude eines noch zu eröffnenden "Museums für europäische Geschichte" (ein kleines Gebäude- welche "Grundlinien" der Geschichte werden da wohl gezeigt werden?) und in Front eines Glaskubus, der die Besucherzone enthält, steht ein Teilstück der Berliner Mauer. Symbolisiert es das wichtigste europäische Ereignis des 20. Jahrhunderts, wie so oft suggeriert wird, oder interessiert sich "keine Sau" mehr dafür? So verwahrlost, wie das Gelände ringsherum aussieht, habe ich mich für die Variante "Sau" entschieden, die durchs Gras und über die Geschichte hinweg latscht. Das Ganze wirkt wie ein ostdeutscher Hinterhof kurz nach dem Mauerfall. Oder soll das so wirken? Naja, ein Schalk, der Böses dabei denkt! 

Das Parlamentsgebäude selbst ist massig und funktional. Mir schien die Fassade so glänzend, wie das ansonsten glaskalte und glattgebügelte Europa nach außen hin wirkt. Abweisend und nicht wirklich "transparent". Am Eingang in verschiedenen Sprachen die alte Losung "liberté, égalité, fraternité". Man kennt die Mängel der Gleichbehandlung Ungleicher, der fehlenden Mitmenschlichkeit (da mit den "Schwestern" 50% der Menschen schon nicht mitgemeint sind) und der Freiheit des Geldes, aber etwas Besseres hat Europa als einigendes Band eben nicht zu bieten. Naja, das sind so Gedanken und Gefühle. Trotzdem war es interessant, das alles zu sehen und selbst mal dort zu stehen, wo sonst die Reporter der Fernsehsender zu sehen sind. Ein erlebenisreicher Tag voller Eindrücke also. Und was mit dem Atomium ist? Ach Gott: Das gucken wir uns bei google earth an! ;-)

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