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Dienstag, 22. Juni 2021

Schloss Wettin und der Petersberg

Klar, die nähere Umgebung sollte noch mehr zu bieten haben, als wir bei gelegentlichen Ausfahrten (meist allerdings nach Thüringen oder innerhalb Sachsens) bereits erkundet haben. Immerhin ist das Gebiet diesseits der Elbe frühes germanisches Eroberungs- und Kolonisationsterritorium und auch lange Zeit ein stark befestigtes Grenzgebiet gegen die Slawen. 

Trotzdem waren wir überrascht, auf dem "Petersberg" eine romanische Klosteranlage imposanter Größe vorzufinden. (Bild oben) Kein Wunder, handelt es sich doch um die älteste Grablege der Wettiner, also der Stammväter und -mütter der sächsischen und thüringischen Fürstenfamilien. (Bild zwei) Konrad hatte eine Schwäbin zur Frau, was meint, dass die frühen dynastischen Verbindungen nicht "aus schlechtem Hause" waren und sicher Geld gebracht haben, von dem sich dann das Kloster stiften ließ.

Ich mag romanische Kirchen - das stelle ich immer wieder fest. Die Schlichtheit des Hauptschiffes (Bild drei) finde ich überwältigend und die im Laufe der Jahrhunderte "ausgeleerten" Kirchenräume überzeugen, weil hier ein "Armutszeugnis" abgelegt wird, das natürlich nichts mit der Realität der Kirche, aber doch viel mit ihrem (besseren) Anspruch zu tun hat. Davon lasse ich mich immer wieder fesseln. 

Das eigentliche Ziel unseres Ausflugs war aber Wettin mit dem Stammschloss der gleichnamigen Dynastie. Schon des Öfteren war mir das Hinweisschild auf der Autobahn aufgefallen und ich wollte seit Langem die historische Wissenslücke schließen. Nun war es so weit, aber erst kam der Petersberg dazwischen, an dem ich fast achtlos vorüber gefahren wäre.

Und dann lag da noch eine der letzten erhaltenen Templer- Kapellen auf dem Weg. (Bild fünf) Da staunt der Laie! Die Templer hatten also Anwesen in ganz Europa und nicht nur in Frankreich, wo sie dann ihr Ende fanden. 

Das hiesige Dominium hat Konrad den Templern gestiftet. Ob er auch was dafür bekommen hat? Keine Idee. Die Kapelle ist jedenfalls gotisch und überzeugt ebenfalls durch ihren schlichten Innenraum (Bild drei), der heute für Kulturveranstaltungen genutzt wird. Ein paar Bemalungsreste finden sich ebenfalls. Über eine alte Wendeltreppe im Treppenturm an der Außenfront kommt man ins Dachgestühl, wo sich eine kleine Glocke findet. Ansonsten finden auf dem Gelände Ausgrabungsarbeiten statt. 

Wenige Kilometer weiter dann Wettin, das - wie der Rathausturm anzeigt - alte Stadtrechte hat. Noch heute gilt die Gemeinde Wettin- Löbejün als "Stadt" und hat sogar einen Stadt- Bus- Verkehr zwischen den weit auseinander liegenden Ortsteilen. Aber das interessierte uns weniger. Rund um den ansehnlichen Marktplatz, wo wir sehr preiswert und sehr gut zu Mittag gegessen haben, liegen historische Straßen mit alten Häusern, denen man ihr Alter nur z.T. ansieht, da viele irgendwann "modern" saniert und also verschandelt wurden. Man würde gerne sehen, was unter dem Grauputz zum Vorschein kommt, wenn sich jemand der Mühe unterziehen könnte. Aber das wird sobald nichts, denn der Leerstand zeigt an, wie es um die Stadt bestellt ist. Nichts los in Wettin, wo sich nur gelegentlich Besucher einstellen, die von dort auf Rad- oder Bootstour entlang der Saale gehen (vorletztes Bild).  

Die Burg Wettin ist nur noch in Teilen erhalten und in ihrer Ausdehnung nur zu erahnen. Sie zählt trotzdem zu den größten Burganlagen Deutschlands, wie stolz vermeldet wird, und beherbergt heute ein künstlerisch ausgerichtetes Gymnasium, an dem mächtig gebaut wird. Der Blick über die Saale- Landschaft ist atemberaubend.

Auf dem Rückweg gab es auch noch eine Überraschung. Kurz vor Löbejün im Ortsteil "Priester" (!) steht eine restaurierte Version der romanischen Dorfkirchen, an denen wir vorher vorbei gefahren waren. (Bild unten) Man hat also vor Jahrhunderten auch schon "standardisiert" gebaut, was übrigens auch das Kloster Petersberg anzeigt. Es erinnert sehr an einen romanischen Vorfahren des Doberaner Münsters! Insgesamt also eine interessante Ausfahrt an einem schönen Sommertag.    

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